plaetzchenwolf - Geschichtliche Exkursion 9. Teil





Exkursion "Geschichtliches", 9. Teil


"Altes Brot ist nicht hart. Kein Brot, das ist hart!"


Noch immer die Chronik Altenkirchens vor mir, lese ich von Drei Quellen Hof, im Grundriss eines Blattes,
im im nördl. Vortaunus, (die Frankfurter sagen "Hintertaunus" - es ist immer eine Frage der Einstellung) wo nur noch die Flurnamen daran erinnern,
daß in dieser Abgeschiedenheit Menschen lebten.
Ein alter Mahlstein und ein unfertiger derselben Art, mit denen das Mehl gemahlen wurde.
Unbeachtet zur Seite geräumt, begutachtete diesen irgendwann ein Archäologe..
Diese Dinge muß man erst einmal erkennen lernen!
Die Dorfbrunnen waren dagegen vielbesucht, kein Tier und kein Gespann,
das daran vorüber ging, ohne daraus zu trinken.
Es wird von einem Pferd von "Pauls Ewald" berichtet, das alleine vom Stall zu Brunnen
-und zurück- ging, um zu trinken.
Die Wasserzuleitung dahin erfolgte ganz raffiniert durch Tonrohre,
die aber noch keine Muffen hatten, dh. immer konisch zuliefen und -durch den Brand bedingt-
etwas in der Längsachse gewölbt gerieten.
Die Wölbung wurde nach oben gelegt, damit keine Säcke entstanden.
Bei der Verlegung wurden in die Muffenverdickungen Stricke gelegt,
beide Enden heraus ragend- dann wurden diese immer ein Stückchen heraus gezogen
und Lehm in die Lücke gestopft.
Bis die Stricke heraus und der Lehm darin war.
(So wurde der Abstand rundherum gehalten, um die Dichtung gleichmäßig zu machen)
Nach der Trocknung des Lehms,- alles im offenen Schacht, wurde Blei auf den Lehm gegossen,
nach dessen Abkühlung wurde dieser verstemmt.
Schon damals hat man so hohe Drücke bewältigen können, die nötig waren um das Wasser
auf eine Anhöhe zu bringen.
(Mich hätte dabei interessiert, wieviel Versuche dafür nötig waren..)
Um 1950 stieg der Wasserverbrauch enorm an- weil die Häuser Badezimmer und -
das Vieh "Selbsttränken" erhielten.
Schnell war auch die neue Leitung und der neue Hochbehälter an seinen Grenzen..
In den 1980iger Jahren kamen Regensammler dazu, damit die Mischwasser unter den Straßenzügen,
wo Fäkalien und Regenwasser einlief und starke Regengüsse zwischenlagern konnten.
Die frühe Planung setzte darauf, daß man das verdünnte Mischwasser in den Bach einleiten könne-
die Verschmutzungswerte sprachen aber dagegen-
so wurde wieder umgebastelt und die Übermengen nach und nach der Kläranlage zugeführt.

Wie in jeder Ortschronik wird von der Elektrifizierung geschrieben -
das klingt immer ähnlich, bis auf den Teil,
wo die ersten Steckdosen an der Fassung der Küchenlampe waren und die nur gingen,
wenn das Licht ebenfalls an war.. findige Leute haben die Glühbirne etwas aus der Fassung gedreht
um somit etwas Strom zu sparen.
Straßen oder Chausseen hatten direkten Einfluß auf die Lebensqualität,
so war auch die ärztliche Versorgung davon abhängig.
Verletzungen, Entbindungen, Unglücksfälle etc. gab es immer -
vor dem 16.Jhd gab es wohl keine Ärzte und Apotheker für die Landbevölkerung,
nur für die Herrscher und deren buckelige Verwandschaft nebst Lakaien.
Zum 18.Jhd installierte man eine Gesundheitspolizei, die Wasser, Nahrungsmittel,
Tiere kontrollierte - Apotheken und Hospitale, Gefängnisse und Hebammen, wie es heißt.
Man kann sich vorstellen, wie die Zeit vor dem Telefon war,
wo erst einmal jemand den Unfall melden mußte- selbst danach brauchte die Kutsche
eine Stunde, bis sie in den Orten war.

***

Ich lese von 17j. jungen Leuten, die ab dem 15.Jhd auf den herrschaftl. Höfen
ein "Pflichtjahr" als Knecht oder Magd verrichten mußten -
wie sehr viel später in ähnlicher Weise in diverser Art wieder eingeführt worden ist -
im 3. Reich und in der heutigen Zeit -
als "freiwilliges Pflichtjahr",
was in mancherlei Hinsicht paradox ist, zumal genügend Arbeitslose und Stützebezieher vorhanden sind!
(2019: Den Sprachduktus erkenne ich im "verpflichtenden Ehrenamt" wieder,
was junge Leute als billige Wahlhelfer heranziehen hilft)

Diese Versuchung junge Menschen unter die Knute zu knechten, hat keiner der Machthaber widerstehen können,
das taten auch "demokratisch" gewählte Herrscher.


Damals jedoch war das Schicksal "leibeigener" Frauen besonders schlimm,
die einfach mal so getauscht oder verkauft werden konnten - mitsamt oder ohne ihre Kinder.
Seltsam, daß man in unserem Land nie von "Sklaven" schreibt - obwohl das eindeutig Sklavenhaltung war: Leibeigene.
Auch Worte und Ausdrücke sind "systemisch" oder gewollt oder willkürlich vorgeschrieben.
Einzelheiten zur Schaf- und Kuhhaltung kann ich mir sparen,
die wiederholen sich in jeder Chronik - desgleichen der Hinweis,
daß die Ziegen "die Kuh des kleinen Mannes" waren.
Diese Ziegen waren in einem Stall im Keller und .. stanken.
Sie mußten freilich gut gefüttert werden,
was die Kinder mit der Sichel und dem Korb in die Gemarkung trieb, um die Wegeränder zu mähen.
Ein Stück Wiese oder Feld hatten meine Urgroßeltern von ihren Alten geerbt, da steht heute die katholische Kirche drauf:
Durch den Verkauf in den 1950/60iger Jahren kam endlich ein wenig Geld in die Kasse um das Haus abzubezahlen.
Die Ziegen gaben jeden Tag ihre Milch - die weder Kinder, Enkel noch ich als erstes Urenkelchen mochten.
Sie schmeckte und roch nach .. Ziege und zwar ganz enorm.
Daraus wurde wohl auch Butter gemacht.
Die Ziegenlämmchen, so nett die auch waren, wurden in der Tasche zum Metzger gebracht-
das gab den Braten zu Ostern- Osterlämmchen.
Der Urgroßvater hielt ca. 50 Stallhasen in einem Anbau aus Holz,
in einem Schuppen, der auch das Handwerkszeug aufnahm.
Lange Leitern, Gerüste, Bütten, Kellen usw.
Ich kann mich noch gut an die in Flaschen eingeweckten Säfte aus div. Früchten erinnern,
die aus Feld und Flur und vor allem aus dem eigenen Garten kamen.
Es durfte nichts weggeworfen werden, alles kam zur Verwendung:
Mit dem Küchenmesserchen in der Hand ist die Urgrossmutter immer irgendwie am arbeiten gewesen,
mit ihrer typischen Küchenschürze mit sparsamen Spitzen an den Rändern, den langen Wollstrümpfen
und derben schwarzen Schuhen, ihrem zu einem Knoten gebundenen weißen Haar.

Mein persönlicher Report aus der alten Zeit geht weiter:
Im Hausgarten wurde alles angepflanzt, was zur Ernährung der Familie beitrug,
die Abfälle kamen als Beifutter zu den Tieren.
Fleisch gab es selten, ein paar Eier von den eigenen Hühnern.
Der Metzger kam erst spät ins Dorf und nahm gesalzene Preise-
einfach mal so "Aufschnittwurst" oder ein Kotelett
für alle Familienmitglieder eines - zu kaufen, kam eher nicht in Betracht.
Das Wohnzimmer war zugleich Eßzimmer und Büro.
Dahinter war eine kleine Kammer, die das Schlafzimmer war.
Ein Flur und eine schmale lange Küche und die Treppe in den 1. Stock, wo meine Großeltern wohnten.
Im Keller war noch ein Brunnenloch, das aber wohl nie benutzt wurde-
was aber durch die Lage an der ehemaligen und nun zugeschütteten Viehtränke immer bei Regen überlief..
An ein Auto oder Motorrad brauchte der Urgroßvater nie zu denken-
der Großvater war als Soldat in Frankreich,
schickte von dort immer Päckchen an die Familie mit -hier- seltenen Leckereien.
Der Krieg neigte sich dem Ende zu - Großvater wurde in den Osten geschickt und "fiel" in Schlesien.
Nun mußte seine Frau und die beiden Kinder von den Alten unterstützt werden,-
die Witwenrente kam spät und war sehr gering, Kindergeld kannte man noch nicht.
Urgroßvaters Hasenbraten war berühmt, der auf dem eisernen Herd im Wohnzimmer
(Ausnahme, sonst wurde in der Küche gekocht) schmurgelte-
Mir ist der Geschmack und Geruch noch gut in Erinnerung geblieben,
so konnte ich das Rezept rekonstruieren: Hasenbraten nach Wilhelm Holder
Es war noch die Zeit, wo jeder mit dem Handwägelchen durch das Dorf ging,
um seine Einkäufe oder Besorgungen zu machen.
Heute fährt jeder jeden Meter -innerorts- mit dem Auto,
selbst wenn das Ziel nur eine Querstraße weiter ist. (Kein Witz)
Kein Jäger oder Förster, Bauer oder Nabu- Freund läuft -jeder fährt-
Kinder werden zu Freunden, zur Bushaltestelle oder zum Bahnhof gefahren und .. wieder abgeholt.
Wir liefen als Kinder - heute geht das nicht mehr, weil alles zu gefährlich geworden ist-
besonders durch die eigenen Eltern, die dauernd flott unterwegs sind,
immer zum 1km entferten Bahnhof und auch wieder zurück.
Jeder, auch vorbildhafte Lehrer, fahren jeden Tag Brötchen und die Bilderzeitung im 3,5km (einfach) entfernten Markt zu kaufen. (und zu späterer Stunde nochmal, um einzukaufen)
Freilich sind die schmalen Straßen für einen solchen Irrwitz nicht gedacht gewesen.

Die damalige Bauweise der Häuser ist nach vorheriger Schilderung schon etwas klarer geworden,
wo meistens verputzte Fachwerkbauten erstellt wurden.
Im Westerwald wurde die Wetterseite gerne verschiefert um Feuchtigkeit von den Mauern fern zu halten.
Brandmauern bestanden aus Bruchstein-Mauerwerk, die bis zu - oder nach Bauweise -
20cm über das Dach ausgeführt wurden.
Wie oben beschrieben, sahen irgendwie fast alle Häuser innen aus,
eine Bodentür oder unter der nach oben führenden Treppe eingelassene Tür aus Holzbrettern führte zum Keller.
Im Keller waren einfache Regale, auf denen Obst und Gemüse, teils frisch, teils eingeweckt- gelagert wurde.
Auf dem Lehmboden des Kellers, der oft nur eine Teilunterkellerung des Hauses war,
standen Steinguttöpfe mit Kraut, gerne auch Korbflaschen mit Wein.
Damals wurden nur die Wohnräume beheizt, wo man sich gerade aufhielt,
Keller waren nicht verputzt oder gar gefliest, Speicher nicht ausgebaut.
Tapeten verwendete man nur selten - meistens wurden die Räume nur gestrichen oder gewalzt,
und mit Schmuckbordüren verziert.
(Meine Schilderung geht ab ca 1954-55, wo mein Erinnerungsvermögen begann..)

