plaetzchenwolf - 70. Schattenseite




"Die Opfer der Hexenprozesse" ist eine gefällige Umschreibung für religiös motivierte Morde an Unschuldigen.

Die Schattenseite 70






Wie wir alle wissen, haben die 2000 Jahre Christentum die Menschen nicht friedlicher werden lassen, die Botschaft ist irgendwie verraucht, denn noch immer werden Kriege und "Mandate" in fremden Ländern und Manöver und militärische Macht ausgeübt, noch immer herrschen Mord- und Totschlag und alle anderen Todsünden - wie eh und je, trotz aller guten und engmaschigen Gesetze. Das ist für den Islam - als Konkurrenzreligion - das Einfallstor nach Europa und die Welt geworden, mit eigener Gesetzgebung - der Scharia, nach welcher diese Leute leben. (Diese "Gottesgesetze" durchlesen zu wollen, läßt nach wenigen Seiten schaudernd aufgeben) Spannend ist eben ganz besonders, daß alle drei "mosaiischen Religionen" den gleichen Ursprung haben. Und willst du nicht mein Bruder sein..

Doch nun genug des Vorwortes.

***






Wir wünschen euch einen guten Camino, sagt der Gastgeber beim Abschied des Pilgers..

(Nicht "Pilgerer", analogiebildend zu "Wanderer", sondern Pilger, abs lat. pelegrinus bzw. peregrinus mit der Bedeutung "der Fremde". Camino spanisch, Caminho portugisisch)





"Der Heilige von Santiago de Compostella" 1

Er kam durch viele Länder,
marschierte immer zu Zeiten, wo niemand unterwegs war.
Die Grenzen sind in der heutigen Zeit nicht mehr so streng bewacht,
wie das damals "hinter dem eisernen Vorhang" war.
Er diente irgendwann beim Militär,
bekam aber keine Abzeichen und erreichte keinen besonderen Rang.

Eltern und Geschwister mochten ihn nicht leiden,
weil er es mit fremdem Eigentum nicht so genau nahm.
Nach kurzem Ärger mit der örtlichen Polizei ist er abgehauen.
Einfach abgehauen und hauste fortan in den Wäldern
und mied sogar Feldscheunen oder leerstehende Fabriken und ähnliche Unterkünfte.
Sein Gesicht war dunkelbraun, sein regenfester Militäranzug ebenso,
der ohne jedes Kennzeichen war - das ganze "Outfit" war auf Tarnung ausgelegt.
Ein winziges Zelt und ein großer Rucksack war sein Heim, sein Zuhause und Zuflucht.

Beim Militär war er nicht gut angesehen, denn er weigerte sich standhaft
auf andere Menschen zu schießen und wenn es nur als Übung auf einen Pappkameraden angesetzt war.
Wohlwollende Vorgesetzte übersahen das beflissentlich,
weil sie wohl etwas Besonderes an
dem gemeinen Soldaten spürten.
Schließlich war kein Krieg und alles nur Übung, mehr nicht.
Man soll nicht päpstlicher als der Papst sein, so meinte der diensthabende Offizier.
"Wenn es darauf ankommt, kann man sich auf den Jacob verlassen."

Die Mühlen der Behörden und die des Militärs mahlen langsam
und so kam es, daß der Jacob ausgesteuert und entlassen wurde.
Zwar nicht unehrenhaft, aber wegen erwiesener Unfähigkeit zum Soldaten.
Manchmal sei er "uneinsichtig" gewesen, das geht nun mal nicht, wenn der Befehl kommt,
dann muß eben geschossen werden, egal auf wen und wann.
Ohne nachzudenken, sofort und ohne Zaudern.

Er hatte immer den Schlager im Ohr,
"Zu Fuß und ohne Geld, Dominique..", der irgendwann mal im Radio gespielt wurde und ihn nicht mehr los ließ.

Wieder zuhause, wurde er nicht gerade mit offenen Armen aufgenommen,
was ein wenig mit dem nun ausbleibenden Sold zusammen hing,
den er sonst immer nach Hause schickte, damit alle besser leben konnten.

Die Gegend war arm und blieb arm, auch wenn das Land nun längst zu Europa gehörte.
Die Kälte, die ihm daheim entgegen schlug, ließ ihn zu einem Entschluß kommen,
der ihm noch einige Folgen für sein Leben aufbürdete, ja dieses von Grund auf
total verändern sollte.

Er fand Arbeit in einer Sozialstation, die sich um Arme und Mittellose kümmerte,
die keine Rente bekamen und denen keiner helfen wollte.
Es reichte gerade mal so um zu überleben, für mehr war kein Geld da.
Die Stadt war chronisch pleite, die Partei herrschte mit eiserner Faust
und jeder Mißliebige wurde sofort angetragen, wie zu den Zeiten der großen Oktoberrevolution.
(Heute wird man vermutlich in spezielle Listen eingetragen,
wer weiß, was später damit geschehen wird)
Die Gruppe der alten Täter war noch in manchen Stellen dabei, die Leute zu drücken
und zu schikanieren, wie damals im strengen Kommunismus,
hinter dem "Eisernen Vorhang", wie man im Westen sagte.

Sein Land war, wie alle Menschen hinter dieser Sperre, in Freiheit gefangen,
noch immer von "der Partei", die bekanntlich "immer recht" hat, gegängelt.
Auch wenn es inzwischen Lockerungen gab, es wurde alles immer nur geplant
und nur wenig funktionierte, weil die Leute eben keinen Gewinn in ihrer Arbeit sahen.
Die Kirche war in dieser Zeit ganz still und hat paktiert um nicht selber
ins Kreuzfeuer der Partei-Soldaten zu geraten.
Einige Leute sind damals "verschwunden", wie wurden einfach als "vermißt" erklärt.
Die großen Gefangenlager waren zwar inzwischen längst aufgelöst,
die Angst aber blieb in den Köpfen.

Er dachte sich dabei immer:
Daß ausgerechnet die größten Taugenichtse in die Partei gingen
und dann von oben herab drückten und erpressten, sollte nicht verwundern.
Das wird wohl in alle Ewigkeit so bleiben, weil diese Scharlatane nichts können
und nichts anderes wollen, als zu beherrschen - immer die Partei im Hintergrund,
wie ein Knüppel aus dem Sack.

Jedesmal, wenn er daran zurück dachte, lief ein Schauer über seinen Rücken
und er gruselte sich - einer seiner Widersacher war ein Schulkamerad,
der damals schon seinen Mitschülern gerne mal ein Bein stellte oder diese
beim Lehrer antrug, wenn sie was falsch gemacht hatten.

So ging er nun durch die Wälder, mit diesen seltsamen Erinnerungen im Kopf,
die wie ein Kino mit Filmen über Ungerechtigkeiten waren, immer nur Ungerechtigkeiten,
nie etwas Positives oder auch nur mit einer Spur an Menschlichkeit behaftet.

Man ist was man ißt, so sagte er sich, als ein aus Würmern bereitetes Mahl
in seinem Tiegel brutzelte - arm war die Zeit, arm die Gegend, arm die Menschen.
Er ging weg um es irgendwo und irgendwann einmal besser zu haben,
Gerechtigkeit und eine Arbeit und vielleicht sogar eine Familie zu finden.
Diese Träume hielten ihn in der Einsamkeit hoch und wach.
Tage und Wochen vergingen, die Hoffnung hielt ihn am Leben.

Er wußte aus den Radioberichten, daß die kommunistische Bewegung
unter Tarnnamen wie Öko, Bio, Alternative, Blumenkinder, Linke und G rüne in der Fremde
entzündet werden sollte - und fortan unter der Oberfläche anderer Staatensysteme
ihr Unwesen trieb, bis irgendwann mal der Knoten platzt
(Im Kommunismus gehört wenigen Günstlingen das Meiste und den meisten nichts)
und die wahre Gesinnung
dieser Genossen ans Licht kommen würde:
Parteifaschismus und dies von der gemeinsten Sorte, angetrieben - wie immer - von Studenten,
die auf diese Weise ihre Lust am Destruktivismus und Untergang auslebten.
Wie weit dieses Treiben der "Roten Denke" sich in den Westen, ja rund um die Welt ausgebreitet hat,
wird er noch am eigenen Leib erleben..
..die Gedanken schweifen ab, wenn man alleine ist, dann ganz besonders und unaufhaltsam.
Seine Eltern waren weniger die Kirchgänger, seine Großeltern und Urgroßeltern waren jedoch gläubige
Orthodoxe gewesen, die -zumindest heimlich- ihren Glauben weiter führten, auch als
diese "Diktatur des Volkes" etabliert war, die eher eine Diktatur der Parteivorsitzenden war
und bis zum heutigen Tag noch immer ist- aber inzwischen nicht nur in der "Arbeiterpartei",
sondern mehr oder weniger in -fast- allen Parteien der Welt ähnlich läuft.
Einen Onkel hat er verloren, der Priester war und das Evangelium predigte,
auch wenn ihm "Einsicht und Zurückhaltung" befohlen wurde.
Eines Tages hat man ihn abgeholt, mit einem grauen Auto und man hat nie wieder etwas von ihm gehört.
Offiziell verlautete nichts darüber, nur ein Gerücht, das in Umlauf gesetzt wurde:
Der Onkel ist verrückt geworden und wurde in die Heilanstalt gebracht.
So mancher andere Bewohner seines Dorfes ist ebenfalls auf diese Weise verschwunden,
ganz wenige Leute kamen nach Jahren wieder nach Hause - zerschunden von der Arbeit
in den sibirischen Lagern.

Wie ein Jeti sah er nicht aus, denn er wusch und pflegte sich bei jeder Gelegenheit -
mal in einer Toilette einer Tankanlage, dann in einem leerstehenden Haus - wobei er genau aufpaßte,
ob und wann das Gebäude Menschen beherbergte.
Ärger mit den Ordnungskräften wollte er bestimmt nicht, denn die Freiheit war ihm wichtig.
Was er aber unter Freiheit verstand, war seine ganz persönliche Einschätzung,
nicht die der Gesetzgeber oder so.
Das Wild im Wald hat er nie gejagt, das ist zu verräterisch,
denn Jagdpächter achten ganz eifersüchtig auf "ihre"
Tiere, wie die Fürsten Anno dunnemals.

Mit Frauen wollte er nichts mehr zu tun haben, er war kein Frauentyp, ganz sicher nicht.

Seine Ohren und Sinne waren durch die langen Strecken -alleine in der Natur- sehr viel besser geworden,
als während seiner militärischen Ausbildung, man lernt viel, wenn die Einsamkeit im Wald ihre
ganz eigene Musik spielt.

Er hatte immer den Schlager im Ohr,
"Zu Fuß und ohne Geld, Dominique..", der irgendwann mal im Radio gespielt wurde und ihn nicht mehr los ließ.

Hier scharrt etwas, dort ein Zischen, Grunzen - da knackt ein dürrer Ast, der Wind in den Bäumen,
jeder Tropfen , der von den Wipfeln fällt, ist etwas Wichtiges.
Ein letzter "Besuch" in der Kaserne hat ihn komplett ausgestattet, mit einem 2. Paar Stiefel,
ganz neu und in guter Qualität, wahrscheinlich von besserer Güte, als Wanderschuhe, die man für
teures Geld im "Outdoor-Laden" bekommt.
Ein Nachtsichtglas und Kompass, eine Kaserolle aus Aluminium, ein leichter Minikocher und Brennwürfel -
alles da, wie der winterfester Schlafsack, ganz leicht gearbeitet.

Er hatte keine Landkarte dabei - wozu auch?
"Nach Sicht", das sagte er in den einsamen Selbstgesprächen zu sich, "nach Sicht" geht es
und sonst nirgendwo hin, nach dort, wo die Sonne untergeht.
In keine Stadt mochte er gehen, weg von den Straßen und Autobahnen und Bahngleisen, weg von den Menschen.

Die ersten Kilometer gingen schnell vorbei, die Landschaft war bekannt und
die Gegend recht einsam, kaum ein Gehöft oder eine kleine Ansiedlung,
deren Lichter man schon von weiter Ferne erblicken kann.
Er rauchte und trank nicht, hatte nicht mal ein Mobiltelefon oder Radio, ja
nicht einmal eine Armbanduhr.
Unnützer Kram, brauche ich nicht, so grunzte er vor sich hin -
Geld brauche ich auch nicht, ich nehme mir was ich brauche, wie Napoleons Truppen damals.
Die Spanier sollen es auch nicht besser gemacht haben oder die Schweden, - Soldaten sind
eben auch nur Halunken, schon immer gewesen, genau wie Räuberbanden, wie die des Schinderhannes.

Wo kein Gesetz ist, hat jeder Recht, wenn er es sich nimmt.
Solange keine Übertreibungen getan werden und nur das wirklich Lebensnotwendige genommen wird,
kann eigentlich niemand etwas dagegen haben - oder?

Wer so alleine auf weiter Flur und mit sich selbst ist, dem verschwimmt so manche Grenze,
mental und dinglich, dennoch war seine eigene Ethik ganz klar umrissen:
Er bekam keinen Sold, weil sein Land chronisch pleite ist und war,
und seine Einheit nur ganz unregelmäßig
den Sold auszahlte - meistens auch noch zu wenig oder das Geld war schon nichts mehr wert,
bis man einen Laden erreichen konnte um dieses auszugeben,
sollten die Regale ausnahmsweise mal gefüllt gewesen sein..
Niemand wollte diese wertlose Währung nehmen, schon damals nicht, als er noch "legal" arbeitete.
Er hatte freilich weder Renten- noch Arbeitslosen- noch Krankenversicherung -
diese Dinge waren sowieso nur vom Hörensagen an sein Ohr gedrungen.
Die Rentner in seinem Dorf ernährten sich von gezüchteten Kleintieren, die sie auf dem Markt
gegen Naturalien aller Art tauschten, richtiges Geld hatte niemand.
Arm waren sie alle, er aber war mittellos, trotz seiner gefährlichen Einsätze in der Soldatenzeit.

Undank ist der Welt Lohn und so zog er in die Fremde.

Sein eigenes Recht im Kopf und einiges Wissen in der Kräuterheilkunde,
was er von seinen Großeltern hatte - bei denen er oft nach der Schule war.
Das waren noch Zeiten, als Großvater bei den "Berittenen" und in hohem Ansehen war-
bald aber merkte auch er, daß Rentner nichts wert sind und nur eine Last darstellen.

Bei solchen Gedanken verging die Zeit und die Kilometer flossen still dahin.
Nicht, daß er als "Kilometerfresser" gelten wollte, nein, ganz gewiß nicht.
Es ging ihm nur darum, von niemanden entdeckt zu werden,
auch nicht von Jägern oder Förstern oder Landwirten
und schon mal ganz und gar nicht von Ordnungshütern, auch nicht von zufälligen Spaziergängern,
die ihn hätten beschreiben können.
Niemand sollte ihn sehen, denn wer gesehen wird, kann auch beschrieben werden.
Das war eine ganz besondere Begabung, die er sich auf diese Weise -mühsam- aneignete.
Er frisierte sich täglich anders, mal die Haare nach hinten, mal zur Seite, mal in die Stirne,
desgleichen auch seine Bart-Tracht.
Mal mit, mal ohne, mal kurz- mal exakt, mal grob..
Das Mini-Zelt faßte den ganzen Kram und war beschichtet, daß man es auch mit einem Infrarotgerät
nicht erkennen konnte - das war ein ganz wesentlicher Punkt seines Versteckspiels,
dessen Ende er selbst noch nicht erahnen wollte und konnte.

Er hatte immer den Schlager im Ohr,
"Zu Fuß und ohne Geld, Dominique..", der irgendwann mal im Radio gespielt wurde und ihn nicht mehr los ließ.

Die Nahrung ist nun aufgebraucht und Nachschub mußte her -
arbeiten konnte er mit dieser Einstellung freilich nicht -
ob Ausflucht oder Selbstbestätigung -
er "holte sich" in der Dämmerung aus einer kleinen Metzgerei ein großes Stück geräucherten Bauchspecks,
sowie ein paar Wurstkonserven und eine Dose Sauerkraut, machte die Hintertür ganz gewissenhaft wieder zu.
Schlösser waren für ihn nie ein Problem, das hatte er vom Vater, der als Schlosser angestellt war.
Er hinterließ keine Abdrücke, weder von den Händen noch von den Schuhen, alles wurde gründlich abgewischt,
ganz genau nach der Soldaten-Disziplin.
Er nahm sich nur so viel, wie er für die nächsten Tage benötigte,
denn Gier erweckt das Interesse der Polizei und so war sich der Metzger eher unsicher,
ob er sich nicht evtl. doch verzählt hat und nur annahm, es sei etwas gestohlen worden.
Die Sachen wurden hinten aus dem Regal genommen und davor alle sorgfältig mit Handschuhen
bewaffnet, gleich wieder aufgeschichtet, daß der Verlust deutlich später auffiel.
Geld hat er nie an sich genommen, auch keine anderen Wertgegenstände.

Im Wald, da sind die Ro-ho-jeäber, sang er leise vor sich hin, als ein
ungewöhnliches Geräusch an seine Ohren drang, die an absolute Stille gewöhnt waren..
..so weit von jeder Ansiedlung - was kann das sein?
Zuvor war ihm eine Stacheldraht bewehrter Zaun aufgefallen, der immer in Sichtweite blieb.
Ein Militärgelände?
Sein Nachtsichtglas zeigte nichts an, nicht mal ein Tier, das des Nachts zur Jagd
schlich, keine Eule und nur ab und zu mal eine Maus.
Das Geräusch war unter der Erde - er sah zu, dort schnell zu verduften..
auf der Höhe des Bergkammes angekommen, war die Aussicht besser.
Ein Tagebau, ein riesiges Loch in der Erde mit großen Maschinen darin versperrte den Weg.
Überall waren Drahtverhaue und Gefahrenhinweise angebracht, damit kein Wanderer dort hinab stürzt.
Wenn ich Diebstahl begehe, so sagte er sich, was machen die denn dort unten?
Sie klauen den nachfolgenden Generationen die Resourcen, die Mutter Erde für alle Menschen
aufgespart hat und nun vernichten eine oder zwei, vielleicht drei Generationen die ganzen Bodenschätze.
Womöglich verkloppen die unsere Bodenschätze ins Ausland,
wo man das meiste Geld für bekommt - nur um hier ein gedeihliches Leben ohne Arbeit
führen zu können - so sind sie, die Bonzen!
Ohne Skrupel und jeder mit seiner eigenen "Legitimation", mal vor sich selbst, man vor dem
gerade geltenden Gesetz- was ist nun falsch, was ist richtig?

So ging der Marsch um diese Anlage herum und in ein langes, langes schmales Tal hinein,
durch welches ein breiterer Bach floß, gewunden wie eine Krampfader.
"meandern" nennt das der Fachmann, meinte er zu sich selbst, "Krampfader" paßt nicht.
Die Gedanken "meandern" auch, wenn man mit sich alleine ist.
Verflixte Gegend, überall Matsch und sumpfiges Land, kein Pfad und kein Steg.
(Aber auch keine Häscher und keine Ankläger)

Sein Bart war wieder viel zu schnell gewachsen - also ab damit.
Das alte Rasiermesser vom Vater ererbt, tat gute Dienste, die Seife auch -
bald muß wieder neue her, das Stück wird ja immer dünner!

