plaetzchenwolf - Erzählung: 1968



Vivarium Seite 49


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Ach, was soll ich dir hier schreiben,
ein langes, schmalziges Gedicht?
Ich möchte in Erinnerung bleiben
und schreibe dir:
"Vergiß mich nicht!"

..von unbekannter Hand.

***

Wir schreiben das Jahr 1968 an der mittleren Lahn:

Eine nicht ganz fiktive Geschichte.
Aufgewachsen ist er in einem Arbeiterhaushalt mit drei Kindern in einem Dorf nahe der Kreisstadt:
Am Frühstücktisch der Familie wurde über den Tagesablauf,
kleine und größere persönliche Probleme bis zur Politik - über alles gesprochen,
"was sich nicht gewehrt hat" - letzteres Thema eben soweit wie es verstanden wurde vom Nachwuchs oder dieser fragte, wenn etwas interessant genug erschien.
Das war Tradition und gehörte dazu - in demokratischer Abstimmung (Vater war SPD Mitglied) fanden Vorschläge von der Sonntagsfahrt bis zur Gartengestaltung statt -
über die Köpfe der Kinder wurde eigentlich nichts gemacht, sie wurden selbstverständlich mit einbezogen,
wenn es sie tangierte oder interessierte.
(Heute bin ich der Meinung, daß sich das unsere politische Kaste hinter die Ohren schreiben sollte)
Die Zeit war noch recht arm, "aus dem Nichts" wurden Häuser gebaut,
junge Familien gründeten sich, "Flüchtlinge" (Damals Deutsche)
haben sich untereinander und auch anderen geholfen,
bezahlten konnte kaum einer was und wenn das oft genug in Naturalien oder mit Dienstleistungen.
Die Bauern waren im Dorf eine Gruppe für sich,
die nahmen diese Arbeiterhaushalte nicht für "voll" und sahen regelmäßig darauf herab.
Die Zeit war zwar neu, aber noch mit den alten "Honoratioren", wie Pfarrer, Lehrer und Bürgermeister
oder "besseren" Bauern am Stammtisch stets dabei, die Leute zu maßregeln, wenn es ihnen paßte.
Junge Leute und Kinder hatten die Alten zu grüßen, die meistens Angehörige vorgenannter Schicht waren,-
den "Arbeitern" war das nicht so wichtig, die waren sowieso eher miteinander bekannt, als mit den Bauern oder Honoratioren.
Der Übergang von der dritten Person zu dem "Sie" war noch nicht ganz getan,
der Gruß war wichtig, man legte großen Wert darauf und hat sich sofort beschwert,
wenn die Kinder ohne diese Ehrenbezeugung vorüber gegangen sind.
Man sprach dann sogleich mit der Oma, die sich dann an ihre Tochter wandte um die Enkel "zu firmen"..
Arme Leute waren arm und blieben das auch zeitlebens, sie hatten "nichts zu melden" und hielten sich zurück.
Jeder ging - daran gab es keinen Zweifel - zur Konfirmation
und die Flüchtlingskinder zur Kommunion, Abweichler wurden geächtet.
(Genau wie Verbindungen zwischen den beiden Konfessionen)
Damals waren private Autos noch recht selten,
die Pendler fuhren in die benachbarte Kreisstadt
oder wenn es hoch kam in eine der beiden weiter entfernten Städte mit der Eisenbahn.
Man mußte noch eine Bahnsteigkarte kaufen, wenn man Reisende begleiten wollte-
richtige Fahrkarten, die vom Schaffner gelocht wurden, waren allen bestens bekannt.
Im Bahnhof war noch eine Toilette und Automaten mit Süßigkeiten und Zigaretten,
das unvermeidbare V ivil, in der Stadt auch Schuhputz- und Waagenautomaten.
Bahnhofsgaststätten waren in jeder Stadt, wie Zeitungsstände.
Fahrkartenschalter waren in jedem Bahnhof.
Die alten Dampflokomotiven und alte Wagen mit "Holzklasse" sind noch vereinzelt im Einsatz-
nicht immer, aber doch noch anzutreffen.
Langsam, aber sicher fuhren immer mehr Diesel-Lokomotiven oder Triebwagen
auf der zweigleisigen Strecke der Lahn entlang,
die mit ihren wunderbaren Tunnels und Ausblicken recht einmalig ist.
Mit eben dieser Eisenbahn, wie man dazu sagte, fuhren die Leute in die Stadt- um 7 Uhr;
die Schüler der weiterführenden Schulen und die Arbeiter und Verkäufer,
die Angestellten und Mitarbeiter der Behörden.
Jede Klasse war unter sich und hielt Abstand zu den anderen Sorten.
Die alte Klasseneinteilung war zwar ungeschrieben, aber war deutlich zu spüren,
weil sich die Grüppchen, die gemeinsam den Kilometer bis zum Bahnhof gingen,
irgendwie an diese Regeln hielten - die wohl wichtiger waren, als persönliche Sympathien.
Man hütete sich, "unter dem Stand zu verkehren", auch wenn niemand darüber gesprochen hat.
(Seinesgleichen)
So hatten manche Gruppen direkten, andere eingeschränkt
und die der Arbeiter meistens keinen Zugang zu höheren Schulen,
weil die Förderung von zuhause entweder intellektuell oder geldlich einfach nicht geleistet werden konnte.
Kindergeld war noch recht neu und nicht so viel, erst ab dem 3. Kind- zumindest für Arbeiter.
Das trennte schon mal "die Spreu vom Weizen", wie man so schön sagte.
Der Arbeiterstand spürte die Herabsetzung bei jedem Besuch in der Sparkasse oder Bank,
in den Schulen und sogar in der Gastwirtschaft.
Irgendwie wie in Südafrika, wo die Einheimischen von der weißen Minderheit gedrückt wurde.
Einheimische hatten weniger vom Staat zu erwarten als Flüchtlinge,
das hat nicht immer gut getan und hielt die Kluft fast bis zum heutigen Tag offen.
Eine ähnliche Kluft haben die damaligen Flüchtlinge sehr viel später zu den "Russlanddeutschen" entwickelt,
die noch mehr Zuwendungen bekamen- Neid ist nicht natürlich,
sie wird durch ungeschickte Behandlung provoziert.
Wie auch immer, die Zukunft von Arbeiterkindern sind meistens im handwerklichen Bereich angedacht gewesen,
wenn es hoch kommt im kaufmännischen als Einzelhandelskaufmann, Verkäufer oder Frisör, Autoschlosser und Lagerarbeiter.
Wer etwas bessere Förderung hatte, hat die mittlere Reife machen können
und ist techn. Zeichner geworden oder konnte in Behörden, Knappschaft oder Gewerkschaft
oder bei Sparkasse und Krankenversicherung untergebracht werden.
Aufgewachsen in dem Dorf besuchte er die Volksschule bis zur 8. Klasse,
dann eine 9. Klasse in der Kreisstadt, um dann gleich im Anschluß in eine Ausbildung zu gehen.
Ein alteingesessener Glas-Porzellan-Spielwaren-Laden war das Ziel der Suche-
und es hat auch gleich geklappt, weil seine Mutter dort schon vorgefühlt hatte:
"Er soll selber kommen und die Zeugnisse mitbringen, das wird schon.."
Und so war es auch- die Einstellung war nur eine Formalität, es gab viel zu tun und so ging es bald los:
2 Kittel kaufen, etwas Schreibkram und den Vertrag unterschreiben, wo genau drin stand:
1. Lehrjahr 55 DM, 2. Lehrjahr 85 DM, 3. Lehrjahr 105 DM.
(Davon mußte freilich die Monatskarte "Eisenbahn" gekauft werden, was gut 33 DM gekostet hat.)
Der Chef hat den Lehrling gefragt:
Willst du die vordere Hälfte des Ladens putzen, dann gibt es 5 Mark extra?
Klar, 5 Mark sind viel Geld, mache ich!
Alle haben sich gefreut: Arbeit schändet nicht und dieses Inhaber-Paar
hat ganz ganz klein mit ganz wenig Geld angefangen,
hat einen winzigen Laden gemietet und von der "Eingliederungshilfe" von 40 DM
nach dem Krieg die ersten Sachen erworben, die dann verkauft werden konnten.
(Nach und nach wurde noch ein Zimmer, dann noch eines dazu gemietet-
es waren nicht mehr als zwei Zimmer, wo im Hinterstübchen die Inhaber wohnten,
wie das in ganz alter Zeit typische Umstände der Ladeninhaber waren.)
Es wird so im 2. Lehrjahr des jungen Mannes gewesen sein, da haben die Lehrherren das alte Stadthaus gekauft und umgebaut.
Die Füße sind dabei immer fest auf dem Boden geblieben:
Die Kunden waren meistens einfache Leute aus den umliegenden Dörfern,
aber auch die einfacheren Leute der Stadt.
Hier bekam man Bestecke, Töpfe, Geschirr, Gläser
und Küchenkram aller Art bis zu Geschenken für Hochzeiten, Konfirmation etc.
Als Ergänzung kamen Spielwaren dazu, ein recht interessantes Thema,
das vielschichtig war und irgendwann einmal das Thema "Camping" dazu bekam:
Die Zeit der ersten Urlauber der unteren Schichten begann gerne mit Camping -
alle möglichen dafür notwendigen Utensilien- sonderbarer Weise keine Zelte.. vermutlich war nicht genug Platz dafür in dem Laden.
Dafür aber Luftmatratzen, aufblasbare Boote und Gartenstühle / Tische und Sonnenschirme..
Der Chef hat mit seinem schwarzen 58er Opel Kapitän mit Hydramatic die Sachen persönlich ausgeliefert-
ab und an hat er sich den Lehrling zur Hilfe genommen.
Der Lehrling "mußte" auch mit dem Chef die Schwäne füttern,
die zahlreich auf der Lahn sind - direkt hinter dem Fenster,
durch das die Kunden über den Tresen mit der Kasse schauen konnten, war der Fluss zu sehen.
Wenn der Chef seiner Frau irgendwie auf den Wecker ging, hieß es: Geht mal die Schwäne füttern.. als später die Fremden kamen, sah man immer weniger Schwäne.
Die größte Freude des Chefs waren die großen Kisten mit "Ramsch",
den er irgendwo günstig erstanden und geliefert bekam:
Meistens Geschirre und Gläser oder Vasen, Deko etc. - so manches Knickei
hat für billiges Geld den Besitzer gewechselt-
wer weiß denn schon, daß die riesige Keramik-Bodenvase undicht ist,
wenn nur Trockengesteck darin stehen soll?
Die Kunden hat es gefreut, den Chef auch - verschwiegen hat er die Mängel nicht,
dafür war das Zeug richtig billig-
lange vor der Zeit, als die Ramschläden aufkamen.
Sie hatten im Laden auch genug feines Geschirr von namhaften Herstellern,
die viele Jahre Nachkaufgarantie in allen Einzelteilen -
das war gewiß eine besondere Dienstleistung dieses Geschäftes, welche geschätzt wurde.
Damals achteten die Frauen noch darauf, daß das "gute Geschirr"
immer komplett für 12 Personen im Buffet stand.
Wenn ein neuer Artikel oder ein selten gefragter - nicht vorhanden war,
wurde dieser umgehend besorgt - Ehrensache.
(Die Konkurrenz schläft nicht und - wenn ein Kunde erst einmal woanders nachfragen muß, ist er meistens weg.)
So hat der Lehrling die meiste Zeit die Sachen im Laden abgestaubt oder abgespült-
einfach mal so staubig in den Regalen ausstellen,
wie das heute der Fall ist, war damals ein absolutes "nogo" !
Alles mußte ganz akkurat in Reih und Glied stehen und zwar so,
daß man damit nicht versehentlich ein anderes Ding herunter warf,
wenn jemand ins Regal griff.
Hier lernt man, wie ein Kunde behandelt werden sollte:
Der Chef achtete sehr darauf, daß alle Angestellten- ja,
wir galten nicht als Arbeiter oder "Mitarbeiter",
wir waren Angestellte und die waren schon etwas "Feineres",
man hatte einen Ruf zu verlieren !
Die Kunden wurden unaufdringlich begrüßt und gefragt,
ob sie sich umsehen wollen oder konkrete Wünsche haben-
dann gab es -entsprechend der Situation- fachlichen Rat und Tipps, die zum jeweiligen Geldbeutel paßten.
Wem ein höheres Geschenk im Moment etwas zu teuer war,
konnte dieses reservieren lassen oder gleich mitnehmen und anschreiben lassen,
kein Problem - und das lange vor der Scheckkarten oder gar Kreditkarten - Zeit.
Es war nicht zu entsinnen, daß man nach dem Ausweis gefragt hat..
Die Kontrolle der freiwilligen Putztätigkeit war immer da- wenn auch sehr subtil.
Dreckecken wurden nie geduldet - der Lehrling hatte den Schlüssel zum Geschäft -
und das schon im 1. Lehrjahr - heute undenkbar.
Bevor der Chef wach wurde,
(Chef und Chefin wohnten über dem Laden - dort war auch eine große Terrasse,
von der man auf die Lahn sehen konnte)
war das Scherengitter weggezogen, die schweren Sicherheitsschlösser geöffnet,
die Ladentür stand auf und es wurde geputzt.
So trocknete alles schnell ab, - Durchzug mit den Fenstern zur Lahn, eben die hinter der Kasse.
