plaetzchenwolf - Geschichtliche Exkursion 4. Teil



Freier geschichtlicher Exkurs. Teil 4




Soweit Otto Bähr, der mit dem Artikel "Das leben im Hause, ca 1820" fortfährt:
"Auch das häusliche Leben war vor sechzig Jahren einfacher,
man kann sagen spießbürgerlicher gestaltet als jetzt.
Man lebte mehr in dem Haus und für das Haus.
Es gab bei weitem nicht so viele Vergnügungen und Zerstreuungen außerhalb des Hauses,
wie die Neuzeit unter Aufwendung aller Mittel der Anlockung sie darbietet.
Die häusliche Beschäftigung der Männer war von der heutigen wohl kaum verschieden.
Von den Frauen aber darf man behaupten, daß sie im allgemeinen weit thätiger waren.
Die Frau stand noch dem Hauswesen vor; und als Zeichen davon trug sie am Gürtel
den Schlüsselhaken, an welchem die Schlüssel für Schränke und Behälter,
in einen eisernen Ring gefasst, hingen.
Der Schlüsselhaken war oft mit einer Leier geziert.
Galante Ehemänner schenkten wohl ihren Frauen einen solchen von Silber.
Auch das Nähen durfte die Frau nicht unterlassen, wenn der Haushalt in Ordnung bleiben sollte;
und keine Nähmaschine nahm damals ihr diese mühevolle Arbeit ab.
Wo nichts andres zu thun war, nahm die Frau das Strickzeug zur Hand.
Denn eine ordentliche Frau war niemals müßig.
Das, was in neuerer Zeit unsere Frauen von der Selbstthätigkeit dispensiert,
ist namentlich der Umstand, daß man jetzt so viele Dinge,
die man früher im Hause bereitete, fertig im Laden haben kann.
Eine Aussteuer z.B. wurde sonst wochenlang im Hause genäht.
Jetzt gibt es Geschäfte, wo man dieselbe fix und fertig kauft.
Die Töchter des Hauses, soweit ihre Thätigkeit nicht für den Haushalt
in Anspruch genommen wurde, beschäftigen sich auch wohl früher schon mit Luxusarbeiten.
So war z.B. das Weißsticken für Putzsachen sehr üblich.
Aber die unzähligen Gegenstände der Buntstickerei (Rückenkissen, Tischdecken etc)
welche schon im vorigen Jahrhundert vorkamen und jetzt seit langer Zeit wieder modern geworden sind,
waren ganz aus der Übung gekommen.
Die Häkelarbeit beschränkte sich auf Seide (z.B. Geld- und Tabaksbeutel)
Dagegen lebte damals noch in den Haushaltungen ein Ding,
das seitdem in der Stadt fast ausgestorben ist - das Spinnrad.
Selbst die Hausfrau spann noch in Mußestunden ihren Flachs.
Jedenfalls wurde ein Spinnrad für die Dienstmagd gehalten, welche,
wenn sie mit den Arbeiten in der Küche fertig war, nicht feiern durfte.
Das gesammelte Garn wurde dann zum Leinweber gebracht und kehrte als Leinen oder Bildzeug,
auf dessen Besitz man hohen Wert legte, in das Haus zurück.
Überhaupt war die Stellung der Dienstmägde eine andre.
Sie waren noch mehr Gehilfen der Hausfrauen und führten nicht, wie jetzt, das Küchenregiment.
Sie gingen auf der Straße nicht mit Hüten und Handschuhen,
und schämten sich auch noch nicht, einen Korb am Arme zu tragen.
Ihr Lohn betrug damals 12 bis 18 Thaler jährlich.
Die Wäschen wurden durchweg im Hause gehalten, wenn auch dazu eine Waschfrau
und vielleicht auch eine Büglerin angenommen wurde.
Die Töchter des Hauses zogen wohl mit hinaus auf die Bleiche.
Daß man die Wäsche außerhalb des Hauses hätte besorgen lassen,
habe ich um die damalige Zeit nie gehört.
Bei leichten Erkrankungen hatte die Frau ein Hausmittel zur Hand.
Fühlte sich jemand erkältet, so mußte er sich zu Bett legen und Fliederthee trinken,
bis die bekannte Wirkung eintrat.
Das Hauptmittel für alles aber war Kamillenthee, welcher jedem Kranken sofort gereicht wurde.
Und in der That war derselbe ein vortreffliches Mittel, welches äußerst beruhigend wirkte.
Heute sind Flieder- und Kamillenthee bei den Ärzten nicht mehr beliebt und dadurch
auch als Hausmittel verschwunden.
Desinfektionsmittel, wie Chlor und Karbol, kannte man noch nicht.
Wer die Luft im Zimmer reinigen wollte, goß Essig auf den heißen Ofen
oder auf eine heißgemachte eiserne Schippe.
Ein beliebtes Mittel für Luftreinigung (z.B. in Schulen) war auch das Räuchern
mit Wachholderbeeren, welche freilich mitunter einen fast undurchdringlichen Qualm verbreiteten.
Die Geselligkeit im Hause war ziemlich beschränkt.
Visiten wurden wohl ebenso wie auch heute gemacht.
man warf aber noch nicht in gleichem Maße mit Visitenkarten um sich.
Auch galt es nicht für anstößig, wenn jemand eine nur geschriebene Visitenkarte abgab.
Das Zusenden von Visitenkarten statt Besuchs war ganz ungebräuchlich.
Gesellschaften für Mittags- und Abendtisch waren selten.
Als Gerichte gab man, was Land und Zeit bot, man konnte noch nicht Leckerbissen
aus allen Himmelsgegenden zusammenkaufen.
Es war deshalb z.B. auch unbedenklich, seinen Gästen
einen gewöhnlichen Kalbsbraten aufzutischen, während ein solcher jetzt nur dann
noch salonfähig sein dürfte, wenn er in Braunschweig seine Ausbildung erlangt hat
und in einer Garnierung von Blumenkohl aus Algier erscheint.
Es war auch nicht üblich eine Reihe von Weinen in steigender Wertprogression den Gästen vorzusetzen.
Ein einfacher Tischwein genügte.
Champagner wurde nur bei besonders festlichen Gelegenheiten spendiert.
Auch Eis als Dessert war ungewöhnlich.
Daß man die Plätze noch nicht mit künsterlich ausgestatteten Tischkarten
belegte, bedarf wohl kaum einer Erwähnung.
Häufiger waren unter Damen Theegesellschaften.
Es war auch die Form, in welcher Kränzchen (für Kartenspiel etc.) gehalten wurden.
Ehe die Gäste kamen, wurde im Besuchzimmer geräuchert.
Das geschah mit Räucherpulver oder Räucheressenz, welche auf den Ofen gestreut
oder gegossen wurde, oder auch mit Räucherkerzen,
kleinen pyramidalen kohlefarbigen Körperchen, welche angesteckt fortglimmten
und einen angenehmen Duft verbreiteten.
Den erschienenen Gästen wurde Thee mit Backwerk, hiernächst auch Kuchen und Wein vorgesetzt.
Man liebte bei solchen Gelegenheiten sein Silber zu zeigen.
Es mußte jedoch alles echt sein.
Die hübschen Geräte von Alfenide kannte man noch nicht.
Bei der Zuckerdose durfte die silberne Zuckerzange nicht fehlen,
mittels deren man den Zucker ergriff und in die Tasse warf.
Ihn, wie man jetzt thut, mit den Fingern zu greifen, galt nicht für anständig.
Was die Tassen betrifft, so legte man keinen Wert auf die Gleichartigkeit,
sondern man setzte Tassen auf von den verschiedensten Formen und Farben.
Man erwarb solche, wo sich eine Gelegenheit dazu bot.
Namentlich war eine schöne Tasse, vielleicht mit einer goldnen Inschrift
oder gemalten Landschaft darauf, ein sehr beliebtes Geburtstagsgeschenk der damaligen Zeit.
Natürlich wurden auch mindestens zwei Lichter, womöglich in silbernen
oder vergoldeten Leuchtern aufgestellt.
Dazu hatte man auch elegante Lichtputzen aus Stahl, die nur bei Gesellschaften
ihrer Papierhülle entkleidet wurden.
Die Damen pflegten in ihre Gesellschaften noch eine Arbeit, meistens das Strickzeug, mitzubringen.
Dazu diente (da die Frauenkleider keine Taschen hatten) der Arbeitsbeutel,
oft von ziemlich großem Kaliber.
Der Gedanke, daß die Frau die Hände nicht in den Schoß legen dürfe,
wirkte auch noch lange fort.
Als zu Anfang der 1850er Jahre in Fulda vor dem Schwurgericht eine interessante Mordgeschichte
acht Tage lang verhandelt wurde, saßen in der ersten Reihe der Zuhörer
die Fuldaer Damen fast durchweg strickend da;
was einigermaßen an die Pariser Damen erinnerte, welche zur Revolutionszeit alltäglich
dem anmutigen Schauspiel des Guillotinierens mit dem Strickzeug in der Hand zugeschaut hatten.
Unter den häuslichen Übungen müssen wir noch einer gedenken,
welche gleichfalls Wandlungen unterlegen hat.
Das ist das Schreiben.
Vor zwei Menschenaltern wurde alles Papier in der Papiermühle noch mit der Hand geschöpft und bereitet.
Man hatte auch damals schon sehr gutes Papier, aber es war recht teuer.
Das zum gewöhnlichen Gebrauch dienende geringere Papier war zwar stark, aber rauh und unangenehm.
Heute erzeugt die Maschine in ungeheuerer Menge Papier ohne Ende.
Das Maschinenpapier ist glatter und angenehmer, vor allem aber wohlfeiler als das frühere.
Als Mittel der Niederschrift diente früher die Feder, d.h. eine wirkliche Feder von Gans oder Schwan.
Für feinere Zeichnungen benutzte man auch Rabenfedern.
Die Feder mußte natürlich geschnitten werden.
Dazu diente das Federmesser, welches dann öfters geschliffen werden mußte.
Die geschnittene Feder war in ihrer Gestalt der jetzigen Stahlfeder ähnlich;
jedoch war, wegen Weichheit des Materials, der Spalt weit kürzer.
Von Zeit zu Zeit- etwa nach einer Stunde- war die Feder abgeschrieben
und sie mußte von neuem geschnitten werden.
Manche schrieben jedoch auch tagelang mit derselben Feder.
Das Schneiden war aber nicht ganz leicht; und wer es nicht verstand,
hatte stets mit der schlechten Feder zu kämpfen.
Das war aber doch wieder für Damen bequem, da sie damit jedesmal am Schlusse
ihren schlechtgeschriebenen Brief entschuldigen konnten.
Da erfand man die Stahlfeder.
Anfangs konnte viele sich nicht an dieselbe gewöhnen.
Aber die Gänsefedern (die vor der Benutzung einer gewissen Zubereitung bedurften)
wurden immer schlechter, und die Stahlfedern immer besser.
So ist denn alle Welt jetzt zu Stahlfedern übergegangen,
und das Federmesser ist außer Dienst gestellt.
Und vielleicht wird nach Jahrhunderten ein Sprachforscher untersuchen,
wie es wohl kommen möge, daß man die stählerne Spitze, mit welcher man schreibe,
eine Feder nenne; gerade so, wie wir heute über die Entstehung
des Wortes "Buchstabe" uns den Kopf zerbrechen.
Auch die Tinte hat sich auf Grund der neuern chemischen Entdeckungen verbessert.
Alizarintinte ist erst ein Prdukt der letzten Jahrzehnte.
Die neueste Errungenschaft auf dem Gebiete des Schreibens ist der Auslöscher,
welcher Löschblatt und Sandfaß - den frühern ständigen Begleiter des Tintenfasses -
völlig zu verdrängen beginnt.
Eine andre Übung kann man heute kaum noch als eine häusliche bezeichnen.
Da sie es aber vor zwei Menschenaltern noch war, wollen wir sie hier besprechen.
Wir meinen das Tabakrauchen.
Dasselbe wurde damals im Hause vielleicht ebenso stark geübt wie jetzt.
Aber es wurde fast ausschließlich aus Pfeifen geraucht.
Kam ein Freund zu längerem Besuch, so wurde ihm eine Pfeife angeboten.
Der Raucher legte Wert darauf, eine ansehnliche Sammlung von Pfeifen zu besitzen.
Ein schön angerauchter Meerschaumkopf mit silbernem Beschlag war sein Stolz.
Bei Studenten galt besonders ein Porzellankopf mit einem Gemälde darauf als etwas schönes.
Freunde schenkten sich einen solchen zum Abschied.
Es gab auf den Universitäten besondere Maler, welche diese Köpfe anfertigten.
Der Student liebte vorzugsweise lange Pfeifen, während anderwärts mehr kurze Pfeifen üblich waren.
Feinschmecker im Rauchen pflegten wohl nur der Thonpfeifen sich zu bedienen,
deren jede nur ein- oder zweimal gebraucht wurde.
Diese waren ein ergiebiges Fabrikat der Stadt Großalmerode.
Trotz dieses mit den Pfeifen getriebenen Luxus war doch das Rauchen selbst wohlfeil.
Denn der dazu erforderliche Tabak kostete nicht viel.
Ein mäßiger Raucher konnte mit einem Paketchen, welches zwei Groschen kostete,
wohl eine Woche lang auskommen.
Zigarren waren weit teuerer, wurden aber nur von wenigen geraucht.
Sie galten als ein Luxus.
Überdies war das Rauchen auf das Haus beschränkt.
Auf der Straße zu rauchen war polizeilich verboten und wurde bestraft.
Im Laufe der Jahre wurde nun mehr und mehr das Zigarrenrauchen üblich.
Gleich einer Sintflut aber brach es herein, als im Jahre 1848 jenes polizeiliche Verbot fiel.
Nun begann jedermann auch auf der Straße zu rauchen, natürlich Zigarren,
da die Pfeife dazu nicht paßte.
Das inzwischen erfundene Streichfeuerzeug erleichterte das Anzünden.
Gleichwohl waren die alten Streichfeuerzeuge noch unbequem,
da man sie nicht ohne Gefahr der unfreiwilligen Entzündung in der Tasche tragen konnte.
Viele führten sie deshalb auch nicht bei sich, sondern zogen es vor,
wenn sie auf der Straße eine Zigarre sich anzünden wollten, den ersten besten Raucher,
der ihnen begegnete, um die Gestattung des Anzündens an seiner Zigarre zu bitten;
was jeder bereitwillig gewährte.
Mit der Erfindung des schwedischen Feuerzeuges war aber auch das Ideal
leichten Anzündes für das Rauchen erreicht; und die Sitte des Rauchens
konnte nun umso voller sich ausbreiten.
Heutzutage raucht auch der geringste Arbeiter, im Hause sowohl
als wo er sich öffentlich zeigt, "seine Zigarre".
In den höhern Ständen hat sich die Sitte namentlich dahin ausgeweitet,
daß von vielen nur noch die kostbarsten Zigarren geraucht werden.
Wem diese zu schwer sind, raucht mindestens eine Zigarette.
In der gewaltigen Vermehrung dieser Sitte, mit welcher die Vermehrung
des Biertrinkens Hand in Hand ging, zeigt sich vielleicht mehr,
als in irgend einer anderen Erscheinung, der Umschwung,
der in den wirtschaftlichen Verhältnissen Deutschlands eingetreten ist.
nach der Statistik des deutschen Reiches (BD 42. S102 und 103)
Berechnet sich der jährliche Geldaufwand für Tabak in Deutschland auf 312 966 000 Mark.
Das Glück, welches darin liegt, wird jeder nach seiner Stellung zur Rauchfrage zu bemessen wissen.
Im Anschluß hieran möge noch die Sitte des Schnupfens erwähnt werden.
Diese hatte früher eine weit größere Verbreitung.
Es war nicht selten, daß auch Frauen schnupften.
Ältere Herren legten Wert darauf, eine kostbare Schnupftabaksdose zu besitzen;
wie denn auch wertvolle Dose dieser Art zu den beliebtesten fürstlichen Geschenken gehörten."
Soweit Otto Bähr.