Große Läden waren nicht sein Ding, alles sollte so unauffällig wie möglich bleiben.
So kam ihm der Hinweis an der Straße gerade recht:
Honig vom Imker, Kerzen und Honigseife, Waben und Duftöle.
Der Kellerraum des Privatmannes war kein Problem, geschwind noch ein paar Dosen - Gerichte
eingepackt, nicht zuviel, damit das nicht so schnell auffällt.
Toilettenpapier und Taschentücher waren auch im Vorratsregal.
Die teuren Spirituosen ließ er ganz bewußt stehen.
Schnell noch etwas Tomatenmark- und schnell weg.

Nichts deutete auf einen Einbruch hin, alles war wie zuvor, auch der Schlüssel unter der Fußmatte..
Auf dem Weg in den Wald sah er ein Lokal, hinter welchem der Koch gerade ein Kühlpaket abgestellt hatte-
dort waren Kohlrouladen drin, ganz dicht gepackt.
Schwupps zwei waren danach weg, ordentlich entnommen und ordentlich wieder zugemacht.

Schon war er wieder im Wald, wo diese Mahlzeit mundete - dort konnte er auch den Kocher entflammen,
noch vor der Zeiten der Jäger und Spaziergänger und Waldarbeiter.
Im nahen Bach wurde das Geschirr und der ganze Wandersmann gewaschen.
Die Wäsche trocknete hinter einem großen Stapel Holz, das den Blick zum Weg nahm.
Hier im Unterholz, weit vom Hochsitz entfernt, war er sicher.
Die Nachtruhe war nicht lange, denn vor der Dämmerung und vor den evtl. auftauchenden Jägern
war der Aufbruch angesagt.
Wenn er im Hellen gehen mußte, hat er geschwind die Jacke und die Hose und den Rucksack-Überzug
gewendet in ein "stilles" Hellgrau, mit div. Wanderwimpeln aufgenäht.
Sein Wanderstock und die tiefgezogene Kappe ließen jeden Wanderer irgendwie gleich ausschauen.

Er hatte immer den Schlager im Ohr,
"Zu Fuß und ohne Geld, Dominique..", der irgendwann mal im Radio gespielt wurde und ihn nicht mehr los ließ.

Gerade dieser selbstgeschnittene Wander-Stock hat schon so manches Unbill abgehalten, besonders in der Stadt,
in Bahnhofsnähe, wo die seltsamen Gestalten auf Beute lauern.
Nicht immer kann man Städte umgehen, so sprach er zu sich selbst, diese Moloche weiten sich aus.
Immer mehr Verwahrlosung breitet sich aus, immer mehr die Gegensätze zwischen arm und reich.
Er bediente sich in einem Delikatessenladen, wo im Hinterhof eine Kellertür war -
leise wie der Wind entschwand er wieder geschwind - ohne Spuren zu hinterlassen -
mit seiner Beute:
Eine Entenkäule in Sülze, Leberpastete, Baquette-Brot, zwei Luxus-Creme-Suppen.
Das wird dem Inhaber kaum auffallen, so dachte er sich.
Auf leisen Sohlen verschwand er über die Felder in einem Wäldchen nahe der Mülldeponie,
hier sucht keiner nach Illegalen, im Riesenreich sowieso nicht.
Zuvor wusch er sich an einer Rastanlage, das war wohl die letzte,
die noch ohne elektronische Überwachung auskam.
Das ist heutzutage sehr selten geworden - aber nur, weil diese Inhaber schon alt waren und
die Investitionen scheuten - deshalb blieb die Anlage ohne Elektronik -
so ging es gereingt und rasiert weiter.
Am Rucksack flatterten ein paar Wäschestücke, die trocknen sollten.
Falls, so dachte er gerade, falls nun doch einmal eine Kontrolle meine Identität
feststellen will, wird sie keinen Pass und keinen Herkunftsnachweis oder auch nur den geringsten
Hinweis darauf finden - außer auf der Ausrüstung, aber dieses Material kann man im gesamten
Osten Europas auf den Flohmärkten kaufen und das Nachtsichtglas verstecke ich zuvor.
Der Tag kam und er legte sich zur Ruhe in einer Mulde im Wäldchen, nicht ohne zuvor
einige Äste und Zweige zur Tarnung vor dem Lagerplatz aufgeschichtet zu haben.
Eine Dosensuppe der Luxusklasse hat er heiß gemacht, das geht schnell und macht satt.
In der Feldflasche ist Wein aus dem Delikatessenladen, den er sich zur Feier des Tages gönnte.
(Die Glasflasche hat er zuvor in einem öffentlichen Abfallbehälter entsorgt,
selbstverständlich ohne Spuren darauf zu hinterlassen zu haben)
Er wunderte sich noch über den extrem hohen Preis, denn die Qualität war nicht so sonderlich gut und auch zu sauer.
Über diesen Gedanken schlief er ein.
Den nächsten Tag hat er fast ganz verschlafen, so ungewohnt war ihm der Alkohol -
die Sonne knallte herab und er hatte einen dicken Kopf von der Plörre.
Oh Mann, daß man dafür so viel Geld nehmen kann, ist ein Verbrechen oder ..
.. die gerechte Strafe für den Diebstahl!
Nicht mal die Entenkeule konnte danach locken.
Die Grenze des Heimatlandes war längst überwunden, die Landschaft
dagegen änderte sich nur wenig, weil der Natur menschliche Grenzen egal sind.
Da er sowieso mit keinem sprach, war das egal, was man so landläufig "Kommunikation" nennt.
Er kannte die Gewohnheiten der Soldaten und Grenzer sind auch Soldaten- einer kommt, murmelt was- der andere geht-
und der, welcher ablöst, geht erst mal pinkeln oder etwas essen,
bevor die Pflicht ruft und evtl. ein Vorgesetzter auftaucht..
..das war immer die beste Gelegenheit über die Grenze zu gehen.

Hinter einer Bäckerei lockte der Duft frischer Backwaren aus einem Transporter,
der mit offener Hecktür dort stand -
nein, das war viel zu riskant, deshalb schlich er weiter - bis bald eine abgedeckte
Lieferkiste vor einem Bistro stand - niemand weit und breit zu sehen..
..ein schneller Griff und ab durch die Mitte!
Diesmal war es eine Tüte Brioche - eine feine Beute.
In der Nähe eines Sendeturmes auf einem der größeren Hügel war die Stille dicke genug,
um dort sein Mahl zu sich zu nehmen.
Der Morgen graute und er legte sich zur "wohlverdienten" Ruhe, denn genug Strecke war getan.

Gegen Mittag wachte er auf und ging als "Wanderer" verkleidet weiter, auf Wegen, die
sehr abseits lagen, alle Orte umgingen und gerne durch dichten Wald führten.
Ein kleiner Bach lud zur Rast und Körperhygiene ein, hier waren nur Wildspuren zu sehen,
keinerlei menschliche Fußabdrücke oder Reifenspuren, nicht mal ein Hochsitz,
von dem aus man hätte gesehen werden können.
So ging es bald weiter bis an den Rand einer riesigen Stadt, die ihm den Weg versperrte.
Hier sah er einen "Outdoor" - Laden und wartete auf eine Gelegenheit:
Ein Lieferwagen kam und der Inhaber ging zu diesem Fahrer, mit Papieren in der Hand.
Er ging auch - mit ihm eine moderne Outdoor-Wanderjacke,
die auf einem Drehgestell vor dem Eingang -mit vielen anderen- hing.
Mit Kaputze- wie praktisch..

Er hatte immer den Schlager im Ohr,
"Zu Fuß und ohne Geld, Dominique..", der irgendwann mal im Radio gespielt wurde und ihn nicht mehr los ließ.

Ein am Ortsrand abgestelltes Fahrrad, das dort wohl schon länger stand, hat er sich
genommen und ist damit quer durch die Stadt bis zum Industriegebiet gefahren, unter
diversen Autobahnunterführungen hindurch, vorbei an Geleisen und Schrottplätzen,
seltsamen Behörden mit Tafeln daran, die er nicht entziffern konnte.
Mittags war wohl Pause in diesen Behörden und niemand interessierte sich für ihn,
der geschwind dran vorbei zu einer Wurstbude kam.
Geld hatte er keines, es waren auch zu viele Leute dort, die Fragen gestellt hätten.
Mit dem Rad war er richtig flott unterwegs, manchmal schneller als die Autos,
die sich überall stauten.
Am Fluß angekommen, ließ er sein Gefährt an einem Rastplatz mit Bänken und einem Tisch
stehen und verkrümelte sich im Dickicht der Standrandzone, wo kein Weg in die Aue führte.
Hier waren Spuren von einigen "wilden Campern", die mit Notbehelfszelten, eigentlich nur
Aststangen mit alten Teppichen und Plastikplanen waren - nichts wie weg!
Hier hat er seine alte Armee-Jacke entsorgt und gesehen, wie ein alter Habenichts diese nahm.
Inzwischen war es Abend geworden und der Mond ging auf.
Ein Bauerngehöft lag vor ihm und so hörte er den Hofhund schon von Weitem bellen -
er mußte einen Bogen laufen bis zum nächsten Gehöft, wo im Stall gerade gemolken wurde.
Heute ist wohl alles elektrisch und automatisch, so dachte er - nicht mal Milch kann man
hier holen - aber im Hinterhaus stand eine Tür offen und es war Licht darin, aber kein Mensch
zu sehen, der oder die Bewohner waren wohl gerade im Stall.
Auf dem Tisch stand ein Teller und auf dem Herd war der Eintopf -
schnell den Teller füllen und auslöffeln - da kamen auch schon Schritte näher.
Iß auf, nimm dir Brot - hörte er sagen - dann mach dich weiter!
Der alte Knecht war wohl selber einmal in ähnlicher Lage und verstand den Fremden sofort.
Die Worte verstand er nicht, wohl aber deren Bedeutung.
Ein Händedruck und schon eilte er in die Nacht hinaus.
Das ist nochmal gut gegangen, das hätte ganz anders ausgehen können.
Innerlich war ihm klar, daß der Alte niemanden verraten würde - aber kann man es wissen?
Überall waren riesige Felder, gut bewacht und viele Erntehelfer aus fremden Ländern,
deren Laute er nicht verstand - er fiel unter diesen Fremden nicht auf,
fürchtete aber eine Kontrolle, deshalb war diese Arbeit viel zu gefährlich,
man hätte ihn bald als "Illegalen" eingesperrt.
Unterwegs durch diese fruchtbare Gegend war weit und breit kein Baum und kein Strauch,
deshalb ging er wieder als Wanderer -sicheren und zielstrebigen Blickes weiter, wenn sich Menschen näherten,
hilt er ein Prospekt vor sich,
das irgendwie wie eine Landkarte aussah und marschierte eilig weiter um
von niemandem angesprochen zu werden - ein Fremder ohne Sprachkenntnisse wäre
sofort aufgefallen und im Gedächnis der Leute geblieben, die später eine Aussage
hätten machen können.
So grüßte er stumm nickend.
Diese Art Gruß wurde immer erwiedert.
Bald kam am Horizont das Abendrot und eine Hügelkette auf, dicht bewaldet.
Nach einem Gewaltmarsch in hohem Tempo erreichte er wieder ruhiges Gebiet,
sein Metier, die Wälder, in welchen er sich sicherer fühlte.
Sein Nachtglas verriet den Jäger mit seinem nah geparkten Wagen,
diese Hürde wollte er noch nehmen, als er auf eine uralte und kaputte kleine Bretterbude
stieß, ein Geräteschuppen mit marodem bäuerlichen Gerät darin, das wohl schon lange
nicht mehr benutzt worden war - und sonst nur Wiesen rundherum, nichts sonst.
Immerhin war es nicht nötig das kleine Zelt aufzubauen und so schlief er bald ein,
das letzte Brioche für den Morgen rettend..

Er hatte immer den Schlager im Ohr,
"Zu Fuß und ohne Geld, Dominique..", der irgendwann mal im Radio gespielt wurde und ihn nicht mehr los ließ.

Nach ruhigem Schlaf blinzelte die Sonne durch die morschen Bretter,
verschiedene Vögel sangen ihr Lied, in der Ecke raschelte eine Katze
und rollte sich zusammen - sie hatte ihre "Nachschicht" hinter sich
und wohl genug Mäuse gefangen, so rund war ihr Bauch -
oder erwartete sie Junge?
Er rüstete sich zum Aufbruch, draußen war alles ganz still und friedlich-
als das Geräusch eines sich nähernden Traktors aufkam, der wohl irgendwo weiter
unten in dem langen, sanft abfallenden Tal sein Werk begann und die Erde pflügte.
Er kam an einer einsamen Bushaltestelle vorbei, dort auf dem übervollen Abfallkorb
lag ein sorgsam eingepacktes Frühstückbrot mit einer Banane !
Unglaublich, was die Kinder heute alles wegwerfen, wenn das die Mutti wüßte ..
Dieses -buchstäblich gefundene Fressen- war lecker, denn Pausenbrote mit dicker Nußkreme
bekam er bestimmt sonst niemals ab..
Ein seltsames Frühstück, das ging im im Kopf herum - das klebt ja richtig am Gaumen..
aber der Hunger trieb es hinunter.
Bald gelangte er einen Wanderpfad aufsteigend an ein Lokal im Wald, das wohl
von Ausflüglern recht gut besucht wird.
Alles war zu, vermutlich war die Stunde noch zu früh für den Wirt.
Vor der Tür standen Kisten und Kasten, die der Lieferant dort abgestellt hat.
Hier fand er reiche Beute - und nahm sich aber nur so viel, wie er benötigte, nicht mehr.
Kakau in Tüten - das gab es in seiner Heimat nicht, auch kein Sandwich und keinen Handkäse.
Seltsam ernähren sich die Leute in dieser Gegend, sehr seltsam - aber irgendwie doch schmackhaft.
Die Entnahme der Sachen machte er so unauffällig wie möglich,
indem er den Rucksack davor abgestellt hat - die Kaputze über gezogen - die Sonnenbrille aufgesetzt -
heute sind überall kleine Überwachungskameras angebaut und deshalb dürfte die Fehlmenge
erst später auffallen sein, wenn er längst über alle Berge entschwunden..
Falls das Licht für die Kamera, die auch mit Nachtsichtmodus arbeitete, ausreichen sollte und
zudem die Schärfe, dann würde man einen etwas vermummten Mann mit Bart und mit Wanderkleidung sehen - mehr nicht.
Bei der nächsten Gelegenheit rasierte er sich und ging zur Vesper über.

Eigentlich ging sein langer Marsch immer gegen Westen, immer der Kompassnadel nach.
Durch die Umwege kam freilich keine gerade, nachvollziehbare Linie zustande,
eher ein Zickzack in die gleiche Himmelsrichtung,
weil manchmal ein Fluß im Wege war und die nächste Brücke angesteuert werden mußte.

Das Ziel war im selbst nicht bekannt, wichtig war ihm die Freiheit und nichts sonst.
Nicht lange und wieder sprachen die Menschen anders, wieder war ein Bach
zu überqueren, dann war eine stark frequentierte Straße im Weg.
An einem Bauernhof war eine kleine Bude mit Eiern darin und eine Kasse,
ohne daß ein Mensch zu sehen war- Eier!
Was für eine verlockende Versuchung - aber lieber Finger weg, es ist hell und
er wäre als Dieb zu erkennen, ja selbst als "Kunde" auffällig, weil sich Wanderer wohl kaum
für rohe Eier interessieren und dann wäre da noch der Fehlbetrag in der Kasse,
denn Geld hatte er immer noch keines - weder in dieser, noch in einer anderen Währung.
An einem Supermarkt sah er einen offenen Müllbehälter mit einer Kiste älteren Früchten -
mal was anderes und nicht zu verachten.
Ein paar faule Stellen werden mit dem Taschenmesser entfernt und das war es auch schon.
In seiner Heimat wäre das ein Schatz gewesen !
Mehrere Päckchen Wurst und einige Packungen Käse waren auch noch darunter-
fix einpacken und verduften!
Da ging auch schon die Tür auf und eine Verkäuferin tapste beladen mit einer ganzen Welle
Backwaren vom Vortag zum Container - er stand um die Hausecke und wartete.
Dann schloß diese Frau den Container wieder ab - Pech gehabt.
(Am Schloss zu manipulieren wäre ihm am hellen Tag zu riskant gewesen)
Die Beute war ja auch mehr als genug und in der Not schmeckt die Wurst auch ohne Brot !

So ging das über Monate, immer wieder fand er Beute, genug um überleben zu können und
dann näherte sich der Winter, unbarmherzig und kalt.
Er deponierte seine Ausrüstung in einem sicheren Waldversteck nahe der Kreisstadt,
in die er sich begab und nur mit leichter Kleidung angetan
ging er in ein Cafe und bestellte sich einen kräftigen Imbiß, den
er mit Andacht zu sich nahm.
Dann kam die Rechnung, die er nicht zahlen konnte.

Die Polizei wurde gerufen und so hat man ihn eingesperrt,
bald in einer geschlossenen Unterkunft eingebuchtet, weil keine Identität
festgestellt werden konnte und er kein Wort sagte.
Ohne Schuhe und mit Klamotten, die keine Rückschlüsse zuließen, wurde er vernommen.
Hin und her auf dem Instanzenweg, hin und her mit Übersetzern, die aber alle erfolglos blieben.
Man konnte schließlich niemanden abschieben, von dem nicht mal das Herkunftsland bekannt war.
Eine Freilassung war nicht möglich, ohne einen Identitätsnachweis.
Und ohne einen solchen war eine Verurteilung sehr schwierig,
obwohl er nun "biometrisch erfaßt" worden war.

Die Kommissare und auch die Sozialbehörde waren ziemlich ratlos..
..und so ging Tag für Tag in der warmen Zelle vorbei, mit einem so guten Essen,
wie er es in seiner Heimat in den besten Zeiten nicht bekam.
Sogar mit Fernseher und eigenem Bett, frischer Bettwäsche und dann noch
mit frischen Klamotten ausgestattet, die ihm von der Kleiderkammer zugetan wurden.
Hier konnte er Sport treiben und sich fit halten bis zu seiner Entlassung -
mit welcher Begründung auch immer, würde er wieder auf die "Walz" gehen.
Dieses Wort hat er in den Verhandlungen gehört - sich aber nie und zu keiner Zeit
mit keinem einzigen Wort verraten.
Ab und zu untersuchte ihn ein Arzt, ob er nicht evtl. schwerhörig oder taubstumm sei,
aber ohne ein schlüssiges Ergebnis zu erreichen.
Auf diese Weise hat man ihn von Unterkunft zu Unterkunft geschoben,
bis ihm beim Transport die Flucht gelang -
es war inzwischen Frühjahr und die Luft war milde genug um zu wandern..
Er ging durch dunkle Gassen, an einer Kirche vorbei, wo ein Auto mit laufendem Motor stand-
er sah den Priester gerade ins Pfarrhaus eilen -
der Innenraum des Wagens war beleuchtet, weil die Tür nicht richtig geschlossen war-
so wechselten ein paar Scheine aus dem Portemonaie, das auf dem Sitz lag, den Besitzer.
Dann ging er zum Versteck, wo seine Ausrüstung lag.

Er hatte immer den Schlager im Ohr,
"Zu Fuß und ohne Geld, Dominique..", der irgendwann mal im Radio gespielt wurde und ihn nicht mehr los ließ.

Ein wenig der Ruhe frönen und schon ging er weiter, in der Dämmerung und ungesehen, bis genug
Raum zwischen ihm und den -vermeindlichen- Häschern lag, die nicht einmal ahnten, daß sie nur
benutzt worden waren - als billiges Winterquartier.
Das mache ich nun immer so, sagte er zu sich, das war richtig prima, wie eine Kur,
sogar mit Schwimmbad und "eigenen" Ärzten!