Ab und an kam auch mal ein Kunde herein, der selbstverständlich vor der eigentlichen Öffnungszeit seine Ware bekam,
auch wenn Lehrlinge nicht an die Kasse durften.
(Die Kasse hatte zu dieser Zeit auch noch kein Wechselgeld)
Abgezähltes Geld ging immer- nur noch geschwind den Kassenzettel im Quittungsblock ausfüllen,
Artikel, Anzahl und Preis, Namenskürzel darunter.
(Die Quittungen waren durchnumeriert.)
Einen Zettel bekam der Kunde, der 2. Zettel als Durchschlag wurde auf einen Spieß an der Kasse gepinnt.
Nun nur noch die Waren sorgfältig in Geschäftspapier einpacken -
zuvor wurde das Preisschild entfernt..
Das war eine kleine Kunst in sich- es durfte nicht "laienhaft" aussehen,
darin hat der Lehrling einige Stunden Schulung ertragen müssen.
Irgendwann kamen die anderen Mitarbeiter an- der Lehrling fuhr einen Zug früher,
eine Viertelstunde später kommen, nee, das hätte man nie geduldet.
Die Fahrt mit dem frühen Zug hat er gerne gemacht,
daran hat man den Grad der "Willigkeit" abgelesen.
Nun war der Lehrling wieder der "Stift" und mußte gehorchen, wenn die Gesellen etwas sagten.
So mancher Schleimigel war unter diesen Gesellen, hinterhältig und aalglatt.
Die Chefin arbeitete fast nur im Büro, dessen Tür immer offen stand -
sie bekam vieles mit und achtete immer auf korrekte Abwicklung aller Dinge,
die man irgendwie beeinflussen kann.
Ich habe nie gemerkt, daß eine Nervösität aufkam, wenn der Steuerprüfer kam.
Nun bekam der Lehrling eine flache Ledertasche in die Hand gedrückt:
Hier sind 2 Überweisungen drin und die Tageslosung:
Bringe das zur Sparkasse.
Kein Problem, mit dem blauen Nylon-Kittel an und dem Geschäftsemblem auf der Brusttasche ging es zur Bank.
Und es handelte sich immer um einen recht hohen Betrag, der dort einzuzahlen war -
auf den Gedanken, daß der Stift damit Mißbrauch treiben würde, ist keiner gekommen:
Man kannte die Eltern, auch wenn das "nur" Arbeiter waren, war genug Vertrauen da.
Oberste Losung war immer:
Bei uns wird nicht geklaut, wenn du Geld brauchst,
sagst du das gefälligst - Vorschuß kann immer gewährt werden.
"Denk immer dran: Bei uns geht es ordentlich zu, kein böses Wort in der Stadt,
wenn Besorgungen zu machen sind und erst recht nicht zu den Leuten von der Konkurrenz -
Wir haben einen Ruf zu verlieren!"
Zuvorkommenheit und Höflichkeit war ganz einfach Pflichtfach, genau wie das Kopfrechnen..
Kopfrechnen!
Welcher Schulabgänger hat das nicht gehasst wie die Pest?
Der Chef: Das kriegen wir hin, wenn du hier fertig bist,
kannst du das - das wäre ja nochmal schöner..
..ein Kaufmann muß schneller im Kopf rechnen, als daß der Kunde merkt, daß er beschissen wurde!
..und lachte dabei so laut, daß die Chefin aus dem Büro kam
und nach dem Grund dieses Heiterkeitsausbruchs fragte.
"Nix, man wird ja wohl mal lachen dürfen.."
Will zu Willig?
Wo ist denn der Chef schon wieder, fragt die Chefin - niemand will etwas sagen.
Nur der Lehrling: Er wird nebenan sein, in der Bäckerei..
Geh rüber und hole ihn- wenn er nicht gleich kommt, fliegt ihm das Hähnchen entgegen!
Oh, finster- ob sie das machen wird?
So geht der Lehrling ins Nachbarhaus und dort sitzen schon die üblichen "Verdächtigen" beim Bier.
Bier? In einer Bäckerei mit Kaffee-Stube?
Ja, das war damals so, wenn die Alten mit dem Zug aus den Dörfern kamen,
gingen sie gerne nach dem Einkauf dort eine Kleinigkeit essen;
die Frauen nahmen ein Stück Kuchen und tranken Kaffee,
die Männer ein Bier und ein Stück Fleischwurst mit Brötchen,
die Wurst wurde vom Metzger direkt gegenüber geholt -
dafür war sich der Bäcker nicht zu schade.
Wurst, Brötchen und Senf dazu - fertig war das schnelle Stadt-Essen.
Dort hockten im Halbdunkel dieser seltsamen Bäckerei
auf altmodischem Gestühl, ein paar "Geschäfts - Konkurrenten" beim Bier-
es werden wohl einige Gläser gewesen sein, so wie ihre Augen glänzten -
wie bei Kindern zu Weihnachten!
Nun platzt der Lehrling dort hinein und sagt:
Die Chefin meint, wenn er nicht gleich komme, dann fliegt ihm das Hähnchen entgegen..
Alles prustet und lacht, der Chef erschrickt und war eher böse auf den Lehrling,
der keinen Plan hatte, warum ihn nun der Zorn trifft..
(Von Partnerschaftsproblemen hatte ein so junger Mann noch keine Ahnung,
geschweige denn genaue Vorstellung, er hatte nicht mal eine Freundin,
nur ein paarmal herum geblinzelt- wo so viele feine Exemplare mit im Zug
und auf dem Fußweg in die Stadt zu sehen waren)
Nun versuchte der Chef sich dort zu verabschieden- was recht wackelig schien-
der Lehrling war fix wieder ins Geschäft geeilt, denn der Chef hat schon mal eine Ohrfeige verteilt.
Einmal hatte er eine abgekriegt- aber wie.. und das auch noch,
obwohl er unschuldig am Porzellanbruch war:
"dann haste eine gut, wenn du es nicht warst!"
Die Chefin stand noch immer wütend herum und ging erst die Treppe aufwärts
in die Küche, als sie sah, daß ihr Mann kam.
Die Gesellen meinten:
Oh, die pfeift wieder auf dem Kochlöffel und so verdünnisierten sie sich an irgendwelche Aufgaben,
die sie mit schielem Blick besonders intensiv zu machen schienen..
Der Chef hatte wohl im Sturm getankt-
schwankend wie ein Matrose ist er durch den Laden und die Treppe hoch-
wie der dämliche kleine Modehund, den der Lehrling oft genug durch die Stadt ziehen mußte -
von seinen Besitzern wurde das Vieh immer getragen und wenn das andere versuchten,
schnappte er schon mal zu oder ließ es einfach laufen..
An diesem Tag ist der Chef nicht mehr im Laden aufgetaucht -
nach und nach zogen seine Trink - Kumpanen an der Schaufensterscheibe des Ladens vorbei-
feixend und schwankend, - daheim wird es denen nicht besser ergangen sein..
Einmal haben die Gesellen den Lehrling zu einem Bier eingeladen-
weit weg in der Bahnhofswirtschaft, damit es sonst niemand mitbekommt.
Ohje, das war niederschlagend und total ungewohnt - die Gesellen hatten Mühe,
den Lehrling so gerade zu halten, daß es nicht aufgefallen ist.
Die Hälfte der Arbeitszeit hat er im Pack-Raum verschlafen-
mit dem war nichts mehr anzufangen an diesem Nachmittag..
Wenn gefragt wurde, wo denn der Lehrling steckt, hielten alle seltsam zusammen:
Der hat einen Spezialauftrag im Keller.
Der älteste Geselle hat immer V ivil gegessen, nun weiß man auch warum..
Vermutlich, so der Lehrling zu sich, als er im Zug noch immer benommen war:
Die Gesellen werden wohl Übung haben - mir bekommt das nicht..
Die Jacke schief geknöpft, zerzauste Haare kam er zuhause an- seine Mutter roch den Braten sofort.
Dieser Vorfall wurde nie wieder erwähnt.
Die "Kneipe" der Chefinnen war wohl schräg gegenüber, dort war ein Friseursalon mit einem besonders weichen Inhaber-
dort wurde getratscht und geratscht- stundenlang.. direkt daneben die Boutique, die kein Kleiderladen sein wollte.
(Dort hat man sie auch schon bei einem Glas Sekt gesehen)
In der Kurve der Straße, rechts von der kleinen Metzgerei war die Drogerie des "Leo", wie alle ihn nannten-
das war ein echtes Original, dort gab es alles- egal was gefragt worden war, er hatte es vorrätig.
Ein total verwinkelter Laden mit tausend kleinen Schubladen und Regalen,
Treppchen und Hintertüren zu Kammern und mehreren Kellern
übereinander, in dem seltsame Gefäße standen.
Ein typischer Drogerie-Geruch hing darin.
Eine Mischung aus Petroleum und Parfüm -
dort fand der Lehrling auch das "irische Moos" oder "russische Leder",
das die Frauen angeblich so liebten - genützt hat es nix,
obwohl das Zeug für einen Lehrlingslohn kaum erschwinglich war..
Dafür schmiegte sich die Frisöse eng an ihn, wenn er sich gegenüber der Arbeitsstatt die Haare schneiden lassen hat!
Dieses Event konnte er sich nur selten leisten und nicht immer war das Glück hold,
daß eine der jüngeren Frisösen die Arbeit taten.
Mit frischer Frisur ging er aus dem Frisörladen in das Geschäft-
die Pause war weg, die Pausenbrote mußten nun heimlich zwischendurch gefuttert werden:
Mensch, das stinkt hier wie ein ganzer Friseursalon- spotteten die Kollegen.
Diese Düfte betäuben irgendwie und auch die Kunden schauten immer ganz irritiert,
wenn im Porzellan-Laden ein solcher Geruch lag.
"Heu - was ist es so hell geworden!"
"Pierre Pomade" - und ähnliche Sprüche gab es unterwegs und zuhause..
Einmal im Frühjahr nahm ihn der Chef mit in den Garten,
der auf der anderen Seite der Lahn in einer Baulücke angemietet war-
dorthin hatte die Chefin ihren Mann geschickt:
Mach das Unkraut weg!
Der Lehrling hatte nicht viel Ahnung von solchen Sachen - was war nun Unkraut und was nicht?
Der Chef zog sein Hemd aus und schwitzte wie ein Bär- was er wieder mit Bier auffüllte-
unter der Gartenhütte waren ein paar Flaschen Bier versteckt..
All zu wild hat er nicht gewerkelt- und den Stift nach kurzer Zeit wieder ins Geschäft geschickt..
auf dem Weg dorthin kam ihm schon einer der Kumpels des Chefs,
der Gärntereibesitzer unweit des Gartens - entgegen.
Auch dieser war bekannt für seine Trinkfestigkeit.
Einmal die Woche ging die ganze Bande zum Äppelwein-Wirt am Ende der Straße,
dort, wo im Hinterhof die Äpfel aus der Region angekarrt wurden.
Dieser Wirt hat im Hinterhof eine Kelterei geführt, sehr praktisch.
Wie die Stammtischbrüder von dort nach Hause kamen,
wollte niemand wissen- weit war es ja nicht.
Ein besonders weicher Geselle half der Chefin beim Spülen in der Küche..
"Immer dran denken:
Wir müssen die Geschäfte in der Stadt stützen und sollten immer dort kaufen!"
Diesen Spruch hat der Lehrling oft hören müssen,
wenn er mit dem Einkaufszettel durch die Stadt geschickt wurde-
ein paar Lebensmittel und Kleinkram zu holen, war immer beliebt.
(Dabei konnte der Lehrling sich gut umsehen und sich viel Zeit lassen- "Stau an den Kassen")
Was dem Chef sein Bier war der Chefin die Kopfschmerztablette, immer eine Sorte, T ogal oder so.
"Immer bei den Mitgliedern des Wirtschaftsvereins einkaufen"
Hat sie allen Mitarbeitern eingeprägt.
Ab und zu bekam man doch mit, daß der dicke schwarze Wagen in die Garage fuhr -
der Rücksitz war mit Decken zugehängt, im riesigen Kofferraum war alles voll mit..
Lebensmitteln und günstig beim Großhandel erstandenen Dingen,
die auch bei den "Mitgliedern des Wirtschaftsvereins" zu haben gewesen wären.
Die Chefin hat sich am Obstsekt einer ital. Marke festgehalten,
die der Lehrling in einem abgesperrten Kellereck verstauen mußte.
Beim Ausliefern von sperrigen Gegenständen hat der Chef dem Lehrling auch schon mal angeboten,
den Wagen fahren zu dürfen - was aber mangels Führerschein nicht ging -
vermutlich hat er unterwegs an eine Einkehr gedacht.
Einmal wurde ein Schwan mit gebrochenem Flügel auf der Lahn gesichtet,
das war ein Ding!
Fix wurde das fein gewürfelte Brot geschnappt und mit einem Wäschekorb losgezogen - der Chef und der Lehrling.
Das war ein Drama, bis das Vieh, das sich heftig wehrte und schnappte
schließlich doch eingefangen und in den Korb verbracht werden konnte.
Mit dem Auto zum Tierarzt..
"Hansi" hat er den Schwan genannt und noch lange nach der Genese kam der Schwan
immer wieder und mit weniger Scheu zur Fütterung.
Irgenwann hat "Hansi" auf der Lahninsel, zwischen dem Fluss und dem Mühlgraben-
ein großes Nest gebaut und bald kamen die grauen Plüsch-Knäuel,
die hinter dem Schwan her in den Wellen hüpften.