***

Richtige "Museumsstücke" waren nur wenige Häuser, die allermeisten waren reine Zweckbauten,
noch mehr als heute, wo mehr Geld zur Ausschmückung vorhanden ist.
So hübsch wie heute sahen die Fachwerkbauten damals nicht mal aus, als sie neu waren !
So manches alte Haus wurde zu Gunsten des besseren Verkehrsflusses abgerissen.
Wir haben auf unseren Wanderungen einige Orte gefunden,
in denen richtig eckige Straßenverläufe durch die Ortsmitte geführt wurden.
Kommt ein Omnibus oder Lastwagen, dann wird es eng, auch wenn nur ein Moped entgegen kommt.
Wer hat damals mit einer solchen Entwicklung gerechnet?
Lag damals der Nebel im Tal, wurde es still- die Arbeiten gingen langsamer-
alte Leute klagten über Rheuma und taten sich schwerer mit ihrem Gewerk oder täglichen Pflichten.
Heute wird bei jedem Wetter mit dem eigenen Auto ausgependelt in die Stadt,
wo Sommers und Winters die gleiche Beschäftigung herrscht-
mit der Stoppuhr im Nacken.
Heute treffen sich die Senioren zum Joggen.. oder beim Arzt und hinterher im Cafe' ..

***

Die alten Feste - Pfingsten und Kirmes - werden eher nur noch rudimentär als Saufparties gebraucht.

Waren die Dickwurz zur Ernte fertig und wurden zur Wäschbach gefahren
um gewaschen zu werden, begann die Zeit der Fratzen-Schnitzer,
die eine Rübe aushöhlten und mit grausigen Fratzen versahen,
hinter denen eine Kerze gestellt wurde.
Auf einen Stecken gesteckt ging es damit im Dunkeln vor die Fenster, um die Leute zu erschrecken ;)
Am nächsten Tag traf man sich um gemeinsam über die Geschichten zu lachen.

Fast alle Orte hatten irgendwelche Spott- oder Scherznamen,
von Waffelmäulern bis Birkenschinner war alles drin.
Heute kennt kaum noch einer diese regionalen Bezeichnungen.
Desgleichen haben sich die alten Kirmesregeln kaum mehr erhalten.
Heute sind auch Mädchen bei den Kirmesburschen, früher waren das ausschließlich Burschen.

***

Die Berufe der alten Zeit waren von den heutigen doch recht abweichend, wie jeder weiß-
"Eulalia die Roßtäuscherin" ist doch schon recht exotisch für unsere Ohren..
Pechbrenner, "Vogelfenger", Säuhirt, Köhler, Wagner, Bergknapp, Dillschneider, Brandenweinfrau, Hirt,
Schweinehirt, Kohlknecht, Herrenkutscher, Holzschieber, Former, Fuhrier,
Küfer, Lakai, Saugamme, Webermeister, Waldmeister,
Feldhüter, Gemeindeschäfer, Holzschläger, Spießmann, Steinsetzer,
Korbmacher, Seegräber und Pfeifer kennt kaum noch einer.

***

Die Lahmekaut gab das Rohmaterial für die Backsteine und auch für die berühmten glasierten Kannen her.
Grobes Material wurde mittels Köbel, Pferd und Mahlwerk zerkleinert,
mit Wasser gemischt, in Formen gegeben und wie bei der Köhlerei gebrannt.
Zuweilen wurde auch Sand oder zerkleinerte Steine beigesetzt.
Diese Steine nehmen Feuchtigkeit gut auf und geben diese auch gut wieder ab- was heutige Baubiologen fordern.
Glasierte oder gebrannte Backsteine können das nicht.
Damals hat man am liebsten das Baumaterial direkt aus der Nähe bezogen,
nicht nur um Kosten zu sparen- der Transport wäre sonst zu teuer und aufwändig gewesen, -
kein Wunder bei diesen Wegen.
Aus diesen Ziegeln wurde so mancher Stall, so manche Scheune gebaut.
Luftgetrocknete Ziegel waren nicht so haltbar,
später hat man die Trocknung mit Öfen gemacht,
die mit Öl oder Eierkohlen betrieben wurden- 1000 Grad sollten es schon sein!

***

Unten die Tiere in gemauerten Ställen, oben das Heu und die Frucht (Getreide)
Mit Katzen, Mardern, Mäusen und was so dazu gehörte.
Das Mauerwerk wurde mit Lehm in den Fugen ausgeschmiert und begradigt.
Damals kamen auch die Eisenträgerdecken auf, zuerst mit Tuffsteinen in Gewölbetechnik,
dann gerade mit speziell geformten Steinen, die wie der Durchschnitt eines flachen breiten Champignon-Pilzes ausschauten-
der "Hut" lag auf den Trägern, der "Fuß" steckte zwischen diesen.
Darauf goß man eine Betonmischung.
In alter Zeit waren Holzbalken aus Buche oder Eiche,
mit Aufnagelungen und Querbrettern oder Geflecht gemacht,
die dann mit Lehm ausgegossen oder ausgekleidet wurden.
Immer schichtweise, was gut trocknen mußte.
Der Lehm wurde mit Stroh angereichert, was eine gute Stabilität gab.

Ich lese in der Chronik von einer Frau, die "Brauchen" beherrschte-
eine Tradition besonderer Begabung,
die immer von Frau auf einen Mann und von dem Mann auf die Frau übertragen wurde:
Es waren HeilerInnen, die mit besondererem Geschick schwierige Fälle
durch Handauflegen und anlegen genesen ließen - es wird berichtet,
daß einer Frau eine faustgroße Geschwulst aus dem Unterleib entfernt wurde,
mit einer Genesungszeit von nur 14 Tagen, was damals auch die Ärzte erstaunt haben soll.

***

Die Chronik von Altenkirchen wird Dir, geneigter Leser oder Leserin wohl eher nicht zugänglich sein, die ihr aus den USA oder Australien oder Kanada einwählt auf diese Seiten hier..
Das von 2002 stammende Buch ist wohl nur regional ausliegend
und wird garantiert nicht sonstwo zu haben sein.
Empfehlenswert und richtig gut gemacht, bietet es einen umfassenden Einblick
in viele Dinge der alten und neuen Zeit.
Mir liegt daran, seltene Dinge aus diesen Büchern auszuklauben und weit bekannt zu machen-
so mancher lebt heute in fremden Ländern,
der aus unserer Heimat ausgewandert ist und so ein wenig mehr über die Heimat
seiner Großeltern oder Urgroßeltern erfahren kann.
Ich weiß, daß quer durch den ganzen amerikanischen Kontinent meine Seiten angeklickt
und wohl auch gelesen werden.
(Auch wenn manche Leute beharrlich denken, die Internet-Nutzer würden kurze Texte bevorzugen)
Zurück zur Chronik.
Die Zahl der neuen Berufe und Beschäftigungs-Richtungen ist so enorm angewachsen,
daß dieses nur als Fortschritt gesehen werden kann - gute alte Zeit hin,
gute alte Zeit her, wo alles nur sehr mühsam,
unter viel Schweiß und körperlicher Anstrengung erarbeitet werden mußte.
Wer hätte damals gewußt,was "Kuvertierungsarbeiten" oder "Industriezeichner" oder gar "EDV-Berater" machen?

Das Wort "Gleichberechtigung" stellt sich im Krieg und erst recht danach nicht-
die Frauen mußten die Rollen der Männer ganz einfach mit übernehmen,
was bestimmt nicht leicht war, wenn die Kinder und die Alten zu versorgen waren.
Viele sind gefallen, viele sind "traumatisiert" zurückgekommen - ein Modewort, das damals noch keiner kannte.
Ernährer und Oberhaupt vieler Familien waren und blieben die Frauen,
die nun auch noch die harten Arbeiten in einigen Gewerken machen mußten.
"Umstrukturierung" ist ein viel zu mildes Wort dafür.
Die Bevölkerung mußte versorgt werden -
eine schwere Aufgabe in den Kriegszeiten und in den Belagerungszeiten.
Es wird viel von den beschwerlichen Arbeitswegen erzählt, von der Angst bei der Verdunkelung -
so manches Unternehmen hat wieder von Null
anfangen müssen und konnte nur hoffen, genügend Aufträge -mit Kunden, die auch bezahlten!- zu finden.
Niemand kann sich heute noch vorstellen, wie mit Schiebekarren
durch enge winkelige Gassen Material gefahren wurde,
um auf einem Platz unter freiem Himmel Bleche oder Stahl zu schweißen
oder Maschinen zu reparieren - egal wie kalt es war.
Die Zeit des Wiederaufbaus nach dem WKII war besonders hart,
weil auch noch die Vertriebenen aus den Ostgebieten zu versorgen waren.
Angriffskriege wurden wohl noch nie gewonnen.
Sehr viel später kamen die "Spätheimkehrer" -Russen-, die (fast) nie ein Wort über die heftigen Summen
(Pro Kopf sollen es anfänglich 65.000 DM gewesen sein,
wie mir eine "Rußlanddeutsche" erzählte)
verloren haben, die sie großzügigster Weise von unserer Regierung erhalten haben - einfach so, als "Eingliederungshilfe".
Die Flüchtlinge nach dem Krieg bekamen nur billige Kredite und Bauholz, billigere Grundstücke etc.
Meine Eltern bekamen nichts, sie waren ja einheimisch - sie hatten aber viel weniger, als die Rußlanddeutschen - sie mußten alles auf Kredit und Überstunden machen.. schon damals hat man wohl mehr Wert auf Fremde gelegt, als auf uns Einheimische. Heute schaut auf jedem Werbeplakat ein Afrikaner entgegen. (nach der Wiedervereinigung werden wir wohl von Leuten regiert, die uns immer unverhohlener zu hassen scheinen.)

Zurück:
Die Männer waren noch lange in russischer Gefangenschaft -
inzwischen halfen italienische und jugoslawische Schwellenmacher beim Wiederaufbau
der Bahn- frische Bäume wurden gefällt und an Ort und Stelle
in Schwellen verwandelt und auch gleich verbaut.

Vereine finde ich irgendwie seltsam und so konnte mir noch nichts davon näher kommen-
andere Leute empfinden wohl anders:
Man sagt, wo drei Deutsche zusammen kommen, wird ein Verein gegründet!
Wir sind ein Ehepaar mit Kindern und Enkeln und das braucht keine Einflüsse von außen - so einfach wäre das zu erklären, daß wir in keinem Verein Mitglied geworden sind.
In Altenkirchen waren das erstaunlich viele Vereine, die in dieser Chronik ihre Resonanz fanden.
(In früherer und neuer Zeit)
Jugendverein ehem. Schüler, Zweigverein der Gustav-Adolf-Stiftung,
Evangelischer Bund, Kriegerverein, Jungfrauenverein, Consumverein,
Obstbauverein, Schützenverein, Mädchen-Mandolien-Gruppe, Natur- und Wanderfreunde,
Stammtisch-Verein, Rentnerband, Gesangverein Hermann,
Männergesangverein, Mandolienklub, Frauenchor Altenkirchen, Gemischter Chor,
Chorgemeinschaft 1867, Frauensingkreis 1965,
Freiwillige Feuerwehr 1908, Evangelische Frauenhilfe 1915, Sportverein 1920,
VDK Ortsgruppe, Frauensingkreis 1965, Schützenverein 1973,
Tennisclub 1979, Angelsportverein 1982, Burschenschaft.
Ich staune über so viel Aktivitäten in einem so kleinen Dorf.