Nun aber ist der Frühling da und schon bin ich wieder frei.
Er ließ sich in einem Salon die Haare schneiden und färben, den Bart abrasieren.
Das Geld des Pfarrers kam gerade recht.
Das reichte sogar für neue Wanderkleidung einfacherer Art und Schuhe.
Die bekannten Klamotten hat er in einem Kleiderkontainer entsorgten wollen,
es sich aber anders überlegt und diese in einem alten Feuerloch in einer Senke verbrannt.
Seine Freiheit war ihm immer wichtiger gewesen, als alles Geld und Titel,
Besitz und alle Tugenden, die man so haben muß, um als guter Bürger zu gelten.
Er hinterließ noch immer keine Fingerabdrücke bei seinen "Entnahmen",
wie er fortan seine kleinen Beutezüge nannte, obwohl er "erfasst" worden ist.
Was sollen die auch mit meinen Fingerabdrücken, die sind doch nirgendwo registriert -
oder etwa doch?
Mit den "Entnahmen" konnte man ihn nicht in Verbindung bringen, weil er keine Fingerabdrücke hinterlassen hat.
Evtl. damals beim Militär in seinem Heimatland?
Bei der Ergreifung und Erfassung hat man keine genetischen Proben oder Blut entnommen,
weil das gerade dort passieren sollte, wo er auf dem Transport ausgebüchst war.

Inzwischen waren die Behörden nicht faul und forschten alle Register nach diesen Fingerabdrücken ab,
die der Probant in seiner -namenlosen- Akte hinterlassen mußte.
Wie das so ist mit der Kommunikation unter den Behörden, ganz besonders mit denen in fremden Ländern,
kann man sich gut vorstellen.
Bis von dort eine Antwort kommen würde, konnte das lange, lange Zeit dauern,
das war allen Beteiligten klar, die über diesen Fall rätselten.












"Der Heilige von Santiago de Compostella" 2

Ein "Politischer" oder "Desident" oder "Asylant" war er wohl nicht, darin war man sich einig.
Für einen Tippelbruder viel zu gepflegt, gut trainiert aber kein Kämpfer - was war das für ein Bursche?
Religiöse Zeichen oder Tattoos hatte er keine, nirgendwo waren Aufnäher in der Kleidung zu finden gewesen.
Der Fall blieb rätselhaft, um so mehr, als daß sich der Probant standhaft jeden Wortes enthielt.
Das war eine ganz neue Dimension, noch nie hatten die Behörden einen derart hartnäckigen Fall -
vielleicht war das doch ein taubstummer Mann, der auf dem Untersuchungsstuhl saß ?
Leider war er entwischt, bevor die Fachärzte sich seiner haben annehmen können.
Ein Kommissar meinte:
Wartet nur, den haben wir bald wieder bei uns - der nächste Winter kommt bestimmt.
Solche Fälle - allerdings mit klarerer Identität - gab es zuhauf, gerade in den Zeiten der offenen Grenzen
und der vielen Flüchtlinge aus aller Welt, die ins Warme wollen.
Nana, keine Pauschalverurteilungen der armen Leute, die zu uns wollen, so zischte eine Büroleiterin,
das wäre ein Verstoß gegen die Genderregeln und das wollen sie doch bestimmt nicht, Kommissar Klein!?
Dieser trollte sich vor der "Körnertante", wie er sie heimlich nannte und machte sich einen Kaffee.
Während er seinen Kaffee schlürfte, dachte er an seinen Mann daheim, der dem seltsamen Flüchtenden
nicht unähnlich sah - dieser kam damals aus Bulgarien zu uns, als Jugendlicher und studierte danach
Sozialwissenschaften um Soziologe zu werden.
Der Kommissar beschloß, diesen "Ehepartner" zuhause zu fragen, ob nicht doch noch die Identität
dieses ominösen Mannes geklärt werden könnte.
Das durfte freilich nicht sein, weil offiziell kein Auftrag dazu erteilt worden ist,
trotzdem zeigte er ihm die Bilder:
Diese Art der Goldplombe im Backenzahn kenne ich,
sagte der Soziologe - die gab es bei uns damals oft.
Sehr plump gemacht, keinen Feinschliff - wie hinein gezimmert.
Gut, dann frage ich mal in Sofia nach, die Kollegen werden diesen Vogel bestimmt irgendwo her kennen!

Inzwischen ging es "dem Heimlichen" recht gut,
er arbeitete "schwarz" in Südfrankreich in einem riesigen Weinberg.
Als Erntehelfer - dort fragte niemand nach dem woher und wohin,
es waren Leute aus vielen Nationen dort beschäftigt,
billig, damit viel Verdienst für den Weinbauern übrig blieb,
der die Steuerbehörden gerne ein wenig "umging".
Er sinnte darüber nach, ob dieser Reiche nicht doch viel eher ein Dieb zu nennen wäre und
sehr viel mehr geklaut, pardon - hinterzogen - hat, als er dies jemals getan hätte haben können?
Er arbeitete tüchtig und hart, bekam einen halbwegs brauchbaren Lohn und ging von dort nach Spanien,
wo er Apfelsinen und Mandarinen und Oliven erntete.
Mit diesem Geld kaufte er sich ein Ticket nach Ceuta
und einen gut gefälschten Pass, wo er als Spanier eingetragen war -
ein Tipp von einem der Arbeiter im Weinberg.
Ein wenig Spanisch hat er lernen können, genug um sich unterhalten zu können, genug
um grammatikalisch wenigstens als "Sonderschüler" durchzugehen.

Er hatte immer den Schlager im Ohr,
"Zu Fuß und ohne Geld, Dominique..", der irgendwann mal im Radio gespielt wurde und ihn nicht mehr los ließ.

In Ceuta arbeitete er im Hafen beim Sortieren in der Fischhalle,
dann in der Konservenfabrik, dann auf dem kleinen alten Kutter
eines Sardinenfischers, bald darauf gelangte er nach Marokko -
mit Hilfe dieses Fischers und heuerte dort bei dessen Schwager an.
Die Fischfangtechniken erlernte er schnell und war auch bald ein begehrter Matrose oder Fischersmann.
Von diesem Einkommen konnte er ganz gut leben und noch etwas auf die Seite legen, für spätere Pläne.
Hier fragte keiner nach dem Woher und Wohin,
niemand interessierte sich für seine Person,
wichtig waren tüchtige und billige Arbeiter - mehr nicht.

Nach ein paar Jahren hatte er eine Familie gegründet und sprach Spanisch und Französisch,
seine Frau hatte schon ein paar Kinder und so war er gut ausgelastet.
Er wohnte unauffällig in einer Wohnung in der Altstadt in Safi am Atlantischen Ozean,
er pendelte mit dem Bus nach Agadir um von dort mit dem Fischtrawler auf großen Fang zu gehen,
der machmal Wochen dauerte.
Seine Frau umsorgte derweilen das Haus und die Familie, sein Geld reichte für alle,
so daß recht angenehm davon gelebt werden konnte.
Inzwischen lief über Interpol ein Fahndungsbild mit Fingerabdrücken herum, das ihn genau zeigte.
Die Marokkanischen Behörden wurden aufmerksam, aber wie das so ist, mahlen hier die Mühlen
nochmal langsamer und kooperativ war man bestenfalls mit muslimischen Ländern,
nicht aber mit den Nordlichtern im fremden Europa,
in welche zwar viel Sardinen und andere Exportgüter gingen - mehr aber auch nicht
an Zusammenarbeit zu erwarten war. Noch nie.
Seine Frau zog um nach Agadir, wo sie im nahen Oulad eine günstige Wohnung für die Familie fand.
Sie rief ihren Mann auf dem Schiff an und so wußte er Bescheid.
Er ließ sich einen typisch marokkanischen Schnautzer stehen,
sein Gesicht war inzwischen längst schon wettergegerbt
von der rauhen See und so war er wohl nicht mehr zu erkennen als der,
welcher einst in dieses Land kam.
Er bekam vom Kapitän eine typisch muslimische Kappe geschenkt-
dieser ahnte bereits, was in seinem Mitarbeiter vor ging.
Seine Frau hat über ihren Schwager einen neuen Ausweis für ihren Mann beantragt,
mit den Daten ihres Mannes, der irgendwo hin abgehauen war
und über dessen Verbleib niemand was wußte.
Vermutlich ging er als Gastarbeiter oder Asylant nach Europa..
Der Pass war bald fertig,
die biometrischen Daten wurden niemals irgendwo abgeglichen, das waren einfach
nur Lippenbekenntnisse des Landes an die modernen internationalen Vorgaben - mehr nicht.
So zog er als Jusuf al Habib in die neue Wohnung ein, ging in die Moschee -zumindest ab und an-
und lebte fortan bescheiden und zufrieden mit seiner Familie in der Nähe der Stadt Agadir.

Er wurde nicht mehr auffällig und hat auch keine Passkontrolle mehr erlebt, bis zu einem
ganz bestimmten Ereignis:
Die Kinder gingen in div. Schulen, wurden erwachsen, dann starb seine Frau ganz plötzlich -
und auf der Beerdigung kamen die Gendarmen..
.. Herr Jusuf al Habib, alias Ivanov, Jacob ?
Ähm, wieso, was habe ich angestellt?
Wir müssen sie verhaften, sie werden international gesucht in mehreren Ländern der EU !

Er wurde gleich nach der Beerdigung seiner Frau mitgenommen im Streifenwagen,
konnte nicht mal mehr mit seinen Kindern reden und kam in das Untersuchungsgefängnis in Rabat.
Die Kinder kamen zu Verwandten seiner verstorbenen Frau.
Nach etlichen peinlichen Untersuchungen ging es nach Ceuta in die Abschiebehaft.
Die Spanischen Behörden sorgten gleich für den Überführungsflug nach Bulgarien -
als er jedoch in Madrid vernommen werden sollte ist er unterwegs aus dem Polizeibus
für Abschiebe-Kandidaten in Granada geflohen und in der Dämmerung
durch die Botanik der verschlungenen Täler bis nach Portugal gegangen.
Die Grenzen dort sind kaum bewacht und so war das für einen Geübten kein Problem.
Er stieg in Huelva in die Asservatenkammer der Polizei ein und nahm sich was er brauchte.
Unerkannt und frisch rasiert ging er als Spanier auf Tour.
Auf dem Weg nach Santiago de Compostela fiel er als Geistlicher im Bußgewand wenig auf,
der mit Kreuz und Bibel bewaffnet die Straßen gehen konnte, ohne behelligt zu werden.
Die Tonsur war nur das Tüpfelchen auf dem I,
das ihn als heiligen Mann kennzeichnete.
Die Leute des Südens sind dem Glauben sehr zugetan
und so bekam er überall ein paar kleine Dinge zugesteckt
und mußte nicht hungern oder Durst leiden.

Er hatte immer den Schlager im Ohr,
"Zu Fuß und ohne Geld, Dominique..", der irgendwann mal im Radio gespielt wurde und ihn nicht mehr los ließ.

***

So ging er den Pilgerpfad zur Kathedrale, den Jacobusweg immerfort die Via Regia in all ihren Ausprägungen,
von Santiago bis Kiew und Moskau immer wieder auch die Via Imperii von von Stettin bis nach Rom verläuft.
Er wurde von den Pilgern gerne Jacobus der Ältere genannt, er sah seinem Vorbild auch ähnlich.
Sein Betätigungsfeld war die Buße und die Bekehrung, er beantworte Fragen zur Bibel
-Zeit zu lesen hatte er wahrlich genug, das gute Stück aus der Asservatenkammer war immer dabei.
Er sprach Trost zu und heilte so manche seelische Wunde bei den Leuten und war bald allseits bekannt.
Keine Behörde behelligte ihn, noch mußte er einen Pass vorzeigen, den er längst
nicht mehr hatte -niemand kam auf den verwegenen Gedanken einem heiligen Mann die Fingerabdrücke zu nehmen.
Arm war er, aber reich an Güte und Erfahrung, er verkündete nur noch Gottes Wort.

***

Als er aus seinem Traum erwachte, hatte man ihn angestupst und gefragt, ob er ein Priester sei -
ein älterer Spanier, der aus Sevilla kam, hat mit ihm lange gesprochen und gemeinsam sind
die beiden älteren Männer den Weg zum Heiligtum gegangen.
Der Spanier stellte sich als ein frommer Geschäftsmann vor, der einmal in seinem Leben
diese alte Kultstätte besuchen wollte, um sein Seelenheil zu retten, wie er sagte.
Er meinte in dem Jacob einen Jacobus entdeckt zu haben und bot diesem an,
daß er für ihn nach Chile zu fahren solle, damit seine Buße perfekt sei, er jemandem etwas Gutes getan und
auch weil dort so wenig katholische Geistliche seien.
Das habe ihm seine Schwester geschrieben, die dorthin vor Jahrzehnten ausgewandert sei
um einer Schule für Mädchen vorzustehen.
Mädchen sind in den latein-amerikanischen Ländern nicht gleichberechtigt und meistens
noch immer kaum gebildet und wer ungebildet ist, hat keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Dort in Chile ist auch ein "Santiago" und dort solle er hin, so meinte der Spanier,
das könne sein ganz persönliches Kama werden,
er brauche sich um die Reisekosten keine Gedanken zu machen, er zahle das für ihn.
(Der Spanier dachte an sein Seelenheil, dem noch so manche gute Tat fehlte)
Sie gingen weiter den Weg, den alle Pilger seit hunderten von Jahren beschritten und
besprachen alles bis ins Detail.
Nur er, der Jacob wußte, daß er nie die Pilgerpfade gegangen war,
geschweige denn in all seinen Ausprägungen !
Nun schwieg Jacob lieber, als sich weiter zu verheddern in seinen Gedanken.
Bis die Beiden in Santiago de Compostella angekommen waren,
hatte er schon eine Menge Portugisch verstehen und sprechen können.
Learnig by doing sozusagen, das ist allemal leichter als in der Schule.
Die Beiden huldigten allen Frömmigkeiten dieses Wallfahrtortes und beteten
für alle Familienangehörigen, Verwandten und Bekannten und legen Votivgaben ab.
Nach ein paar Tagen fuhren sie nach Bilbao, wo der Spanier den Jacob am Hafen verabschiedete.
Sein Schiff soll diese Woche noch nach Buenos Aires in Argentinien ablegen.
Die Unterkunft war passabel, das Essen typisch und deftig, es ging ihm gut.
Ein wenig Angst hatte er schon, denn wenn man reist begibt man sich immer in Ungewissheiten
besonders bei so langen, ja weltweiten Strecken mit unbekannten Gefahren.
Das Schiff war ein Frachter, der Stückgut von einem Kontinent zum anderen transportierte und
nur wenige Passagierkabinen besaß.

Er hatte immer den Schlager im Ohr,
"Zu Fuß und ohne Geld, Dominique..", der irgendwann mal im Radio gespielt wurde und ihn nicht mehr los ließ.

Die Adressen des Spanieres und seiner Schwester in diesem anderen Santiago hat er gut verwahrt,
um im Falle eines Falles diese als Referenzen vorlegen zu können.
Die portugisischen Behörden haben einen Ersatz-Reisepass ausgestellt, der ihn als Marokkaner auswies.
(Er wußte ganz genau, bis sich diese Behörden untereinander abgeglichen haben,
können Monate vergehen. )
Nach langer, stürmischer Überfahrt, die er gut überstand, stahlte der Himmel über
Buenos Aires, hell wie ein Begrüßungslicht.
Ein kurzer Flug über die Anden, die ein herrliches Panorama ergaben,
landete die Maschine am Zielort.
Dort wartete bereits die Schwester des Spaniers, Donna Rosa.
Eine stille und ernste Frau mittleren Alters, die ihre Sorgenfalten mit sich trug.
Sie gingen zum Taxi und fuhren zur Mädchenschule,
wo ein Zimmer für Gastdozenten oder Vertretungslehrer eingerichtet war.
Hier zog er erst einmal ein und besann sich ein wenig.
Am nächsten Tag ging er in die verwaiste Kapelle nahe der Universität,
wo die kleine Mädchenschule angrenzte,
das war ganz wichtig, er mußte für sein Glück danken.
Bald wurde er zu einer Unterredung mit dem örtlichen Pfarrer gebeten und
das war sein nächstes Problem.
Diese Hürde war jedoch -mit seinem Wissen- gut überwunden und dem Bischof wäre
ein nichtamtlicher Mönch eigentlich egal, so meinte sein Kollege im Glauben.
Eine Hilfe bei den Mädchen wäre wichtig, besonders unter dieser rührigen Spanierin,
die sich dieser Kinder angenommen hat, so wurde gesagt.
Sie arbeitete im Namen einer caritativen Stiftung und bekam nur sehr wenig Lohn,
so war jede billige Hilfe mehr als nützlich und willkommen.
Für die Knaben war Geld da, für die Mädchen nicht, die haben am Herd zu sein,
der Familie zu dienen, da ist eine gute schulische Ausbildung - in den Augen der meisten
Südamerikaner schierer Luxus und überflüssig.
Fortan führte Jacob ein einfaches, unbehelligtes und stilles Leben,
das schon am Morgen bei den Vorbereitungsarbeiten rund um das Schulgebäude anfing,
dann mit Bibelstunden und anschließendem Kochen für und mit den Kindern in die Siesta ging.
Nachmittags übernahmen die eigentlichen Lehrfächer die Zeitspanne bis zum frühen Abend.
Die Siesta wurde regelmäßig mit dem Beten, Schlafen und Lesen verbracht, wie in der Hausordnung vorgesehen ist.
Auf den Gedanken, daß er in eine Polizeikontrolle kommen könnte, kam er nicht mehr.
Seine Gesichtszüge haben sich denen des echten Jacobus -dem Älteren-
angepaßt und seine Hände waren von der harten Garten- und Küchenarbeit rauh und hart.
Mit den Behörden hatte nur die Direktorin zu tun und das war wohl äußert selten.
Diese Außenseiterrolle war ihr nur recht, der Donna Rosa.

Bald darauf war "Donna Rosa" mehr als nur seine Chefin, das merkten die Kinder wohl.
So zogen Gerüchte herum, die den Pfarrer auf den Plan rief.
Dieser witterte nichts Gutes und forschte nach.
Was er erfuhr, was praktisch nichts.
Es gab diesen Mann wohl nicht, er war nirgendwo registriert und so ging
er zur Polizei um die Identität dieses "Heiligen" überprüfen zu lassen..

So verging ein Viertel Jahr, jeder tat sein Gewerk und die Beiden ahnten nicht,
daß der Priester etwas im Schilde führte.
Eines Tages stand die Polizei vor der Schule und holte den Jacob ab.
Es blieb nicht einmal Zeit um Abschied zu nehmen oder den Koffer zu packen.
Die Kinder waren traurig, Donna Rosa nicht weniger.
Der Priester schlich fortan wieder um die Schule herum und versuchte
dort zu unterrichten, was Donna Rosa mit Mißtrauen betrachtete,
weil dieser Mann so seltsam verschlagen blickte.
Später hat ihr der örtliche Polizeiinspektor gesagt:
"Das war wohl so eine Art Eifersuchtsdrama zwischen frommen Männern,
mir ist nur bekannt, dass dieser Jacob in mehreren Staaten steckbrieflich gesucht wird"
Aber glauben konnte sie das nicht, denn der Jacob war kein böser Mensch -
im Gegenteil, er hatte viel mehr von seinem Vorbild als je ein anderer vor ihm.