Die Berufsschule war einmal die Woche, wieder Schule- er war eigentlich froh,
diese Zeit hinter sich gehabt zu haben..
dort trafen sich in einer Klasse alle möglichen Gewerke - Elektriker,
Metzger, Bäcker, Anstreicher und auch Kaufleute.
Das Lehrberichtsheft mußte geführt werden,
wo seltsame kleine Aufsätze über Warenkunde und berufliche Erfahrungen eingetragen werden sollten.
Die Hefte waren meistens lange leer, bis ein paar Wochen vor der Prüfung-
es fand sich immer ein Geselle, der aus seinem eigenen Heft abschreiben ließ..
Die Warenkunde war aber sehr gründlich beim Chef,
alles wurde sehr gut erklärt und da legte auch die Chefin höchsten Wert drauf-
der Kunde hatte ein Anrecht auf sachgerechte Beratung.
Nachlässigkeiten wurden nicht geduldet.
Bald konnte er den Klang der irdenen Gefäße und edlen Porzellanen und Gläsern erkennen,
der einen "Sprung" oder Riss offenbarte, den man mit dem Auge nicht erkennen kann.
Bald kannte er die Muster und Namen von Bestecken und Servicen,
wußte ob und wie man diese Dinge einzeln nachbeordern kann.
Nein, fachlich war die Ausbildung sehr gründlich, auch wenn nichts schriftlich gemacht wurde:
"Das ist Blödsinn, Theorie gehört in die Schule, nicht in den Laden" -
der Chef hielt nicht viel vom Lehrberichtsheft.
Dennoch mußte das Zwischenzeugnis immer gleich gezeigt werden,
damit man evtl. Defiziten gleich auf den Grund gehen konnte.
Der Laden achtete auf seinen Ruf:
Bei uns ist noch keiner bei der Prüfung durchgefallen.
Das Kopfrechnen ging im Laufe der Zeit immer schneller- wer hätte das gedacht?
Widersprüche gab es aber auch in der Ausbildung:
Kalkulieren haben die Lehrlinge nur theoretisch in der Schule gelernt,
im Laden war es immer irgendwo ein Geheimnis, das nur der Chef und der älteste Geselle durfte.
Ab und an tuschelten die Inhaber:
"Im Blättchen steht dieser und jener- wir müssen aufpassen,
daß wir an unser Geld kommen"
Lustig war es bei Preisausschreiben oder besser "Gewinnspielen",
deren vom Kunden ausgefüllte Karten in einer Box gesammelt wurden.
Als die "Ziehung" der Preise war, wurden die Namen vorgelesen- und nur die,
von denen man als "gute Kunden" oder "gelegentlichen Kunden" gewahr war, kamen in den Topf,
aus dem dann die Gewinne gezogen wurden.
Unbekannte Namen wurden ein wenig "vergessen" ;)
Immer wieder kamen Waren an, da wurde der Kapitän auf einen Parkplatz an der Lahn verdammt
und die Güter wurden in der Garage, die einen Zugang zum Lagerkeller hatte, sortiert und kontrolliert.
(Das mußte bald getan sein, denn nur so konnte zeitgerecht reklamiert werden,
wenn mal etwas fehlte oder kaputt war)
Neben dem Heizungskeller mit der lauten Ölheizung war der Pausenraum- mit Gitter vor dem Fenster,
damit nichts hinein- und nichts heraus konnte.
Sogar eine kleine Kochplatte war da, damit man sich ein Süppchen machen konnte.
(Allemal besser, als diese seltsamen "Essens-Tender" von Zuhause mitzubringen,
die nie so ganz dicht waren- einfach mal am Mittag etwas kaufen, das war bei dem Lehrlingslohn nicht drin.)
Lustig war es bei den "Saisonartikeln" zu Weihnachten oder Ostern,
wo Geschenkkörbchen mit allerlei Dingen - so auch Schoko- oder Zuckerwerk - verpackt war.
Wie es vom Großhändler kam, so wurde es ausgestellt und .. wenn etwas übrig war,
oben im Speicher in der Ecke "Saisonartikel" verstaut, bis zur Saison im ..nächsten Jahr ;)
oben war es immer so schön heiß im Sommer.
Die einzige Toilette war irgendwie zwischen den Treppen, in einem Kämmerchen ohne Fenster -
dafür war eine Kerze da, die bei dem großen Geschäft eben angezündet wurde.
Zum Händewaschen mußte man in den Keller, eine Treppe tiefer.
Ständig wurde irgendwas geputzt- mal der Laden, mal die Treppe- oben in der Wohnung putzte der weiche Geselle..
Im Winter wurde Schnee geräumt- ratet mal, wer dafür abgestellt wurde:
Der Lehrling und der Chef.
In der Schubkarre wurde der damals noch kräftig vorhandene Schnee in die Lahn gebracht-
wohin hätte das Zeug auch sonst gesollt?
Der Bürgersteig war nicht so breit und bald war mir klar,
warum der Laden von außen bis über die Fenster gekachelt war-
wenn sich zwei LKWs in der recht schmalen Straße mit Steigung und Kurve begegneten,
schlugen die Räder den Matsch bis über das Schaufenster..
Wischen, putzen, wischen, schrubben-
der Lehrling hatte allemal ein Putzabitur gemacht, wenn die Lehrzeit zuende war.
Damals waren die schweren heulenden Bundeswehr Tanklastwagen von Magirus unterwegs-
für den Lehrling immer ein sehenswertes Event-
zusammen mit dem Chef rannte er zu Tür um das gebührend zu bewundern..
Es wird wohl so gewesen sein,
daß zum Fünffachen des Lehrlingsgehaltes das Geburtstagsgeschenk der Chefin für den Chef gekauft wurde-
das diese stolz präsentierte:
Die erste Digitalarmbanduhr!
Der Laden hatte mehrere Angstgegner, die heftig Konkurrenz machten-
manche nur in Teilbereichen, andere mit dem ganzen Sortiment- ein Exklusiv-Laden
für Glas und Porzellan war auch in der Stadt.
Trotzdem sind die Inhaber des Ladens, in dem der Lehrling war,
immer mit beiden Beinen auf dem Boden geblieben.
Einmal gab es den "Ölkannenkrieg":
3 Läden machten sich den Preiskampf um die billigste Ölkanne zum Sport -
diese Plastikkannen, die wie Gießkannen ausschauten waren es,
mit denen die Kunden Heizöl in die Tanks der Zimmeröfen füllten..
Abwechselnd wurden Gesellen und der Lehrling -mit der Order in "zivil",
dh. ohne Dienstkittel- an den Konkurrenzläden vorbei zu gehen,
um die aktuellen Preis auszuspionieren..
..anschließend wurde der Preis in der Auslage herab gesetzt,
um das günstigste Angebot zu offierieren.
Irgendwann sind die Dinger draußen vor der Türe angebracht worden- mit riesengroßem Schild dabei:
Ölkanne 1,99 DM !
Das war freilich unter dem Einkaufspreis- aber wer von den Kunden ahnte das oder wollte das wissen?
Gut, dieses "Geschäft" war eher keines - bis es der Chefin mal zu bunt wurde und sie schimpfte:
Warum sollen wir 50 Ölkannen am Tag verkaufen und bei jeder eine Mark drauflegen,
höre endlich auf mit dem Blödsinn, sonst zahlst du das von deinem Taschengeld-
-dieser "Appell" war an den Chef gerichtet, so laut, daß es bestimmt jeder der Beschäftigten mitbekommen haben muß.
Inoffiziell - unter den Verkäufern - hieß das damals "der Ölkannen-Krieg".
Im Zug hat man sich sowieso das eine oder andere schräge Ding erzählt-
jeder Laden hatte so seine kleinen Absonderlichkeiten.
Bei dem einen war es die Witwe, die sich einen "Geschäftsführer" zulegte-
der praktischer Weise auch gleich in ihrer Wohnung wohnte, in einem anderen Laden war ein Frauenheld,
der gerne mal hier mal da schaute, nebenan war eine "stadtbekannte Dame"- aber ohne Firmenschild,
dann war ein Schwiegersohn mit der Firmenübernahme betraut-
was einen schwunghaften Ausbau des Kleidungsladens brachte-
und bald die Pleite, nachdem einige Häuser zugekauft wurden.
Die Inhaber der Läden wechselten zuweilen nicht gerade selten.
Mit wechselnden Geschicken und Schicksalen kam neues Leben auf.
Die Zustände in dem Geschäft, wo unser Lehrling tätig war, blieben konstant und sehr zuverlässig.
Es gab eine Inhaberin eines Reiseladens, die sehr alt wurde- ein Urgestein der Stadt,
die immer mit ihrem Dackel unterwegs war- wie so einige Originale,
mit denen man sich wunderbar unterhalten konnte.
Ein Delikatessenladen oder Feinkost, wie man früher sagte, hatte edle Dinge und feines Personal,