***

Ab und zu kommen noch Dinge ans Licht, die aus der Zeit im 1.WK vorkamen-
Bei hoher Strafe wurde Kuchenbacken verboten, selbst bei einer Konfirmation..
Gummi wurde gesammelt, selbst Reifen von Fahrrädern mußten abgegeben werden.
Kindern wurde empfohlen barfuß zur Schule zu gehen, weil das Material für Schuhe unerschwinglich war.
Aus Mangel an Faserstoffen sammelten Schüler das Waldweidenröschen und gaben das bei den Sammelstellen ab.
Schulen wurden -mangels Heizmaterial- geschlossen.
Viele hamsterten, viele betrieben Schwarzhandel, was die Preise nochmal höher trieb.
(Diese ersten Spekulanten haben den Widersinn in die Welt gebracht, mit Lebensmitteln und
lebensnotwendigen Dingen -die diese Personen nicht mal selbst inne hatten- um ihren billigen Gewinn zu treiben)

***

Aus 6 Pfund Rapssamen kam 1 Liter Öl, auch mal eine interessante Größe in unserer Zeit,
wo nun überall Rapsfelder zu sehen sind.

Ein Lied aus dem Krieg 1870/71:
"Morgenrot, Morgenrot leuchtet mir zum frühen Tod.
Bald wird die Trompete blasen und ich muß mein Leben lassen.
Ich und mancher Kamerad.
Ach wie bald, ach wie bald, schwinden Schönheit und Gestalt.
Gestern noch auf stolzem Rosse.
Heut schon durch die Brust geschossen.
Morgen in das kühle Grab."

Und wozu? Wenn wirklich wichtig ist, "was hinten raus kommt", war jeder Krieg nicht nur einfach als sinnlos einzustufen; man hätte die Betreiber eliminieren sollen, dann wäre millionenfaches Leid erspart geblieben! Warum nur hört das "Volk" auf die da oben?!

***

1921 weiht man den Heldengedenkstein ein:
"Den Opfern aus schwerer Zeit"
Dann die Metallplatte mit den Namen derer, die nicht wieder kamen.
Die Gemeinde singt:
"Was Gott tut, das ist wohlgetan."
Der Pfarrer salbert:
"Sie gaben alles, ihr Leben, ihr Blut, sie gaben es hin mit freudigem Mut - für uns.
Wir danken ihnen, wir wollen ihnen die Treue halten, indem wir in Einigkeit an dem neuen Deutschland bauen."

Na, der hat Nerven- die Pfarrer sind doch mit "ins Feld" gezogen
und in der Kirche haben sie DAFÜR geworben!
(Das halte ich heute noch für ein total verquarstes Denken, was mit Patriotismus und "Vaterlandsliebe"
den Leuten glaub- und schmackhaft gemacht wird - dieses Aufpeitschen sollte dringend ganz arg bestraft werden!)

Dann sang der Chor "ich hatt einen Kameraden" - da bleibt wohl kein Auge trocken, da weinen selbst die Steine.

In der Chronik wird noch einiges mehr berichtet, was ich unmöglich alles
-auch nur anschneiden kann- so z.B. der Umstand,
daß eilig gegrabene Luftschutzbunker mit der Hilfe der erfahrenen Bergleute der Gegend guten Schutz gaben.
(Wie bestimmt in allen Orten in Westerwald und Taunus)
Interessant finde ich, daß man Buchenknospen zu Mehl verarbeitet hat -
wie die Chronik schreibt, in einigen Versuchsreihen heraus gefunden..

***

Später kamen die Heimatvertriebenen aus der CSSR im Mai 1945, 33 einhalb Millionen !
Die russischen Truppen zahlten es den Deutschen heim, in einem Ausmaß,
das keiner für möglich gehalten hatte.
Die Svoboda Armee hat die Bewohnern aus ihren eigenen Häusern vertrieben
und nur mit dem Allernötigsten versehen,
in Viehwaggons gesteckt und deportiert.
Tausende sind in Lagern verschwunden, wo sie schlimmste Mißhandlungen ertragen mußten.
Seuchen, Kinder starben an Hunger und Entkräftigung, Frauen und Männer starben an Folterungen-
240.000 wählten den Freitod !
(Soviel zu den "guten" Siegermächten)

***

Die Dorfbewohner Altenkirchens waren- wie alle Bewohner aller Orte-
nicht begeistert, als noch mehr Esser kamen und noch enger gewohnt werden mußte!
26.000 qkm Deutschen Bodens in diesem Gebiet waren enteignet,
genau wie 256 Milliarden Mark Volksvermögen,
was den raubenden Tschechen aber kein besseres Leben einbrachte -
späte Besuche von ehem. Vertriebenen als Touristen bestätigten übereinstimmend,
daß dort alles verfällt und vergammelen lassen wurde.
Wer den Krieg beginnt und diesen verliert, zahlt, wer andere (Russen) den Krieg im Osten
gewinnen half, kassierte gleich mit - Polen und alle anderen Ostblockländer,
die zuvor praktisch über Nacht von den deutschen Truppen überrannt worden waren.

Jeder Demagoge, der für irgendeinen Krieg aufhetzt oder auch nur dafür votet,
gehört in die Psychiatrie - auf Lebenszeit, aber ohne Begnadigung-
auch bei dem Votum für ein "massives Mandat" in anderen Ländern oder einem anderen Auslandseinsatz unserer eigentlichen Verteidigungsarmee.

***

Wie war der Holocaust möglich fragt man in den Presseberichten - nun,
weil der "Kadavergehorsam" gefordert und gegeben wurde:
Bereits im Kaiserreich wurde auf diesen extremen Gehorsam hin gearbeitet.
Berlin stand nie für Frieden, sondern für Größenwahn und Herrschsucht der Politik und ihrer Politiker, mit großer Klappe.
Jeder Widerstand wurde durch entsprechende Gesetze im Keim erstickt - das ist immer schon Prinzip gewesen:
"Unwissenheit (bei irgendwelchen "Gesetzen") schützt vor Strafe nicht" und "Ruhe ist die erste Bürgerpflicht".
Der sprachliche Ductus des Kaiserreichs hat sich bis heute
als "Behördensprache" in den Gesetzen, Anordnungen, Verordnungen erhalten,
ohne daß sich Widerstand dagegen erhebt:
Die Leute in Deutschland sind viel zu geduldig und folgsam, wenn ich mir dagegen die Franzosen anschaue..
Von oben herab, bestimmend und undemokratisch regieren und reagieren die Macher zuweilen heute noch,
das fängt schon beim kleinen Bürgermeister an,
wovon viele offenbar einen heimlichen "Gottkomplex" zu haben scheinen:
Heute weniger durch die Macht (es ist das Gemeindeparlament davor), eher durch die Höhe der Besoldung.
Oh lodernd Feuer, oh göttliche Macht - wie Nero so hübsch formuliert haben soll.
Vom Volk, dem "Souverän, von dem alle Gewalt ausgeht" (GG) ist da nicht viel zu spüren-
wenn diese Machtmenschen nicht an die Macht gewählt wurden, na, dann "koalieren" sie eben und kommen trotzdem dran.. ätsch! (2022 ist das noch immer so)

Unsere Groß- ja eher Urgroßeltern-Generationen hatten in der Masse kaum politische Bildung,
sie waren noch aus dem Kaiserreich und hübsch mundtot gehalten.
Nun kam das erste Radio, die erste Presse-Verarsche in Form von "Propaganda" des Diktators,
von dem man erst einmal nur markige Sprüche hörte,
mit denen er das "Volk" umgarnte und das Blaue vom Himmel versprach..
Wer hatte damals schon eine freie, unabhängige Presse im Abo?
Gab es so etwas überhaupt?
Konnte man andere Sender empfangen, als den im Volksempfänger gereichten?
Wenn ja, wer konnte schon so gut Englisch oder Französisch, um sich
-von der anderen Seite Propaganda zu empfangen, damals- um sich ein eigenes Bild daraus machen zu können?
Selbst wenn es damals möglich gewesen sein sollte, die ausländischen Sender oder Presse - Meldungen zu erfahren - wie unwahrscheinlich ist es wohl, daraus die Wahrheit zu extrahieren?

***

In der Chronik Hadamars habe ich gelesen, daß extra Personal für die "Tötung unwerten Lebens"
in den Kammern und Zellen der Psychiatrie aus Berlin kam, damit vor Ort niemand aufrührig wurde -
vielleicht war es nur ein "Testlauf" für die KZ's?
(Die übrigens in England erfunden sein sollen)

Meine Aufarbeitung in dieser Sache ist eben so -
früh habe ich meine Eltern dazu befragt, meinen Großvater,
beide waren in der Wehrmacht (gezogen, nicht freiwillig)
und auch die haben nichts davon gewußt,- nur Gerüchte und Propaganda,-
was stimmig war, konnte niemand wissen, der nicht direkt vor Ort gewesen war und selbst hier hat die Chronik ihre Zweifel.

Und alles war weit weg, im fremden Berlin beschlossen, das von uns so weit weg ist
(zum Glück) wie Prag, Innsbruck oder Paris..

Mir ist klar, daß auch noch so viel gute Gesten -
und Wiedergutmachungen durch unsere heutige Einwohnerschaft (die mit dem Krieg nichts zu tun hatte)
in mühsamer Kleinarbeit und Abstotterei wirklich einmal überwunden werden kann,
das vermag niemand zu sagen - die Hauptschuldigen sind weg und was blieb, waren Trümmer
an Mensch, Boden und Material und .. an Glaubwürdigkeit des ganzen Volkes.
Niemand kam auf die Idee, dem Kadavergehorsam endlich den Kampf anzusagen!

***
Vergessen geht dabei nichts.
Auch mit noch so viel Geld kann man diese Wunden nicht heilen.
Man soll sich dabei aber auch nicht ins Lächerliche verbiegen
und mit der Kiepa die Gedenkfeiern begehen, wenn man kein Jude ist.
Ich sehe die Gefahr der wiederholten "Machtergreifung" neuer,
studierter und gefährlicher Politiker,
die heute alles austauschen oder ausrotten wollen, was noch ein wenig "deutsch" ist oder zu sein scheint.
Es ist ein stiller Austausch, wenn ein ganzes Volk absichtlich unterwandern wird -
und das hat mit einer normalen Zuwanderung nichts mehr zu tun, die es schon immer gab und die in unserem -
schon aus der Germanenzeit heraus - gastfreundlichem Volk ganz normal und selbstverständlich war.
Glücklich wird in einem muslimischen Land niemand, das ist weltweit zu erleben -
aber daß ausgerechnet im Osten Deutschlands dagegen protestiert wird,
wo kaum solcher extreme fremde Zuzug stattfindet, ist allerdings schon seltsam.
Ich habe also versucht, die Geschehnisse aufzuarbeiten,
die auch für mich nur aus der Geschichte bekannt sind -
aber nicht aus dem Geschichtsunterricht in den Schulen, die dieses Thema geschickt umschifft haben..
..aus den "neuen Bundesländern" kamen jede Menge Nordvietnamesen und Nordkoreaner und andere ehemalige "Bruderstaaten" des Kommunismus zu uns in den Westen, die nach der Grenzöffnung der DDR aus dem "Arbeiter und Bauernstaat" entschlüpft sind - zum ehemaligen "Klassenfeind" !