Diejenigen, die in der Lage waren zu schreiben, die "schöne Künste"
oder "dichterische Werke" oder auch Altertumssprachforschung betrieben, wie die Brüder Grimm,
waren allermeist von seltsamer Art, um es einmal ganz vorsichtig aus der Sicht
eines Landbewohners zu formulieren.
Je tiefer, je mehr und je öfter man in die Schriften obiger Kreise blickt,
um so mehr erstarrt die Freude am Ausdruck der Bildung zu einer Fratze merkwürdiger Arroganz -
zumeist von den Herr-Schaften mit in der Gunst erbuckeltem Geldes zum Abstand gegenüber
dem gemeinen Volk eigens entwickelter Verquirltheit und Hochmut..
..mir graust es oft genug und wie oft habe ich so manchen Artikel,
so manches Lesestueck oder Buch entnervt zugeschlagen: Nein,
das ist nicht das, was den Inhalt meiner Seiten sein soll.

Selbstgefälligkeiten kamen erst nach dem Erfolg, durch gegenseitiges Hochheben,
das man heute als "Seilschaften" bezeichnen würde, eine gewisse Hofart und Geld
mit sich brachte, was die Literaten und unfreiwillige Komiker früherer Zeit ausmachte.

Von den kleinen Leuten hört und liest man nicht viel, - kein Wunder,-
konnte wohl kaum einer lesen UND schreiben!

Heute sind die neuen Spießer die.. Studierten!
Erst ab der Schicht derer, die "berufen" werden, geht es wieder lockerer zu.

In den Chroniken ist zuweilen ein wenig von deren Leben herauszulesen, herauszuhören
und in Erfahrung zu bringen - viel ist es nicht und es wird immer weniger,
weil die alten Bücher, die mir die Stadtbücherei ausleiht, zur Neige gehen.
Ich weigere mich beharrlich mehr von den Gebildeten und "hervorragenden Personen" zu lesen -
lieber gehe ich mit dem Sparten in den Garten !

***

Was bleibt also von der ganzen Bildung, von den vielen Büchern,
von den Dingen der Edlen und Wohlfahrenden für mich selbst?
Nun, das Beste, was ich jemals gelernt habe, ist die lateinische Sprache,
die immer wieder beim Übersetzen oder besser Ausdeuten des Wortsinnes anderer Sprachen hilft,
die auch nicht verschüttet geht, obwohl mir längst die Übung dünner wird, trotzdem
ist manches Wort ist in Latein schneller verfügbar als im Deutschen..