ein Fisch- und ein Gemüseladen, eine Konfiserie, mehrere Cafes -
je nach Klientel einfach oder fein -
ich weiß nicht wieviele richtige Bäcker und Metzger in der kleinen Stadt angesiedelt waren.
Ein Metzger oder Bäcker (die noch selbst handwerklich produziert haben) hatte stärkere, der andere milder gewürzte Waren, es war für jeden Geschmack was dabei.
Wenige der alten Läden sind geblieben,
so macht der Milch- und Käseladen nur noch leckeres Speise-Eis,
das einer der Nachkommen sich zur Kreativ- Aufgabe gemacht hat,
Bäcker sind nur noch Filialisten, genau wie die Metzgereien, von denen nur noch zwei im Ort sind.
(2022 keiner mehr)
Dafür baute man in Bürgerinitiative einen Bürgerladen - mit mäßigem "Erfolg",
weil dort nur wenige ältere Leute kaufen, die nicht immer an den Stadtrand fahren wollen,
um ihre paar Sachen einzuholen.
Die Neubürger der Stadt kaufen bei ihresgleichen - wohl aus "religiösen" Gründen.
Inzwischen gibt es Russen- und Türkenviertel mit eigenen Läden.
Nur noch selten trifft man einen der alten Stadtbewohner, die immer jammern,
weil sie mit "den neuen Bewohnern" nicht klar kommen:
Wenn wir Abends den Fernseher einschalten, kommen die aus den Löchern und machen Krach,
dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht..
..die haben eine seltsame südländische Mentalität zu uns gebracht.
Die Stadt ist eine andere geworden, multikultureller, aber wohl nur für Touristen attraktiver.
Zwar fährt nun ein Stadtbus regelmäßig herum-
das kann aber von der sterbenden Altstadt kaum ablenken,
wo die hinteren Straßen recht marode geworden sind.
Doch zurück zu der Zeit des Lehrlings,
der gegenüber seiner Wirkungsstätte noch eine ganze Geschäftszeile sah,
die am Felsen unterhalb des Schlosses klebte.
Heute ist das alles abgerissen- Denkmalschutz hin oder her.
Weg ist das große Lederwarengeschäft, weg der Friseur und auch die "Dame",
weg der Metzger und weg die Boutique und sogar der Leo - der aus Altersgründen aufgab.
(Heute ist die ehem. Drogerie ein Cafe, es blieb als einziges Gebäude dieser Zeile stehen,
weil dazwischen der Weg zur Mühle und dem Schlosspark verläuft)
Aber auch auf der Seite des Porzellanladens hat sich viel verändert,
so mancher Inhaber hat gewechselt, die Weinstube ist einem Hotel gewichen,
der Hutladen blieb, der Schuhladen ist nun eine seltsame Italo - Billiardstube,
selbst der Porzellanladen selbst ist nurmehr eine Bodenbelag-Ausstellung,
nachdem ein türk. Besitzer wieder dichtgemacht hatte.
Der Hinterhof der Apfelweinkneipe wurde eine kunterbunte Pizza-Ecke,
die absolut nicht zur Stadt paßt.
Auch die Kneipe, pardon Bäckerei neben dem Laden unseres Lehrlings ist schon lange zu-
aus Altersgründen und weil zwei große Anker das Kellergewölbe zusammen halten mußten..
In der Blütezeit dieser Bäckerei hat die uralte Mutter des Inhabers den winzigen Verkaufsraum bewirtschaftet -
und ganz genau auf alles aufgepaßt.. sie erinnerte immer an "Flicki-Flick-Flickenschild", war aber todernst.
Die Zeit der Inventur war immer so eine Sache, die bei geöffnetem Geschäft, mitten im täglichen Betrieb stattfand.
Manchmal wurde auch eine Sonderschicht am Sonntag oder Samstagnachmittag eingelegt,
wo der Chef für Bier, heiße Fleischwurst und Brötchen sorgte.
Auf diese Weise wurde auch so mancher kleinere Umbau in "Eigenhilfe" bewältigt.
Es gab noch etwas Taschengeld auf die Hand und jeder hat gerne mitgemacht..
Der Lehrling war irgendwie in diesem Betrieb so eingebunden, als wäre es ein entfernteres Familienmitglied.
Unbedingte Loyalität zum Unternehmen war selbstverständlich,
hier gab es kein vertun:
"Wessen Brötchen ich eß, dessen Liedchen ich sing"
War ein Spruch dieser Zeit, den jeder kannte.
Freilich wurde es gerne gesehen, wenn Bedienstete im Verwandten- und Bekanntenkreis
den Laden emfohlen haben - was auch immer getan wurde.
Gehalt gab es immer pünklich und bar in der Lohntüte.
Sogar mit Weihnachtsgratifikation- auch ohne gewerkschaftlichen Zwang.
Ladendiebstähle waren eigentlich unbekannt- weil jeder,
ja wirklich jeder wie ein Schießhund aufpaßte.
Es gab auch Fälle, wo sich eine Kundin leicht und gerne
zu "Spontankäufen" überreden ließ:
Der Chef meinte- na wunderbar, du hast die Kundin xxx erwischt,
die bekommt schon nicht mehr angeschrieben, weil sie das Zahlen "vergißt"
und im Blättchen ssschhh.. ach, das darf ich dir ja nicht sagen.
Zu seinem Erstaunen kam die Kundin bald wieder und wollte etwas nachkaufen,
als ich sie dezent an den ausstehenden Betrag erinnerte.
Sie zahlte!
So war diese Kuh vom Eis und der Anpfiff erspart,
den der Chef unweigerlich verpaßt hätte.
Die Samstagsarbeit war noch überall, dh. der Dienst ging sechs Tage die Woche.
Samstags nur bis 13.00 Uhr, was aber durch die Eisenbahn-Fahrzeiten
nicht als freier halber Tag kam, höchstens als viertel-freier Tag.
Die besseren Schüler, die mittlere Reife oder Abitur hatten,
bemühten sich am Samstag nicht zum Dienst, die hatten frei.
Irgendwann wurde der Laden offiziell von einem Verwandten des Inhaber-Paares übernommen
die sich aus Altersgründen zurück zogen-
von nun an wehte ein anderer Wind, "feinere Sachen" kamen ins Sortiment,
"einfache Dinge" wurden zurück gedreht.
Die Lehrzeit war im letzten Jahr angekommen,
der Lehrling hat mit Sondererlaubnis ein halbes Jahr früher die Prüfung abgelegt-
das Wissen war so fundiert, daß kaum Angst aufkam.
Es war noch die Zeit, wo alte Kriegskameraden das große Sagen hatten,
deshalb sind die Noten niemals richtig gut ausgefallen:
Wer selbst ungerecht behandelt wurde, gönnt auch den Anderen keine Bestnoten.
Wie auch immer- die Zeit des "Lehrjahre sind keine Herrenjahre" -
Geredes war nun endlich vorbei
und länger als nötig wollte er, der ehemalige Lehrling,
der Stift, der nun den Gesellenbrief in der Tasche hatte,
nicht mehr dort bleiben, wo doch ein "anderer Wind" eingezogen war.
Neue Besen kehren gut?
Man darf seine Zweifel haben, ob "H ummelfiguren" für 250 DM
in einer so kleinen Stadt wirklich besser zu verkaufen waren, als Kochgeschirre und Kaffee-Pötte.
Der Lehrling sah sich um und fand auch bald eine neue Anstellung in der nächst größeren Stadt-
endlich gab es mehr Geld und irgendwann das erste gebrauchte, sehr billige Auto !
Die Aktentasche, die er all die Jahre tapfer zur Arbeit trug,
behinhaltete auch den Gesellenbrief, den es am letzten Berufsschultag gab-
seine Mutter sagte morgens noch:
Bring mir aus der Stadt "Hähnchenklein" vom Lat scha mit, ich will Hühnersuppe machen.
Verstreut wie junge Männer nun mal sind, hat er zwar an den Einkauf gedacht,
dieses tiefgekühle Hühnerzeugs aber nicht extra transportiert,
sondern in die Aktentasche gesteckt und sich
-nach dem 14 tägigen Urlaub gewundert, warum es so entsetzlich stank in seinem Zimmer..
Die neue Anstellung war -trotz des Flecks auf dem Gesellenbrief,
der noch immer stank- daran nicht gescheitert.
Soviel zur Lehrlingstätigkeit in dieser Zeit,
diese Begebenheiten sollen ein wenig aufheitern und nicht ganz vergessen gehen:
Der "Vollkaufmann" war im Rang eines Meisters,
er konnte sich selbständig machen und Lehrlinge ausbilden,
nicht zu verwechseln mit dem Beruf des Verkäufers,
der eine einfachere und leichtere und kürzere Ausbildungszeit hatte.
Unser Lehrling war ein solcher Vollkaufmann,
den man heute durch "400- Euro- Kräfte" und studierte "Wirtschaftler" ersetzt hat.
Der eigentliche oder ursprüngliche Kaufmannsberuf ist tot.