Ein Treppenwitz der Geschichte?

***

Beim Korrekturlesen bin ich mal amüsiert mal traurig und doch getröstet,
weil Kriege und Hetze zwar immer wieder kamen - länger jedoch waren die Friedenszeiten
und länger war die Sorge um das tägliche Brot, um die Familie.
"politisch interessiert"
werden wohl die allerwenigsten Menschen gewesen sein !

Aufgerührt, beeinflußt, unterwandert, verdummbeutelt, unaufgeklärt, gehorsamspflichtig -
man hat unsere Bevölkerung seelisch mißhandelt und zu Untaten verführt, nein befohlen, ohne Ausweg.
Wer nicht gehorchte, wurde erschossen - zumindest im Krieg.
Die engeren Kader waren die Schuldigen, nicht die normale Bevölkerung, die ich als Opfer ansehe !

Jeder Demagoge, der für irgendeinen Krieg aufhetzt oder auch nur dafür votet,
gehört in die Psychiatrie - auf Lebenszeit, das wiederhole ich gerne nochmal.
Das Thema "Stellvertreterkrieg und Waffenhilfe" sollte vor den internationalen Gerichtshof!

***

Noch schlimmer als die Leute in den Hungerzeiten des Krieges schaut so manches "gefeierte Modell" aus,
als würde man ein Gerippe aus dem Biologie - Unterricht vor sich sehen !
"Mode und Zeitgeist" treibt zuweilen wirre Blüten..
..mal der blanke Hunger, dann der Übermut.
Ein Kommentator meinte zur damaligen modischen Magersucht:
"Wir leben in einer guten Zeit und da hungert mancher mehr als in Notzeiten"

***
Der Untertaunus- ein Jahrbuch liegt als nächstes an.

Ein paar Sprüche alter Tage:
Mündiges, verantwortliches Leben fängt damit an, daß wir den Menschen annehmen wie er ist.
(Romano Guardini)
Was will die Jugend unserer Zeit?
Nichts anderes als neue Antwort auf uralte Fragen.
(Fritz von Bodelschwingh)
Wer Außerordentliches sehen will, muß auf das blicken, was die anderen nicht beachten.
(Laotse)
Wie kann ich über andere herrschen, wenn ich nicht volle Gewalt und Herrschaft über mich selbst habe?
(Rabelais)
(Von mir gefragt: Wieso und warum will ich über andere Leute herrschen wollen?)

Jeder Mensch hat einen bestimmten Kreis, in welchem er auf unnachahmliche Weise wirken kann.
(Goethe)
Ein Augenblick der Geduld kann vor großem Unheil bewahren,
ein Augenblick der Ungeduld ein ganzes Leben zerstören.
(Chinesische Weisheit)
Menschen, die nicht arbeiten müssen, versäumen das Schönste im Leben:
Auch mal faul sein zu können.
(Ziessler)
Nicht in den Dingen liegt das Böse, sondern in dem unrechten Gebrauch.
(Augustinus)
Überfluß hat erst Wert, wenn wir ihm zum Wohle anderer benutzen.
(Hilly)
Der Wein erfreut des Menschen Herz, und Freudigkeit ist die Mutter aller Tugenden.
(Goethe)
Ohne Jesus Christus wissen wir nicht, was unser Leben, noch was unser Tod,
noch was Gott ist, noch was wir selber sind.
(Blaise Pascal - Da sieht man mal wieder - Religion hemmt mehr zu erkennen als diese Lehren dienlich wären..)

Schenken heißt, einem anderen das geben, was man selber gerne behalten möchte.
(Selma Lagerlöf)

***
Vor ein paarhundert Jahren gab es noch keine Briefumschläge-
man faltete den Brief und schrieb auf die leere Seite die Adresse.

***
Es geht die Sage vom Trompeter, der auf der Bubenheimer Straße,
die das Kloster Lorch von Mainz über den Rhein nach Kastel,
östlich von Wiesbaden vorbei, über den Lindauer Hof in den Taunus -
eben über diesen Trompter-Weg oder Straße - verband.
(Zuvor wohl Siebenkippel oder Poststraße genannt, die ihren Anfang in Wörsdorf nahm -
über die Saubrücke aus Holz, die bei Hochwasser eilig errichtet wurde)
Der Postreiter wurde überfallen und er äußerte den letzten Wunsch:
Noch einmal auf seiner Trompete blasen.
Der Wunsch wurde gewährt- er kletterte auf einen Baum und schmetterte seine Weise..
Eine Sage meint, er hätte durch ein Lied gespielt:
"Mit unsere Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren.."
und es kam Hilfe aus Mainz oder eine 2. Version, wo das Lied sehr viele Strophen hatte -
beide Male wäre der Reiter jedoch schon tot gewesen, als Hilfe kam.

Das Büchlein aus dem Jahr 1968 erwähnt die alte Adler Apotheke in Bad Schwalbach,
wo eine Schilderung interessant zu lesen ist:
Der typisch- strenge Geruch aller Apotheken dringt in die Nase,
325 Jahre lang wurden hier bereits Medikament gemischt.
Die Erwähnung fand schon 1581 statt, durch den Medicus und Naturforscher
Jacobus Theodorus aus Bergzabern,
der die Heilquellen Europas untersuchte - hier diesmal Bad Schwalbach.
Krieg, Wirren, Morde - aber nicht immer führten die Herren aus Raffgier oder Religion Kriege -
hier fanden sie Heilung.
So flossen Gulden, Dukaten und Goldfüchse - auch in die Apotheke
mit dem goldenen Adler an der Fassade, die früher - wohl nicht ohne Grund -
Feldapotheke hieß.
Der Leibarzt des Grafen höchstpersönlich erteilte die Erlaubnis für deren Betrieb und Einrichtung.
Die Inhaber wechselten in der wechselhaften Zeit, die Apotheke wurde aber immer betrieben,
bis sich Walter Kocher,
1880-1952 um Denkmäler und eben auch um dieses regionale Andenken bemühte.
Die ganze Entwicklung der Chemie und Heilkunde und der Physik ist hier zu erfahren, in diesen alten Räumen.
Eine in Spiritus eingelegte Äskulap-Natter,
sorgfältig in Glasschränken aufbewahrte Digitalis und Strophantin,
Magenhilfen und Migräne-Stopper, komplex etikettierte Schubladen und Kästchen,
dunkler Firnis und Schnitzereien an Theke und Regalen.
Dicke bauchige Destillationskolben aus grünem, blasigem Glas,
wie stilisierte Hühner ohne Kopf und aus Glas waren die Retorten.
Flüchtig und nicht flüchtige Stoffe schieden sich darin.
Zinnmensuren, gleiche Meßbecher, Bücher mit Arzeneinvorschriften und das Giftbuch,
mit deren Hilfe Grundsubstanzen geprüft wurden.
Amphoren, Glasmenagerie, Beschriftungen, wie: Opiumbrot, chinesische Mohnkapsel,
Gallapfel, Betelnuß, spiriti tincturae - sowie die Botanisiertrommel und Kieselgurfilter..
Mephisto trifft den Betracher eine Treppe höher in der Studierstube -
Butzenscheiben lassen ein blau-grünes Licht herein,
schwerer geschnitzter Stuhl, auf dem Tisch das "Tabernaemontanus"
das Nieuw Wasserschatz
in Originalausgabe in dickem Schweinslederschwarteneinband.
Der Künstler und Könner studierte immer weiter,
heute wird seiner in dieser musealen Apotheke gedacht, die noch immer in Betrieb ist.

1684 wurde die Engel Apotheke in Bad Homburg gegründet..

***

Im Nassauer Dialekt waren -und sind noch immer- viele jiddische Worte eingekommen.
Die Juden unterhielten sich daheim in Hebräisch und Hochdeutsch gemischt,
draußen sprachen sie mit den anderen Leuten eben in der Umgangssprache,
wobei sich immer mal ein Wort ihrer Kultur einmischte.
Schlammassel - schlimm. Masol - Unglück, Schicksal, Stern. Kapores (kaputt - entzwei. )
Mach kein Zores - Ärger, Durcheinander. Meschugge - Irrer. De Dalles - alles in Scherben.
Schmuh machen - jemanden betrügen. Schicker sein - betrunken. Acheln - spachteln - essen.
Von Ganfen - ist Ganove abgeleitet. Jauner oder Jawan,
jowonen ist gleich dem "Falschspielen wie ein Grieche",
was mit den Türkenkriegen nach Deutschland gelangte.
(Damals wie heute irgendwie passend, siehe EU-Finanzen und Griechenland)

Aus dem Nassauer Sprachschatz stammt Schuri, pfiffiger Kerl und Schwittjeh, der Leichtfuß,
Schlawiner, einer den andere Leute über den Löffel barbiert,
Ulmes,- Unordnung, Nachlässigkeit. Grafame oder Fisimatenten - Umschweife, Ausflüchte.
Dubbee: Toupet. Deets - tete, Kopf. Geiz - wie bei raffen
gekrampfte Hände, gerne auch bei Kälte so genannt.
Gichdern - Zappeln in brenzlichen Situationen.
Fraserlich oder frasterlich - (fürchterlich) Gänsehaut beim Erzählen.
Ohne die Geplotzte - es war wohl ein wenig mehr als erwähnt.
Flebber, Flebbe - zerlaufene Kräppel, man läßt die Klappe hängen.