***

Die Essenz der ganzen Sache ist wohl die Erkenntnis: Früher sprach man Platt,
litt unter den hohen Herrschaften, stand unter kirchlicher Gehirnwäsche, (und unter Denunziation, wenn jemand seinen eigenen Willen hatte)
arbeitete sehr hart, mußte viele Entbehrungen erleben, während die Kleriker
und Adligen im Luxus schwelgten.
Bei Seuchen starben die Leute wie die Fliegen, sie bekamen viele Kinder,
meistens war Schmalhans Küchenmeister.
Wer wenig wußte sah nur sein Umfeld, wer viel erfuhr, war beunruhigter eher als weltoffen.
Die Herren -gleich welcher Art- sahen die Niederen als ein Bestandteil der Scholle an,
nicht als Menschen. Mitsprache gab es nicht, nur Gehorsam.
Leibeigene waren mehr dabei als Freie.
Woher sollten also die Überlieferungen kommen,
die das Leben der "Gemeinen" objektiv beschreiben?
Von den Gelehrten,
die sich so turmhoch erhaben fühlten?
Oder von denen,
die ganze Landstriche als ihr alleiniges Eigentum ansahen?
(Ansehen konnten, weil sie diesen Anspruch mit Waffengewalt und Vasallen durchsetzten,
anschließend diesen "Titel" und die Macht weiter vererbten - Adel genannt.)

Auf jeden Fall waren wir als Wanderer mehr als nur unangenehm berührt,
wenn unser Weg an einer besseren Gebetsstätte oder klerikalem Besitz oder an Burgen
und Schlössern vorbei führte:
Alle Wände und Mauern sprachen vom Druck
und von der Erpressung gegen und an der Bevölkerung, welche den Zinnober bezahlen "durfte".
Zwangsabgaben sind nicht freiwillig.
Nur wirklich dumme Leute glauben an die Herren,
egal ob an weltliche oder glaubensgeschulte.
Je mehr ich gelesen habe, um so tiefer wird die Abneigung!
Man hat entweder Kinder, um Burgen und Schlösser zu besuchen oder eine besondere Art
von Freude an Gruselkabinetten oder Horrorfilmen..

Bischofskonferenz- stützt-Waffenlieferungen-an-Kurden.html
Die Bischofskonferenz ist für Waffenlieferungen an Kurden!
Oh ihr Pharisäer und Philister ..

34.
Die Straßen müssen noch vor nicht allzulanger Zeit wie ein Heerlager ausgesehen haben,
ein buntes Treiben, mit Wagenreihen von Wirtschaft zu Wirtschaft,
die Bier oder Eis gebracht haben.
Eilposten, reitende Staffetten, Kaufleute hoch zu Roß, Spielleute und allerlei fahrendes Volk.
Gegen Wegelagerer schlossen sich gerne die Wagen zu Pulks zusammen.
Nach Berichten noch aus dem 18.Jhd. waren die Wege in sehr üblem Zustand.
Ein guter Fuhrmann dachte bei der Rast zuerst an seine Tiere, dann erst an sich.
Ein Stück Landstraßenpoesie ist mit ihm gegangen, er war Übermittler
von Neuigkeiten und Briefen - bis die Kutschen von der Bahn abgelöst wurden,
dann kam die Zeit, daß die Bahn wieder von neuen Kutschen vertrieben wurde - von LKW's,
die zu Abertausenden die Autobahnen verstopfen, weil die Bahn nicht so praktisch ist.
(Nach wie vor sind die Fabriken und die Abnehmer dort angesiedelt, wo keine Bahn hinfährt.)
Manfred Hausmann schreibt:
"Im Jahre 1904 wurde ich angehalten, zur Schule zu gehen.
Wir wohnten damals in der Mönchebergstraße.
Und so trottete ich Morgen für Morgen mit dem fellbezogenen Ranzen auf dem Rücken
qür durch das alte Kassel oder Cassel, wie es sich noch schrieb,
nach der rund zweieinhalb Kilometer entfernten Henkelschen Vorschule am Weinberg.
Der Griffelkasten klapperte gegen die Schiefertafel,
und der Schwamm baumelte seitlich an einem Bindfaden.
Vielleicht begegnete ich schon in der Mönchebergstraße einem Sprengwagen.
Er bestand aus einem großen Tank, der an seinem hinteren Ende drei siebartige Wasserauslässe hatte.
Der mittlere sandte einen Strahlenfächer nach unten, der rechte und linke
je einen Bogen nach den Seiten.
Damit sollte der Strassenstaub an heißen Sommertagen niedergeschlagen werden,
was natürlich eine Illusion war. Kam dem Sprengwagen ein Fuhrwerk entgegen
oder überholte er ein haltendes, dann stellte der Lenker das Gespritze
an der betreffenden Seite während der kurzen Zeit des Vorbeifahrens ab,
sodaß Pferd und Wagen trocken blieben. Voller Spannung wartete ich jedesmal darauf,
daß der Abstellhebel zu spät betätigt würde.
Dann stiegen die besprengten Pferde vor Schrecken vorn hoch, und es gab ein herzhaftes Geschimpfe.
Ich lernte bei dieser Gelegenheit urtümliche Redewendungen kennen,
die mir bei der nächsten Auseinandersetzung auf dem Schulhof
die Bewunderung meiner Freunde eintrugen.
Ehe ich in die Moritzstraße abbog, lief ich schnell noch durch einen der seitlichen Wasserstrahlen
und erschauerte an meinen nackten Beiden vor Kälte
und in meinem Herzen vor Lust am verbotenen Tun."

"In der Henschelstraße spitzte ich die Ohren, um festzustellen,
ob nicht das langsame Bim-bim-bim ertönte, das anzeigte,
daß sich eine neue Lokomotive des Henschelwerkes auf dem Gleis von der Fabrik
durch die Wolfhagerstraße zum Unterstadtbahnhof bewegte.
War das der Fall, rannte ich, was ich konnte, um das von schwarzem Lack,
mit abgesetztem Linienwerk und messingnen Armaturen
glänzenden Ungetüms ansichtig zu werden.
Ein verwirrender und eigentlich gegen die bürgerliche Ordnung verstoßender Vorgang,
diese Fahrt einer Lokomotive durch eine von Häusern
eingerahmte und von Menschen begangende Straße.
Zur Vorsicht schritt dann auch ein Mann mit einer roten Signalfahne,
die er unentwegt schwenkte, vor der Lokomotive her.
Es erschien mir als das Glück des Glücks, ja als das höchste aller irdischen Ziele,
im Führerhaus einer so gewaltigen und geheimnisvollen Maschine stehen
und an ihren Hebeln hantieren zu dürfen.
Der Beruf eines Lokomotivführers kam für mich gleich nach dem des Kaisers,
wenn er ihn nicht an Abenteuerlichkeit und Phantastik noch übertraf.
Aber es bestand nicht die geringste Aussicht, daß ich mit meinen schwachen Kräften
jemals eine so erhabene Stellung erreichen würde.
Dennoch lebte durch Jahre hindurch eine zarte, wenn auch tief verborgene Hoffnung in mir,
durch irgendein Wunder könne das Unmögliche denoch möglich werden.
Später waren es andere, ebenso unerreichbare Ziele, von denen ich träumte.
Aber der heimliche Glaube an das Wunder blieb der gleiche.."

"..es waren weniger die schnitzverzierten Fachwerkhäuser, die mich dazu bestimmten,
als der winzige Spielwarenladen von Ludovici in der Müllergasse.
Das Schaufenster oder besser das Schaufensterchen erregte höchstes Entzücken.
Was für Schätze gab es da aber auch zu bestaunen!
Zum Beispiel die tönende Nachtigall, deren Schwanz in ein Mundstück auslief.
Füllte man sie mit Wasser und blies hinein, dann ließ sie ein lullendes Schluchzen vernehmen,
das mir zu Herzen ging. Oder die kleinen an Gummifäden aufgehängten Ungeheuer,
die man zu einem wunderbar weichen Auf- und Niederhüpfen bringen konnte.
Und dann die bemalten Zinnfiguren, Soldaten und vor allem, die in Reih und Glied standen,
aber auch Kirchen, Häuser, Postkutschen, Bäume und Menschen.
Nicht zu vergessen die verschiedenen Peitschen, die zum Antreiben
und ebenfalls vorhandenen Dullerdöppe dienten.
Die Krönung stellte ein bauchiger Brummkreisel dar,
den man vermittels eines aufgewickelten und schnell abgezogenen Bindfadens zum Wirbeln brachte,
woraufhin er eine summende Musik von sich gab.
Kein Gedanke, daß ich ein solches Wunderwerk jemals hätte erstehen können.
Sein Preis überstieg meine Finanzkraft, die sich in der Höhe eines Groschens bewegte,
um ein Beträchtliches. Aber vielleicht kam der silberne Hahn in Frage, der,
wenn man den Atem in ihn einein hauchte, mit blecherner Stimme Kökörökööö sagte..
Da galt es, gut und lange mit sich zu Rate zu gehen,
auf welche Weise das Kapital anzulegen sei.
Es konnte sogar vorkommen, daß ich darüber verabsäumte,
rechtzeitig in der Schule einzutreffen, und mir deshalb einen Tadel zuzog,
was meine Mutter übel vermerkte, während mein Vater sich an die Nase faßte
und 'naja' sagte. Am Ende der Obersten Gasse versäumte ich nie,
zu der kleinen Statue der Heiligen Elisabeth oben in der Wandnische des nach ihr benannten Hospitals
die übliche Frage *E-li-sa-beth, was machst du da?' hinaufzurufen.
Sie hat mich jedoch kein einziges Mal einer Antwort gewürdigt.
Wenn mein Vater dabei war, der mich hin und wieder begleitete,
verschwor er zu Kopf und Kragen, sie haben 'nichts' gesagt.
Das war, wie ich später bemerkte, ein listiger Schwur.
Denn er verstand das 'Nichts' ohne, ich jedoch mit Anführungsstrichen."