In Valparaiso hatte man Jacob schließlich eingebuchtet und vernommen.
Die Polizisten konnten nicht glauben, daß dieser heilige Mann, der noch immer
seine Bibel fest in den Händen hielt, ein Dieb und Hochstapler sein sollte.
Niemand den die Ordnungshüter kannten, wußte besser als Jacob Bescheid und
dazu gehörte wohl auch, daß er genau wußte, was sich gehört und was nicht.
Der Auslieferungsantrag war nicht in Marokko oder Portugal oder Spanien oder Frankreich,
sondern in Deutschland gestellt worden, obwohl er eigentlich Bulgare ist.
Das Flugzeug kam und er wurde mit Handschellen abgeführt und ist dann wieder
nach Buenos Aires geflogen worden, um dort von der Polizei in Empfang genommen zu werden.
Er wollte den Botschafter Bulgariens sprechen, welcher einen Abgesandten zur Flughafenpolizei
schickte - nach nur einer Woche..
So lange hockte Jacob in einer kargen Zelle, mit mehreren anderen "Dissidenten" zusammen.
Der Botschafter hörte ich die Story an, die Polizisten und Mithäftlinge waren von
dieser langen Unterredung fasziniert und lauschten aufmerksam.
"Darüber solltest du ein Buch schreiben", so rief einer aus dem Hintergrund.
Der Botschafter zuckte nur mit den Schultern und meinte, daß sein Land diese hohen Kosten,
die durch seine -unfreiwilligen- Flüge entstanden seien, unmöglich zahlen könne und
Jacob sich gefälligst mit den Behörden in Marokko darüber unterhalten solle.
Weder Marokko, noch Portugal oder Spanien haben sich dazu überhaupt geäußert
oder gar eine Kostenübernahme angekündigt.
So blieb dieser seltsame Heilige erst einmal hinter "Schwedischen Gardinen"
in Argentinien.

Nun ist dieses Land politisch immer irgendwie im Aufruhr, aber doch eine präsidiale Demokratie
und so ging der Instanzenweg für Jacob los, ohne daß er etwas davon mitbekam.
Der deutsche und bulgarisch Botschafter unterhielten sich über diesen Fall beim Lunch im Club,
was interessante Aspekte brachte:
Die beiden waren sich einig: Der kostet uns nur Geld, das kann man sinnvoller ausgeben.
Viele seiner Taten hat man früher als Mundraub angesehen und jemanden verletzt hat er auch nicht.
Beide Staaten wollten Jacob einfach nur los werden.
Die anderen beteiligten Länder äußerten sich nicht einmal, man schwieg den Fall tot.
Angeblich sind keine Unterlagen mehr da, so meinte einer der beiden Botschafter im Club.
Freilassen können wir ihn nicht, also was tun?
Jacob kam in der folgenden Woche vor einen Richter, der sich des Falles
"in allseitigem Einvernehmen und weil er bislang ein guter Familienvater gewesen sei"
wohlwollend annahm.
Er verurteilte Jacob in Abwesenheit der Botschafter und im Beisein eines Pflichtanwaltes
zu zehn Jahren wohltätiger Arbeit in einer verlassenen Klosterkirche
bei Santiago del Estero
- er habe bereits mit dem dortigen Bischof gesprochen.
Er erklärte Jacob noch einmal eindringlich, daß dies seine letzte Bewährung sei
und der dortige Klerus ihn unter seine Fittiche nehmen würde.
Bald wurde er zu diesem Ort im Nordwesten Argentiniens gebracht und seinem Vorgesetzten übergeben.
Dieser jedoch hatte bestimmte Pläne und die waren hart.
Diese Klosterkirche war ein Außenposten zu dem Nachbarland Chile hin und mußte dringend repariert
werden - mithilfe von ein paar Freiwilligen und Material von der Kirche.
Wenn er diese Mission erfüllt, so der Vertreter des Bischofs, dann könne er als Pfarrer geschult werden,
um diese von ihm aufgebaute Kirche zu betreuen.
Morgens harte Bau-Arbeit, am Nachmittag folgte die Schulung.
Die Arbeit machte Jacob nicht viel aus, mit den Hilfskräften kam er gut aus und bald war er in dieser
noch vacanten Gemeinde gut angesehen und längst als Seelsorger anerkannt.
Der aufsichtsführenden Pfarrer jedoch war... ein Intrigant, wie so oft auf diesen Posten
und auch jener fürchtete,
daß er von Jacob eines schönen Tages abgehängt werden würde.
Die katholische Kirche hat bekanntlich das Zöllibat, die Ehelosigkeit seiner Priester -
Jacob aber verstand die Sorgen der Familien viel besser und war "seinen Schäfchen" deutlich näher,
als das ein Junggeselle hätte sein können, der ein Pfarrer nun mal ist.

Er hatte immer den Schlager im Ohr,
"Zu Fuß und ohne Geld, Dominique..", der irgendwann mal im Radio gespielt wurde und ihn nicht mehr los ließ.

Die gleiche Kuh stand auf dem Eis, mal in jenem, mal im anderen Land.

Nun war er wirklich ratlos, zum ersten mal in seinem Leben.

Er bekam zugesteckt:
"Grundsätzlich kann jeder zum Priester geweiht werden, der männlich, katholisch und unverheiratet ist.
Wenn er von Gott dazu berufen ist.
Ob jemand berufen ist, entscheidet jedoch nicht der Einzelne selbst."
Als Witwer ist er wohl unverheiratet, katholisch kann man sich taufen lassen,
berufen fühlte Jacob sich in mehrfacher Hinsicht.
Er ging so lange zum Bischofsamt, bis er gehört wurde.
Von da an hat man ihn in das Priesterseminar abgeordnet, aber erst, wenn die kleine Kirche
fertig gebaut sein wird, so verlautete es - bis dahin sei seine Bewährungszeit..

Nun vergrub Jacob sich ganz in seine Arbeit und ging darin auf.
Er gewann noch mehr Freiwillige, die "ihre" Kirche vor Ort retten wollten.
Schon aus ganz praktischen Gründen, um nicht immer zum Gottesdienst so weit mit dem Bus fahren zu müssen..

***

Der Winter kam, die Kirche war fertig und begrüßte mit dem ersten Gottesdienst ihre Gemeinde.
Kommissarisch war der intrigante Priester der Nachbargemeinde dort tätig, aber nur jeden 2. Sonntag.
(Er wird froh sein, wenn Jacob ausgebildet ist und seine Stelle antritt - denn das wird
den Mühlstein von diesem elenden Intriganten nehmen, dachte sich der Bischof)
Der Bischof wußte schon ganz genau, was er tat und wem er welche Last aufbürdete.
Demut muß man lernen, Gott wird dich nur so weit prüfen, wie du zu leisten imstande bist.
Jacob hatte diese Demut und das kam ihm zugute.
Vier Jahre lang dauert so ein Priesterseminar, dem er nun angehörte und fleißig lernte.
Dann kam ein Brief von diesem Spanier, der seinen Werdegang aufmerksam verfolgt hatte.
Das hat Jacob schon verwundert, zumal sich dieser fromme Geschäftsmann nach seiner Odyssee
direkt an ihn wandte und dann auch noch ein Treffen vorschlug!

Rechtzeitig zum Freijahr, wo sich der künftige Priester den Ort seiner Tätigkeit aussuchen kann,
kam der Spanier in das von ihm vorgeschlagene Cafe, wo Jacob schon wartete.
Die Überraschung war nicht von schlechten Eltern, denn es kam nicht der Kaufmann,
sondern ein leibhaftiger spanischer Bischof !
Die Inhaber des Cafe's staunten nicht schlecht, als dieser hohe Herr hier auftauchte -
das passiert sonst niemals, diese Leute gehen kaum außerhalb ihrer Mauern herum.

Das Gespräch war sehr herzlich und freilich wußte der Spanier Bescheid, was
zwischen ihm und der Dona Rosa war, es ist schließlich seine Schwester!
Seltsam im Bilde schien er auch über die Verhältnisse vor Ort zu sein,
bis in der Tür zwei weitere Kirchenleute erschienen - der Bischof von Santiago,
hier in Argentinien, der ihn unter seine Fittiche genommen hat - unmerklich sozusagen.
Nun wurde Jacob einiges klarer und er begann zu verstehen.
"Saulus wurde damals zu Paulus und auf den hat Jesus seine Kirche gebaut,
so war der Tenor der Kirchenmänner.
Er läßt sich gut an und er wird das Seminar bestehen, da haben wir keine Zweifel,
auch daran nicht, daß der Jacob berufen ist.
Wie wäre er sonst hier gelandet, am Ende der Welt?"

Der Spanier meinte: "Gottes Wege sind unergründlich!"

Nach einem Kaffee und etwas Gebäck trennte man sich freundschaftlich
und versprach, sich zu schreiben und zu helfen, wo immer es geht.

Die anderen Seminaristen und auch der Intrigant erfuhren nichts davon.
Das spornte Jacob noch viel mehr an, sein Bestes zu geben, was ihm nun ganz leicht kam.

Er hatte immer den Schlager im Ohr,
"Zu Fuß und ohne Geld, Dominique..", der irgendwann mal im Radio gespielt wurde und ihn nicht mehr los ließ.

Seine Gemeinde hatte er sich ja längst schon ausgesucht und sogar die Kirche
wiedererbaut oder zumindest daran maßgeblich mitgeholfen.
Es war wohl die einzige kleine Pfarrei, bei welcher der Bischof höchstpersönlich
ab und zu vorbei schaute und darin seine Andacht hielt.
Das sprach sich herum und so bekam diese kleine unbedeutende Kirche ein besonderes Licht.

Heimlich tuschelten die Gläubigen vom "Jacobus dem Älteren", der in Santiago de Compostella war.
So mancher fühlte sich nach der Begegnung mit dem Jacob besser und so mancher konnte
danach wieder gehen oder sehen, so wird berichtet.
Die Kirche lehnt solche Berichte jedoch erst einmal ab und lange bevor es zu einer
offiziellen Untersuchung kommt, wird erst einmal von den geweckten Selbstheilungskräften gesprochen.
Auf jeden Fall hatten viele Leute nach dem Segen des Jacob ein seltsames Lächeln
erlebt, wie man sich zuraunte.
Viele Fremde kamen an diesen Ort, so daß der Bischof - etwas ärgerlich - den Jacob
für diese Gottesdienste frei stellen mußte, weil die Kirche ohne ihn und mit dem Intriganten
als Priester einfach - leer blieb.
Die Menschen kamen von fernen Ecken des Landes angereist, der kleine Ort blühte,
weil einige Übernachtungsgäste sich dort einquartierten.
Jacob bekam das als letzter mit, er war zu sehr mit seinem Studium beschäftigt und ziemlich
in sich gekehrt -was die Gläubigen als "Entrückung" auffaßten.
Jacob war nicht eitel, sondern tat nur seine Arbeit, wie er es nannte.
Trösten und helfen, statt von oben herab zu predigen und dabei abzukanzeln,
das war seine Botschaft- kaum ein anderer hätte das besser verstanden haben können,
als er, der zigmal durch zig Höllen gegangen ist.

Auf seine Empfehlung hin wurde die Schule des Ortes saniert und die Mädchen und Jungen
zusammen unterrichtet, was damals und dort ein Novum war.
Die beiden Lehrer, eine Frau und ein Mann - paritätisch sozusagen,
verehrten den Jacob fast schon und folgten seinem Rat lieber als dem der Schulbehörde
oder des Bürgermeisters, der sehr stolz auf die Entwicklung seiner Stadt oder dieses dörflichen Stadtteils war.

Man kann sich denken, daß die Priesterweihe für den Jacob ein Spaziergang war,
den er aber sehr ernst nahm und keinesfalls auf die leichte Schulter packte.
Diese Ernsthaftigkeit war es, die den örtlichen Bischof faszinierte.
Er hatte bisher noch nie einen richtigen Mann zum Priester weihen können,
immer nur halbe Kapaune, ohne Lebenserfahrung und ohne Mitgefühl für die Schäfchen,
wie geschrieben steht.

Der Bürgermeister richtete ein kleines Fest aus, als der Jacob von der Priesterweihe
auf den kleinen Platz vor der Kirche ging - mit vielen Tischen und traditionellen Speisen und Getränken,
ohne Prunk - eben so bescheiden, wie Jacob war.
Daß die Priesterweihe in dieser kleinen Kirche stattfand, beeindruckte alle -
anschließend fand dann noch der Gottesdienst statt, den Jacob alleine hielt.
Die Presse war eher heimlich dabei, kaum zu bemerken, was für diese Leute ein
absolutes Neuland war- aber dem dringenden Wunsch des Bischofs wollten sie sich nicht widersetzen.
"Hochmut gehört sich nicht"

Der Trubel verging, der Alltag kam und Jacob ging zu den Türen derjenigen, die das Haus
nicht mehr verlassen konnten, zu den Alten und Gebrechlichen, den Armen und Verschmähten,
zu den Sündern und Frommen.
Die letzten Worte des Bischofs hat er nicht vergessen:
"Bilde dir bloß nicht ein, daß das so weiter geht - die Karriereleiter ist nichts für dich!"
Das quittierte Jacob mit einem stummen Nicken;
Laudetur Jesus Christus, - in Aeternum, Amen!

Er hatte immer den Schlager im Ohr,
"Zu Fuß und ohne Geld, Dominique..", der irgendwann mal im Radio gespielt wurde und ihn nicht mehr los ließ.

Der Bischof kam nie wieder in diesen Ort, nie wieder in diese Kirche,
er verstarb bald danach mit einem seltsamen Lächeln, wie berichtet wurde.

Ein bischöflicher Brief aus Spanien traf ein -
sein Freund aus alten Tagen hatte den Wunsch geäußert, sich nochmal
an Jacob wenden zu dürfen und um die letzte Ölung von ihm zu erhalten.
Der neue Bischof Santiagos (Argentinien) gewährte diese Bitte und schickte
den Jacob nach Spanien,
der dort bereits von einer großen Menschenmenge erwartet und begrüßt wurde.
Die Schwester des Bischofs war auch zugegen und umarmte Jacob still und scheu.
In Abgeschiedenheit bekam der spanische Bischof die letzte Ölung von dem einfachen Pfarrer
aus dem fremden Argentinien, nach Vorschrift und doch sehr persönlich.
Dann flogen beide wieder nach Südamerika, er nach Santiago, sie ebenso, er
eben nach Argentinien, die Donna Rosa nach Chile.

Bald kam der Brief, in dem von dem Ableben des Spaniers berichtet wird -
welcher mit einem seltsamen Lächeln verstorben sein soll.

Wer weiß, wie die Geschichte ausgegangen sein mag, denn gehört
hat man von beiden nicht mehr viel, denn sie taten nur ihre Arbeit und gingen darin auf.

Es wird in der Ortschronik vermerkt, der Priester ihrer Kirche sei auf seiner Pritsche entschlafen,
mit einem seltsamen Lächeln im Gesicht..

Jacob war nicht mehr.

Dieses Lächeln kam aus der Gewißheit heraus, daß er einen Nachfolger
hervor gebracht hat, ein junger Mann, dem seine Frau jung verstorben, mit welcher
er nicht nur verheiratet, sondern unsterblich fest verbunden war.
Er besuchte immer die Gottesdienste, war Ministrant und lebte gottesfürchtig,
war lernbegierig, aber nicht eitel.
Jules ging bald auf die Priesterakademie und bestand diese,
erhielt die Priesterweihe und kam in eben diese oder in seine Kirche.
Die Leute mochten ihn und freuten sich mit ihm, zumal sie ganz genau wußten:
Das ist der geistige Sohn des Jacob, "dem Älteren" - mit ihm wird sich nichts ändern
und man konnte sich auf ihn verlassen.
Jules war also nun in der Nähe seiner alten Eltern und dem Grab seiner Frau,
die leider kinderlos geblieben war.
So zog er in das kleine alte Pfarrhäuschen ein, das sehr sehr bescheiden ein Stück
unter der Kirche in einem Obst stand, der dazu gehörte.
"Es ist zwar kein Weinberg des Herrn, aber immerhin ein Obsthain!"
Ein Kind pfiff auf der Straße ein Lied, so fröhlich und ehrlich,
daß es den Jules berührte, dieses Lied kannte er doch!
"Zu Fuß und ohne Geld, Dominique.."
Auch er, der Jules wurde diesen Ohrwurm nicht mehr los, solange er lebte.
Die Kirche selbst blühte und gedieh, jedoch ihr Pfarrer nahm niemals ein
Aufstiegsangebot des Bischofs an, er blieb wo er war und das schätzten die Bewohner
der Umgebung sehr, ebenso, daß er sich um die Fortführung der gemischten Schule
bemühte und diese weiter förderte.

Ein "Hobby" hatte er auch, er ließ Container von Valparaiso oder Antofagasta / Chile
nach Santiago del Estero bringen, also zu seinem Wirkungsort in Argentinien,
manche Container jedoch aus Montevideo oder Buenos Aires, wo diese gerade günstig zu haben waren.
Der Transport war auch noch ein springender Punkt, der beachtet werden mußte.
Der Spediteur löste das so, daß die Container mit Waren gefüllt wurden,
die sowieso zu transportieren waren - wenn diese am jeweiligen Bestimmungsort
ausgeladen waren, kam der leere Container eben nach Santiago del Estero zu Jules,
der diese dann in bar bezahlte, wobei die städtische Bank ein wenig half.
Donna Rosa hat geholfen die Kontakte zu knüpfen, die Adresse der Rektorin der Mädchenschule
hat ihm Jacob hinterlassen.

Diese alten Schiffscontainer wurden von Zeit zu Zeit ausgemustert und recht günstig verkauft;
-zwischen 1.500 und 1.800 Euro gebraucht- also erschwinglich.
Aus diesen Containern hat die Stadt mithilfe von ansässigen Unternehmern und dem Stadtrat
eine Siedlung errichtet, die sicher vor Erdbeben genannt werden konnte.
Ob im Winkel oder zusammengeschoben war Geschmacksache,
so wurde ein einfaches Wohnhaus oder ein kleiner Laden damit gestaltet.
Die Ausstattung oder Isolation und Farbe etc. war den neuen Bewohnern überlassen,
desgleichen wieviele und wo die Fenster und Türen hinein geschnitten wurden.
Der hilfreiche Unternehmer hatte einen Auto - und Schrotthandel, was sehr praktisch war.
Die Container-Türen, die zur Beladung gedacht waren, hat man zugeschweißt,
zwischen die jeweils 2 Container, die eine Wohneinheit bilden - Abdeckungen aus stabilem
Eisenblech der Container-Türen verbunden - alles kein Problem für einen Fachmann.
So entstanden schicke Winkelbungalows oder rechteckige Modernbauten, größere Familien
haben sich drei Container zusammen gestellt.
Ein Container-Kindergarten kam dazu und ein ebenso gebauter kleiner Lebensmittelladen.
So entstand ein Dorf am Stadtrand oder ein eigener kleiner Stadtteil, der
die Ärmsten aufnahm und diese aus der Stadt zog, die alsdann aufblühte und restauriert werden konnte.
So mancher arme Altstadt- oder Favellabewohner hat hier ein schönes Zuhause in guter Umgebung gefunden.
Eine Tafel war an der Einfahrt zur Siedlung, die zwar auf den Ursprung der kirchlichen Stiftung
hinwies, aber kein Wort vom Initiator selbst enthielt, das wäre Jules und auch Jacob
zu selbstgefällig gewesen, also hat man das weggelassen.
Man braucht kein Hellseher zu sein,um zu ahnen, wie begehrt diese Siedlung
geworden ist, zwischen deren schmalen Einbahnstraßen gezogen und nur Obstbüsche gepflanzt waren,
ein sehr einheitlicher und flotter Anblick.
Kostenloses Obst ist bei Familien immer begehrt.
Die Ernte hat man untereinander getauscht - mal hier von mal da von,
manche tauschten auch die Marmelade oder Eingemachtes daraus.