Der engl. Sir Francis Head 1793-1875 kurte in Bad Schwalbach
und schrieb während dieses Aufenthaltes einiges auf:
"Bubbles of the Brunnens of Nassau by an Old Man"
Die Ruhe und Gelassenheit jener Zeit zeigt auch ein besonderes Kapitel dieses Buches:
"Schweinegeneral"
"Jeden Morgen um halb sechs höre ich beim Ankleiden plötzlich den Schall eines ungeheueren hölzernen Horns,
aus dem immer die gleichen Töne kommen.
Ich habe mich ganz und gar an dieses tolle Wecken gewöhnt, und der Schall ist kaum verklungen
und schwebt nur noch zart zwischen den fernen Bergspitzen, da kommt fast aus jedem Tor auf der Straße
gemächlich ein Schwein angetrottet.
Aus freien Stücken gehen diese Tiere die Straße hinunter, um sich dem Hirten anzuschließen,
der gelegentlich den sorgenvollen Ruf seines Horns wiederholt.
Die Geselligkeit liebend, einen Ringel in den Schwänzen, die Rüssel fast auf dem Boden haltend,
trotten die Schweine dahin, grunzen sich selbst und ihre Kameraden an und halten nur an,
wenn sie auf etwas stoßen, was sie verschlingen können.
Kurz, nachdem sie vorbeigezogen sind, kommt unsere Straße herunter ein kleines,
bloßköpfiges, bärfüßiges, verkümmertes Kind
von ungefähr 11 Jahren, ein koboldhaftes Geschöpf,
welches man in einer Zeichnung durch ein paar Kleckse wiedergeben würde,
wobei der kleine Klecks den Kopf und der andere den Körper darstellen würde,
während von dem letzteren eine lange in einen Schnörkel endende Linie ausgehen würde,
um die riesige Peitsche wiederzugeben, die das Kind in seiner Hand trägt.
Dieser kleine koboldartige Page, die Einpeitscherin,
Gehilfin oder Adjutantin des alten Schweinehirten,
der in Langenschwalbach scherzhaft "Schweinegeneral" genannt wird, kennt jedes Haus,
aus welchem ein Schwein kommen sollte;
aus der Tatsache, ob das Tor offen oder geschlossen ist und sogar aus Fuß-Spuren weiß er,
ob das Tier sich der Herde angegeschlossen hat oder ob es verschlafen hat
und noch in seinem Stall schnarcht - ein einziger Blick genügt,
um festzustellen, ob die Gehilfin weitergehen kann oder den Hof betreten muß.
Und wenn ein Schwein aus Trägheit oder Gefräßigkeit auf der Straße bummelt,
dann kann der Stich der Wespe
nicht schärfer oder gehässiger sein als der Hieb, den sie austeilt.
Sobald sie mit einer Straße fertig geworden ist, schließt sie sich ihrem General auf der Hauptstraße an,
und die Herde zieht langsam weiter stadtabwärts.
Außer dem kleinen Mädchen, das die Nachhut herzuführte,
ging der Herde ein Junge von etwa 14 Jahren voraus,
dessen Aufgabe es war, die unternehmungslustigsten, oder in anderen Worten,
die hungrigsten Schweine nicht zu schnell vorrücken zu lassen.
In der Mitte der Herde und von ihr umgeben wie der Schäfer einer Schafherde,
schritt langsam der Schweinegeneral,
ein bleicher, gespenstig aussehender alter Mann, den die mühsame tägliche Pflicht,
eine Herde der hartnäckigsten Tiere
der Schöpfung gegen ihren Willen so führen zu müssen, seine Kraft nahezu verbraucht hatte.
In seiner Linken hielt er einen Stab, der ihm vorwärts half, während um seine rechte Schulter
eine der entsetzlichsten Peitschen hing, die überhaupt hergestellt werden konnten.
Am Ende eines kurzen Handgriffs, und sich dort um ein Gelenk drehend,
war eine etwa neun Fuß lange Peitschenschnur
befestigt, die geformt war, wie die Wirbelsäule einer Schlange, wobei jedes Gelenk ein eiserner Ring war,
der, immer kleiner werdend, mit seinem Nachbarn durch einen harten und fettigem Lederstreifen verbunden war.
Die Biegsamkeit, das Gewicht und die Kraft dieser eisernen Peitsche machten sie zu einem Argument,
dem selbst die Hartnäckigkeit der Schweine nicht widerstehen konnte;
jedoch, während der alte Mann stadtabwärts schritt, bemühte er sich,
freundlich mit seiner Herde zu sprechen, und während die Massen von ihnen im Vorausschritt,
auf dem Wege sich stoßend, knurrend und grunzend, rief er gelegentlich in einem tiefen, hohlen,
erschöpften Ton der Ermutigung:
Nina, Anina!,
wo bei er natürlich die letzte Silbe sehr, sehr lange hinzog.
Sobald die Herde aus der Stadt herauskam, begann sie allmählich den felsigen kahlen Berg hinaufzuklettern,
der sich wie ein Turm über ihr erhob.
Und nun wurde die Arbeit des Schweinegenerals und seines Helferstabes größer als je, denn wenn die Tiere
sich aus ihrer geschlossenen Marschsäule in einer Reihe zu entfalten begannen,
mußte man ständig den schlüpfrigen Hang hinauf- oder hinabklettern, um sie zu überflügeln.
Arriff!
Schrie der alte Mann und schritt hinter einem seiner widerspenstigen Untertanen her.
Arriff!
wurde von dem jungen Burschen mit schriller Stimme wiederholt, während er hinter einem anderen herlief.
Zu angemessener Zeit erreichte jedoch die Herde den Talgrund, der als Weide für diesen Tag bestimmt war.
Das ganze Bergland wurde so in regelmäßiger Folge abgegrast.
Der Schweinegeneral blieb nun stehen, und da nun die Schweine nicht länger angetrieben wurden weiterzugehen,
sondern sich ganz selbst überlassen wurden, konnte ich sie ganz aufmerksam beobachten.
Es war kein Wunder, daß diese armen Kreaturen widerwillig an einen solchen Ort gekommen waren,
denn außer heißen Steinen und Staub schien es wirklich nichts zu fressen zu geben.
Ihre zähen, feuchten Rüssel schienen die Besonderheit eines jeden Dinges,
das sie berührten, zu erkennen.
Und so brachten sie es fertig, aus dem anscheinend inhaltslosen Erdreich Wurzelfasern zu packen,
ganz abgesehen von Würmern,
Käfern oder anderen krabbelnden Insekten, auf die sie stießen.
Es existiert in der Schöpfung vielleicht kein Tier,
dem weniger Gerechtigkeit und mehr Ungerechtigkeit vom Menschen widerfährt,
als dem Schwein.
Beobachte das Schwein einmal, während es noch im Besitz seiner Fähigkeiten ist,
wie es bei deiner Annäherung bellt oder grunzt,
und beachte, was für eine wache Intelligenz in seinen hellen, zwinkernden Augen ist.
Aber kehren wir zu dem Schweinegeneral zurück,
den ich mit seinem Horn und seiner Peitsche an dem Steilhang eines kahlen Berges zurückgelassen habe.
In dieser Situation bleiben die Schweine jeden Morgen vier Stunden lang
und haben nichts außer frischer Luft und Bewegung.
Gegen 9.00 oder 10.00 Uhr treten sie den Rückmarsch an,
und es gibt keinen größeren Gegensatz als dem zwischen ihrem Einzug in der
Heimatstadt und ihrem Auszug aus dieser.
Die gierige Sorge an den Freßtrog zu kommen, der sie erwartet, ist kaum zu meistern.
Kaum erreichen sie die ersten Häuser der Stadt, so beginnt eine Bewegung des -rette sich wer kann.
Jedes Tier rast zu seinem dulce domum.
Und es ist wirklich seltsam zu beobachten, wie schnell sie dahin rennen und gierig grunzen,
und schnauben, als ob sie mit den Nasen und sogar mit den Mägen
das schmackhafte Fressen wittern könnten, das sie erwartet.
Um halb fünf hört man wieder die gleichen vier Töne des des gleichen Hornes.
Wieder sammeln sich die Schweine, wieder ziehen sie über die heißen Steine der Berge,
wieder bleiben sie dort vier Stunden,
und wieder kehren sie am Abend in ihre Ställe zurück.
Die hiesige Herde besteht aus etwa 150 Schweinen,
und für jedes Schwein erhält der arme alte Schweinegeneral
40 Kreuzer dafür, daß er jeden seiner Rekruten sechs Monate drillt.
Sein jährliches Einkommen beträgt ungefähr 20 Pfund, wovon er auch Kost,
Wohnung und Kleidung seiner beiden Adjutanten bezahlen muß.
Und wenn man bedenkt, wie dieser arme Kerl sich unablässig mit dem großen Appetit,
den mürrischen Launen und
den schweineköpfigen Neigungen seiner schweinigen Menge auseinandersetzen muß, dann würde sicherlich
auch der knauserigste Reformer seine Einkünfte nicht beschneiden wollen."

***

"Man fährt per Auto jetzt durchs Land,
Siehts Unkraut nicht am Wegesrand;
Wozu sollt' es auch nützlich sein,
So'n unbekanntes Pflänzelein?
Doch schaut man näher es sich an,
Dann hat man seine Freude dran."
(Julie Habermann)

***

Ich lese von einem fürstlichen Förster und seinem Rucksack, den er immer dabei hatte -
in allen hohen und tiefen Lebenssituationen, im Wald, bei Spaziergängen,
als Soldat, sogar in Kriegsgefangenschaft und auf der Flucht daraus,
bis er -mit Rucksack- endlich wieder zuhause ankam.
Auf vielen Fronten ist er damit gewesen, hatte sein Revier in den Karpaten,
wo er noch mit Bären und Luchsen zu tun hatte.
"gehst du auf den Bären, vergiß den Doktor nicht, gehst du aber auf den Keiler,
dann nimm gleich den Sarg mit!"
Vielmals knapp dem Tod entronnen hatte er eine Familie und zwei Töchter zu versorgen,
nachdem er mit den Heimatvertriebenen-Zug ankam.
Seine Frau starb nach 45 Jahren Ehe.

***

Ich lese von einer "Benner Jane", die Polizei-Diener war,
sie machte Feld- und Hausarbeit, verrichtete zuweilen das Hirtenamt
und den Glöcknerdienst- sie sei lange rüstig gewesen..

***

Februar 1873 sollen die Leute mit kurzen Ärmeln bei vielen Mücken auf dem Feld gearbeitet haben..
..mitten im Frühjahr kam der Schneefall bis Ende April.
Nur ein 10. der Ernte konnte in diesem Jahr eingefahren werden..
.. in ihrer Not fuhren die Bauern Eis nach Wiesbaden, in die Kurstadt.
Man spottete damals, daß diese daran bald mehr als an der Ernte verdient hätten.

Kuhhirten kannten sich soweit in der Tiermedizin aus,
daß sie die häufigsten Übel in Eigenregie bewältigen konnten.

***

Aus einer schönen Schüssel ißt man sich nicht satt- nach diesem Prinzip verfuhren die Leute gern,
besonders die Bauern, die immer auf die Vermehrung der Äcker bedacht waren.
"Die beste Stecke schneid mer an de nechste Hecke"
"Kaufe deines Nachbarn Rind und freie deines Nachbarn Kind"
Die "Realteilung" ließ nicht so viel in der Schüssel, daß man wählerisch sein konnte..
"Große Rosinen im Kopf" hatte manche Dorfschönheit, die am Ende nicht die Glücklichste gewesen ist.
Vom "Mensch wie aus der Büchs geschosse" wurde schnell ein "altes Kristchen" oder hartes Brot.
"abgelecktes Butterbrot" nannte man die, welche zuviele Liebschaften hatten.
Verheiratete sich eine jüngere Schwester zuerst, mußte die Ältere dieser eine "Gaas" -Ziege- kaufen.
"Kaa Dippche so schepp, es paßt e Eckelche droff"
"Ich hab e klaa Häusche am Maa" und "Weibche hate den Teufel im Leibche"

"Eine Frau kann unter der Schürze mehr hinaus tragen, als der Mann mit dem Leiterwagen hineinfährt"
Es wird von "Muffelköpfen" und "Stoffel" oder "Kratzbürsten",
von "Watscheln" erzählt, wobei die letztere Frau /Mädchen
schwatzhaft genannt wird.
Allerdings gab es auch solche ohne Schamgefühl,- die alle galten als Ladenhüter.
Drum prüfe, wer sich bindet !
Auf die Frau mußte der Mann sich verlassen können - damals wie heute,
wo man sich zuweilen recht schnell wieder trennt.
"Lebensabschnittsgemeinschaft", Patchwork- und Regenbogenfamilien und wie man die Dinge so betitelt,
sind das für alle Beteiligten, besonders für die Kinder, sehr leidvolle Erfahrungen.

Das alte Testament hat noch einen markigen Spruch dazu auf Lager:
"Lieber mit einem Löwen oder Bären in einer Höhle hausen, als mit einer bösen Frau unter einem Dach !"

***

"Buwe", von Georg Rieser.
"Buwe bleiwe nit im Haus,
Buwe laafe fort,
Un mer dutse suche drauß,
Iwwerall im Ort.
Buwe bleiwe nit im Haus,
Schnell is mer se los,
Immer wolle se enaus
In die Welt, die groß.
Buwe bleiwe nit im Haus,
Suche sich e Fraa, -
Un zum Schluß, so gehts dann aus,
Is mer ganz allaa."