***

Der Bierpreis auf dem Oktoberfest 2022 beträgt zwischen 12,60 Euro und 13,80 Euro
https://www.oktobe rfest.bayern/essen-trinken/wiesn-bierpreise-seit-1810-fotostrecke-oktoberfestlive-853086.html

Der Preis für Getreide von 2020 auf 2021 um 34,4 Prozent gestiegen
40 Pfennig für ein Brot , steigende Brotpreise 2022: Bald schon 10 Euro für einen Laib?
Und warum ist das so? Nun, weil die EU Afrika -gratis- mit ernährt.. dort geht das Getreide hin, deshalb wird es knapp.
Vor dem Ukrainekrieg ging das Getreide von dort nach Afrika, Europa zahlte..

***

Selmar Spier vermerkte zu seiner Zeit:
"Der Unheilsprophet Karl Marx hatte zwar schon 1873, zwei Jahre
nach dem Sieg Preußens über Frankreich, verkündet, die allgemeine Krise sei im Anmarsch
und werde selbst den Glückspilzen des neuen heiligen
preußisch-deutschen-Reichs Dialektik einpauken.
Aber die allgemeine Krise kam nicht.

(Welche "Dialektik" das war, wissen wir heute nur zu genau:
Gender, Linkssprech und DDR, "auf Linie bringen" etc.)

Die deutsche Volkswirtschaft warf in den Jahren nach 1870
zwei bis zweieinhalb Milliarden Mark jährlicher Ersparnisse ab,
der Umsatz der Deutschen Reichsbank war um 1900 auf 189 Milliarden gestiegen,
der Bodenwert der deutschen Groß-Städte von eineinhalb auf neueinhalb Milliarden.
Es gab Rückschläge, ausgehend von einer Absatzkrise der amerikanischen Stahlindustrie
oder von Schwierigkeiten in Rußland. Aber sie wurden schnell überwunden
und um 1905 hielt der oben erwähnte Historiker es für möglich, daß Deutschland
von seinen historisch aufgesummten Kapitalien ersticken könne..
(wogegen er die Expansion nach Übersee empfahl)"

(Es kam anders, wie fast immer.. alles ging buchstäblich in die Hosen, was von oben an Einschätzungen kam..)

Frankfurt: "Pferde waren überall zu sehen, mächtige Stangenpferde vor
den Wagen der Bierbrauer und Kohlenhändler, flinke wohldressierte Tiere
vor den eleganten Privatwagen, Mähren vor den dem öffentlichen
Gebrauch dienenden Droschken. Es gab öffentliche Tränkstellen, Strassenkehrer
sammelten den Pferdemist in große, auf den Verkehrsstraßen stehende Kästen.
Die Hauptstraßen der Innenstadt waren mit Holz gepflastert - zur Schonung der Pferde,
zur Bequemlichkeit der Herrschaften.
Mit dumpfem Ton klopften die Hufe auf den Boden, während der Wagen leicht über das Parkett rollte.
Um die städtischen Anlagen herum führte ein Reitweg, der noch lange bestand,
als längst kein Reiter mehr zu sehen war.
Vor dem Opernhaus rief nach der Abendvorstellung ein bedresster Portier die wartenden Equipagen
mit dem Namen der Familien auf, denen sie gehörten:
Bethmann, Passavant, Koch usw. Das Pferderennen in Niederrad war
ein großes gesellschaftliches Ereignis.
Der kleine Mittelstand fuhr im Mietwagen über die Forsthausstraße, um etwas von der eleganten Welt zu sehen,
wenn man sich in langem Zuge sich in die Stadt zurückbegab.
Ich weiß noch, welch brüllende Heiterheit ich weckte, als ich mich in einer kleinen Stadt
Oberhessens erkundigte, ob das Pferd, mit dem der Onkel über Land zu fahren pflegte, ein Luxuspferd sei.
Ich hatte gerade lesen gelernt, und in der oberen Grüne Straße waren Stallungen,
an denen vermerkt stand, dass dort Luxuspferde gehalten würden..
Steinkohle, das Futter für die Öfen, insbesondere für den großen Kohlenherd,
der als technisches Zentrum der Küche in jedem Privathaus stand,
lag überall in kleinen Stücken herum und erregte die Neugier der Kinder
durch die Regenbogenfarben, die auf manchen Exemplaren zu sehen waren.
(Anmerkung von mir: Naturkohle oder Anthrazitkohle- wurde gebrochen, die spätere Eierkohle war schon nicht mehr vergleichbar-
dann kam Braunkohlestaub zur Verpressung, ein minderwertiges Produkt stinkte geben den Himmel)
Die Schornsteinfeger, rußgeschwärzt, mit Seil, Leiter und Zylinder,
war der alltägliche Kinderschreck.
Überall rauchten die Schlote, jeder Maschinenantrieb kam von einem Dampflokomobil.
Mitten in Wohnvierteln stand dampfend und mit Ruß aushauchend die Vorortbahn
nach Isenburg oder Eschersheim - letztere im Volksmund 'die Knochemühl' genannt.
Morgens und abends liefen die Laternenanzünder mit langen Stangen, um die Gaslichter
auf den Gusseisernen Laternenpfählen zu bedienen.
Ruß lag auf den Dächern und den Fensterbänken, er färbte die Hauswände
und den Mainsandstein des Doms und der Alten Brücke, und es war tröstlich,
aus Gesprächen der Erwachsenen zu vernehmen, daß Frankfurt
eine verhältnismäßig wenig mit Ruß belastete Stadt sei,
im Verhältnis zur Stadt Essen im Ruhrgebiet, beispielsweise oder zu Paris..
Es gab keinen Sport als Massenbetrieb und Volksbelustigung.
Wohlgekleidete Leute spielten Ball auf Tennisplätzen, Schwimmen konnte man im Hallenschwimmbad.
Männer und Frauen in getrennten Hallen mit verschiedenen Eingängen.
Baden im Main in kleinen auf dem Wasser erbauten Kabinen.
Den Feldberg erstieg man selten, aber dann in schwerer Lodenkleidung.
Der einzige volkstümliche Sportbetrieb, bei dem alles sich mischte
und nur die Eintrittspreise gewisse gesellschaftliche Unterschiede aufrecht erhielten,
war im Winter der Eislauf. Tauwetter war trübselig, Frost war begeisternd -
erst später kamen Rodelschlitten und Skier auf, die auch den Schneefall wichtig machten.
Die Kleidung war allerdings ein Problem, wenn auch nicht so sehr für die Kinder.
Aber Frauen auf Fahrrädern z.B. - korsettgepanzert und in dichten knöchellangen Hüllen
- waren unmöglich, die Versuche einer sogenannten Reformkleidung fürchterlich,
das ganze Unternehmen, die den Stand bedeutende, den gesellschaftlichen Rang
darstellende äußere Erscheinung ohne Aufgabe
des Prinzips dem Maschinenzeitalter anzupassen, aussichtslos.
ich weiß nicht mehr, wann der große Sprung erfolgte, und es nur noch eine Mode
gab für alle Stände, wahrscheinlich am Ende des ersten Großen Krieges,
the Kaiser's war, wie er in England hieß, als es keinen Kaiser mehr gab
und mit ihm vieles abgeschafft wurde, das älteren Ordnungen entstammte.
Einstweilen aber - um 1900 - gab es noch genug gesellschaftliche Unterschiede,
die nicht allein auf dem Geldbesitz beruhten.
Es gab zwar Gleichheit vor dem Gesetz und im Reich (wenn auch nicht in Preußen)
allgemeines gleiches Wahlrecht zum Parlament und Presse- und Gewerbefreiheit,
aber sonst war alles noch lebendig, was 1900 Jahre Christentum
und 250 Kleinstaaterei an Gegensätzen, Klassen, Abneigungen,
vorgefassten Meinungen hervorgebracht hatten.
Da gab es zunächst einmal, auch nach dem großen Aufräumen während
des fast abgelaufenen Jahrhunderts, noch mehr als zwanzig fürstliche Residenzen
in Deutschland mit Hofadel und Hofbeamten und Hoflieferanten,
mit Hofkirche und Hoftheater und Bildergalerien,
und dazu eine große Zahl ehemals souveräner Häuser.
Es gab - im Osten besonders- den kleinadligen Grundbesitz, es gab den hohen
katholischen Klerus und die etwas weniger hohe (weil vom Staat abhängige)
protestantische Gleistlichkeit, es gab überall das Militär,
die Offiziere in blauen und grünen Uniformen, behängt mit allerlei -
im Ernstfall unbrauchbarem - historischem Kriegsschmuck.
Es gab das Bürgertum, alten und neuen Reichtum,
es gab die höchst standesbewußten gelehrten Berufe
(kein Mensch sprach damals vom geistigen Arbeiter oder "Geistesarbeiter").
Es gab Beamte aller Stufen und alle übten Autorität aus,
beruhend auf Rang oder Amt oder Abkunft.."
Weiter:
"Das also, unvollkommen beschrieben, waren die allgemeinen Zustände,
in die ich hineingeboren und die als gegeben anzunehmen ich angehalten wurde.
Diese Welt war keineswegs demokratisch eingerichet, sie lebte auch keinen Wert darauf,
es zu sein. Sie bot gleiches Recht für alle und die gleiche Chance
im wirtschaftlichen Emporkommen, aber die gesellschaftlichen Unterschiede von Stand und Rang
wurden 'unten' anerkannt, solange sie 'oben' nicht mißbraucht wurden,
um den Emporkömmlingen Konkurrenz zu machen. Die Emporkömmlinge wiederum,
die homines novi, konnten innerhalb der Rechtsgleichheit
den gesellschaftlichen Stand wechseln, indem ein Fürst sie 'in den Adelsstand erhob'.
Die meisten deutschen Juden empfanden eine tiefe Befriedigung, als z.B.
der Berliner Kommerzienrat Friedländer-Fuld um das Jahr 1900 herum
das Recht erhielt, das Wörtchen 'von' vor seinen Namen zu setzen.
Die Mehrheit der städtischen Bevölkerung, vom Kaiser bis zum Kaminkehrer,
glaubten an den Fortschritt, worunter man den Weg zum Wohlstand durch die Entwicklung
der Technik und des Verkehrs, des Weltverkehrs inbesondere, begriff.
Der Fortschritt war der Inhalt der Weltgeschichte; zögernd zuerst, dann immer schneller,
führte er die Europäer aus den dunklen Zeiten von Altertum und Mittelalter
zur elektrisch beleuchteten Religions- und Wirtschaftsfreiheit.
Ward er durch unverständige Regierungen gehemmt, so half er sich durch Revolutionen.
Was für die Geschichte galt, galt in gleicher Weise für jedes einzelne Menschenleben.
Jeder einzelne hatte die Aufgabe, innerhalb der ihm zugemessenen Spanne
Zeit den Fortschritt für sich selbst und seine Nachkommen zu verwirklichen.
'Wie werde ich reich und glücklich'
(die Einander-Gleichsetzung ist bezeichnend)
und ähnliche Schriften waren gewissermaßen die Traktätchen-Literatur der Zeit.
Und die Mehrheit des Volkes glaubte an die Bildung, an ihren Nutzen und Eigenwert.
Die Masse, wie man sie heute kennt, als das in die Permanenz organisierte Instrument der Macht,
war noch nicht erfunden.."
Soweit diese, über eine pure Milieu hinaus gehende Betrachtung des Selmar Spier,
die mir diese Mühe wert war. So etwas liest man selten.