Was mir damals an diesem Beruf am besten gefallen hat,
war die Entscheidungsfreiheit und die gewisse Selbständigkeit,
die ein erfolgreiches Arbeiten ohne ständige Bevormundung war.
Heute nennt man "kaufmännische Berufe" auch die,
welche eigentlich nichts mit dem ursprünglichen Kauf-Mann zu tun haben -
eine echte Fehlentwicklung, die "Jobs" gebracht und Berufe vernichtet hat.
Diese Entwicklung wird - da bin ich sicher -
auch andere Berufe ergreifen und deren Leute zu Taschengeldempfängern werden lassen -
das ist nur eine Frage der Zeit.
Massenhaft eingeschleuste Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt verbilligt Arbeit ganz allgemein.
Ein altes kaufmännisches Gesetz,
das unsere politischen Entscheider nicht zu wissen scheinen?
Oh doch, die sind aber auf der Seite der Unternehmer, die ihre Lobby in allen Entscheidungsbereichen installiert hat.
Sie haben ihre Stimme AB gegeben, damit ist das Recht auf weitere Mitbestimmung futsch.

***

Ein paar fiktive ? Geschichten:
Der Krämer
Der alte Buchhalter
Der Ottilienhof
Freund Bernd.
Das Alter
Der Optimismus
Gedicht der alte Hirte
Indogermanen
Vier Freunde und der Mönchshof
Virtuelles Krautfeld
Murmelspiel
Rasensport
Der Runkler
Drei Schwestern

***




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*** Nachgetragen ***

Ready für Dummheit.

In einer Kochshow mit noch niedrigeren Einschaltquoten als sonst, hat der Sternekoch M elzer einer alten Frau im Publikum einen Kochlöffel mit Kartoffelbrei zum Probieren gegeben.

1. gehört sich das auf einem Probiertellerchen und nicht vom Kochlöffel..
2. nicht in diesem Ton:

"Einmal probieren bitte. Das paßt auch von der Altersstruktur her mit dem Püree."

Er ließ es nicht mit diesem dämlichen Spruch bewenden, sondern setzte -grinsend- noch einen drauf:

"Na? Da können wir uns alle freuen im Heim oder?"

Mal davon abgesehen, daß man "Beef" in Deutschland ganz sicher nicht nötig hat, war die Sendung dennoch so benannt.
Bei uns ist das Fleisch nicht zäh, auch wenn es gar ist - was man beherzigen sollte, um Krankheiten zu entgehen. (Man weiß nie wer das und wo das geschlachtet wurde)

Nun sage ich mal aus meiner Sicht:
Es ist ja schön, daß der Tim nun auch Kartoffelpüree machen kann und nicht nur mit Chili und Rohkost dabei ist - das halbrohe Fleisch liebt er wohl immer noch.. den Kartoffelbrei kann die alte Frau mit Sicherheit besser und schmackhafter als er, der Sternekoch - zubereiten.

Ich jedoch mache den Kartoffelbrei lieber "stückig", von eben diesem Koch als "Kartoffelstampf" bezeichnet.
Das ist nichts Besonderes, sondern nur Routine, wie sie jede Hausfrau hat.

In einer anderen Koch - Sendung hat sich ein ebensolch' hochdekorierter Sternekoch geoutet,
indem er mit riesigem Getöse ewig lang Bratkartoffel gerührt hat
und zwischendrin sooft probiert, daß für das wartete Publikum im Zuschauerraum
nur noch zwei halbe Untertassen voll blieb..

Es ist immer dasselbe und so sind eben die Zuschauerzahlen oder Einschaltquoten sehr gering geworden:
Es kreißte der Berg und gebar eine Maus.