***

In einem Bilderbuch von Fischbachtal sind so viele Aufnahmen der guten alten Zeit:
Die Straßen waren bis Ende des 2. Wk nicht geteert, nicht gepflastert.
Auch die in unserem Ort nicht.
Nur die Flösser, die Rinne zwischen Weg und Grundstück war mit Katzenkopfsteinen etwas ausgetieft.
Ich sehe krumme Treppenstufen, schwarze Sockel an der Wetterseite,
überwuchende Pflanzen vor den Fenstern- zuweilen bis aufs Dach.
Die Zäune haben Schlagseite, viele Zähne der Holzlattenzäune fehlen,
die Gärten kann man nicht unbedingt als "gepflegt" ansehen.
1952 hat der Bauer mit zwei Fahrkühen das Getreide gemäht,
danach kam die Familienangehörigen zum Aufstellen der Hausten.
Selbst touristische Gebäude, richtige Hotels um 1914 hatten
nur einen Feldweg über die Wiese - keine gepflasterten Zufahrtsstraßen oder Fußwege.
Die Kinder fuhren noch in den 1950iger Jahren auf der Hauptstraße mit den Schlitten..
Interessant ist, daß damals etliche Leute die 90-100 Jahre geschafft haben, wie die Chroniken berichten.
(3/4 dieser Alten waren Frauen)

***

Die nächste Lektüre ist aus Wolfenhausen..

Die mittlere Lahn ist ab dem 4./5. Jhd fränkisch geworden,
Wolfenhausen -etwas abseits- war ein früher "Immigrationsort"..
Als "Sibirien des Amtes Runkel" (der damaligen Herrschaft) bezeichnet,
war es ein Bergarbeiter-Dorf, mit mehr Menschen, als die paar
Felder der "Feldgerechtigkeit" hätten ernähren können.
Trotz Bergbau soll immer wieder der alte Feind, der Hunger gekommen sein -
für ein Brot zur rechten Zeit hätte mancher seinen Acker gegeben, so die Chronik.
Betteln und Stehlen sollen an der Tagesordnung gewesen sein -
die geographische Lage des Ortes, an den 3 Gebiete grenzten,
ließ Leute wie den Schinderhannes aufkommen.
Die ausgedehnten Wälder ringsherum waren ein idealer Unterschlupf.
Erst als die Schule eingeführt wurde, kam die Gemeinde in die Pflicht für ihre Armen zu sorgen.
Immer wieder wird von Mißernten und Unwettern berichtet,
viele starben durch "einfache" Krankheiten -
z.b. durch Lungenentzündung, nicht nur durch Seuchen.
Aber auch die Feldfrüchte hatten ihre Krankheiten, die zu argen Ausfällen führten.
1847 hat man eine "Armenbäckerei" eingeführt.
Schlechte Ernten -infolge von Trockenheit oder zu großer Nässe-
erhöhte die Preise, immer wieder wurden Kriege angefacht
und die Leute darin sinnlos verheizt.

Wir wandern gerne und Wolfenhausen, es liegt nicht so weit weg -
deshalb ist mir dieses Dorf schon bekannter:
Wie überall sind die Dorfläden verschwunden und man sieht leere Schaufenster, abgehängt im doppelten Sinne.
Wie überall ist die Durchfahrt-Straße die trübste, die Randzonen dagegen sind feiner herausgeputzt,
mit neuen Häusern, gepflegten Anlagen.
In Wolfenhausen ist der Ortskern eher langestreckt, es war ein typisches Straßendorf -
und recht gut in Ordnung gehalten.
Eine Metzgerei und eine Tankstelle mit Autohandel, eine Fahrschule und sogar eine Apotheke
und Wirtschaft sind dort zu finden.
(2023: Die Metzerei ist für immer geschlossen)
Reste von ehemals florierenden Unternehmen kontaminieren den näheren Eindruck in den Nebenstraßen.
Es ist dort heute noch eine große landwirtschaftliche Fläche vorhanden,
die wohl von nur 3 Aussiedlerhöfen bewirtschaftet wird, die unterhalb der Zigeunereiche sind.
Heute ist der Wohnwert "im Grünen" recht gut, sogar mit Schwimmbad und Sportanlage,
ein paar Schrebergaerten sind noch in Betrieb - sonst findet man Fläche um den Ort,
reizvolle Landschaft und sogar gute Wege.
Unterhalb des Dorfes - eine Kilometer bachabwärts ist die große Muschhammer Mühle,
einem Traditionsunternehmen aus dem Jahr 1632 ! - die heute aufgegeben und verkauft wurde und auch einen Direkt-Laden betrieb, der ebenfalls dicht gemacht ist.
(Ende 2019 geschlossen, die Gründe sind mir nicht bekannt; aufgekauft durch Türken, wie überall im Land, so hört man.)
Wie in allen Dörfern Mittelhessens sieht man kaum einen Menschen laufen,
höchstens Hundefreude - Autos fahren jedoch immer und ständig.

***

Weiter geht es mit Dingen aus der Chronik Wolfenhausens:
Wie in fast allen Chroniken zu lesen, verliefen die alten Fernstraßen auf den Höhen,
weil die Niederungen oft sumpfig waren.
Wenn man liest, daß der Nachfolger der alten Hessenstraße von Niedershausen
über Haintchen nach Wolfenhausen erst 1960 eine Asphaltdecke erhielt,
wird doch schon einiges klar, wie die Verkehrsverhältnisse früher gewesen sein müssen.
Es bringt an dieser Stelle nichts, die einzelnen Straßen und deren Verlauf aufzuschreiben -
weil die meisten Leser wohl weit entfernt sitzen -
und die genauen Gegebenheiten nicht kennen, außer durch G oogle Maps, welche eine geographische Funktion hat, also nicht nur Wege und Straßen aufzeigen kann. Sehr praktisch!
Die Handelssitze und Herrschaftszentren sind untereinander gut verwoben gewesen
und dürften bis in die Bronzezeit ca 1800-750 v.Chr zurück reichen.
Jenseits der "großen" oder besser mehr befahrenen Fernstraßen waren eher Trifte,
Saumpfade und Wege die Regel, die man heute als Feldwege bezeichnen würde.
In der Chronik wird Wolfenhausen als "typisches Haufendorf" bezeichnet,
ich behaupte mal, daß es ein typisches Straßendorf war,
das ein wenig zur Seite hin ausweichen mußte, weil man dort leichter bauen konnte.
Oberhalb und unterhalb der Ortsstraße das Land bereits in festen Händen war und Felder angelegt.
Die Straßenkreuzungen sind somit meistens auf der Höhe,
den Bergrücken zu suchen, was wir heute als Wanderer noch ganz gut sehen können.
Dort laufen zuweilen "Wegesterne" zusammen !
Die Straßen lauteten:
Hühnerstraße, Rennstraße, Hohestraße, Mainzerstraße, Judenpfad, Weilburger Straße, Weinstraße,
Alte Diezer Straße, Heerstraße, Hessenstraße, Rheinstraße, Kasselsche Landstraße und viele mehr.
Vicinalstraßen bedeuten Straßen zu den Nachbarorten.
Teils sind altrömische Pflasterungen entdeckt worden, tiefe Fahrrillen in Felsen.
Es wurden alle möglichen Waren transportiert, auch Erze.

Die alten Straßen verliefen so gradlinig wie möglich,
mit möglichst wenigen Steigungen,- Serpentinen
überwanden dann die in unserer Gegend typischen langen Bergketten
mit den vielen vielen Zwischentälern und zerklüfteten Geländen.
Seife, Wolle, Häute, Wein, Keramik, Ton-Rohstoff, Getreide, Stoffe
bis zu fertigen Öfen wurde alles mögliche auf Reisen geschickt- wie heute.
Die Zeit des Dreibeins, dem dreibeinigen Eisengestell auf der gemauerten Brandstätte,
das auf dem offenen Feuer stand, war auch die Zeit der großen Brände.
Die Häuser mit Stroh gedeckt, aus Holz gebaut und dann noch eng an eng gefügt,
war keine so gute Idee- die alten Germanen haben das schon besser hin bekommen -
diese wohnten weit auseinander, zwischen Stall und Haus war genug Platz.
Wie auch immer- als die Teilunterkellerung der Häuser kam,
mußte man zur Wohnstube einen Trittling hoch gehen, weil dort der Keller unterbaut war.
Durch sogenannte "Märzlöcher" im Keller wurden die Feldfrüchte eingelagert,
sie fielen in die jeweiligen Bunker.
Im Winter wurden diese mit einem Sack Stroh verschlossen, sonst wäre die Einlagerung erfroren.
Wir erinnern uns - es gab nur einen beheizten Raum im Haus,
wo sich alle aufhielten - die Küche hielt wegen dem "Daas",
einer 80x120cm großen Esse oder Abzug keine Wärme.
Keller waren nicht beheizt und auch nicht betoniert, geschweige denn gefliest oder verputzt.
Alles war roher Bruchstein, mit Lehm aufgesetzt, dazwischen Steinsplitter.
Das trug von selbst, dh. ohne Zement.
Primitiv?
Na ich weiß nicht - diese Mauern stehen heute noch, wie man bei den Burgen und uralten
Fachwerkbauten - wenn sie noch bewirtschaftet oder bewohnt werden - gut beobachten kann.
Wenn etwas abrutschte, konnten diese Mauern wieder neu aufgesetzt werden - ohne Sauerei,
ohne Presslufthammer und ohne Zement.
Ich erinnere mich an das Haus meiner Urgroßeltern, das in einem Hang lag:
Man hat nur halb ausgeschachtet, etwas weiter ausgegraben ab Kellerhöhe
und dann eine Bruchstein-Aufmauer gemacht.
So entstand zwischen Haus und Garten ein Hohlweg, der als "Highlight" eine Treppe in der Mitte hatte-
dort wo man aus der Hintertür, aus der Küche kam.
Diese -ebenfalls ganz aus Bruchsteinen aufgesetzte Treppe hatte ca 5 - 7 Stufen,
war links und rechts mit einer Bruchsteineinfassung versehen,
die dem Ganzen einen Anblick verlieh, den man noch in den Weinbergen bewundern kann.
So konnte die Urgroßmutter leicht von der Küche zum Kräutergarten gelangen - sauberen Fußes.
Die Leute hatten war nicht viel Geld, sie waren aber nicht doof und wußten sich zu helfen..

Die Zeit der Geschichte jedoch war noch früher,
wo sich Stellmacher und Wagner an diesen Straßen ansiedelten-
schon damals war Zeit Geld, jeder Aufenthalt sollte so kurz wie möglich gehalten werden.
Die Fahrten waren schließlich lang genug, weil die Gespanne nicht gerade sonderlich flott
auf diesen Buckelpisten voran gekommen waren.
Vorspanndienste wurden an den Steigungen gerne in Anspruch genommen,
sonst war das Pferd halbtot, wenn es oben an kam -
einige hundert Kilo Last und ein steiler Hang- das geht nicht gut.
So hatten sich Leute spezialisiert und ein oder zwei starke Pferde im Stall,
die dann zusätzlich vorgespannt wurden -
das gab ein gutes Zubrot zur meist kleinen Landwirtschaft.
Das Rheinische Schiefergebirge ist steil- wer dort mit dem Auto oder gar mit dem Rad unterwegs ist,
weiß wie schwer dort Lasten zu bewegen sind!