***

Mir fällt persönlich immer wieder der Sprachduktus aus der zündenden Masse auf,
die -ob bewußt oder unbewußt oder aus einem Standesdünkel heraus getan,
stets für "diplomatischen" Zwist und für Mißverständnisse sorgte.
Wären diese Wortakrobaten dazu gebracht worden, ihre Worte sorgfältiger und vor allen Dingen allgemein verständlicher zu wählen,
wäre mancher Konflikt vermieden worden, da bin ich mir sicher:

"Bitte stellen sie sich darauf ein, daß die Gaspreise weiter steigen können" (Sept. 2022) Auf die 2fache Gas-Umlage des Staates kommt die volle MWSt, weil die Reduzierung der MWSt - Last noch nicht durch das Parlament gekommen sei.. soso. von 8,22 auf 11,98 Cent für die Kilowattstunde Gas sei zu begleichen. Somit wäre die tatsächliche Erhöhung von 45,74 % !

***

35.
Der Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein schreibt 1914:
"Wir waren in Wolfsgarten, als der Mobilmachungsbefehl erschien
und siedelten sofort nach dem Schloß in Darmstadt über.
Es war eine furchtbare Zeit der Aufregung und dabei eine Begeisterung
unter der Menschheit, von der man sich keinen Begriff machte.
Den ganzen Tag und die ganze Nacht hindurch sangen die Menschen aus vollem Halse
vaterländische Lieder. Bei der Kriegserklärung war die Begeisterung
einfach frenetisch. Von unsrem Schlafzimmer aus konnte man das Singen
aus der ganzen Altstadt hören. Es war ein unbeschreibliches Gefühl,
diese singenden jungen Männerstimmen durch die Nacht zu hören und dabei zu wissen,
sie ziehen ja alle in den Tod. Es war oft kaum auszuhalten.
(Mir kommt das wie diese seltsamen "Schlachtenrufe" beim Fußball vor!)
Selbstverständlich gab es auch viele Auswüchse, so z.B. die Suche nach russischen Spionen.
Wir hatten viele russische Studenten in Darmstadt gehabt,
die schon früher entweder zurückgerufen oder abberufen worden waren.
Nun ging die Jagd plötzlich los:
Jeder Einwohner fühlte sich verpflichtet, zu suchen, so gab es unangenehme
und komische Szenen. So werden einmal zwei katholische Barmherzige Schwestern
auf der Rheinstrasse festgehalten, und man zog ihnen die Kleider hoch,
weil man glaubte, daß die eine zu große Füße für eine Frau hätte.
Diese Armen müssen eine furchtbare Angst ausgestanden haben.
Für mich war es ja besonders hart, von nun an ganz von meinen Geschwistern
und nächsten Verwandten (in Rußland und England) auf unbestimmte Zeit
abgeschnitten zu sein. Das wurde auch noch schwerer, als die schlimmen Botschaften
aus Rußland allmählich durchsickerten und man nicht wußte,
ob ihnen überhaupt Glauben zu schenken sei oder nicht.
Jetzt kamen die härtesten Zeiten für uns, das Abschiednehmen von allen Regimentern.
Wir fuhren kreuz und quer durch das ganze Land, oft auf den Straßen angehalten,
denn es war eine allgemeine hysterische Suche nach sogen. russ. Autos im Gange,
die Gold aus Frankreich nach Rußland durch Deutschland befördern sollten.
Ich habe nie erfahren können, ob etwas an der ganzen Sache war gewesen ist.
Überall in den Standorten der Regimenter war die Begeisterung eine erhebende,
wenn auch dabei viel geweint wurde.
Außer all den Bekannten in den Regimentern sah man viele neu eingereihte Gesichter
von nahen und guten Bekannten, auch Söhne von Freunden, frühere Diener etc.
und alle wollten einen sprechen, wenn es möglich war.
Zuerst marschierten unsere beiden Dragoner-Regimenter aus.
Da hörten wir zum ersten Mal das alte 'Muß i denn' und es schnürte uns den Hals
und das Herz zusammen, als die Regimenter bei diesem Lied,
als sie ihre Standarten im Schloß abgeholt hatten, aus dem Schloß
die Rheinstraße hinunter nach dem Bahnhof marschierten.
Beim Einladen waren wir natürlich auch dort wie beim Einladen aller in Darmstadt
garnisonierten Regimenter. Noch ein besonders schwerer Moment war, als wir mit den
Kindern Abschied vom lieben alten Leibgarde-Regiment nahmen.
Es hatte im Herrngarten Aufstellung genommen und marschierte dann von dort ab.
Ich rückte erst später ins Feld, nachdem schon alle Truppen fort waren.
Die Zeit an der Front war oft nicht leicht, da ich dem Korps-Kommando zugeteilt war
und eigentlich nur als Zuschauer geduldet wurde.
Wo immer es anging, bin ich bei meinen Truppen gewesen, oft bei Angriffen und Gefechten
oder wenn die Verwundeten zurückbefördert wurden.
Dabei bleiben mir ihre Augen unvergesslich, denn wenn man mit ihnen sprach,
schienen sie einen kaum zu sehen, denn ihre Augen hatten den Tod gesehen,
und ihre Seelen hatten das Fürchterliche durchlebt,
so daß man sich ihnen gegenüber ganz klein fühlte.
Ich ging auch in alle Lazarette, um, wenn möglich, moralisch mitzuhelfen.
Die Freude der Leute, wenn sie mich erkannten, war oft rührend,
da man doch fühlte, daß man für etwas von Nutzen hat sein können.
Ich bin immer nur in der Nähe der Truppen geblieben, nicht wie die meisten Fürsten,
welche die Gelegenheit benutzten, überall hinzufahren,
um sich gegenseitig Besuche zu machen oder Städte anzusehen,
dazu war man doch nicht da.
Ich fuhr weiter hinaus nur, wenn ein hessischer Truppenteil weiter ab
eingesetzt worden war, oder das eine Mal nach Brügge, um an der Meeresfront
hessische Matrosen zu sehen und die Tapferkeitsmedaille zu verteilen.
Nach dem Sommer 1915 bin ich viel zu Hause gewesen, denn ich fühlte,
wie äußerst nötig es war, daß die Heimat, welche so hart,
ohne Dank arbeiten mußte, so viel wie möglich moralisch hochzuhalten war
und daß die Regierung doch noch fest mit ihr verankert bleiben mußte.
Es wurde einem oft schwer gemacht, weil alte pensionierte Generäle
zu stellvertretenden Korps-Kommandeuren mit besonderer Vollmacht eingesetzt worden waren.
Nun kamen übereilte Befehle von Berlin, welche sie als streng zu befolgen weitergaben,
so der Befehl von Gall, dass die ganze Kirschenernte zu sammeln wäre
und sofort nach Frankfurt zu schicken sei. Die Menschen waren ganz außer sich,
weil schon so wenig Obst da war, und sie schimpften gegen die Regierung,
die doch nur den Befehl auszuführen hatte.
Nach ungefähr einer Woche kam wieder der Befehl, wir sollten die Kirschen wieder abholen,
man gebrauche sie nicht.
Natürlich waren beinahe alle nicht mehr zu gebrauchen.
Mama (Großherzogin Eleonore) sah die Notwendigkeit ein, ein Lazarettauto für
unser Korps zu beschaffen. Sie ging selbst zu Gall, der es rundweg abschlug.
Nun arbeitete sie mit Frau Passavent, bis sie genug Geld in Frankfurt
und Darmstadt gesammelt hatte. Nachdem alles nun fertig war, ließ Gall das Auto nicht fort.
Mama teilte mir alles mit, und ich mußte mich direkt an den Kaiser wenden,
der mir sofort die Erlaubnis zur Abschickung gewährte.
Das Lazarett-Auto tat so gute Dienste, daß die Nachbar-Korps es auch benutzen wollten.
Ich erlaubte es aber nicht, denn es war ja nur von Angehörigen unseres Korps angeschafft worden.
Später kamen ja noch mehrere für unsere Armee.
Nie vergesse ich die jeweilige Weihnachtszeit, wo wir in allen Lazaretten
abwechselnd die Bescherungen mitmachten. Die Leute waren natürlich immer
besonders weich gestimmt, und es war so schwer, den Schwerverletzten
Hoffnung auf ihre Besserung einzuflößen.
So arbeiteten wir beide an der Front und zuhause,
so viel als es in unseren Kräften stand an der Menschheit,
ihren moralischen Mut hochzuhalten.
Euere Mutter war während der ganzen Kriegszeit so wunderbar,
wie nur die deutsche Fau mit dem großen Herzen es sein kann.
Nie hat sie sich einen Augenblick erlaubt, müde zu sein.
Man muß sich vergegenwärtigen, wo viele Fäden in ihren Händen zusammenliefen,
denn wenn ich an der Front war, führte sie auch noch die Regierung,
und beinahe jeden Tag gab es zu allen anderen Fragen etwas ganz Neues,
das ausgearbeitet, neu eingereiht werden mußte.
Ihr Beispiel war die große Hilfe fuer unsere arbeitenden Frauen.
Unter den Menschen, die ich draußen an der Front kennen lernte,
hat mir General von Kühne den tiefsten Eindruck gemacht.
Er hatte die hessische Division, so daß ich ihn oft sehen konnte.
Er ist ein Mann mit einem ganz großen Herzen, der für seine Truppen wirkliche Liebe hatte.
Wo es ihm nur möglich war, sorgte er für alle auf das rührendste,
bis zu dem einzelnden Manne ging seine Sorge.
Dabei war er ein sehr guter Soldat, der die Division ganz vorzüglich führte.."