Meine Frau glaubt eher an eine abgesprochene Szenerie, denn den TV - Sendern ist nicht mehr dusselig genug, um Quote zu machen!







"Uboot-Kartusche"

"Negative Gedanken erhöhen das Demenz-Risiko!"

Diese Schlagzeile ist ein typisches Symptom für unsere Zeit: Statt sich zu freuen, daß wir Corona so gut überstanden haben, sucht die Presse schon wieder nach negativen Dingen und wenn man die gerade mal nicht finden kann, geht es in Richtung Angstschiene Gesundheit.

Wichtig ist, daß sich das Käseblatt gut verkaufen läßt- die Inhalte sind praktisch egal. Wichtig ist, "was hinten raus kommt" und das ist Geld. Der Leser als Dukatenesel.

49,90 Euro (2019) soll nun das dünne Tageblatt im Monat kosten - hallo? Dafür bekommt man Telefon und Internet zusammen!
Im Übrigen sind wir hier nicht mit negativen Gedanken dabei, sondern werfen jeden Ballast und Müll über Bord und leben gut damit.

2022 schon 60 Euro im Monat..








2020 Kartusche:
Metzgerei zur Burg Schmelzenstein, Teil 1

Metzger Karl Lager und Frau betrieben die 5. Generation der kleinen Stadtmetzgerei, die immer einen guten Ruf hatte.
Zwar sind die Waren nicht billig gewesen, wohl doch immer noch die beste Metzgerei in der kleinen Stadt an der Mosel, die keinen echten Konkurrenten hatte.
Die Umsätze waren nicht allzu groß, weil Karl schon lange nicht mehr schlachtete, sondern das Fleisch vom Großmarkt bezog, wegen der immer strenger werdenden EU Vorschriften.
Er kaufte aber betont nur 1a Ware von Tieren aus der Region.
Die Kunden honorierten das und kamen gerne immer wieder, zumal der naturbelassene Geschmack der Wurst und das schön gemaserte Fleisch bekannt waren.
Die "Würzbatterie" der Einheitsmischung hat er nie genommen, sondern seinem eigenen Geschmacksempfinden vertraut.
Wer hier bestellte, wußte um die Qualität, die eben nicht mit der des Supermarktes vergleichbar war.
"B-Sortierungen" kamem Karl Lager nicht in den Sinn, er kaufte direkt vor Ort und achtete ganz genau, was er in seinen Kühlwagen geladen bekam.
Er hatte nur einen "Altgesellen", der morgens in den Betrieb kam, um die Schweine- und Rinderhälften zu zerlegen.
Die Wurstküche gab Karl und seine Frau nicht aus der Hand und auf die Rezepte paßten sie genau auf.
Die Tochter verkaufte im Laden und der Sohn war im letzten Jahr zum Fleischermeister in der Großstadt gegangen.
Die Kunden gaben sich die Klinke in die Hand und im Laden tönte - neben dem Bimmeln der Türglocke der altmodischen, aber blitzsauberen Metzgerei:
"Ja selbstverständlich Frau Doktor, gerne liefern wir ihnen die Bestellung ins Haus, -wie immer."
Der Lehrbub machte die Ladentür geschwind weit auf, damit die Frau Doktor hinaus gehen konnte.
Das war eigentlich sein Hauptjob, denn den Oliver konnte man für sonst nicht allzuviel gebrauchen - man hat ihn aus Gefälligkeit eingestellt.
Oliver lieferte die Waren aus, machte sauber und half beim Tragen von schweren Kisten etc.
Meistens half er etwas Zerwirken und in den Gefrierraum bringen, beim Räuchern etc.
Langsam, aber sicher wurde der klein geratene Lehrjunge etwas selbstsicherer, bekam auch schon mal einen kleinen selbständigen Auftrag, z.B. Wurst abfüllen und etikettieren etc.
Die Pasteten des Hauses waren das große Markenzeichen, denn die einfachen Wurstsorten hat man großzügig der Konkurrenz überlassen.
Die Eltern und Besitzer waren froh, als ihr Sohn "seinen Meister" geschafft hat und nach Hause zurück in den elterlichen Betrieb wollte.
Die Zeit verging, wie sie das meistens tut:
Die Alten hatten genug verdient und zogen sich auf ihren Altersitz zurück, der unterhalb der Ruine Schmelzenstein in einem Hangvorsprung gebaut war.
Von hier sah man auf die kleine Stadt herab, die wärmenden Mauern der Burg im Rücken - unten im Tal die Mosel, dort wo nicht mehr weit bis zu Mündung ist.
Ein breiter Strom und weite Weinberge, wie im Paradies mit himmlicher Ruhe hochoben, wo kein Verkehr ist.
Die Tochter der Familie verkaufte weiter, der Lehrling strengte sich an, der Sohn und Gattin arbeiteten die Metzgerei nach eigenen Vorstellungen um - in ein Pasteten-Haus, wo man kein Fleisch, sondern eben nur noch zig Sorten Pasteten kaufen konnte.
Beide waren der Meinung, daß man heute Fleisch überall bekommt.
Somit hatten sie eine marktbeherrschende Sonderstellung in einem sehr weiten Umkreis und belieferten fast ausschließlich die gehobene Gastronomie oder stellten Partyplatten für Firmenfeiern oder Eventmanager zusammen.
Die Laufkundschaft aus der kleinen Stadt war treu und kaufte gut und regelmäßig dort ein. Noblesse oblige.

Sohn Karl II, wie man ihn nannte, war rührig und im Internet auf Draht, um weitere Kunden zu "requirieren", wie man das heute nennt.
Appetitlichst gemachte Bilder vom Fachfotografen halfen dabei, den professionellen Webauftritt zu gestalten.

Bald übernahm seine Frau Senja den Webauftritt und arrangierte die Bestellungen, die dann auf dem Rechner in der Wurstküche abrufbar waren.
Karl II achtete auf unbedingte Reinheit des gasamten Betriebes, in dem der Oliver bald den Altgesellen ersetzen wird, der in den Ruhestand gehen will.
Von ihm hat er viele wertvolle Tipps erhalten und bestand mühelos die Prüfung.
Karl II kam manchmal sehr spät mit einem neutralen Kühlwagen zurück und lud die Ware um in die Kühlung -
diesen Job wollte er keinem anderen Mitarbeiter überlassen, denn hier hängt die Basis der Qualität dran.
Die ersten 10 Fahrten war sein Vater mit von der Partie, damit sein Sohn die entsprechenden Leute
und deren genaue Bedingungen in Erfahrung bringen konnte.
In diesem Fach sind Verbindungen alles.
Bald konnte er sich eine modernere Wurstküche mit halbautomatischen Maschinen leisten, die deutlich effizienter arbeiteten.
Der Bäcker im Ort lieferte Unmengen an frischen Brötchen und so war der Renner der Saison geboren:
Pastetenbrötchen mit frischer Petersilie.
Bei den Handwerkern sprach sich das am schnellsten herum - sie kamen in Mengen und so war der Umsatz stattlich angewachsen.
(Die Installateure und Maurer oder Anstreicher fahren bekanntlich immer mal "Material holen",
was bedeutet, daß sie sich etwas zu futtern kaufen - und den Stundenlohn tapfer weiter laufen ließen..
es sage mir keiner, daß ich hier übertreibe, denn wir hatten schon zigmal ähnliche Erlebnisse mit diesen Burschen und..
manche haben obiges Treiben sogar schmunzelnd zugegeben)

Wie auch immer, so vergingen die Tage bei fleißigem Treiben,
Karl II bekam mit seiner Senja Zwillinge, die stolzen Großeltern boten sich als Ferienaufsicht an,
wenn die beiden größer würden.. hoch oben bei der Burg,
ein Abenteuer für das quirlige Zwillingspärchen Bernhard und Bianca, die Mäusepolizei, wie alle lachten.

***








2020 Kartusche:
Metzgerei zur Burg Schmelzenstein, Teil 2

Karl II und Senja hatten Erfolg mit ihrem Betrieb, die Zwillinge wuchsen heran,
Oliver arbeitete inzwischen selbständig in der Wurstküche und zerlegte jeden Morgen das angelieferte Fleisch.
Karls Schwester Isa war noch immer im Verkauf und das war gut fürs Geschäft,
denn sie kannte alle Leute und war im Karnevalsverein sehr rührig als bekannte Gestalt der Stimmungssängerin.

Der Laden lief mustergültig und bestand alle Anforderungen der Innung mit Bravour
und heimste einige silberne und goldene Auszeichnungen ein,
die stolz über der Ladentheke an der Wand prankten.

Karl der Jüngere, wie man ihn zuweilen nannte, dachte nicht im Traum daran zu expandieren und tat es seinen Eltern nach.
Immer ein Bein nach dem anderen, große Sprünge sind nichts in diesem Geschäft, wenn man exklusiv bleiben will.
Oliver machte seinen Meister und bildete nun selbst einen Lehrling aus,
so hatte Karl mehr Zeit für den Einkauf und das machte er gründlich.
Ab und zu kontrollierte er die Qualitäten, damit auf keinen Fall ein -noch so geringer- Einbruch kam.
"Ein unzufriedener Kunde kann viel Geld kosten, denn er erzählt es herum.."
Dieser Leitspruch hing in Großbuchstaben über der Tür der Wurstküche.
Wenn junge Männer in den Laden kamen, gab Isa gerne mal einen dickeren Belag auf die Brötchen - wortlos.
"Darf es das Endstück sein?"