Und wo sich neue Menschen ansiedeln, da ist nicht nur Arbeit, sondern auch Kirche -
so ging sein Plan auf, den er dem Bischof unterbreitete, bevor er damit ans Werk ging.
Die Sache lief so gut an, daß aus vielen Ecken des Landes und auch aus Chile die Menschen
einwanderten nach Santiago del Estero, unweit des Flughafens und des Friedhofes,
was keinen Bewohner störte - wichtig waren die Arbeitsplätze der Viertelmillionen-Einwohner-Stadt,
deren Stadtteile doch noch ihren dörflichen Charakter und alte Identität bewahrt haben,
was man vielerorts in der Welt erleben kann.

Ein junger Mann half seit Anbeginn des Bau-Planes fleißig mit und führte die
Familien zur Kirche, er hatte sich selbst das Orgelspiel beigebracht und
erhielt bereits Stunden beim städtischen Küster, dessen Pfarrer
längst eine Empfehlung an den Bischof geschickt hat - davon wurde jedoch nie etwas bekannt.
Der kleine Container - Stadtteil wuchs prächtig heran und beherberte viele Familien,
die nun endlich ein eigenes Zuhause bekommen haben und dieses auch abbezahlten,
ein jeder nach seinen Möglichkeiten - man konnte sich Zeit nehmen mit dem Abtrag,
schließlich mußten auch die Kosten für die Ein- und Ausbauten bezahlt werden.
Dieses war das wichtigste Lebenswerk des Pfarrers Jules, den alle verehrten.

Bald war "der Organist", wie man den Pedro nannte, in aller Munde und er half
dem Pfarrer Jules bei der Messe und ging überall zur Hand.
Als Jules krank war, hat Pedro -ohne Genehmigung des Pfarrers oder Bischofs-
die Messe gehalten und das war so gut, daß die Anwesenden Kirchbesucher
eine Pedition beim Kirchenamt einreichten.
So ging auch Pedro auf das Priesterseminar und lernte dabei auch noch perfekter
mit der Orgel umzugehen, was ihm besonders gefiel.
Der junge Mann war wohl ein Multitalent, aber sehr bescheiden und wollte
nach außen hin nie als Priester verehrt werden, wie er es nannte.
Soziales und das Orgelspiel waren seine Passion und darin war er richtig gut.
In der großen Stadtkirche spielte er am liebsten, aber auch die kleine billigere Orgel
der ärmeren und sehr viel kleineren Kirche des Jacobs war im recht.
Als er wieder in der Stadtkirche spielte,
kam der Küster der Kathedrale Nuestra Señora del Carmen
zu ihm und forderte ihn auf, dort zu spielen.













"Der Heilige von Santiago de Compostella" 3

Es liefen einige Programme der Weltkirche in diesem armen Teil Argentiniens ab,
( kirche-in-n ot/tag/santiago-del-estero )
wo er fleißig geholfen hat und sich nach Leibeskräften einbrachte,
als das Containerdorf fertig gestellt worden war.
Jules war inzwischen in "seiner" Kirche beschäftigt, die fast so klein wie eine Kapelle wirkte,
nimmt man die Kathedrale zum Vergleich.
Für einen Mann war hier jedoch mehr als genug zu tun, es war immer mal was kaputt,
was er als Multitalent alleine und somit kostengünstig erledigen konnte.
Seine Hände waren die eines Arbeiters, das kam bei den Gläubigen besonder gut an:
Auch der Pfarrer war Arbeiter, im Weinberg des Herrn zwar, aber einer von ihnen,
mit dem sie sich identifizieren konnten.
Jules sprach klar und einfach, so wie die Bevölkerung und nicht gekünstelt,
wie man das auf dem Priesterseminar tat.
Er betrachtete mit Wohlwollen die Bemühungen des Pedro und freute sich,
weil er ganz genau wußte:
Das wird der Nachfolger meiner und des Jacob.
Es war ein heißer Tag, die kleine Kirche hatte an diesem Tag eine neue
Außenbepflanzung erhalten, die Jules sehr ermüdete - er schaffte es
gerade noch, die Pflanzen kräftig anzugießen und sich das Abendbrot zu machen,
dann sank er seelig weg,
er schlief mit einem seltsamen Lächeln dieser Nacht auf seiner Pritsche ein..

Er wünschte sich eine Bestattung im Grab seiner Frau, anonym, weil er die
Kirche nicht kompromittieren wollte.
Aber jeder wußte:
Hier liegt Jules, der dem Jacobus aus Santiago de Compostella folgte.

Es wurde eine richtige kleine Pilgerstätte, wo immer Blumen waren.

***

Pedro hat die Weihe geschafft und wurde tatsächlich in dieser kleinen Kirche eingesetzt.
Er war sehr beliebt und blieb bescheiden, auch wenn er ein ganz anderer Typ als seine
Vorgänger war.
Pedro wollte weiter kommen, wurde aber vom Bischof geführt und gebremst..
bis ihm klar wurde, was seine Passion sein sollte.
Lehrjahre sind keine Herrenjahre !
Jacob und Jules hätten wohl hinzu gefügt:
Nach den Lehrjahren kommen die Jahre der Demut..

Pedro fand die Tagebücher der Beiden und vertiefte sich darin,
denn diese ergaben eine Unmenge an Predigt - Vorlagen für die nächsten
Jahrzehnte in dieser kleinen Kirche.
Er wurde immer wieder zum Orgelspiel in den Kirchen der Umgebung eingeladen
und so wurde dieses Steckenpferd eine echte Passion, bei der -inkognito-
zuweilen der Bischof teilnahm.
Als er wieder "daheim in seiner Kirche" war, bat einer der Ministranten,
er möge doch einmal das Lied spielen, das seine geistigen Eltern immer summten:

"Zu Fuß und ohne Geld, Dominique.." - verlegen erzählte der Junge vom Geistlichen,
der ihn so seltsam berührte und liebkoste.
Das ist -unter der Hand- schon öfter zu lesen gewesen, wenn der Pedro die
Tagebücher seiner Vorgänger durchstöberte auf der Suche nach Predigt - Inhalten.
Auch in der Wohnsiedlung wurde davon gesprochen, eher aber gemunkelt.
Diese Geistlichen waren ganz sicher keine Heiligen, das war jedem klar,
sich aber an den unschuldigen Kindern zu vergehen oder das auch nur zu versuchen,
war eine schlimme Straftat.
Pedro wühlte heimlich in diesen Dingen herum und bekam mehr mit, als er zuvor schon vermutete.
Außerhalb des Klerus war das schon lange Tagesgespräch und das in vielen Orten und Regionen,
geradezu weltweit.
Nun verstand er auch, weshalb sich manche im Priesterseminar so seltsam freundschaftlich verhielten,
andere Kollegen sich eher so wie Frauen benahmen:
Zickig.
Pedro nahm sich vor, ein eigenes Tagebuch zu verfassen, bevor die Erinnerungen im Detail verbleichen
würden und nur die groben Rahmen im Gedächnis zu finden wären.
Er nahm sich die beiden anderen Tagebücher zur Seite in seine Kammer, zu den persönlichen Dingen.
Gut verschnürt und als Geschenk getarnt, damit niemand auf den Gedanken kam, daß es diese Bücher
überhaupt gab, die er erst zu einem kleinen Teil gelesen hatte.
Wer weiß, welche Enthüllungen dabei ans Tageslicht kommen..

***

Er sprach mit den Eltern der betroffenen Kinder und entschuldigte sich im Namen der Kirche
-wozu er keinesfalls legitimiert oder beauftragt war- und besprach das Prozedere,
das die Familien tun oder welche Hilfe sie in Anspruch nehmen könnten.

Er besprach die Sache mit dem örtlichen Jugendamt, welches sich rührend und sorgsam
dieser Sache annahm und ggf. weitere Schritte unternehmen wollte.
Wichtig war erst einmal die Kontaktaufnahme mit den Jungen durch eine Soziologin des Amtes.
Dann hörte er nichts mehr von dieser Sache.
Auf seine Nachfrage beim Amt kamen ausweichende Antworten - aber zwischen Tür und Angel sagte
einer der Mitarbeiter:
"Verraten sie mich bitte nicht, es hat sich der Bürgermeister und der
Kirchenvorstand eingeschaltet und nun wird nicht mehr weiter untersucht werden,
bis Gras über die Sache gewachsen ist.."
Aha, bis ich unter der Erde liege - oder?
Pedro war so entsetzt, daß er vor Schreck seinen üblichen Gang ins örtliche Cafe vergaß
und eilends ins Pfarrhäuschen stürmte.

Was sollte er tun?
Die Gedanken gingen wie rasend durch seinen Kopf, dem Bischof schreiben?
Der Brief käme wohl kaum an, der würde im Vorzimmer bereits verschwinden,
wo dieser seifige Kirchenherr saß, der persönliche Sekretär des Bischofs
oder einer seiner Vertreter.
Der Bischof hatte eigentlich nie einen derartig "toleranten" Eindruck auf ihn gemacht,
sondern war eher einer der harten Sorte, ein sturer Glaubensmann.
So schien es zumindest, niemand konnte hinter diese Mauern schauen,
weder die aus Stein, noch hinter die der Gesichter.

***

Tage vergingen, die Predigt für den Sonntag sollte geschrieben werden und Pedro
fiel kein anderes Thema ein, als diese schlimmen Dinge.
Sein Lebenswerk und die Kirche wollte er dabei auf keinen Fall beschädigen,
aber diese Fälle waren ganz einfach zu heftig, als daß man sie hätte übergehen können.
Hilfe hätte er von keiner klerikalen Seite erwarten können, um dieses Problem
auch nur anschneiden zu können.
Von der Öffentlichkeit kam dagegen Aufregung oder Quotenmacherei der Presse,
aber auch eine Gleichgeschlechtlichkeitswelle, die langsam, aber sicher auch über
Argentinien zu schwappen schien und diese Verfehlungen zumindest relativierte.
"Ökologische Parteien" forderten sogar den legalisierten Sex mit Kindern,
wie er in der Zeitung lesen mußte, nicht nur in Deutschland, sondern überall in Europa.
Er stand alleine da auf seiner Kanzel und die Welt schien nicht auf seiner Seite zu sein.
Er las aus der Bibel vor:

1-34 Moses Abschied und Tod
Die Einsetzung Josuas.
Mose fuhr fort und sagte zum ganzen Volk Israel:
"Ich bin jetzt 120 Jahre alt und kann nicht mehr euer Anführer sein.
Jahwe hat mir verboten, diesen Jordan zu überschreiten."
Jeder kann zuhause nachlesen, wie die Geschichte weiter ging -
ich aber sage hier lebt wohl, ihr seid eine gute und liebe Gemeinde.
Jedoch ist es mir nicht möglich, weiter euer Priester zu sein,
zu groß sind meine Zweifel geworden, die mich plagen.
Nicht am Glauben, nur wegen der Kirche, nicht wegen des Baues, nur wegen seiner Herren
ist mein unheilbarer Kummer gekommen.
Deshalb gehe ich nun in die Fremde, woher der Jacob kam und versuche in Santiago de Compostella
Antworten zu finden und finde ich diese nicht, werde ich weiter danach suchen -
auf Jacobs Spuren danach graben.

Der Tumult ging los, als Pedro zur Orgel schritt und das bekannte Lied
spielte, gerade weil es kein Kirchenlied war:

"Zu Fuß und ohne Geld, Dominique.."

Anschließend sprach er ein Gebet vor dem Altar und verließ die Kirche.
Die Koffer waren gepackt und das Taxi zum Flughafen wartete, wo er die Maschine nach
Buenos Aires bestieg.

***

Dort hielt er sich nicht lange auf und buchte im Reisebüro die billigste Überfahrt
mit einem der Frachtschiffe nach Lissabon, Portugal,
von dort ging er den Pilgerpfad oder Jacobsweg an.

Er arbeitete ein paar Tage in der Frucht- und Fischhalle,
legte das Geld sorgsam zur Seite, man weiß ja nie.
Reich ist er als Priester in Santiago del Estero nicht geworden,
aber immerhin ist doch etwas hängen geblieben.
Sein Konto hatte er löschen lassen, den Betrag eingesteckt und nicht einmal eine Kündigung
hinterlassen, nur das Pfarrhaus sauber geräumt und alles ordentlich gereinigt,
die Soutane und Ausstattung auf den Haken gehängt,
nicht einmal das Meßbuch oder die Bibel, die er selbst bezahlen mußte, nahm er mit.
Ohne Abschiedsbrief ging er weg und nun stand er - in Zivilkleidung eines einfachen Wanderers -
mitten drin im einfachen Leben und lernte schon einmal Portugisisch.

Nach einer Woche holte er den Lohn beim Arbeitgeber ab und ging gemächlich den Jacobsweg.
Schon auf den ersten Kilometern war es ihm leichter um's Herz, als wäre der Jacob
bei ihm, so ergriffen ging er in dieser schönen Landschaft weiter,
grüßte die Passanten und fing an, sich nach einem Wanderstock umzuschauen,
der gegen wilde Tiere und Diebe schützen wird.
Im nächsten Dorf schon war ein Laden mit Wanderstöcken, vor dem ein alter Mann auf
einem ausgedienten Bistro - Stuhl hockte, bei einem winzigen Tischchen mit einem Krug und einem Glas Rotwein..
..er paffte eine billige Zigarre und hatte den landestypischen Strohhut auf dem Kopf.
Dort kaufte er sich ein solides Exemplar an Stock,
kräftig aber doch elastisch genug, um nicht zu brechen, wenn es hart auf hart käme.
Das war nun wirklich billig, so meinte er - diesen Stock hat keiner haben wollen,
weil er zu lang und zu altmodisch aussah - wer weiß, wer diesen alten Stock bereits trug?

***

In Santiago del Estero war die Verwunderung erst am nächsten Sonntag zu spüren,
wo die Kirche ohne Pfarrer blieb.
Dieses drang bald an den Bischof und der setzte geschwind einen jungen Mann aus dem Priesterseminar ein,
zumindest vorübergehend - und ohne das Hochamt - den Gottesdienst zu halten.

Das Rätselraten im Bistum war kaum zu hören, der Bürgermeister und der Stadtrat wunderten sich,
wußten aber keine Antworten und die Gläubigen der Gemeinde verrieten Pedro nicht.
Hier in der Fremde, in Portugal war er nur einer von vielen Pilgern nach Santiago de Compostella,
hier fiel niemand auf, der in Zivilkleidung ging und mit Wander- oder Pilgerkleidung
schon mal ganz und gar nicht - zudem er mit keinem Wort seine Herkunft und seinen Vorgänger erwähnen wollte.

***

Der Trip ging weiter und mal war hier eine Erntehilfe gesucht, mal dort ein Helfer
in der Schreinerei, die gerade einen Auftrag mit einigen schweren Werkteilen aufzuladen hatte,
mal half er in der Mühle Säcke schleppen oder fand in einer Spedition als Packer eine kurze Beschäftigung.
Dann war wieder Geld in der Kasse.
Unterwegs waren einige Pilger, selbst auf dieser Strecke von Ceuta zur Wallfahrtstätte,
so kamen Gespräche auf - zumeist in englischer Sprache - weil fast alle Pilger waren und
aus anderen Ländern kamen und die Strapaze der Wanderung ganz absichtlich auf sich nehmen wollten.
Er sah bald recht wettergegerbt aus und hatte Schwielen an den Händen, wie seine Vorgänger.
Ab und zu war ein tieferes Gespräch in Spanisch aufgekommen,
das doch einige Tricks und Tipps mit sich brachte.
In einem kleinen Lokal an der Straße wollte er sich Spaghetti bestellen, die gerade
billig angepriesen wurden an der Kreide-Tafel vor dem Eingang,
als eine völlig aufgelöse Frau kam, die vom plötzlichen Verlust ihres Kochs und Lebensgefährten
sprach, der erst am Morgen vom Bestatter abgeholt worden war.
Geschwind zog er sich eine Schürze an, stellte sein -inzwischen sparsam ausgedünntes Gepäck-
in den Flur und fing in der Küche an zu werkeln- ohne ein Wort zu sagen.
Die Gaeste warteten schließlich schon an den Tischen.
Pedro war geübt und hatte viel von den Frauen der Container-Siedlung gelernt,
bei denen er oft eingeladen war - und da die Container nicht groß waren,
sah man auch deren Vorbereitungen und Zubereitungsarten.
Das Essen stand schnell auf den Tischen, die Gäste lobten den Koch, zahlten und zogen weiter.
Dann ging man zur Beerdigung, anschließend wieder ins Lokal um für die Abendgäste vorzubereiten.
Daß dies kein Problem für Pedro war, sah die Inhaberin des Lokals sofort, desgleichen die
strukturierte Art des Arbeitens dieses Fremden, der kaum ihre Sprache sprach.
Er bekam ein Zimmer im Nebengebäude zugewiesen, das karg wie eine Klosterzelle war.
Dort fühlte er sich gut und besorgte sich vom ersten Lohn ein paar passende Klamotten in der Stadt.
Niemand wäre auf den Gedanken gekommen, daß sie einen Priester vor sich hatten!
Nach und nach paßte er sich der Küche dieser Gegend an, die Inhaberin war eine gute Lehrerin
und er ein gelehriger Schüler, der eine praktische Begabung allemal vorzuweisen hatte.
Nach dem die letzten Gäste gegangen und die Küche in Ordnung gebracht worden war,
zog er sich still zurück in seine Kammer und las die Tagebücher seiner beiden Vorgänger ganz
gewissenhaft und eifrig durch.
So manches seltsame Ding war dort zu lesen!

Lebensbeichten in allen Details, erschreckend, schön, erschüttert und ergreifend!
Jedes dieser beiden Leben war so reich, so prall voll mit Erlebnissen, die
man eigentlich in einem Buch veröffentlichen sollte, so dachte er bei sich.