***

Diesen Bericht mußte ich ganz einfach nennen, damit nicht der Eindruck entsteht,
ich hacke am liebsten auf dem Adel herum.

Zum Hurra-Patriotismus muß ich sagen, daß dieser Zustand mir vorkommt, wie damals bei dem gewonnenen Fußball-Europaspiel. ***

Philip Scheidemann meint 1865-1905 aus seiner Jugend:
"Die Arbeitszeit, damals nicht einmal für jugendliche Arbeiter geregelt,
betrug täglich mindestens zwölf bis 13 Stunden. Sonnabends, namentlich in den Wintermonaten,
bis zu 15 und mehr Stunden. Ich erinnere mich, daß wir vor Weihnachten
von früh 6 Uhr bis nach Mitternacht haben arbeiten müssen.
Diese Arbeit bestand zu erheblichen Teilen aus Handleistungen, die mit der Schriftsetzerei
absolut nichts zu tun hatten, so vor allem im Falzen von Zeitungen und Einlegen der Beilagen,
Falzapparate und Rotationsmaschinen kannte man in jener Zeit in Kassel
nur aus märchenhaft klingenden Berichten.
Als Entlohnung gab es im ersten Lehrjahre wöchentlich zwei Mark,
dann von Jahr zu Jahr fünfzig Pfennige Zulage pro Woche,
so daß im vierten Lehrjahre wöchentlich 3,50 Mark bezahlt wurden.
Für die zahllosen Überstunden im Laufe eines Jahres gab es eine 'Weihnachtsgratifikation'
im Betrage von 5 Mark.
Ich mache diese Angaben nicht, um die Firma, bei der ich in die schwarze Kunst
eingeführt wurde, herabzusetzen. Die Verhältnisse waren damals in nahezu
allen Betrieben gleich trostlos. Ich erwähne diese Zustände, um besonders
die juügeren Leser daran zu erinnern, was in jahrzehntelangen zähen Kämpfen von den
gewerkschaftlichen und sozialdemokratischen Arbeiterorganisationen schwer genug errungen werden mußte.."
Weiter:
"Ich sah den russischen Wahnsinn vor mir, die Ablösung der zaristischen
Schreckensherrschaft durch die bolschewistische. Nein, nein!
Nur nicht auch das noch in Deutschland nach all dem anderen Elend..!
Furchtbar waren die vier Kriegsjahre. Grauenhaft waren die Opfer,
die das Volk an Gut und Blut hat bringen müssen.
Der unglückselige Krieg ist 1918 zu Ende. Das Morden ist vorbei.
Die Folgen des Krieges, Not und Elend, werden noch viele Jahre lang auf uns lasten.
Die Niederlage, die wir unter allen Umständen verhüten wollten, ist uns nicht erspart geblieben,
weil unsere Verständigungsvorschläge sabotiert wurden,
wir selbst wurden verhöhnt und verleumdet.
Die Feinde des werktätigen Volkes, die wirklichen 'inneren Feinde'
die Deutschlands Zusammenbruch verschuldet haben, sind still und unsichtbar geworden.."

(Genau das befürchte ich für die Zukunft unserer Nachkommen,
daß die Verursacher von Leid und Not heimlich verduften und
nicht mehr greifbar sein werden, weil noch nie ein Politiker oder Diplomat oder anderer Machtmensch persönlich haftbar gemacht worden ist.
2018- noch ist alles bezahlbar, alle Zuwanderer, die zu Abermillionen eingesickert oder angelockt wurden-
2021 wird die Inflation schon (offiziell) über 4%- inoffiziell eher 10%. Das kann man nur kompensieren, indem an Reisen, Auto und beim Einkauf gespart wird. Das Internet hilft freundlicherweise. Die "Lobbyisten" freuen sich über jede Kriegsbeteiligung und sahnen dabei ab, indem sie in Brüssel jedes Gesetz für sich formen lassen.. das Jahr 2022 gibt mir recht.)

Weiter:
"Arbeiter und Soldaten! Seid euch der geschichtlichen Bedeutung dieses Tages bewußt.
Unerhörtes ist geschehen. Große und unübersehrbare Arbeit steht uns bevor.
Alles für das Volk, alles durch das Volk! Nichts darf geschehen, was der Arbeiterbewegung
zur Unehre gereicht. Seid einig, treu und pflichtbewußt!
Das Alte und Morsche, die Monarchie ist zusammengebrochen.
Es lebe das Neue! Es lebe die Deutsche Republik!"
Schier endloser Jubel ertönte. Dann setzten sich die Massen in Bewegung nach dem Schloß.
Die bolschewistische Welle, die an diesem Tage unser Vaterland bedrohte,
war gebrochen!
Die Deutsche Republik war in den Köpfen und Herzen der Massen lebendig geworden.!
"Der dreiste Versuch, die Republik mit einem Schlag über den Haufen zu rennen,
war den kaiserlichen Offizieren und ihren zivilen Helfershelfern mißglückt.
Die Reaktion begann nunmehr mit einer neuen Methode:
Sie wollten die bekannteren Republikaner und mit ihnen die Republik selbst kompromittieren.
Bereits begonnene Verleumdungskampagnen wurden in verschärfter Form fortgesetzt,
neue Kampagnen wurden eingeleitet. "

***

Kunz von Kauffungen schrieb:
"Bei uns herrschten noch die alten, ererbten Anschauungen vor;
man war zu stolz, um sich etwas schenken zu lassen. Wie oft habe ich mich später über diesen Stolz
hinwegsetzen müssen, um nicht in den Jahren, als die nazistischen Gewitterwolken Deutschland
verdunkelten, vom Blitz erschlagen zu werden.."