Im Rahmen des Kindergeburtstages tauchte Isa's Mann auf und prahlte wie ein Tüte Popcorn.
Er rang sich in den Vordergrund aller Gespräche, spielte sich auf wie ein Hahn.
Er sah gut aus und war gewitzt, eher gerissen.
Die Stunde war schon fortgeschritten und durch die schwere Arbeit am Tage war der Senior schon sehr müde.
Seine Frau war schon zu Bett gegangen, als die Jungen noch kräftig im Gespräch waren.
Isa's Mann war als Disponent einer großen Kette beschäftigt und sagte auf dem Fest für die Zwillinge:
"Ich komme billig an Fleisch aus Tschechien heran, vielleicht hilft euch das den Gewinn zu erhöhen?"
Die Inhaber drucksten herum und lehnten dankend ab, weil sie Bedenken wegen der Qualität hatten.
Man verabredete sich aber dennoch zu einem Testkauf und Besichtigung der Ware in einem großen neutralen Kühlhaus.
Die Qualität schaute gut aus und auch der Praxistest in der Wurstküche verlief einwandfrei.
Von nun an kam die Kühlware direkt vor der Metzgerei an, in einem neutralen Kühllastwagen spät am Abend.
Der Einstandspreis des Fleisches hat sich auf ein Drittel verringert und die Gewinne flossen entsprechend.
Zur Tarnung fuhr Karl ab und zu noch mit seinem eigenen Kühlwagen an und lud demonstrativ heimische Fleischprodukte ab.
"So machen das alle!" sagte sein Schwager lachend - nur Dumme glauben an die Mär von der heimischen Erzeugung.
Die hier erzeugten Fleischprodukte gehen subventioniert nach Italien,
um von dort als Parmaschinken oder Salami zurück zu kommen.. so ist eben der EU-Kreislauf !
Seinen Eltern durfte Karl das freilich nicht sagen, die wären sicherlich entsetzt gewesen.
Die junge Familie fuhr zum Altensitz um dort mit dem neuen schweren Benz aufzutauchen,
die Zwillinge für eine Woche dort zu lassen um sich eine kleine "Auszeit" zu gönnen.
Die Eltern hörten staunend zu, wie sich der Betrieb entwickelt hat und die neuen Maschinen, der Verkauf über das Internet-
den Alten war alles etwas unheimlich, besonders das teure Auto auf dem Parkplatz.
"Das kostet mich nicht so viel, weil das auf Leasingübernahme läuft -
es konnte einer seinen Leasingvertrag nicht mehr zahlen und da bin ich eingesprungen und habe den Wagen übernommen..
..das spart die Anzahlung, die ein Drittel ausmacht
- zudem kann ich alles von der Steuer absetzen."
Was Karl seinem Vater nicht sagte, war der Billigkauf der Rohware, aus denen er seine Pasteten arbeitete.
Es war schließlich keine einzige illegale Sache dabei, immer im Rahmen der Gesetze und .. blitzsauber, wie früher.
Wieder hat der Schwager einen Vorschlag im engsten Familienkreis offieriert:
Er und sein Kegelbruder, der bei der Sparkasse ist, haben den Deal ausgeheckt:
Sie unterbreiten ein Angebot einer Fertigungshalle für Sauerkonserven,
deren Inhaber in Konkurs ist und die nun einen Käufer sucht.
Spottbillig, nannte er das Angebot und "die Bank steht dahinter",
weil sie diese Immobilie nicht unbedingt behalten will..
Es kam, wie es kommen mußte - Karl und Senja unterschrieben den Kontrakt,
arbeiteten auf Vorrat, damit die Pasteten nicht ausgehen.
Dann kam die Spedition und räumte alles um, die Metzgerei bekam einen neuen Besitzer -
ein Filialist, der sich in dieser Stadt noch nicht hat blicken lassen.

Der Vollzug ging reibungsloser als gedacht, Isa zog nicht mit, ihr war die Fahrt in's Kölner Hinterland zu weit.
Die Alten waren freilich eingeweiht worden,
sie fanden die Idee zwar nicht gut, gaben aber trotzdem ihren Segen dazu.
Karl und Familie zog in die Hausmeisterwohnung der kleine Fabrik ein.
10 neue Mitarbeiter werkelten nun an den Maschinen,
die erweitert worden waren, fleißig angelernt vom Oliver und Karl.
Der neue Lehrling wurde von dem neuen Metzger des alten Ladens übernommen.

Der Name des Webauftrittes und des Angebotes an Pasteten blieb:
Metzgerei zur Burg Schmelzenstein, Gourmet-Pasteten-Manufaktur.
Eine Metzgerei für den Endkunden war nicht mehr angedacht.



***








2020 Kartusche:

Metzgerei zur Burg Schmelzenstein, Gourmet-Pasteten-Manufaktur. Teil 3

Die Web-Kunden und Nobelhotels merkten freilich keinen Unterschied, denn der Lieferant blieb gleichnamig.
Die Fleischroherzeugnisse kamen bald direkt aus Tschechien mit dem Kühllaster,
denn das Kühlhaus der Manufaktur war deutlich größer als das alte in der kleinen Metzgerei.
Durch die größere Mengenabnahme war der Einstandspreis entsprechend geringer als zuvor.
Die Kunden des Großraumes Köln holten sich ihre Pastetenbestellungen meistens direkt ab,
weil sie Frische und einen Einblick in die Produktion haben wollten.
Das großzügige Labor, das die ehemalige Wurstküche nun ersetzte, war mit allen Raffinessen ausgestattet.
Entsprechend sah der Kreditrahmen der beiden Inhaber aus.
Das Büro wurde nun von 2 Fachkräften bewirtschaftet,
denn Karl II und Senja waren mit der Personalbuchhaltung überfordert.
Sie kümmerten sich nur noch um Einkauf und Vermarktung.

Die Lebensmittelkontrolleure und der Buchprüfer fanden keinen Grund zur Beanstandung -
die Geschäfte liefen noch besser als zuvor, weil eben größere Mengenkonditionen gestaltet werden konnten.
Die Raten liefen pünktlich bei der Sparkasse ein und jeder war zufrieden.
Die 12 Mitarbeiter bekamen tariflichen Lohn plus Weihnachtsgeld und einen sicheren Arbeitsplatz garantiert.

Die Eltern kamen zu Besuch und waren erstaunt, wie sich das Geschäft entwickelt hat-
über die Lastwagen aus dem Ostblock war Vater nicht so froh.
"Das hätte ich niemals gemacht, aber du hast wohl Erfolg mit deiner Strategie."
Der Schwager vermittelte weitere Connections, wie man so schön sagt
und bald kamen aus Ungarn, Bulgarien und Rumänien die Lastwagen an.
Mit Rindfleisch, Lamm, Geflügel, Schweinehälften.
Das Endkundengeschäft wurde zusätzlich -online bestellbar-
aufgebaut mit in kleinen Portionsdosen abgefüllten Spezialitäten des Hauses.
Der Renner war eine Gourmet-Frühstücksauswahl aus 25gr Portionen Luxuskonfitüre,
Edel-Käse, vegane Brotaufstriche in zig Sorten und eben deren Pastetensorten.
Die Geschäftsverbindungen zu den Zulieferern der Käse- und Konfitüre- Einlage
erwies sich als ein zusätzliches Standbein, von dem jeder gut profitierte.
Die Idee war schließlich neu und bald der Renner im Onlinehandel schlechthin.
Nicht billig, aber dafür Spitzenqualität.

"Das Billigsegment lassen wir den Ketten und Diskountern, das haben wir nicht nötig",
so Karl zu seinen Mitarbeitern, die 8 neue Leute dazu bekamen,
zum Konfektionieren der Gourmet-Frühstücksauswahl-Packungen und zum anschließenden Versand fertig zu machen.
Die Paketdienste kamen und gingen, der Umsatz verdreifachte sich.
Pausenlos tickerten die Adress-Drucker ihre Daten auf die Päckchen,
die von den Kunden geordert worden waren und bis spät Abends kamen die Abholservices an das Auslieferungslager.
Die Produktion kam kaum mehr nach, es mußten Sonderschichten gefahren werden und weiter 10 Leute eingestellt werden.
Meistens Frauen aus der Umgebung, die halbtags einen Job suchten.
Die großen Pasteten sind nach und nach eingeschlafen,
weil sich div. Trittbrettfahrer an dieses Geschäftsmodell hefteten und schlicht billiger waren,
weil sie in Polen produzieren ließen.
So ist das Miniportionen-Standbein bald das wichtigste Produkt geworden
und kleinere Portionen an Pasteten, die man bequem verschicken konnte.
Wieder mußten die Maschinen umgestellt werden und der Kreditrahmen wuchs.
Das hinderte Karl nicht daran, eine teure neue Leuchtreklame anbringen zu lassen
und einen Web- und Werbefachmann ins Büro zu holen, der die Vermarktung noch besser konnte.
Eine kleine Kühlwagenflotte kam dazu, damit die Gourmet-Häuser ihre Waren nicht mehr selbst holen mußten.
Der Web-Shop glühte und das Geschäft brummte - die Bank freute sich,
denn durch Sonderzahlungen war der Betrieb bald frei von Schulden - "nicht gut",
sagte der Bankmensch,
"denn die Steuer frißt dabei zu viel auf, sie sollten Kredite haben und investieren,
Subventionen abgreifen und deshalb rate ich ihnen zu einem Steuerberater, den unser Haus ihnen empfehlen kann"

Obwohl die Alten von dieser Sache abgeraten haben, wurde weiter investiert und auf Wachstum gesetzt.

Die Zwillinge wuchsen heran und gingen zur Schule, Oliver blühte auf und war in seinem Element als Instruktor und Werksmeister.

Die ehemals so riesig wirkende Fabrikhalle war nun an ihrer Kapazitätsgrenze angekommen
und mußte für ordentlich viel Geld erweitert werden - mit neuen Maschinen
und bald taten 50, dann 100 Beschäftigte ihren Dienst darin.