***

Es kam wie es kommen mußte, die Beiden kamen sich näher, die Inhaberin und der Priester.
Er überlegte ernsthaft, ob er nicht einfach weiter gehen oder das unausgesprochene
Angebot der Frau annehmen und bleiben soll.
Sie war alleine, er war alleine und wozu das ganze Theater mit der Wallfahrt?
Ist er noch gläubig genug oder ist es mehr eine Frage des Glaubens
an die Institution Kirche, die so sehr gelitten hat, dadurch, daß der Missbrauch an Kindern
seit zig und zig Jahren einfach "übersehen" worden ist und wird?
So zerrissen in den Gedanken schlief er in seiner Kammer ein.
Als er am nächsten Tag in die Stadt fuhr um für die Gaststätte einzukaufen,
kam ihm so mancher Gedanke:
Muß ich wallfahren oder brauche ich auch das nicht mehr tun?
Soll ich mir treu bleiben und den Weg zuende gehen, der nun mal beschritten war?
Bin ich den beiden Vorgängern diese Wallfahrt schuldig oder ist es nur ein fixer Gedanke,
wie der mit dem Containerdorf?
So manches in seinem Leben war klar und gerade, aber diese Kurven - einfach so abzuhauen
und den ganzen Kram stehen und liegen zu lassen, waren eigentlich nicht sein Ding.
Würde er zurück fahren nach Argentinien, wäre ihm Schimpf und Schande und Degradierung
sicher "wie das Amen in der Kirche" gewesen, das war vollkommen klar.
Diese "zurück" war undenkbar, die Reise wäre auch viel zu teuer geworden,
schon für die einfache Tour hat er Jahre lang gespart - allerdings für einen anderen Zweck -
er wollte das kleine Pfarrhaus kaufen, irgendwann, vielleicht.
Er kaufte die Lebensmittel im Markt ein, belud den kleinen dreirädrigen Transportwagen,
der jener Inhaberin gehörte und steuerte zurück nach São Pedro da Cadeira,
nahe der Kreisstadt Torre Vendras,
in die Cantinho, Bistro oder Pinta der Frau an der N9, was wohl einmal ein Schuhgeschäft gewesen war,
gegenüber der Einfahrt zur R. do Saläo Paroquial, hier war eigentlich recht guter Publikumsverkehr.
Der Ort belebte sich von Jahr zu Jahr mehr - eigentlich nicht sein Ding, so dacht Pedro noch nach.
Ponte de Lima, das würde genau am Ende des portugisischen Jacobsweges liegen, 2 Ortschaften vor der Grenze,
das wäre ihm der passendere Ort gewesen.
Ach was, welche Mühe, welche Qual und dann immer den Kunden nachlaufen - furchtbar!
Die Zahl der Nörgeler hat derart zugenommen, daß ein Bewirtungsbetrieb keinen Spaß mehr macht.
Mit diesen Gedanken kam er bei der Inhaberin an, stellte den Transporter in den Hof und lud
die Waren aus - als er damit fertig war, wunderte er sich, daß in seiner Kemenade Licht brannte.
Das saß sie auf seinem Bett und .. las in den Tagebüchern, - genau gesagt in seinem Tagebuch !
Da half ihr keine Entschuldigung, das war ein Vertrauensbruch.
Deshalb packte er seine Sachen zusammen und wollte gleich am nächsten Morgen aufbrechen zu neuen Ufern.
Wer Frauen kennt, weiß um das folgende Theater und Flehen, die tausend Ausflüchte und Erklärungen..
Als Priester war er vollkommen unterlegen und kam mit dieser Art der "Argumentation" freilich nicht mehr mit
und sank totmüde zu Bett, wo er auch gleich einschlief.

***

Der nächste Tag brachte im das Frühstück ans Bett, eine besonders freundliche Frau forderte ihn
zu bleiben, denn sie habe sonst niemanden auf der Welt,
sie sei aus ärmlichen Verhältnissen gekommen und habe in einer Bar in Porto gearbeitet,
als ein Seemann immer wieder kam und ihr dann versprach, sie zu heiraten.
Eine Pinte habe er auch, die aus einem ehem. Schuhladen
zu einem netten kleinen einfachen Imbißbetrieb erwachsen sei und guten Zulauf habe.
Alleine kann er das kaum schaffen und Kinder habe er auch keine, trotz seines bereits fortgerückten Alters.
Das weitere in meinem Leben kennst du ja, flüsterte sie leise.
Wer Frauen kennt, weiß schon jetzt, dass Pedro verloren hatte.
Ines war schon attraktiv, obwohl nicht mehr ganz jung - aber was ist schon Jugend gegen Lebenserfahrung?
So blieb er in diese Pinte und arbeitete zusammen mit seiner Lebensgefährtin -
eine vollkommen neue Erfahrung für diesen Mann, der ja Priester war und enthaltsam lebte und
sein mußte oder sollte.
So oder so, nun sind alle Hasen gefangen - sagte er mehr zu sich selber.
So eine Beziehung ist schon sehr fein und ganz besonders der Umstand,
dass man sich mit ihr über alles unterhalten konnte.
Wer das kennt, mit seinen eigenen Gedanken immerzu ganz allein zu sein, weiß was ich meine.

***

Reich wollten die Beiden mit ihrem Minilokal nicht werden,
deshalb wurde dieses weder ausgebaut noch modernisiert.
Die Einrichtung war schon sehr alt, aber gemütlich -
sie stammte aus dem Süden, wo ihr Mann das Mobilar billig vom Trödel bekommen hat.
Die Menschen sind seltsam, wo alles neu und top ist, wollen sie nicht hin -
hier bei uns, in den rosa angestrichenen kahlen Wänden mit den schon schäbigen Tischen und Stühlen
fühlen sie sich wohl, hier kann man auch mal kleckern und etwas verschütten - alles nicht schlimm !
Die Preise hat man absichtlich sehr moderat gehalten, so daß sich die einfachen Rentner genau hier
zum Kartenspiel trafen - ein Glas Rotwein dazu, ab und an einen Happen futtern..
Internationale Küche oder "Burger" suchte man hier vergebens, die Karte war sehr klein:
Fisch der Saison mit Weißbrot und Salat, Bratkartoffeln mit div. Beilagen, belegte Weißbrote
mit Käse oder Hartwurst von den benachbarten Bauern, frische Spiegeleier und ähnlich kleine Speisen.
Ab und zu auch eine Gemüsesuppe etc., was eben gerade günstig auf dem Markt zu haben war.
Keine Liköre, keinen Schnaps, nur Milch, Kaffee, roten und weißen Wein vom Bauern der Gegend,
ganz einfache Waren, die noch ehrlich und möglichst ohne Chemie waren.

***

Die Beiden lebten nicht schlecht, sie hatten ihre Arbeit und die ging recht früh los,
weil der Erste mahlt, der auf dem Markt günstig einkaufen will.

Fortan ging sie in dieser Zeit zum Friseur oder in einen Kleiderladen,
er hatte die Lebensmittel zu besorgen.
In dem Dreirad war es eng, aber gemütlich - "Tuchfühlung" war hier inbegriffen!
So führten sie ein zufriedenes, bescheidenes Leben und verstanden sich ausgezeichnet.
Pedro vermißte seinen Priesterrock nicht und sie ihr altes Leben ebenso wenig.
Dann fing sie wieder an:
Schreib doch mal dein Buch und wenn es zu Ehren der beiden
Pastoren ist, die nicht so einfach sang und klanglos gestorben sein sollen.
Was ist, wenn diese Tagebücher irgendwann verloren sind - sind dann die Erinnerungen an
diese Leute und an deine Glaubensbrüder ebenfalls tot?
Soll der Kampf vergebens gewesen sein, Das Ringen um Gut und Böse?

Ich habe eine Schreibmaschine in der Kammer, Papier aus der Stadt kann mitgebracht werden -
was hält dich ab nun anzufangen?
Es muß ja nicht in Arbeit ausarten, jeden Tag ein wenig und schon wird irgendwann ein Buch daraus!
Pedro ging in sich und überlegte in der nächsten Nacht, wie denn so ein Konzept -
und ohne ein klares Konzept wäre dieses
Vorhaben wohl nicht denkbar - aussehen müßte.
Es ging ihm auch nicht um einen Gewinn aus dem Verkauf der Bücher, sondern eher um die Verbreitung
der Inhalte:
Ein Buch kann man nur verlegen lassen, wenn man viel Geld hat und das hatten beide nicht.

Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, entschloß er sich die Namen und Orte zu anonymisieren,
die wahren Begebenheiten jedoch klar heraus zu extrahieren, was an Gedanken in diesen Tagebüchern steht.

Ines hatte die zündende Idee:
Schau mal hier in der Tageszeitung, hier verkauft jemand einen gebrauchen Laptop mit kaputtem Accu
ziemlich billig - wenn man den am Strom läßt, funktioniert der tadellos.
Durch dieses neue Telefon System haben wir Internet, aber noch nie genutzt -
vielleicht sollte man dort einmal anrufen?
Gesagt, getan und schon kam der Verkäufer und brachte das Ding vorbei, er hatte eine seltsame Box
an der Telefondose angeschlossen und geholfen, beim Anbieter eine einfache Homepage einzurichten.
Das ließ er sich zwar bezahlen, aber diese Kosten waren gegen den Aufwand ein Buch
ein Manuskript, dann in den Druck zu einem Buch zu geben, lächerlich gering.

Nach Feierabend formte er die Worte des Jacobs aus dem Tagebuch zu einem Fortsetzungsroman,
der bald Seite für Seite ins Internet gestellt wurde.
Er hatte auf diese Weise ein neues - fast pastorales Hobby gefunden,
das zwar kein Geld einbrachte, aber auch keines verschlang.

So vergingen die Wochen - er schrieb, während sie Handarbeit machte.
Die Arbeit im Bistro ging freilich vor.
Die Harmonie zwischen den beiden ungleichen Leuten war stabil und vertrauensvoll.

***

Er beantragte in dieser Zeit den portugisischen Pass und die Eingliederung,
was erstaunlich einfach vonstatten ging.
In seinem argentinischen Ausweis stand ja nicht, er sei Priester von Beruf -
und so kam erst einmal niemand auf einen solchen Gedanken.
In Argentinien hat sich der Klerus um den verschollenen Pfarrer nie gekümmert,
weil die Gehaltsanweisung wieder zurück kam - das Girokonto war aufgelöst,
alle Verträge gekündigt und keine Abbuchungen mehr zu erwarten gewesen.
Viel war das sowieso nicht, was Pedro damit zu tun hatte, Geld war nicht sein Ding.
Man hat seine Akte einfach mit dem Vermerk geschlossen:
"Unbekannt verzogen" und seine Priesterweihe annulliert,
ohne ihn zu befragen, ohne ihn befragen zu können.

***

Die Homepage lief und dieses Onlinetagebuch, wie er es nannte, wurde gelesen.
Interessant fand Pedro den Umstand, daß diese Leser bald aus allen möglichen Ecken der Welt kamen.

"Fortsetzung folgt" stand nach einem jeden Fortschritt dieses Onlinetagebuches - und das war es,
was die Leute magisch anzog.
Um ganz anonym und auf der sicheren Seite zu sein, lief der Account auf Ines,
jedweden Rückschluß auf seine Person war damit ausgeschlossen, zumal niemand wußte,
wo er hin gegangen ist - er hätte auch im Nachbarland Brasilien oder in den USA Unterschlupf
gefunden haben können - aber ausrechnet Portugal, nee, dachte er sich, da kommt der Bischof nie drauf!

Denkste - der Bischof hat viele Zuträger und die kommen bis aus dem fernen Rom.
Dort hat man die Seite gefunden und Interna erkannt, die nur ein Priester kennen konnte.
"Jacob und Jules und Pedro" aus der fernen Provinz Argentiniens,
die Namen der Aufsässigen habe ich noch irgendwo im Ohr, murmelte einer in den Hinterzimmern
des mächtigen Vatikans.
"Disziplinarmaßnahmen werden wohl nichts bringen, selbst wenn wir ihn dingfest machen können",
so meinte der hinterlistige Nuntius, aber was tun?
"Wir kennen den Entstehungsort der Publikation, aber konnten ohne Gerichtsbeschluß
die Seite nicht vom Web nehmen lassen, weil der Richter die Hintergründe dazu erfragen würde!"
Solange keine Klarnamen benutzt worden sind, haben wir keine Handhabe, so der
klerikale Rechtsanwalt in Rom.
"Es besteht immerhin die Gefahr, daß dieser Mensch die echten Tagebücher an die Presse gibt
und das wäre sicher nicht in unserem Interesse!
Die Antwort vom stellvertretenden Leiter der Stelle kam:
"Besorgt euch die Originale der Bücher in einem stillen Moment -
die Kirche darf nie in Verdacht geraten!"
Gut, Eminenz, ich werde mit Santiago del Estero Kontakt aufnehmen und die Ordinanz bitten,
ihr Einverständnis zu geben.
Dann geht es weiter nach Portugal, wo man bereits auf den Auftrag wartet.
Alles muss hieb- und stichfest sein, seid mir nur auf der Hut !
Ja Euer Eminenz, selbstverständlich.

***

Eine dunkle Limousine stand vor Ines Lokal und wartete auf was oder jemanden.
Die Beiden dachten sich nicht dabei, denn hier parkten ständig irgendwelche Wagen von Reisenden,
die sich die Füße vertreten oder den Ort ansehen wollten.
So fuhren sie mit dem Dreirad zum Markt in die Stadt.
Als sie nach zwei Stunden wieder zuhause ankamen, stand die Tür zur Kemenade etwas offen.
Pedro eilte zu seinem Bett und ahnte schon, was geschehen war -
die Bücher im Versteck - sie waren verschwunden !
"Diese Drecksäcke und Sittenstrolche" so entfuhr es Pedro - seine Ines aber lachte:
Das dachte ich mir und deshalb habe ich die Dinger fotokopieren lassen, der Inhaber
des Copy-Shops war mir noch was schuldig.
Wunderbar, eine sehr gute Idee, darauf hätte ich erst einmal kommen müssen!
Ach was, Priester sind darin Einfaltspinsel, weltfremde Träumer..
So flachste man herum und vergaß die Zeit.
Die Seiten wuchsen und die Webgemeinde besuchte seine Fortsetzungsstory mit großer Aufmerksamkeit.
Bald kam ein Anruf aus der Stadt Porto, wo ein Verleger sich dieser Sache annehmen wollte.
Ein großer Wagen kam darauf hin und eine gepflegte alte Dame stieg aus dem Fond um
in die bescheidene Pinta zu gehen, während der Chauffeur im Wagen wartete.
"Ich verspreche ihnen, wenn sie mir diese Story und die Tagebücher verkaufen,
werden diese gedruckt und auf der Messe als Neuheit ausgestellt !"
Pedro war vorsichtig und fragte die Dame, welcher Konfession sie angehöre -
als sie "katholisch" sagte, lehnte er dankend ab.
Er war sich sicher:
Das Buch - falls es jemals in Druck gehen wuerde, wäre bald im Giftschrank verschwunden.
Bald kam der nächste Interessent, der für brisante Veröffentlichungen bekannt war -
dieser zahlte sofort und ohne Umschweife gutes Geld für die Story.
Er war für seine Kirchenkritik bekannt und ein leidenschaftlicher Anwalt für mißbrauchte Jugendliche
in aller Welt.
Er hatte zeitlebens mit einer gut bekannten Zeitschrift viel Geld verdient und
war auf weitere Einnahmen kaum mehr angewiesen, ob das Buch nun ein Renner oder Flopp würde.
Die Bedingung war, daß diese Homepage gelöscht und das Manuskript oder die Fotokopien sofort
ausgehändigt werden, Zug um Zug, wie bei einem Marktgeschäft.
Pedro war hin und her gerissen - einerseits war jedes Angebot verdächtig, andererseits
wäre er den ganzen Kram los gewesen, weg mit allem, was nach Kirche roch.

Ines nickte Zustimmung, also nahm Pedro das Angebot an und das Geld bar entgegen
und gab den Stapel Fotokopien ab, unterschrieb den Vertrag, daß er keine weiteren
Kopien habe und auch auf eine eigene Publikation über diese Tagebücher betreiben würde.
Zufrieden zog man sich zurück, aber etwas flau war es doch im Magen Pedros.

Am nächsten Morgen meinte Ines:
Ich denke, es ist sicherer, wenn wir von hier verduften und den ganzen Kram verkaufen.
Wer weiß was diesen Mordbuben noch alles einfällt, um uns klein zu kriegen!
Pedro nickte stumm.
Die Tagebücher hatten beide ausgelesen und so kam eben die
Überzeugung, einen solchen Umbruch zu machen, einen Neustart zu wagen.

Ines hatte einen Plan:
Sie wollte die Spuren verwischen und schlug vor,
im Reisebüro den Preis für ein Ticket für 2 Personen -einfach- nach Mexico-City zu erfragen.
Dieses Angebot ließ sie auf dem Tresen des Lokals liegen.
Unterdessen verkauften sie alles was sie hatten und fanden auch bald einen Käufer für die Pinta,
die bekannt genug war, um ein gutes Angebot zu sein.
Nun hockten beide in der Kemenade, wo sie noch ein paar Tage verbleiben durften,
bis die Reise beginnen konnte - zuvor wurde noch fix das Dreirad verkauft,
auf das ein Nachbar schon ein Auge geworfen hatte.

***

Diese drei Nächte waren heiß und ausgelassen, aber lebensfroh und voller Erwartungen.
So ganz und gar neu zu starten, das war schließlich nicht jedem vergönnt!
Das alte Konto wurde gelöscht, die neue Bank war eine international tätige und übernahm
die Formalitäten der Ummeldung aller Abbuchungen, ein gemeinsames Konto auf einen Decknamen.
(Das war nicht leicht zu erreichen, aber als beide Inhaber die Umstände umrissen, ging das doch,
die Bank hatte mit den Glaubensrichtungen nichts zu tun)

***

Mit kleinem Gepäck und bescheiden gekleidet, gingen beide als Wanderer oder Pilger
mit Hut und Stock den Jacobsweg entlang.

Sie gingen geradewegs zur Küste und den Küstenjakobsweg nordwärts, bis er sich mit
dem Hauptweg nach Santiago de la Compostella treffen sollte.
An der Praja de Santa Cruz gingen sie barfuß am Strand entlang und planten die Tour.
Romantisch ging die Sonne über dem Ozean unter, das Rauschen der Brandung war ihr Wiegenlied.

Sie gingen bis zum Abend und schliefen am Strand, es war Frühjahr und noch nicht so heiß.
In Praia da Areia Branca schlugen sie ihr Zeltchen auf dem Campingplatz auf.
In Nazare fiel ihnen ein, durch das Tal der zwei Brüder bis nach Fatima zu gehen.
Das muß man einfach gesehen haben !
Hier fanden sie Arbeit in einem Restaurant für ein paar Wochen,
dann zogen sie weiter ins Hochtal (Cova Alta) und fuhren für ein paar Wochen aushilfsweise Bäckereiwaren aus.
In Caldelas arbeiteten sie eine Woche in einem Geschäft für Heimtierbedarf,
in Leao halfen sie einem Transportunternehmen über die Personalknappheit während der Grippeperiode hinweg.
In Barracao war in einem Restaurant viel Arbeit während der Kommunionszeit,
In Gomes Ferreira war Arbeit an einer Tankanlage, die einen Monat aufhielt.
Sie lebten bescheiden und machten auch auf Trickdiebe nicht den Eindruck eines lohnenden Objekts.
In gezackter Linie ging es nach Cavadinha, nur nicht auf fromme Leute treffen, so war ihre Devise.
So ging das fort bis zum Mondego, Geld hatten sie nun wahrlich genug verdient, zumal sie
fast nichts ausgaben unterwegs, ab und an haben sie ein einfaches Doppelzimmer genommen
oder im Zeltchen geschlafen
und immer nur von Diskounterwaren gelebt.
Der Weg bis zur Grenze Spaniens war noch weit -
der Weg am Fluß Mondego entlang war nicht schlecht und wohin sie gehen würden,
war eigentlich egal;
der Weg war wohl ihr Ziel?
Nach einiger Zeit und ein paar kleinen Gelegenheitsarbeiten auf den Feldern
kamen sie nach Castro de Santiago.
Ein unwirklicher, steiniger Ort, 600 Meter hoch gelegen mit großem Blick ins gebirgige Weit.
Das war allemal einen Abstecher wert!
Dann gingen sie zurück zur N330 nach Vila Chã und sahen sich dort um.
Überall im Land stolperte man über katholische Einrichtungen, auch wenn man nicht danach suchte.