Ochsen wurden auch dazu eingesetzt.

Soldatenheere sind über diese Straßen gezogen,
sie waren genau so schlimm wie die Seuchen und kamen immer wieder in die Lande..

Von den Herren und von den Pfarrern vereimert, von schlechten Ernten gebeutelt..

Die Abtransporte der "Gefälle", den Abgaben an die Herrschaften waren
auch ständig unterwegs auf diesen Wegen.
Die Höhenstraßen waren oft auch zugleich die Gemarkungs- und Herrschaftsgrenzen,
wo heute noch die alten Grenzsteine zu finden sind.
Unvermutet, vermeindlich mitten im Wald- aber ob dieser zu der alten Zeit
überhaupt ein so dichter Laubwald war, wie heute, ist zu bezweifeln..
..von den wichtigen alten Fernstraßen sind heute oft nur noch Waldwege geblieben,
die eigentlichen Nachfolger dieser Verkehrswege
ziehen nun neue und viel breitere Bahnen.
Gut ausgebaut und mit Leitplanken, regelmäßigen Pfosten und weißen Linien.
Manchmal verlaufen die neuen Straßen parallel zu den alten - die sich dann im Waldesrand verstecken.
Als Wanderer trifft man oft auf die Zeugnisse der Vergangenheit,
auf alte Mauerreste von Stellmacher- und Wirtshäusern und Vorspanndiensten.

Aus dem Jahr 1366 wollten die Meister des Wollen-Handwerks aus Limburg nach Frankfurt zur Messe fahren
und wurden auf der Höhe (Saalburg) "niedergeworfen" und alles gestohlen,
mehr als 300 Stück Tuch - einige Leute sind dabei ums Leben gekommen.
Heute erledigen diesen "Job" fahrende Piraten mit weißen Transportern aus dem Osten Europas.. noch ohne Mord
und nunmehr erst im Schutze der Dunkelheit..

***
Der Heinrich, Sohn des Grafen Otto von Nassau, Herr zu Dillenburg
und Domherr zu Köln tat das oder ließ den Überfall auf der Saalburg betreiben -
sein Beiname soll "Graf Scheinleder" gewesen sein.
Dieser Vorfall passierte, obwohl die Meister im Geleit des Grafen Johannes von Nassau,
Herr zu Merenberg - gewesen sein sollen.

Die gute alte Zeit !

Ob deshalb diese Heiligenhäuschen gebaut worden sind?
Wie auch immer - man hätte einen Weg suchen sollen, die besten Soldaten oder Söldner dem jeweiligen Grusel-Grafen oder Kirchenfuzzi abzuwerben und dann damit diese Unterdrücker ausrotten.. dann wären sehr viel weniger Menschen an deren Gier gestorben!
Aus dem Jahr 1807 erfährt man, sei Selterswasser, Wein und Leinen auf der Rheinfelser Straße
von Weilmünster über Möttau, Kraftsolms, Oberquembach, Oberwetz
nach Gießen transportiert worden ist.
Schon damals gab es Klagen wegen zu breiter Fahrzeuge und rücksichtsloser Kutscher;
1820 meldet der Schultheiß von Heringen dem Amtmann zu Limburg:
"Das Fuhrwerk habe sich auf der hessischen Straße so verringert,
daß im abgewichenen Jahre fast für gar nicht zu achten,
was an fremden Fuhrwerken daher passiert.."

Diese Dorfbefestigungen, "Dorfetter" genannt, wo rundherum alles fest umschlossen wurde,
waren teilweise wohl mit Geheck und Gestrüpp so dicht wie möglich gemacht.
Manchmal wohl auch noch mit einem Graben umgeben, der Eindringlinge ab-
zumindest aber aufhalten sollte, bis genug Leute mit Waffen zur Abwehr parat waren.
Sogenannte Falltore bildeten die Ein- und Ausfahrten daraus- schief angebrachte Tore,
die von selbst ins Schloß fielen, wenn man hindurch war.

Gestern sind wir zufällig mit einer ehem. Lehrerin ins Gespräch gekommen -
über dies und das, über die alten Zeiten und die Jugend,
welche sich heute nicht mehr unterhält, sondern nur noch auf dem Smartphone daddelt..
Sie sprach davon, daß in ihrer elterlichen Scheune noch "ewig lang" ein Soldbuch
aufgehoben worden sein soll, das von der Front nach Hause geschickt wurde:
Mit Durchschuß.
Sie sprach von der Sprengung der alten Lahnbrücke, wo die Pflastersteine hunderte Meter
weit durch die Luft geflogen seien- und dabei ein Loch in die Wand eines Hauses geschlagen haben -
durch den Kleiderschrank des Schlafzimmers - durch die Kleider, durch das Holz
hindurch bis mitten in den Raum.
Gut, daß damals niemand im Zimmer war.
Sie sprach von dem Desinteresse der Jugend an Geschichte und Geschichten,
ja selbst vom Desinteresse an der eigenen Herkunft, an Ahnentafeln oder Stammbäumen etc.
(Ich habe auch eine Stammreihe gemacht, die recht weit zurück reicht-
vermutlich wird sich keines der Kinder und keines der Enkel dafür interessieren-
sicher werde ich dieses Pergament einmal ablichten und hier im Web auf meiner Seite verewigen.
Sicher ist sicher - ich habe es gemacht)

Zeitsprünge sind bei mir kein Thema, da kommt die neuere Zeit an die Reihe,
die uralte und die Zeit mittendrin ständig durcheinander - mal so, mal so,
eben wie die Chroniken ins Haus und die eigenen Erinnerungen kommen.

1931 wurden 100.000 Arbeitskräfte durch den sogenannten freiwilligen Arbeitsdienst eingestellt,
sie mußten gemeinnützige Arbeiten in und um die Gemeinden tun.
Heute wuerde man "ABM-Maßnahmen" dazu sagen.
Damals bekam ein Arbeiter so 13,20 Reichsmark die Woche - ein gutes Zubrot !
Rodungen wurden auf diese Weise gemacht, Gräben ausgehoben, Wasserläufe in Ordnung gehalten,
Wege geflickt etc.
Auch diese Zeit hatte ihre guten oder sinnvollen Sachen.
Männlein und Weiblein oder Jugendliche taten dort eine Arbeitsdienstpflicht für ein halbes Jahr,
was durchaus zu praktischen Arbeit anhielt und wohl auch dem Gemeinsinn dienlich war-
heute nennt man das nur anders, diese "Warteschleifen" vor der Beschäftigung
in den Betrieben nennt man "Praktikum" - eigentlich auch nichts anderes als ein Arbeitsdienstpflicht-Jahr.

***

Ich sehe in der Chronik viele alte Fotografien,
die eben nur die Zeit nach der Erfindung der Fotografie überhaupt zeigen können..
Aber weh und ach- es war bei weitem nicht so gepflegt, wie das unsere Denkmalschützer heute verlangen !
Ich lese von einem kleinen Elektroladen, wo alle vor dem Schaufenster standen,
um sich die Krönungszeremonie der Königin Elisabeth II anzusehen -
dort stand der einzige Fernsehapparat des Dorfes..
Erst Sept. 2022 ist diese Monarchin gestorben.

***

Manches alte Haus hat man abgerissen, manche Lücke im Ortsbild ist noch immer dadurch wie tot,
leer, nutzlos und öde.
Die Wolfenhausener Chronik bedauert zu recht,
daß eine alte Scheune "auf der Ley" um 1980 abgerissen wurde -
das war ein großer Verlust, den man erst später begriff:
Die Balkenformationen deuten auf ein hohes Alter hin
-zudem war diese Scheune und das zugehörige Haus -
waren die letzten Gebäude dieses Typs im Dorf.

Ich könnte jetzt noch näher auf die typischen Bauweisen der Gebäude eingehen,
was aber hier zu weit führen würde..

Wichtig finde ich, wie man die Gefache der Fachwerkhäuser ausmauerte:
Die Balkenkonstruktion hatte Nuten, weil man Eichenbalken nicht benageln konnte -
sie waren viel zu hart dafür.
Im Wald gemacht, also nicht abgelagert bearbeitet!
(Fichte oder Buche konnte abgelagert bearbeitet oder benagelt werden)
So waren in Eichenbalken Nuten, in die Astwerk - in den Unterteilungen gesplissen -
geflochten und verkeilt wurde.
Dann wurde von Innen zuerst das Gemisch aus Lehm und Stroh aufgetragen
und trocknen lassen, bevor von außen beigeputzt wurde.
Die späteren Häuser mit Fichten-Fachwerk waren von Anfang an als Unterputz - Konstruktion gedacht.
So mancher Häusle-Besitzer ignoriert das heute, weil Fachwerk so hübsch ausschaut
und wundert sich, daß die Balken nicht lange halten,
wenn sie der Witterung ausgesetzt werden..
Diese Gefache also wurden nach der vollständigen Austrockung von außen
mit Kalkputz- oder Kalkfarben dick gestrichen, damit eine hohe Wasserdichte entstand.
Innen ging man ähnlich vor, wird aber eher mit leichtem Kalk
oder eher Gipsputz gearbeitet haben, um die Gefache glatt und weiß zu bekommen.
Nix mit Silicon oder Acryl oder Bau-Schaum ;)

***

Die Feuerordnung - wir erinnern uns an die Feuereimer, die jeder haben mußte - waren nicht alles.
Die Visitation durch den Kaminfeger war von der Feuerordnung von 1755 gedeckt -
Es durften keine glühenden Kohlen oder ähnliches durch Lücken im Ofen fallen,
abends mußte der Hausvater sorgfältig das Feuer ersticken,
damit sich die Katze nicht an den Ofen legte und evtl. dadurch einen Brand verursachen konnte.
Vom 1. Stock aus kam man in den Daas, wo die Würste und Schinken zum Räuchern hingen -
die wurden abgenommen, um den Kamin sorgfältig zu reinigen und auf Risse und Abplatzungen zu untersuchen.
(Schäden mußten sofort behoben werden, sonst wäre ganz geschwind der Funkenflug ins Holz gegangen.)
Was heute auch keiner mehr kennt ist der "Glanzruß",
der aus Teer und Ablagerungen flüchtiger Stoffe aus dem Branntgut nach oben getragen wurde -
das hat sich schnell an den kalten Kaminwänden abgesetzt und eine dicke schwarze,
glänzende, harte Schicht gebildet, die bei bestimmten Umständen wie wild anfangen kann zu brennen,
wenn das Feuer mal hoch geschürt wurde.
Dieser so entstehende "Kaminbrand" wird so heiß, daß der ganze Kamin bersten
und das Haus in Sekunden anstecken kann.
Man erkennt einen Kaminbrand daran, dass zuerst dicke schwarze Schwaden aus dem Schornstein kommen,
dann schlägt eine hohe Flammenlohe daraus hervor, die von weitem zu sehen ist..
(Ich weiß das deshalb so genau, weil unser Wohnhaus noch lange mit Ofenheizung betrieben wurde,
mit Leuchtfeueröfen, die eine entsprechende Leistung hatten.
Einen leichten Kaminbrand hatten wir auch schon mal- ausgelöst durch einen Badeofen -
gelöscht wurde das mit einem Gegenfeuer vom Keller aus.
Wie kam das? Nun- das Holz war nicht immer gut abgelagert und trocken,
deshalb war noch zuviel Harz und Feuchtigkeit darin, die verdampfte
und sich als schwarze Schmiere im Kamin abgesetzt hatte - die Rückstände von Briketts und Kohle waren auch nicht ohne.)