***








2020 Kartusche:
Metzgerei zur Burg Schmelzenstein, Gourmet-Pasteten-Manufaktur. Teil 4

Jeden Monat kam so ein schöner Batzen an Ausgaben zusammen,
schon durch die Beschäftigten und die Anteile der Inhaber,
der Steueranwalt und die Kosten des Kapitaldienstes etc.
Die Chefs der Zuliefererfirmen trafen sich auf einer Videokonferenz in regelmäßigen Abständen,
denn es war nunmehr alles so modern wie denkbar eingerichtet
und das war schon vorbildhaft, wie der Lokalredakteur des TV Senders meinte.
Bald waren einige Firmen mit "verschwistert", die an dem Kuchen teilhaben wollten
und bisland eher die Zuliefererrolle begleiteten.
Ein Käsefabrikant aus der Schweiz, ein Konfitürenspezialist in Belgien
und ein bekannter Hersteller für vegane Brotaufstriche waren bald feste Geschäftspartner,
ein großer Anbieter von Nuß-Nougatkreme beteiligte sich ebenso.
Diese festen, dauerhaften Vertragspartner boten allesamt das gleiche Sortiment auf ihren Seiten an
und so war das "Pasteten - Monopol" der ehem. Metzgerei faktisch erloschen.
Die Geschäfte gingen anfänglich prima, die Erweiterung des Geschäftsfeldes in andere Länder war perfekt -
aber die Pasteten waren dort in den Sitzen der ausl. Partner nicht angekommen und dümpelten vor sich hin.
Die Geschäftspartner wollten sich von dem Namen
"Metzgerei zur Burg Schmelzenstein, Gourmet-Pasteten-Manufaktur. "
trennen und berieten im Krisenplan einen Ausweg aus dem Vertrag.
Die chemischen Untersuchungen hatten ergeben, daß wohl Fleisch aus der Ukraine oder Russland verarbeitet worden war,
was als stark strahlenbelastet eingestuft wurde.
Das Gesundheitsamt hat per einstweiliger Verfügung diesen Geschäftszweig geschlossen, damit nichts an die große Glocke kommt.
Zu spät, denn verdächtig schnell bekam eine Zeitung Wind davon und berichtete
von den "dubiosen Fleischtransportern aus dem kommunistischen Ostblock"
und von "Tschernobyl-Hühnchen" und ähnlichen Dingen.
Die Mitarbeiter der Pastetenmanufaktur meldeten sich beim Arbeitsamt,
der Gerichtsvollzieher pfändete was er kriegen konnte.
Durch Zufall erfuhr der Vater Karl von einem Deal mit dem Journalisten,
den der Schwiegersohn offenbar eingefädelt hatte,
um seinen Hass und Zorn auf das vermeintlich entgangene Erbe loszuwerden.
Er bekam auch genug Judasgeld von der großen Boulevardzeitung,
seine Tochter hatte es in einer Weinseeligkeit dem Vater gebeichtet,
als sie auf dem Altensitz zu Besuch gewesen war.
Nicht ohne Schadenfreude sagte sie:
"Karl arbeitet als Hausmeister in der Schule,
in der seine Zwillinge sind und Senja geht putzen und trägt die Tageszeitung aus..
das Sozialamt schießt zum Leben dazu.
Das habe ich durch den Postboten erfahren, der mit uns zum Tanzen geht.."
Der alte Karl und seine Frau verstarben wenige Monate später,
das Haus im Weinberg wurde zuvor verkauft und von dem Erlös hat keines der Kinder etwas bekommen -
man munkelt, daß dieses Geld und das Gesparte als Spende - in geschickten Chargen- an ein Tierheim gegangen sein soll..
das sich sehr darüber gefreut hat.
Oliver hat bald eine neue Stelle gefunden, Isa ist vor Scham ins Wasser gegangen
und ihr Mann war fortan das schwarze Schaf in der Verwandtschaft.
Karl II ist seines Lebens nicht mehr so recht froh geworden,
als seine Frau depressiv wurde und oft in Behandlung mußte.
Das Jugendamt hat sich der Zwillinge angenommen und diese durch die Schulen gebracht,
bis sie eine Ausbildung bekamen und einen festen Beruf hatten.



***






2020 Kartusche: Metzgerei zur Burg Schmelzenstein Teil 5

Vater Karl wurde angestupst von einem seiner Enkel - Opa!
Was machst du denn für Sachen?
Auf dem Geburtstagsfest einschlafen - gibt es denn sowas?
"Die Fahrt zu euch muß mich müde gemacht haben, es war wieder so ein langer Stau auf der Moselstraße und überhaupt habe ich die letzte Nacht nicht gut geschlafen - es stürmte und brauste das Gewitter in den Weinbergen."
Als der Schwiegersohn wieder anhob zu prahlen, hat ihn Opa Karl zurecht gewiesen:
Höre auf mit deinen Prahlereien, die können wir hier nicht gebrauchen.
Etwas beleidigt ist seine Tochter und ihr Mann dann gegangen und die Zwillinge wurden von der Schwiegertochter zu Bett gebracht.
Karl II fragte seinen Vater, als sie allein waren:
Warum hast du dem Angeber so die Maske herunter gerissen?
Nun mein Sohn, das will ich dir gerne sagen:
Ich hatte gerade einen Traum - und so erzählte er haarklein von seiner Vision.
Der Sohn war entsetzt und meinte ganz leise:
Den Vorschlag hat er tatsächlich gemacht, aber du hat die Sache im Traum wohl weiter gesponnen!
Ein wenig gruselig war Beiden schon zumute, als sie den Vorgang den Frauen erzählten, die aus dem Kinderzimmer kamen..
Der Sohn versprach seinem Vater bei seinen Leisten zu bleiben,
nur das heimische Fleisch zu kaufen, nicht zu pfuschen und nicht zu puschen, nicht mit den großen Hunden pinkeln zu wollen und fein auf dem Teppich zu bleiben.
Isa kam nach wie vor in den Laden und man sprach kein Wort mehr von dem Vorfall auf der Geburtstagsfeier.
Man nannte den Isa's Mann nur noch den Hochstapler.
Einen dicken Benz hat man nie in der Garage der Metzgerei gesehen, sondern einen bescheidenen Familienwagen und den Kühltransporter.
Die Tage verliefen wie immer in der Metzgerei zur Burg Schmelzenstein, die Kunden gaben sich die Klinke in die Hand, als das Onlinegeschäft plötzlich zusammen brach:
Es waren einige Mitbewerber auf diesen Zug aufgesprungen und haben mit Pasteten aus Polen sehr viel billiger anbieten können.
So haben sie dieses Portal in eine Homepage verwandelt und ohne Bestellmöglichkeiten weiter .. gewurschtelt, wie man in den Fachkreisen so sagt.
Das Originalrezept von Vater hat Karl immer treu bewahrt und versprach, dieses nur an einen der beiden Zwillige weiter zu geben oder an Oliver,
der sich tüchtig anstrengte und beste Erfolge gewann.
Bald verkaufte die Metzgerei auch wieder Fleischwaren, weil die Kunden danach fragten und nicht extra dafür in einen anderen Laden gehen wollten:
Fleisch aus der Region ist eben doch deutlich besser, auch wenn es seinen Preis hat.
Die Metzgerei blieb in einem recht guten Umkreis bekannt und beliebt,
die Pasteten waren immerfort der Renner, in zahlreichen Varianten begehrt.
Frisch ist eben frisch und Geschmack aus kleinen Zuchten kann man nicht toppen.
Karl hat sich das Geflügelsegment angeeignet und experimentierte mit seiner Frau so lange,
bis der Geschmack mit dem der anderen Produkte konkurrieren konnte.
Hähnchenpastete, Entenpastete, Gänsepastete, Geflügelpastete, Jagdpastete, Leberpastete fein und grob, Delikatess-Sülzen und Blocksalami-Sorten mit Würzrand, Schinkenpastete, Weinpastete, Oliven- und Kräuter- und Zwiebelpasten, schnittfeste Pasteten und solche zum Aufstreichen etc. die Auswahl war mehr als genug,
auch ohne die einfachen Aufschnittsorten oder "Hausmacher Wurst" - die bekommt man schließlich überall..
Wer hier kauft, zahlt gerne etwas mehr, da war man sich einig, denn selbst bei den Blindverkostungen waren die Sorten deutlich voneinander zu unterscheiden und das unterschied eben Karls Metzgerei von den anderen Anbietern und Angeboten auf deutliche Art und Weise:
Hier war alles echtes Handwerk und kein Einheitsbrei aus der Maschine. Diese Blindverkostungen fanden innerhalb der Familie regelmäßig statt - und keine Pastete durfte dabei durchfallen!

Beruhigt fuhren die Eltern zu ihrem Alterssitz in den Weinbergen und sprachen noch ein paarmal über diesen seltsamen Traum..
Schuster bleib bei deinen Leisten !

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Diese Geschichte ist freilich nur fiktiv, ein kleines Märchen, denn nach meinen Erfahrungen würzen alle Metzger, ob in der Fabrik oder Manufaktur oder in den kleinen Metzgereien mit der gleichen Würzbatterie- so braucht man nicht alle individuellen Würzangaben und Allergene etc. extra, einzeln und bei jeder Sorte aufetikettieren und deklarieren.. zudem landen seit Jahr und Tag überall die gleichen Transporter an, ob im Supermarkt oder beim kleinen Metzger um die Ecke.. die Fleischtransporte aus dem Ostblock boomen, inzwischen kommen sogar die Schlachter in den Großbetrieben aus osteuropäischen Ländern.. genau wie das Geflügel, das hier umverpackt wird und dann als "deutsches Markengeflügel" verkauft werden darf.
Das sind weitere Gründe, weshalb ich gegen die EU bin.