***

Ernst von Salomon 1920/21:
" Dann hatte ichs mit der Religion. 'Die Erneuerung' sagte ich zu Heinz,
muss mit religiöser Inbrunst verbunden sein. Sind wir, fragte ich ihn, etwa religiös?
Keine Ahnung davon! Und doch, sagte ich ihm ernst, was uns treibt, ist religiösen Ursprungs.
Suchende sind wir, noch nicht Gläubige.
Wir müssen, beteuerte ich, Gläubige werden!
Und ich besuchte die Kirchen, evangelische und katholische- aus der Synagoge wurde ich ausgewiesen.
Ich ließ mich gefangennehmen von der volltönigen Begeisterung des Predigers der Paulskirche,
spürte die Schauer des göttlichen Geheimnisses im Hochamt des Domes,
rief mit blonden Jungen im Taunus die Sonne an, debattierte mit Jugendbewegten
aller Bekenntnisse, landete bei Nietzsche, verzweifelte und berauschte mich und erkläre,
wir müssten über Nietzsche hinaus. Die Literatur!
Sagte ich zu Heinz, Wir wissen ja gar nicht, aus welchen geistigen Quellen sich unser Handeln speist!
Wenn wir die Deutschheit erkennen wollen, beschwor ich ihn, müssen wir die Werke erobern,
in denen sie sich spiegelt."

(Das ist leider -bis heute noch nicht der Fall, weil zu viele Windeier herum blasen-
und "gläubig" zu werden, hat noch zu keiner Zeit auch nur ein Stück Fortschritt gebracht - so sind sie, die "geistigen Quellen"!)

****

36.
Joseph Dunner (Frankfurter Erfahrungen 1929-1932):
"In Italien siegte der Faschismus, weil sich beide Parteien der italienischen Arbeiterschaft,
Sozialdemokraten und Kommunisten, bis aufs Messer bekämpften.
Wer in diesem Saale wünscht, daß die Nazis siegen und dann wie die Schwarzhemden
Mussolinis die Führer der SPD und KPD - die Nazis machen da keinen Unterschied-
in die Gefängnisse werfen und womöglich zu Tode foltern, wer wünscht,
daß die deutschen Arbeiter ihre sozialen Errungenschaften verlieren und,
angetrieben von Streikbrechern der SA, Frondienste für die Herrn Thyssen
und Kirdorf leisten sollen, der ahme das Beispiel dieses Mannes nach."
Weiter:

"Statt mit der SPD gemeinsam gegen die Hakenkreuzler vorzugehen,
unterstützte die KPD im Sommer 1931 das Volksbegehren der NSDAP und des Stahlhelms
zur Auflösung des preußischen Landtags und damit zum Sturz der aus Sozialdemokraten,
Demokraten und Zentrumsvertretern bestehenden preußischen Regierung"


Geschichte bedarf hier keiner Bewertung, diese Aussagen sprechen für sich.
Im Jahr 2021 weiß kaum noch einer was man wählen kann - das geringste Übel oder wieder ein Mix gegen die (eigene) Bevölkerung mit der Gier nach Zuwanderung von Billigkräften? (Damit das Lohnniveau herabgedrückt werden kann um "Anschluss" an die europ. Pleitestaaten zu haben. Mehr ist da nicht hinter!)
Das Konglomerat aus Akademikern und Spekulanten und Parteigängern
war noch nie heilig, auch ohne Beteiligung des Klerus,
"links" halte ich gerade heute wieder für brandgefährlich und für undemokratisch - genau wie "rechts" oder "bibel" oder "Pseudo-Öko".

***

Hilde Craß (Sie können gehen, 1932-1945):
"1932, im Jahre vor der Machtergreifung durch Hitler saßen ein paar Florstädter
der SPD zusammen: Der Bürgermeister Anton Lux suchte zu beruhigen:
Eines steht jedenfalls fest, selbst wenn der Hitler Reichkanzler wird,
bleibe ich imer noch Bürgermeister von Nieder-Florstadt.
Denn bei uns hat die SPD eine starke Mehrheit und schließlich leben
wir in einem Rechtsstaat. Da kann man den Volkswillen nicht einfach übergehen!"
(oh doch, wie die EU- Gesetzgebung zeigt)
Er hatte sich schwer geirrt:
"Sechs Monate später war Anton Lux seines Amtes enthoben, seine Wohnung war zertrümmert
und er selbst in Schutzhaft genommen. So nannte man das, wenn jemand ins Gefängnis kam,
für den es keinen Anklagegrund gab. Der Rechtsstaat, dem Lux von Jugend an vertraute,
hatte aufgehört zu existieren."
(Das wird im "Bündnisfall" auch im Jahr 2021 wieder passieren können- selbst wenn andere Mitgliedsstaaten den Konflikt herbei geführt haben - 2022 nach dem russischen Überfall auf die Ukraine, die durch die Einflüsterung in die EU aufgenommen zu werden, eine ungeheuere Provokation des russ. Machthabers Putin war. )

Ich bin für eine eindeutige und unverwechselbare klare, verständliche und kurze Wortwahl bei Gesetzen und Verlautbarung - oder unbedingte Nachschulungspflicht für die Entsteller unserer Sprache. Jede absichtliche Zweideutigkeit gehört mit Gefängnis bestraft.


Weiter:
"Hitlers Wahlsieg am 30.Januar 1933 hatte zunächst in Nieder-Florstadt
keine wesentlichen Veränderungen mit sich gebracht.
Die neue Regierung war so klug, sich zurückzuhalten,
bis ihre Machtstellung durch die Wahl zum Reichstag am 5. März
und das Ermächtigungsgesetz gesichert war.
Damit hatte Hitler sich die Berechtigung geben lassen, ohne Befragen
irgendeines Gremiums Entscheidungen jeder Art in Deutschland allein
und aus eigener Machtvollkommenheit treffen zu können!"

(Die Ungeheuerlichkeit einer solchen Aussage scheint mir aus den obigen Zeilen kaum genug hervor zu stechen,
ähnlich finde ich den latenten "Lobbyismus", wenn er in Personalunion auftritt -
und so eine Fegmühle der Entscheidungsgewalten gegen die Menschen schafft... womöglich von großen Waschmittel- oder Waffenproduzenten)

Weiter von früher erzählt:
"Nur ganz wenige Einwohner waren während dieser Zeit aus der Kirche ausgetreten,
obwohl man damit noch damals seine politische Zuverlässigkeit hätte beweisen können.
Daß wohl auch eine Reihe von Bewohnern der NSDAP oder der SA beitraten,
geschah oft nicht aus Überzeugung, sondern hauptsächlich aus Sorge um Familie und Arbeitsplatz."
(So wie die Politiker in jede Partei gehen, Hauptsache sie kommen nach oben)
Noch:
"Nach dem Aufstand der Widerstandskämpfer vom 20.Juli1944 war Anton Lux erneut verhaftet
und ins KZ nach Dachau gebracht worden.
Er wurde erst kurz vor Kriegsende entlassen und hat selbst im März 1945 die Hakenkreuzfahnen
aus der Bürgermeisterei und aus dem Saal seiner Gastwirtschaft entfernt.
Er wurde nach dem Einmarsch der Amerikaner von ihnen im Panzerfahrzeug
zum Rathaus gebracht und feierlich wieder in sein Amt eingesetzt"

***
Ernst Kreuder (Inmitten der Niemandszeit 1945):
"Für eine alte Kodak-Box bekam ich einen länglichen Persilkarton voll Knaster,
abgetrocknet, Marke 'Scheuerbambel', Siedlerstolz oder schlicht Lungentod.
Feingehackt, in Blättchen aus Durchschlagpapier eingerollt,
ergab es krumpelige Zigaretten, Besen genannt. Hunger droht nicht mit Sprüchen,
er knurrt und schwächt.
Auf zigmal geflickten Schläuchen und mit Lappen aus alten Hemden,
unterlegten Reifen radelte meine Frau wieder einmal über Land, zu Irmgard,
an die zwei Stunden ins riednahe Frankenfeld. Die Freundin Milas, ledig,
betrieb dort ohne geringste Hilfe eine Kleinsiedelstelle. Irmgard half. Kartoffeln,
Zuckerrüben, Gemüse, Fallobst, ein oder zwei Eier, manchmal ein halbes Brot.
Höhepunkt der Lustbarkeit war eine Handvoll Ziegenquark.
Auf dem gakeligen Gepäckträger heimgestrampelt, bis zu anderthalb Zentner Fahrgewicht,
und tagelang wurde in der Küche dann Rübensaft hergestellt,
was konnte man nicht damit süßen!"

Ein großes, sachlich und modernes Haus, wurde 1952 eingerichtet,
50 Mitarbeiter aus 9 Nationen, beherbergte den Internationalen Suchdienst
des Roten Kreuzes in drei Etagen, mit Millionen von Akten und Namen und Schicksale von Menschen,
denen der Nationalsozialismus zum Schicksal wurde.

***
Justus Franz Wittkop notierte 1962:
"Aus unserer Zeit für unsere Zeit zu schaffen und dabei den Blick
für den höheren Wert der Erkenntnis, ja für den ewigen Wert der Wahrheit nicht
zu verlieren, ist unsere Aufgabe, unser Schicksal.
Das Beste von der Menschheitsgläubigkeit der Wissenschaft des 18. Jahrhunderts
und dem Fortschrittsfrohsinn des 19. Jahrhunderts über die Katastrophen der ersten Hälfte
unseres Jahrhunderts zu retten, sollten wir nicht vergessen.
Denn wir brauchen mehr als andere Epochen die Zuversicht, daß sich das Gute im Menschen
auch in unseren von Gefahren umwitterten Tagen durchsetzen werde."
(Georg August Zinn, erster Hessischer Ministerpräsident)

***

37.
Die Lektüre des Buches "Was ware gewesen, wenn?" Wendepunkte der Weltgeschichte
von Robert Cowley ist eine sehr interessante Lektüre, die viele Fragen aufwirft
und zum Nachdenken anhält. Aber: Das Rad der Geschichte kann man nicht zurückdrehen,
das durch die Zeit gerumpelt ist, über Stock und über Stein.
Viele reden gescheit daher und machen letztlich dumme Sachen, da hat der Schreiber recht.