Die Wohnungseinrichtung waren damals in der alten Zeit vor dem 2.WK noch sehr einfach,
in den Häusern der einfachen Leute stand nur das Nötigste an Möbeln,
sofern dieser Ausdruck genehm ist.
Die Bettgestelle hatten inwendig nur Bretter, darauf war eine Lage Roggen-Stroh,
darauf ein Sack warmes Haferstroh, letzterer hielt nur 3 Monate und mußte dann getauscht werden.
Sicher hatte man auch schon Federbetten- Federn waren aber teuer und ließen sich gut auf dem Markt verkaufen..

Wolfenhausen lag genau an den Grenzen der von Kurtrier, Nassau-Weilburg und Runkel-Wied,
was Gauner nur so anzog, die sich wohl besonders im Ort Langhecke aufhielten.
Selbst die Post hat um diesen Ort lange einen weiten Bogen gemacht, wie die Chronik schreibt.
Dieses Kaff war sogar eine Zeit selbständig, weil es keiner haben wollte !

Triesch oder Röder bedeutet Brachland.

Ich sehe eine altes Bild, wo ein Pferdewagen mit Kartoffelsäcken beladen zu sehen ist.
Auf 18-20 Säcken sitzen 6 Frauen- wenn man nun weiß,
daß jede davon einen Sack als Arbeitslohn mit nach Hause nahm,
und an den Fürscht noch der 10. abgeführt werden, neue Saatkartoffel gekauft werden müssen,
war der Ertrag nicht wirklich hoch - oder?

***

Noch bis ins 19.Jhd war der Begriff "soziale Strukturen" eher Hohn:
Die "Kleinbauern" hatten nicht viel Land, meisten auch nicht gerade den ertragreichen Acker..
Sie hielten sich mit allerlei Gewerk ueber Wasser, wie das allen Ortschroniken berichtet wird.
Reine Handwerksberufe haben trotzdem nebenbei noch etwas Land oder Vieh gehalten,
sonst wäre Schmalhans ständig Küchenmeister gewesen.
Sicher lebten die größeren Bauern besser, sie hatten auch mal Fleisch auf dem Tisch-
bei allen anderen Leuten sah das nicht so rosig aus.
(Pfarrer mal ausgenommen)
Morgens gab es für die meisten Leute Gerstenbrei, Milch, Dörrobst oder frisches Obst,
mittags und abends Erbsen und etwas anderes Gemüse.
Zuckerhaltige Leckereien galten als höchster Luxus.
Mehl, Brot, Mais, Kartoffeln, Rüben, Obst und Kohlarten etc. waren tägliches Essen,
ganz selten, zu Weihnachten oder auf der Kirmes gab es Fleisch.

Seit dem Mittelalter "gehörten" alle Leute, auch die Bauern, dem Herrscher.
Die Menschen waren an einen Ort gebunden und durften nicht reisen oder heiraten, wen oder wohin sie wollten-
für alles mußte der Herr gefragt werden, von Geburt an entmündigt, in unfreiheit lebend.

Aus dem Jahr 1520 wurde folgendes überliefert:
"Der letzte Stand ist derer, die auf dem Lande in Dörfern und Gehöften wohnen und das Land bebauen -
Hütten aus Lehm und Holz, wenig über die Erde hervorragend und mit Stroh bedeckt,
sind ihre Häuser.
Geringes Brot, Haferbrei und gekochtetes Gemüse ist ihre Speise,
Wasser und Molken ihr Getränk.
Ein leinerner Rock, ein paar Stiefel, ein brauner Hut ist ihre Kleidung.
Das Volk ist jederzeit ohne Ruh, arbeitssam, unsauber.
In nahen Städten bringt es zum Verkaufe, was es vom Acker, vom Vieh gewinnt,
und kauft sich wiederum hier ein, was es bedarf,
denn Handwerker wohnen keine oder nur wenige unter ihnen.
In der Kirche, von denen eine für die einzelnene Gehöfte gewöhnlich vorhanden ist,
kommen sie an Festtagen vormittags alle zusammen und hören von ihrem Priester
Gottes Wort und die Messe, nachmittags verhandeln sie unter der Linde.
- ihre Angelegenheiten, die Jüngeren tanzen darauf nach der Musik des Pfeifers -
die einzelnen Dörfer wählen auch sich zwei oder vier Männer, die sie Bauernmeister nennen,
das sind Vermittler bei Streitigkeiten und Verträgen und Rechnungsführer der Gemeinde.
Die Verwaltung aber haben nicht sie, sondern die Herren oder die Schulzen, die sie eingesetzt hatten.
Den Herren fronen sie oftmals im Jahr, bauen das Feld,
besaßen es, ernten die Früchte, bringen sie in die Scheunen,
bauen Holz, bauen Häuser, graben Gräben.."

1771: "Der Bauer wird wie das dumme Vieh, in aller Unwissenheit erzogen.
Er wird unaufhörlich mit Frondiensten, Botenläufen, Treibjagden, Schanzen,
Graben - geängstigt.
Er muß vom Morgen bis zum Abend die Äcker durchwühlen -
Des Nachts liegt er im Felde .. um das Wild zu verjagen .. damit es nicht die Saat plündere.
was dem Wildzahn entrissen wird, nimmt hernach ein rauher Beamter
zur Abzahlung der noch rückständigen Steuereinnahmen hinweg."
Man sollte dabei wissen, dass die Steuer willkürlich festgesetzt und erhoben wurde -
heute ist das auch nicht viel anders, aber bringt den "Steuerpflichtigen" wenigstens eine gute Infrastruktur.

Noch 1850 gehörten die Handwerker zu den Niedrigverdienern,
noch schlechter ging es nur den Tagelöhnern.
Wenn man bedenkt, daß ein Haus im Westerwald lt. Angebot 600 Gulden kosten sollte
und Handwerker 200 Gulden Steuerlast im Jahr hatten..
und daß ein Malter Hafer im Jahr 1866 bereits ein Drittel dieser Summe kostete..
Die durchschnittliche Steuerlast soll bei 40% gelegen haben.

1876 sollen 37 Maurer, 20 Bergleute, 18 Landmänner, 6 Schuster, 6 Zimmerleute, 4 Schreiner,
3 Bäcker, 3 Küfer, 2 Landwirte, 2 Metzger, 2 Wirte, 1 Brenner, 1 Bierbrauer,
1 Dreher, 2 Gerber, 1 Flurschütz, 1 Fuhrmann, 1 Lehrer, 1 Müller, 1 Schneider,
1 Schäfer, 1 Wagner und ein Tagelöhner gelebt haben -
so kann man sich von der sozialen Struktur ein recht gutes Bild machen.

Viele fanden Arbeit außerhalb, weil auch der Bergbau nicht sonderlich gut lief-
die Transportkosten waren dem Wettbewerb hinderlich.

***

Die Bierbrauerei - untergärig - war brauchte einen großen Holzbottich,
wo das geschrotete Malz in heißem Wasser verrührt und bis zur Verzuckerung vermaischt wurde.
Zuvor wurde die Gerste einige Tage in Wasser eingeweicht
und auf der Tenne zur Keimung ausgebreitet. - auf der Darre danach mit heißer Luft getrocknet.
So entstand die Bierwürze - diese wurde unter Zugabe von Hopfen gekocht,
gekühlt und zur Vergärung gebracht - später im Felsenkeller eingelagert.

***

Das Natur-Eis wurde am Eis-Teich gewonnen und so geschickt eingelagert,
daß es lange benutzt werden konnte.
Zusammen mit den Bierfässern wurde noch bis in die 1960iger Jahre hinein mit Pferdewagen ausgeliefert.

Der dasige Schulmeister beklagte, daß viele Eltern es vorzogen,
die Kinder lieber zum betteln zu schicken als zur Schule.
So kämen sie früh mit Gaunerei, Faulheit und Ausschweifungen in Berührung.

Die gute alte Zeit hatte Ladenöffnungszeiten von 7 bis 22 Uhr !
(wie heute, 2018 auch wieder)
Vor dem Krieg war am Sonntag verkaufsoffen..
Wer etwas dringend brauchte, konnte auch "hintenherum klingeln"
und bekam dann seinen Wunsch trotz dem der Laden eigentlich schon geschlossen war.
(Das kannte ich auch noch)
Petroleum wurde alle 14 Tage mit einem 2000 Liter Faß auf dem Pferdewagen
an die Geschäfte geliefert, von welchen dann die Kunden in 2Ltr
Kannen ihre Licht - Energie nach Hause nahm.
Exotische Sachen, wie Kakau und Kaffee gab es in diesen Kolonialwarenläden
- Zuckerhüte, Gewürze und getrocknete fremde Früchte.
Solche Sachen hat man sich freilich nur Sonntags gegönnt und auch erst in den 1920iger Jahren.
Öl und Essig wurde in Fässern geliefert, alle Schütt-Waren und Hülsenfrüchte waren in Säcken.
Zuckerrübensirup war überall daheim, man nannte das "Dünndarm", "Ziemichlang"
und ähnlich- ein bräunlicher, leichter flüssiger Sirup,
der als Brotbelag in unzähligen Haushalten ganz normal war.
Danach kam der "Kunsthoink", der Kunsthonig, der eher eine weißliche,
streichfeste Version des obigen Zuckerrübensirups war.
Landwirtsfrauen brachten zuweilen Eier und Butter in dieses "Konsum"
und nahmen dafür andere Waren mit nach Hause.

Interessant an dieser recht umfassenden Chronik ist die Seite über die Wahlergebnisse 1928-1933 !
Zuerst war die SPD mit 161 Stimmen vorne und die anderen "unter ferner" liefen,
dann wurde es 1930 weniger mit der SPD, die Hitlerbewegung kam schon auf 84 Stimmen,
1933 war es passiert:
297 Stimmen für den Österreicher, der so viel versprach - und nur 137 für die SPD.
Nun ist der eigentliche Rückgang der SPD nicht so gravierend,
die kleineren Parteien haben mehr verloren - interessant an dieser Sache finde ich das schon:
Vermutlich hatte man eine streng kontrollierte Wahlpflicht eingeführt -
anders kann ich mir diesen plötzlichen Zugewinn an Stimmen nicht erklären.
D.h. wenn heute wieder die Wahlpflicht kommen würde, könnte da ähnliches passieren?
Zur Ehrenrettung der Altvorderen sei gesagt, daß jeder gewählt worden wäre,
der Arbeitsplätze versprach. (Und sogar schuf)

( 1828 waren es 140 Stimmen für die Kleinen, desgleichen fast 1930 und 1933 dann nur noch 58 Stimmen!
-Jeweils ohne die beiden großen Kontrahenten)
Diese Umstände könnte ein Politik-Wissenschaftler bestimmt noch sehr viel mehr beleuchten.
Mir fiel es eben gleich auf, daß an diesen Zahlen etwas nicht stimmen konnte -
es muß an der sehr viel höheren Wahlbeteiligung gelegen haben, die erzwungen war und deshalb "Protestwähler" generierte?

***

Die Autoren der Bücher sind schon lange tot,
wenn aber nachfolgende Rechte tangiert worden sein sollten,
bitte ich um Abklärung per E-Mail, damit die entsprechende Zeile aus meinen Seiten heraus genommen werden kann.
Ansonsten gelten die Angaben in meinem Impressum.

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