In der Ferienranch übernachteten sie und halfen ein wenig mit,
um die Kosten gering zu halten.
Hier fanden sie alles so toll, wie sie sich es in ihren Träumen vorgestellt hatten.
Sie erkundigten sich nach irgend einem Anwesen, das sie erstehen wollten.
Ein altes Gebäude an einer vertrakten Straßenkreuzung zur N330 war frei,
die alte Frau war verstorben und hatte nur einen Sohn, der weit weg in der Stadt arbeitete
und dort eine Eigentumswohnung hatte, direkt über seiner Arztpraxis.
Dieser würde das Haus sicher verkaufen, so sagte man den Beiden.
Der Kontakt war bald hergestellt, über den Preis war leicht zu verhandeln,
was selten genug vorkommen mag - vermutlich deshalb,
weil die Pflege des fernen elterlichen Hauses und das Grundstück als Last wegfielen-
für den Arzt bedeutet Zeit Geld und jeder Auflug ins Elternhaus war Zeitverschwendung,
zumal seine Mutter nun nicht mehr war.
Wie auch immer:
Pedro und Ines waren nun... Hauseigentümer!
Ein größeres Grundstück war auch dabei und so entschlossen sie sich,
zu den älteren vorhandenen Bäumen noch ein paar Obststräucher zu pflanzen.
Der örtliche Händler war gerne dabei zu helfen.
Die Rodungsarbeiten kamen zuvor und die Aufräumarbeiten im Haus,
an dem ein Schuppen angebaut war, in dem Holz gelagert wurde.
In Fornos de Algodres
war die kommunale Verwaltung und dort war noch einiges zu tun,
bis alles unter Dach und Fach war.
Megalith - Anlagen zeugen von uralter Besiedlung und ein Denkmal für die Schäfer gab es dort in
dieser schönen kleinen Landstadt, die sogar Dolmen vorweisen kann und wo der typische Schafskäse zuhause ist.
Queijo Serra da Estrela heißt dieser leckere Käse aus Schafsmilch.
Nicht ganz 5000 Einwohner hatte diese Kommune aus mehreren Orten, ca 1700 in dem Ort Fornos,
wo sie in der Kommunalverwaltung des Vila (bedeutet Kleinstadt) vorstellig wurden, um alles zu regeln.
Unter anderem suchten sie nach einer Genehmigung für den Betrieb eines Fernfahrer - Imbiß,
heute "Imbiss" geschrieben - nach.
In dem Ort ist alles Wichtige vorhanden, sogar eine Markthalle und Supermärkte,
die Versorgung wäre schon mal sicher und nicht weit entfernt zu bekommen.



***










"Der Heilige von Santiago de Compostella" 4

Das Wort "wir ziehen in das Haus ein" war viel zu groß gewählt, für das Abstellen der 2 Rucksäcke.
Aber dennoch fühlten sie:
Das ist unser Zuhause, Stein auf Stein, teils verputzt und rosa gestrichen.
Nun waren die Möbel der Alten noch vorhanden, denn es war Kaufbedingung, daß alles
zusammen abgenommen werden mußte - so sparte sich der Sohn der Verstorbenen ganz einfach das Ausräumen
und entsorgen des Hausrates.
Alles war noch in recht gutem Zustand und was der Alten genügte, soll uns auch reichen..
das spart viel Geld und Nerven.
Sogar der Küchenherd war noch gut in Schuß - auf geht's, machen wir sauber und streichen neu,
was gemacht werden muß, - nur keine Müdigkeit vortäuschen !

Bald glänzte Raum für Raum in dem kleinen Haus.
Und als die Konzession für den Imbiss ins Haus flatterte,
nebst Gebührenforderung, ging es los mit dem Umbau des Schuppens,
der direkt hinten hinaus am Haus angebaut ist.
Mit Gipskartonplatten und Steinfußboden, abgehängter Decke,
solarbetriebenen Led-Lampen und nach den Hygienebedingungen
gemachter Pantry und Spüle begann die Einrichtung ihres "Sandwich-In",
nicht ohne die Hilfe einer ortsansässigen Künstlerin,
die eine Menge an Wandgestaltung übernahm -
ein aufgemaltes und unglaublich lecker aussehendes Sandwich, mit
der typisch amerikanischen Limoflasche daneben.
So wurden die Beiden im Dorf gut bekannt, überall wurde über jeden gesprochen,
wie das wohl in der ganzen Welt auf dem Land üblich ist.

***

Der Name war eingetragen und bald schon begann das Schild für an die Straße
beim örtlichen Metallbetrieb Formen anzunehmen.
Das Stromkabel und der Aushub waren bereit, als ein Kleinlaster die Leuchtreklame
mit dem hohen Mast anlieferte.
Gemeinsam haben sie den Beton angerührt, den Masten gesetzt, das Kabel angeschlossen
und alles festgezurrt und gewartet bis der Mörtel trocken und fest geworden war.
Kurz das Licht testen und schnell wieder ausschalten, bevor jemand hielt und etwas Schnelles
zu essen forderte..
Der Getränkelieferant kam - nur alkoholfreie Sachen, weil Fernfahrer die Zielgruppe sein
und bleiben sollten, die sich auf dieser Straße nach Salamanca im nahen Spanien bewegten.
Der Kühlschrank für Gewerbetreibende war gebraucht und aus einem der Supermärkte,
wo gerade ein größeres Gerät aufgestellt wurde.
Die Mikrowelle wurde geliefert und die Kaffee - Bar, wo nur frisch aufgebrühter Kaffee
hergestellt wurde - kein Automatenkaffee!
Noch richtig mit einem Porzellan - Filter und zwei Iso - Kannen, die abwechselnd gefüllt wurden.
Der Kaffee kam per Post von der Rösterei direkt, dafür gab es schließlich das Internet -
von wo auch die anderen Verbrauchsmaterialen bezogen wurden,
Pappbecher und Pappschälchen, Servietten etc.
Die Märkte der Umgebung lieferten den Belag für die Sandwiches, Salat, Wurst, Schinken, Käse,
Butter, Tomaten, Gurken, Senf und was man so alles braucht,
um ein attraktives Angebot zu haben.
In der Küche fand Ines ein altes Rezeptheft der Verstorbenen, wo ein tradionelles Weißbrot
dieser Gegend detailliert beschrieben wurde.
Das hat sie geschwind nachgebacken und .. Pedro war begeistert !
Dieser alte Herd mit seiner Backröhre ist Gold wert - unglaublich, wie toll das schmeckt
und das ohne Kunst-Kram, den man sonst so bekommt.
Laß uns das Brot in derbe Scheiben schneiden und als Sandwich zusammen stellen,
das wird was, da bin ich mir sicher !

Gesagt, getan, das Reklamelicht leuchtet noch nicht lange, da hielt auch schon ein großer LKW
und der Fahrer eilte sich zum "Sandwich-In", wo der Kaffee schon in den Warmhaltekannen bereit stand.
Das ganz frisch aus dem Ofen kommende Brot begeisterte sofort,
der Wunschbelag -Salami- war schnell verputzt,
der gute Kaffee getrunken, dann hat er eine 2. Portion in der Tüte mitgenommen und bezahlt.
Jeder weiß, daß Fernfahrer einen CB Funk an Board haben
und so sprach sich das Sandwich-In schnell herum.
Die Beiden hatten auf diese Weise Zeitungsreklame nicht nötig und eine Konkurrenz für die
bestehenden Lokalitäten waren sie auch nicht..
..dafür war das Angebot viel zu begrenzt.
Mit der Stadt hatten die Beiden immer mal wieder zu tun, wenn Materialien gekauft werden sollten
oder Ines Kleidung brauchte oder zum Friseur "mußte".
Ein älterer Dreirad-Transporter war auch schnell gefunden, den wollte heute kaum noch einer haben.
Auf diese Weise war man wieder "daheim" angekommen und zufrieden.
Die Beiden haben mehr als genug von "der Welt" gesehen
und waren nun dabei, "Wurzeln zu schlagen",
wie man so schön sagt.

Die bäuerlichen Lieferanten freuten sich einen neuen Abnehmer hinzu gewonnen zu haben,
desgleichen die Geschäfte der Stadt und des Dorfes, die Kommune bekam schließlich zwei Steuerzahler mehr..

***

Bald stand in der Küche immer ein Kübel mit Weizenmehl-Teig (Typ 550), mit dem geschwind per Hand
die baguette-ähnlichen Brote in den Ofen geschoben wurden und in ca 30 Minuten fertig durfteten..
das war keine große Mühe und doch ziemlich einmalig, weil sich kaum noch jemand die Mühe machte,
sein Brot selber zu backen, wie das früher überall und in jedem Haus der Fall war.

Das frischste Sandwich in Portugal, so lobte jeder den neuen Imbiss.
Das haben so manche Schulkinder entdeckt, die an der nahen Bushaltestelle standen -
manche Mutter oder Großelternteil, die ihre lieben Kleinen an der Haltestelle ablieferten,
haben sich auf dem Rückweg das Frühstück mitgebracht oder das Kochen zu Mittag gespart.
Die Preise wurden sehr zivil gehalten, so kaufte jeder ohne Reue ob des Geldes.
Sitzmöglichkeiten waren keine vorgesehen, nur ein überdachter Tresen, der um die Ecke des Schuppens herum
ging und zwei Abfallkörbe, die einfache Verglasung zwischen Tresen und Bedienung war durchgehend,
mit zwei Schiebefenstern als Durchreiche der Sandwiches und Getränke.

So ging alles eine lange Weile gut, der Betrieb war gut, der Umsatz mehr als zufriedenstellend.
Die Beiden waren geachtete Mitbürger, die nur anfangs belächelt wurden.
Heute ist ein unverheiratetes Paar keine Seltenheit mehr und die ganz Alten,
die sich darüber die Mäuler zerrissen hätten, waren längst ausgestorben oder im Altenheim.
Alles entwickelte sich prächtig, so daß der hinter Teil des Schuppens mit einer einfachen
Sanitäranlage versehen werden konnte - Fernfahrer wollen sich frisch machen und müssen zur Toilette.
Eine Münz-Dusche und zwei Toiletten und zwei Waschbecken mit Spiegeln. Fertig.
Der heimische Unternehmer hat den Auftrag schnell und gut ausgeführt.
Eine Hand wäscht die andere und bald liefen dort auch die Baufahrzeuge an,
deren Arbeiter sich ebenfalls an den leckeren Sandwiches gütlich taten.

***

Der Pfarrer der Gemeinde tauchte eines Tages auf und bestellte sich nichts,
sondern fing gleich an, mit seinen "neuen Schäfchen" zu reden,
was er "Pastoralgespräch" nannte.
Ein pastorales Begrüßungsgespräch sozusagen, das in Pfarrkreisen gerne
als Ermahnung zum gefälligen Gottesdienstbesuch aufgefasst wurde.
Die Beiden waren wohl katholisch, aber bisher noch nicht als Kirchgänger aufgetreten.
Ob der wohl was ahnte oder wußte?
Er war zwar nach außen hin freundlich, aber auch irgendwie linkisch - aber das
wird wohl schon am Beruf liegen, so meinte Pedro zur Ines.
Bald darauf kam ein Brief vom Bischöflichen Ordinariat an, speziell an Pedro gerichtet.
Der Schreck fuhr in seine Glieder, als er zitternd diesen wertvoll und wichtig aussehenden Brief
öffnete und laut vorlaß:
"Sie haben ohne Angabe von Gründen ihre Gemeinde verlassen und so wurde gegen sie ein Disziplinarverfahren
eröffnet,- sie haben sich am siebten August in Santiago del Estero einzufinden um der Kommission
Rede und Antwort zu stehen.
Andernfalls könnte die Sache leicht zur Exkommunizierung
und zum Ausschluß aus der Heiligen Katholischen Kirche führen!
Außenstände und Forderungen sind bislang nicht bekannt geworden,
ihr Gehalt wurde vorerst eingefroren.
Sollten sie - wider Erwarten - unserer Aufforderung nicht nachkommen,
wird in dieser Sache wie oben verfahren.
S. E. Mons. Cadducio,
I.A. Sekretär xxx "

Es ist wohl logisch, so Pedro, daß der Pfarrer davon wußte - oder?
Wie auch immer, die haben mich die längste Zeit gesehen und nach Argentinien
fliege ich bestimmt nicht mehr, das ist so teuer,
daß wir unser Hab und Gut verkaufen müßten, um das Ticket zu bezahlen.
Das kommt überhaupt nicht in Frage.

Es kann sein, daß die Leute vom Gemeinderat, der fast gleich dem des Kirchenrates ist,
nicht mehr bei uns einkaufen, aber daran kann man nichts machen.
Die Fernfahrer sind unsere eigentliche Klientel - gell?
Ines nickte stumm und staunte, wie einfach man mißliebige Leute absägte.
Es kam wie es kommen mußte und bald tratschte man in der ganzen Gegend über diesen Fall.
Da die ganze spanische Halbinsel sehr katholisch ist, mieden alle diese Lokalität.
Die Beiden gingen einen Schritt weiter und forschten in der Buchhandlung nach
den abgedruckten Tagebüchern und fanden tatsächlich im Katalog des Händlers
dieses Buch, welches sie umgehend - gleich zwei Exemplare davon - bestellten.
Inzwischen kamen nur wenige Lastwagen vorbei, die dort anhielten - aber es wurden immer mehr,
weil schon etwas Gras über den Skandal gewachsen war.

Nun gingen sie in das Pfarrhaus und gaben dem Priester dieses Buch als Leihgabe zu lesen,-
eine Kopie des Bischofsbriefes war dabei.

***

Inzwischen futterte ein Vertreter für Düngemittel am Tresen sein zweites Sandwich,
als er zu Ines sagte:
"Ich bin meistens alleine und habe niemanden, der mich privat kennt.
Eigentlich war ich jahrelang als Pharmavertreter unterwegs von Apotheke zu Apotheke,
davon in einem Chemielabor als Laborant tätig.
Bis es mir unverantwortlich vorkam, was dort ablief.
Hallo, hören sie zu?"
Ja, sagte Ines, das Leben anderer Leute bekommen wir hier am Sandwich-In recht häufig zu hören.
Meistens läuft es auf dasselbe hinaus.
"Meines eher nicht, gute Frau, meines nicht:
Stellen sie sich mal vor, man hat dort Grippestämme gezüchtet und nach Härtegraden sortiert
und verschickt - raten sie mal wohin..
..aber nein, das darf ich nicht sagen, nur soviel, daß diese Epidemien kein Zufall sind.
Die Branche braucht Umsatz, weil die Investoren - sie verstehen?"
Oh ja, das kann man sagen.
Wenn das stimmt, haben wir es mit einer Riesensauerei zu tun.
Pedro hat einen Teil des Gespräches mitbekommen und schüttelte nur noch den Kopf.
Der Vertreter meinte weiter, als er schon im Gehen begriffen war:
Wissen sie, ich gehe zur Kräuterfrau, die nicht weit von hier am Steinbruch wohnt -
die ist in allen Dingen sehr bewandert und hilft gerne.
Das kostet zwar eine Kleinigkeit, weil sie noch lange keine Rente bekommt und leben muß,
aber es lohnt sich:
Diese Frau sollten sie einmal besuchen, das kann sich lohnen, nicht
nur um Heilkräuter zu erstehen, sondern gerade in Lebensfragen ist sie unschlagbar.
Tante Doreatha nennt sie sich.

***

Langsam erholte sich der Umsatz und die Dorfbewohner kamen nach und nach wieder als Kunden zurück.
Was war geschehen?
Der Priester war doch von ehrlicherer Art, als Pedro und Ines dachten - er hat die Essenz
des Buches in seiner Predigt verarbeitet und den Schluß-Satz zugefügt:
Wer da von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein !
Das wurde den Beiden zugetragen und fortan gingen sie jeden Sonntag in die Kirche,
wenn ihr "Sandwich-In" geschlossen hatte.
(Nur am Abendmahl durften sie nicht teilnehmen, das geht nur, wenn man Kirchenmitglied ist
und ist auf keinen Fall bei Exkommunizierten statthaft.

Der Pfarrer bat sich das Buch als längere Leihgabe aus, was gerne gewährt wurde.

***

Das ist ja gerade nochmal gut gegangen, so dachten sich die Beiden.
Am nächsten Tag kam der Pfarrer vorbei und holte sich ein Sandwich zu Mittag
und erzählte:
Jede Diözese und jedes Pfarramt hat Ihren Steckbrief bekommen -
nur nennt sich das eben anders als bei der Polizei.
Ich habe die Exkommunikationsurkunde hier bei mir, eine Unterschrift bitte!
Kein Problem, das schaffe ich gerade noch, knurrte Pedro - nehmen sie sich doch noch
einen Kaffee, der ist ganz frisch aufgebrüht..
Die gesparte Kirchensteuer gebe ich eben als Spende in die Kollekte, meinte Ines.
Das braucht nur der Herr zu sehen, sonst niemand.
Hier sind wir unter uns, sagte der Priester als er wieder ging -
ich darf doch wiederkommen?
Laudate Jesum Christum - in Aeternum Amen.

Der Tag lief gut, das mußte gefeiert werden und so gab es Sekt,
Sekt für alle, die ohne Auto an ihrer Theke standen.

Bald kam ein eiliger Wagen an, der einen aufgelösten Typen abwarf;
er sagte, daß er im Auftrag eines Verlages käme und den Verkäufer der Tagebücher
- der Betreffende weiß schon welche - sprechen müsse.
Die Telefonnummer lasse ich hier, wenn sie bestätigen, daß ich hier richtig bin.
Wie haben sie uns gefunden?
Nun, wer bestellt schon zwei dieser Bücher?
Der Rest war mein Handwerk, ich bin Privatdetektiv!
Dieser ließ die Nummer des Verlages da und verschwand wieder,
ohne etwas zu verzehren oder zu trinken, obwohl das angeboten wurde.

Am nächsten Tag rief Pedro beim Verleger seiner Tagebücher an und erfuhr:
Es hat sich ein Filmstudio gemeldet, das sich für diese Story interessiert.
Wir jedoch haben damals nur über die Buchrechte gesprochen, das steht im Vertrag,
dessen Doppel sie zum Nachlesen haben.
Wir leiten dann, sollten sie einverstanden sein, der Filmgesellschaft
das Buch weiter und sie möchten bitte direkt mit diesen Leuten verhandeln-
da wir sie nun endlich gefunden haben.
Darf ich dann ihre Adresse und Nummer weitergeben?
Ja, sagte Pedro, freilich und gerne.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und wünsche ihnen einen guten Tag -
die schriftlichen Unterlagen folgen -
das war das Gespräch mit dem Verlag.
Der Filmemacher rief an, um einen Gesprächstermin zu vereinbaren.
Bald kam ein Wagen der Filmgesellschaft mit einem Anwalt, Fahrer und Unterhändler vorbei.
Die zu verhandelnde Summe war nicht von schlechten Eltern, davon könnten die Beiden
locker einen Bungalow kaufen und den Lebensabend ruhig angehen lassen.
Pedro unterschrieb den Vertrag über die vollen Nutzungsrechte als Film und
ließ den Betrag der örtlichen Kirchengemeinde zufließen,
allerdings mit dem Vermerk:
"Gott hat dem Pedro immer geholfen, die Kirche leider nicht."

Es vergingen keine zwei Wochen, da stand der Priester des Ortes
an dem Tresen des "Sandwich-In" und bestellte einen Kaffee.
Er sagte nichts außer:
Am Sonntag bitte in den Gottesdienst kommen
und bringen sie ihre Frau mit..