Jeder Versuch mittels "Zeitreisen" in die Geschichte eingreifen zu wollen,
ist ein Paradox, ein Buch darüber eigentlich auch - weil immer eine gewisse
kulturelle Einseitigkeit bleibt, besonders von angelsächsischer Seite arg
ausgeprägt und verzerrt, verdisney't - beim Schreiber UND beim Leser.
Das fällt heute, wo viele Nation Geographics und ähnliche Sendungen anschauen,
schon bald nicht mehr auf.

Geschichte und Geschichten wechseln sich ab, wie die unterschiedlichsten Autoren und Zeiten..

Ein paar denkwürdige Aspekte und Splitter ergeben sich immer:
Im Teutoburger Wald überlistete Arminius mit röm. Insiderwissen
und einigen germanischen Stämmen das riesige römische Heer aus drei Legionen -
15.000 Soldaten mit Troß. Die Köpfe der "Opfer" sollen an die Bäume genagelt
worden sein.. danach zogen sich die Besatzer hinter den Limes zurück..

An anderer Stelle liest man, die Anführer seien von den Barbaren lebend
an die heiligen Eichen geschlagen worden..
(Die römischen Soldaten in Griechenland seien in "Raserei verfallen
und hätten alle Bewohner der Stadt abgeschlachtet".. berichtet die Geschichte an anderer Stelle)

Der Heerführer Augustus sprach vom "Furor (Raserei) Teutonicus",
"eine Horde abergläubischer zumeist betrunkener Barbaren von gleichbleibender Feindseeligkeit,
die Pferde und den Mond anbeteten, deren primitiver Kalender nicht die Tage,
sondern die Nächte zählte und die wie die Wölfe durch Nebel und Schnee streiften"
Nun, so betrunken können sie nicht gewesen sein, wenn sie 3 Legionen aufreiben konnten -
alles schiere Polemik, wie heute auch!
Was hatten die Occupanten in Germanien verloren?

Julius Cäsar versorgte die Barbaren mit Luxusgütern und gewöhnte sie an Niederlagen-
heißt es an anderer Stelle..

Es gibt genügend Belege für ähnliche Grausamkeiten von den Nachkommen der Römer
und Städtebombardements im 2.Wk, die gegen die unbewaffnete Zivilbevölkerung gerichtet waren.
Aber auch Arminius oder Hermann, wie er später genannt wurde,
war ein typischer Politiker, der mal auf dieser, mal auf jener Seite war.

Man kann Geschichte drehen wie man will, selbst wenn große Ereignisse nicht
in der bekannten Form stattgefunden hätten, wären sie auf einer
etwas geänderten Verlaufsebene am -vermutlich gleichen- Ziel gelandet
und das Resultat wäre genau da, wo wir es heute haben..

"Ungläubige", "Heiden", "Barbaren", "Gottlose" - das Vokabular
der Kriegsführung ist heute noch zu hören und zu lesen..

Beeindruckend deutlich wird immer wieder der Umstand der Uneinigkeit-
die das größte Einfallstor für Feinde war und.. noch immer ist.
Wobei man nicht mehr unbedingt sagen kann, es sind Armeen oder Truppen
oder auch Ideologien, wie der Kommunismus- sondern vielmehr Kapitalien,
Computerviren, Heuschrecken - Übernahmen, Infiltration von Glaubensrichtungen, seltsam willkürliche Gesetze - die ausgehöhlt und entstellt worden waren durch Lückensucher -
die schädlich werden können, wenn diese Dinge nicht vom Staat selbst klar
und deutlich getrennt werden.
Wie in der Ehe wird es nur dann wackelig, wenn man sich nicht einig ist !
Diese Lehre kann man aus den Geschichtsbüchern ziehen, die immer wieder
von zerstrittenen Kleinstaaten und durchmarschierenden Heeren und "Feldherren" berichten.

***

"EINIGKEIT UND RECHT UND FREIHEIT" stand auf den alten DM-Münzen,
diesen Satz sollte man wieder mehr in Ehren halten!

***

Der Ausdruck "Holocaust" und ähnliche Völkermorde, wie "Schlachten"
und "Feldzüge" sollen nie wieder geschehen, davor sei die Aufklärung
und Völkerverständigung gesetzt - dagegen ist das Erstarken von Religion,
mit dem immer wieder harte Trennungslinien manifestiert werden,
die den nächsten Krieg schon wieder hinter dem Rücken parat hält.
Es geht um Resourcen, Lufthoheit, Landnahme - damals wie heute,
ob bei Ideologen von Wirtschaft, Politik oder Religion - immer dasselbe.
Wir hier im Haus bekommen ständig Päckchen und Pakete geliefert, von Leuten der unterschiedlichsten Gegenden der Welt - und gibt es ein Problem? Nein. Das Problem sind unsere Studierten und deren Vorurteile - besonders die Einstellungen gegen uns Einheimische.

Hartnäckig hält sich der Glaube an Exorzismus und den Teufel-
was man im Zeitalter der Raumfahrt kaum für möglich halten sollte.
Die Menschen haben heute zwar durchweg einen hohen Bildungsstand,
scheinen aber immer dümmer zu werden: Willfähige Länder bekommen Waffen geliefert,
die diese niemals hätten herstellen können - ein gefährliches Spiel - wie man Kindern keine Streichhölzer geben sollte !

Die Seiten "Geschichtliches" könnten ihr Ende gefunden haben;
die Bücherei kann keine geeignete Lektüre mehr liefern - je studierter die Autoren,
um so unbrauchbarer erwiesen sich die Schriften, die sie der Nachwelt hinterließen.
(Wie die kleinen Leute, die "Gemeinen" lebten, dachten und fühlten, ist jenen fremd- damals und heute.)
Die Kleinen haben selbst kaum schriftliche Werke hinterlassen,
sie begnügten sich mit der Erstellung von Häusern, sie bebauten Land,
sorgten sich um die Lebensmittel, zogen Kinder groß- bangten vor Kriegen und Seuchen,
mußten sich vor der Willkür der "Großen" beugen, die mal von der Partei mal aus der Kirche kamen.


Die Autoren der Bücher sind schon lange tot, wenn aber nachfolgende Rechte
tangiert worden sein sollten, bitte ich um Abklärung per E-Mail,
damit die entsprechende Zeile aus meinen Seiten heraus genommen werden kann.
Ansonsten gelten die Angaben in meinem Impressum.

Die besondere Buchempfehlung:

***

Nun ist mein Lesematerial erst einmal aufgebraucht, bis auf eine Triologie von Strittmatter "Der Wundertäter":
Anspruchsvoll geschrieben, man muß bei diesem Schriftsteller den Kopf einschalten,
was ich gerne tue.. auf alle Fälle gegen die letzten beiden Bücher eine Wohltat!
(Es geht nicht um Kilometerfresserei, sondern um den Genuß und dieser ist bei diesem Autoren allemal gegeben,
auch wenn das Einlesen ein "Zeitchen" dauern mag.)
Ein Ausflug in die sprachliche Vergangenheit, in eine längst vergangene
Lebenswirklichkeit aus der Sicht der kleinen Leute.

Interessant ist hier die Darstellung der direkten Lebensumstände während des "3 .R eichs",
wie sich die Brut erhob und sich zum "Sprachrohr des Volkes" aufschwang -
wo jeder jeden denunzierte, wie später in der "D DR" in ählicher Weise, wie 2022 wieder gefordert von den Link-Grünen.
Hier kann man recht gut die Hintergründe durch einen wortgewandten Zeitzeugen erfahren.
Schon aus diesem Grunde ein lesenswertes Werk.

Und wenn ich schon dabei bin, ein lesenswertes Buch zu empfehlen, dann wäre das "Der Mann im Salz" von Ludwig Ganghofer aus dem Jahr 1919 - hier geht es auch um Aberglauben und um das seltsame "Volksverhetzen" durch Kleriker und Laien, die von diesen Glaubensleuten die Furcht vor Hexen und dem Teufel eingeimpft bekommen haben. Wie sich die Dynamik dabei entwickelt, wenn sich etwas ereignet, was unerklärlich scheint - dann liest man es hier, in diesem Roman.
(keine Bange, es ist nicht in Sütterlin geschrieben)

***



Ich kann mich noch daran erinnern, daß die alten Frauen in der Kirche
(evangelische Landeskirche Hessen) einen weißen Gebetsschleier
auf dem Kopf hatten oder einen schwarzen Witwenschleier.
Ich kann mich noch daran erinnern, daß in jedem Haus eine Familienbibel lag,
in der auch tatsächlich gelesen wurde und Einträge in den leeren Seiten
am Ende geschrieben wurden, wenn wichtige Ereignisse stattfanden.



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