Der Sonntag kam und als die Predigt verlautete, daß eine große Spende
in die Kasse der Kirchengemeinde geflossen sei, von einem verlorenen Schaf,
über das sich der Herr bekanntlich am meisten freut, wunderten sich alle Kirchbesucher.
Kommen sie bitte zu mir Pedro, rief der Pfarrer von der Kanzel herab, bitte!
Petro war das peinlich aber er ging um sich nicht zu blamieren die Stufen der schmalen
Treppe zur Kanzel.
Ich bitte den Spender ein paar Worte zu sagen, der hochherzig sein Geld für uns alle gab,
gerade in dieser Zeit, wo die Austritte hoch und die Ausgaben am größten sind.
Sprechen sie Pedro!
"Ich möchte keine Aufsehens machen, deshalb habe ich das Geld aus dem Verkauf der Tagebücher meiner
beiden Vorgänger aus Argentinien der Kirche überlassen, die sie über alles liebten und
die sie letztlich doch enttäuscht hat.
Wer findet den Span im Auge seines Nächsten, sieht aber den Balken im eigenen Auge nicht mehr?
Das ist Kirche heute.
Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.
Die beiden Tagebücher meiner Vorgänger sollten zur Besserung anhalten
und nicht mich als verstoßenes Schaf reich machen.
Der Herr hat mich nie verlassen, die Kirche hat sich selbst verloren,
indem sie mich exkommuniziert hat, nur weil ich die Finger auf die Wunden gelegt habe.
Nicht um zu denunzieren, sondern um zu heilen.
Mir ging es nie um Geld, sondern um den wahren Glauben - die Kirche
ist zur undurchschaubaren Schranzenwirtschaft verkommen.

Ein Raunen ging durch die Reihen, dann hob der Pfarrer an:
Wir legen die Finger mit in diese Wunden und wollen nach Kräften zur Genese beitragen -
lasset uns beten und begleiten den Pedro damit wieder zu seinem Platz..

Dieser Gottesdienst ist noch lange, lange haften geblieben.
Die Not hätte sonst den kirchlichen Träger des Waisenhauses und des Altendienstes
gezwungen deren Engagement zu beenden und sich daraus zurück zu ziehen.

Dem Bischof wurde ein Mitschnitt der Predigt mit den Worten Pedros zukommen lassen.
Längst war auch dieser Pfarrer im Visier der Kirchenführung,
nur durch seinen Erfolg, eine so große Spende in den Kirchenfond zu bringen,
sah man von weiteren Maßnahmen ab.
Eine Woche später war in der Kreiszeitung von Mißbrauchsopfern der Kirche zu lesen..
..das Spiel begann von Neuem.
Aus Angst vor der Presse und der Polizei hielt der Bischof und der Klerus still.
Man bestand zwar auf dem Recht die Dinge intern, mit dem Kirchenrecht zu klären,
war aber sehr bedacht, daß die Austrittsquote nicht nicht noch stärker anwuchs,
als sowieso bereits im Gange war.
Die Dorfbewohner entwickelten eine ehrfürchtige Betrachtung zu den neuen Bewohnern
ihres Ortes, die so großzügig mit dem Geld umgingen um anderen Menschen zu helfen,
obwohl dort sichtbar kein Reichtum herrschte.
Mit diesem Geld hätten die Beiden ganz schön auftrumpfen können,
da war man sich einig.
Fortan sah man das Sandwich-In mit ganz anderen Augen, auch diese Exkommunikation,
über die zuvor nur getuschelt - nun sogar von der Kanzel herab ausgesprochen worden war.

Die Mißbrauchsfälle der Kirchenleute hat der Verlag inzwischen gesammelt und in einer
gesonderten Publikation heraus gegeben, mit Details der sittlichen Verfehlungen,
soweit man deren habhaft werden konnte.
Diese Buchvorstellung kam sogar im Fernsehen.
Inzwischen lief die erste Folge der Filmserie im TV, die von den Tagebüchern und
dem Leben zweier Priester berichtete.
Diese erste Folge war ein Erfolg und so besann sich die Filmgesellschaft noch einmal
nachzuverhandeln und als spätere Fortsetzung aus dem Tagebuch des Pedro einen Nachtrag
zu gestalten, weil er direkter Nachfolger der Tagebuchautoren ist.
Das will sich der Regisseur nicht entgehen lassen.
Der Betrag wurde ausgehandelt und die Bedingungen festgelegt-
diesmal soll die komplette Summe an das Waisenhaus direkt überwiesen werden..

Pedro und Ines schenkten sich die Gottesdienstbesuche und pflegten in dieser Zeit den Garten.
Nie wieder wollten sie mit Kirche zu tun haben - weder so noch so.

Bald besuchten sie diese "Tante Doreatha", kauften sich bei ihr ein paar
Erkältungstees und eine Salbeipflanze für den Garten.
Diese Doreatha sagte - wie nebenbei und wohl schon sehr geübt -
viele Leute verstehen nicht, daß die einzig wirkliche Religion die Mutter Natur ist,
alles andere ist schieres Menschenwerk und Humbug, frommer Selbstbetrug und
Fürbitte auf Umwegen.
Gehen sie raus in den Wald, auf den Wiesen - holen sie tief Luft und danken ihr,
der Mutter Natur, sie wird ihnen immer helfen - sie wissen ja,
es ist für alles ein Kraut gewachsen !
Das Meiste heilt der Körper selbst, so man ihm befiehlt!
Sie zahlten gerne und unterhielten sich auf dem Spaziergang mit den zwei Taschen
bepackt, noch lange über diese seltsame Frau und ihre Philosophie.

***

Der nächste Brief des Bischofs ging ungeöffnet an den Filmregisseur weiter.
Danach ist keine Kontaktaufnahme seltsamer Kirchen - Leute mehr passiert -
es kamen nur noch Kunden, die Sandwiches kaufen wollten.
Diese Filmserie jedoch haben die Beiden nie angeschaut.
Der Regisseur versprach auf dem Laufenden zu bleiben und das Leben Pedros bis zum Ende zu verfolgen.

***

Nach einem Jahr kam die Polizei und legte einen internationalen Haftbefehl vor,
wegen Diebstahl persönlichem Eigentums -Tagebücher- in fortgesetzten Fällen,
wegen Passbetrugs und Hochstaplerei,
illegaler Einreise und Verletzung der Meldepflicht, beruflicher Vertragsbruch und und und..
man ließ Pedro keine Zeit sich von Ines zu verabschieden, die in der Stadt einkaufen war.
Im Streifenwagen wurde kein Wort gewechselt, in der Zelle der Stadtpolizei der Kreisstadt
war nun seine erste Nacht in Gefangenschaft angebrochen.
Der Pflichtanwalt sprach von einer Anklage aus Argentinien und von einer aus Bulgarien,
sowie einer aus Portugal, die nach und nach abgehandelt werden müssten.
Das kann Jahre dauern, meinte der Wachhabende und der Anwalt nickte nur stumm.
Wir können sie wegen Fluchtgefahr, die bei ihnen offenbar latent und sehr ausgeprägt vorhanden ist,
nicht auf freien Fuß setzen, da ist der Richter strikt dagegen.

Der Pflichtanwalt war so verständig, wunderte sich über die Anklagen einiger Länder und versprach auf Pedros Wunsch hin den Regisseur zu verständigen und Ines
Bescheid zu sagen - mehr tat er nicht, für mehr gab es kein Geld.
Später versuchte Ines einen anderen Anwalt zu finden - aber Portugal ist ein katholisches Land,
wo auch die Anwälte katholisch sind - niemand wollte sich an diesen Fall wagen,
alle schoben chronische Überlastung vor und wenn, dann wäre eine jahrelange Warteliste vor ihm abzuarbeiten.
Niemand dürfe bevorzugt behandelt werden, auch Pedro nicht.

Ines brachte Pedro dessen Tagebuch ins Untersuchungsgefängnis, so daß er alles genau festhalten konnte.
Dieses Persönlichkeitsrecht konnte niemand anfechten - allerdings mußte Pedro immer darauf aufpassen,
denn wie leicht hätte dieses "verloren gehen" können !

Ein ganzes Jahr schrieb er die Dinge auf, die auf ihn zukamen und noch immer war der Prozess
nicht angelaufen.
Den Gefängnis-Geistlichen lehnte er ab, wegen suffisantem Grinsens, wie Petro das formulierte:
Deshalb brachte Ines ein identisches Tagebuch vorbei und nahm das beschriebene mit nach Hause-
hier ist etwas nicht ganz geheuer, dachte sie.
Auf dem Weg zum Gefängnislazarett, wo man Pedros Bandscheiben behandeln wollte,
ist er aus dem Auto geflohen und in den Wäldern abgetaucht.
Ines bekam eine heimliche Botschaft zugesteckt, in der Stadt, als die einkaufen war,
hinter den Scheibenwischer geklemmt..
"Ich denke, daß unser Telefon abgehört wird und dass der Klerus dahinter steckt,
versuche nicht mich zu finden, ich melde mich -i.L. Pedro"

***

Von nun an war er ein richtiger steckbrieflich gesuchter Verbrecher und Ausbrecher,
das Fahndungsfoto hing in allen Polizeidienststellen des Landes.
Der Filmregisseur hat das Fernsehen angeregt, über diesen Fall zu berichten
und die Bevölkerung aufzurufen eine Pedition zu unterschreiben, daß Pedro einen fairen
und vor allem schnellen Prozess bekommt.
Der Ruf verhallt ungehört, denn die Sendeanstalt hatte einen Vertreter des Klerus im Aufsichtsrat..

***

Niemand ahnte wo der "Verbrecher" nun war, keiner ahnte seine Pläne.
Nach ein paar Wochen kam der Regisseur bei Ines vorbei und sagte:
Ich war in Bern bei den Filmfestspielen - und sah im Fernsehen, wie ein Wilder gefangen worden ist:
Dieser rief die ganze Zeit: Asyl! Asyl!
Er wäre illegal über die Grenzen gekommen und würde verfolgt, wegen seiner politischen Meinung.
Die Sache schlug hohe Wellen und der Botschafter Portugals wurde einbestellt.
Nun konnte Pedro endlich seine Ines anrufen und ihr alles erzählen.
Diese hat das Anwesen sofort verkauft, dem Regisseur Bescheid gesagt und
ist nach Bern gereist.
Sie beantragte ebenfalls Asyl, weil sie kaum noch ein Auge zugetan hat - überall sind die
Verfolger aufgetaucht und haben ihr aufgelauert oder sind ins Haus eingebrochen, während
sie in der Stadt war - die Polizei hat nichts unternommen oder nur Lippenbekenntnisse geäußert.
Das Asylverfahren ist unter Mitgliedsstaaten der EU nicht vorgesehen, kann aber in Einzelfällen
durchaus gemacht werden.

Nach relativ kurzer Zeit wurde einer Aufenthaltsgenehmigung bis auf Widerruf zugestimmt.
Dann haben die Beiden im Gastonomiebereich Arbeit und eine Wohnung gefunden.
Das Geld lag auf der internationalen Bank und wurde langsam mehr, obwohl die Schweiz hohe Lebenskosten hat.
Die Löhne waren gut, die Leute freundlich und weltoffen.
Nach einem halben Jahr kam die Vorladung beim Kantonsrichter in Sachen Asylverfahren und
Amtshilfeersuchen der portugisischen Landesstelle, sowie vom Bischöflichen Ordinariat Santiago del Estero.
Nun bekam er einen richtigen Anwalt, den Ines bezahlte.
(Wie sich später heraus stellte, steckte auch der Regisseur dahinter,
welcher inzwischen kirchenkritische Kreise auf seine Seite gezogen hatte)

Der Richter vertagte nach einem kleinen Verfahrensfehler und wies den Fall an die nächsthöhere Instanz.
Dieses Gericht machte kurzen Prozess, strich einige Anklagepunkte wegen unbewiesener Behauptung oder falscher Anklage,
und verdonnerte Pedro zu 1000 Franken zu 10 Tagessätzen a 100 Franken,
und bewilligte die unbegrenzte Aufenthaltserlaubnis der Beiden,
mit der Auflage die Schweiz nicht zu verlassen.

Der Botschafter Portugals und Argentiniens protestierten und setzten eine schwach formulierte Protestnote auf.

Der Fall war entgültig vom Tisch der Justiz - das Strafgeld war lediglich wegen des Ausbruchs
aus dem Untersuchungsgefängnisses anberaumt worden:
Der Richter und der Anwalt hatten die verlegten Tagebücher gekauft und gelesen.

Die Fortsetzungsgeschichte lief unterdessen im TV mit großer Zuschauerbeteiligung in den Social Networks,
was der Kirche gar nicht gefiel - schon deswegen trauten man sich in Portugal nie an einen solche Prozess
gegen diese beiden "Asylanten", selbst wenn man deren habhaft werden könnte ..

***

Nach einem inszenierten Autounfall, bei dem die Beiden gerade noch hinter eine Mauer springen konnten,
sollten diese mitten in der Stadt auf ihrem täglichen Gang zur Arbeit tot gefahren werden.
(Das gestand der schwer verletzte Fahrer des Wagens bei der späteren Vernehmung -
die Auftraggeber konnte er nicht nennen, er habe nur über eine Kontaktadresse verhandelt.
Er sei hoch verschuldet und brauche das Geld, es täte ihm unendlich leid..)

Danach hat die Staatsanwaltschaft ein Aliasprogramm für die Beiden gestartet, mit neuer Identität
und in einem anderen Kanton - Fachleute haben an den "Asylanten" kräftig herum gearbeitet,
bis sie nicht mehr zu erkennen waren.

Der Filmregisseur wurde immer auf dem Laufenden gehalten, über anonyme Briefe, die
von einem ganz anderen Ort abgeschickt wurden.
So kam immer etwas Geld auf das gemeinsame Konto der Beiden.
In Bellinzona am Lago Maggiore im schönen Tessin haben sie Arbeit in einer Pizzeria gefunden,
deren alte Inhaber froh über diese fachkundige Hilfe waren.
Die neuen Identitäten gaben an, daß beide gebürtige Schweizer seien, deren Eltern
portugisische Gastarbeiter waren.
Die italiensche Sprache fiel ihnen leichter als das Schweizerdeutsch,
mit der Zeit kam das wohl schon noch, deshalb faßten sie neuen Mut.
Eine kleine einfache Wohnung unter dem Dach ihres Arbeitgeberpaares
hatte ein schönes Panorama zu bieten und es war ein phantastisches Ambiente
der Altstadt und Seepromenade,
wenn sie in der Freizeit herum spazieren konnten.
Pedro sah wie ein italienischer Fischer aus, Ines wie ein Zigeunerin.
Nach einiger Zeit hat man sich eingelebt und wurde respektiert.
Die Pizzeria lief prima, die Inhaber waren zufrieden.
Wer seinen eigenen Laden betrieben hat, kann das auch für andere schaffen.
Die hohe Zuverlässigkeit war ihr größtes Mitbringsel in diesen Job.
Eines Tages kam ein Brief des Anwaltes, den Ines bestellt hatte um den Prozess zu führen.
Dieser schrieb von neuen Forderungen, die aus Santiago del Estero kamen.
Nun will man die Rechte an den Tagebüchern einklagen, die Sache läuft schon.
Der Prozess wird in Argentinien geführt und er sei dort vorgeladen.
Nun könne man ihn nicht mehr auffinden, denn mit anderer Identität im staatl.
Zeugenschutzprogramm hat er mit dieser Sache nichts mehr zu tun.
Sein Anwalt wollte statt seiner dort erscheinen und nun hätte er gerne
die Namen evtl. Zeugen gehabt, um sich besser wappnen zu können.
Pedro schrieb ein paar Namen auf, die damals mit dabei waren und das war
praktisch das ganze Container-Dorf.

Nach ein paar Wochen kam wieder ein Brief seines Anwaltes:
"Wir haben gewonnen! Der ganze Gerichtssaal war über und über voll mit Zeugen,
die für Sie aussagten, darunter auch der Küster der Kathedrale vor Ort,
der gerade in Rente gegangen war und nichts mehr zu befürchten hatte.
Das Bistum wurde zu hohen Schadensersatzforderungen heran gezogen, die
alle Prozess- Reise- und Anwaltskosten beinhaltete und Schmerzengeld für
die mißbrauchten Jungen der Stadt.
Der Bischof wird vermutlich abgesetzt, wie sein Vertreter und einige Pfarrer.
Das in dem Verlag erschienene Tagebuch habe ich gleich vorgelegt und deshalb
hat der Richter erst 2 Tage später die Hauptverhandlung halten können.
Die Container - Bewohner sind sehr nette Menschen, mein Kompliment !
Die Summe des restlichen Schadensersatzes habe ich zur Hälfte den Containerbewohnern
gegeben und zur anderen Hälfte ihrem Konto zugewiesen,
meine Apanage und Auslagen habe ich zuvor einbehalten."

***

Der Jubel war groß, eine echte Genugtuung war das, wenn diese Schandtaten an die
buchstäblich große Glocke gehängt wurden.
Der Filmregisseur hat sich diebisch gefreut und eine Geldanweisung geschickt.
Das wurde bei einem guten Sekt in der Pizzeria gefeiert, wozu auch die Ladeninhaber
herzlich eingeladen wurden - man war sich bald auf du und du, als eine
junge Sängerin im Radio ihr Lied sang:
"Wenn Du Denkst, Du Denkst, Dann Denkst Du Nur Du Denkst"

***

Und so kam es auch eines Tages, als ein Priester in das Lokal kam
und sich so merkwürdig umsah, es war keiner der Pfarrer aus Bellinzona,
sondern ein Fremder mit einem uritalienischen Dialekt.
Er wollte die Beiden sprechen und hob auch gleich an:
Ich bin beauftragt, einen Vergleich anzustreben, da ihre Verdienste
für die heilige Mutter Kirche nicht unerheblich waren und sie, äh sie
geradezu - nun nahm er seine Lesebrille und las von einem Brief ab -
geradezu wie ein Heiliger in Santiago del Estero verehrt werden.
Sie werden - sollten sie einverstanden sein, mit sofortiger Wirkung
ihre Exkommunikation als aufgehoben betrachten können und ihr Pfarramt
dort wieder antreten, ins Pfarrhaus einziehen und ihre Gemeinde betreuen dürfen.
Die einzige Bedingung ist, dass sie OHNE ihre Lebenspartnerin dort einziehen.

Pedro schaute Ines an, diese den Pedro, die beiden das Arbeitgeberpaar,
das inzwischen sehr vertraut war..
Beide Männer nickten und gingen auf den Priester zu, schnappten ihn
und warfen ihn auf den Bürgersteig!
Ines hat das fotografiert und den Bericht dem Regisseur geschickt..

Nach einiger Zeit wollten Beide die Einbürgerung in der Schweiz haben,
was aber ziemlich umständlich und auch teuer war.
Gelohnt hat sich das allemal, wenn man bedenkt, daß diese Staatsbürgerschaft
zur Übernahme eines Lokales in der Schweiz erforderlich ist.
Die Inhaber wollten sich zurückziehen und waren froh um die Ablösung:
Wir wollten nie bis an das Lebensende Pizza backen und den Gästen
nach dem Mund reden und diese dann auch noch bedienen, um ein kleines Trinkgeld zu bekommen!
Nee nee, macht ihr das mal, das klappt wunderbar mit euch und wir können die
Pacht gut gebrauchen, um uns auf die Alm zu begeben, die wir kaufen wollen.
Das war schon immer unser Lebensziel und wenn wir das geschafft haben, laden
wir euch zu frischer Milch und Käse ein !
Wir werden Kräuterkunde betreiben und .. malen.
Die Staffelei ist schon gekauft, die Farben liegen bereit und so
wird der Besuch der Kunstakademie in der Jugend, wo wir uns kennenlernten,
nochmal herzlich aufgefrischt.
Nach der Pflicht kommt die Kür !



***










"Der Heilige von Santiago de Compostella" 5

Bald sind die beiden Alten weg gewesen und Pedro und Ines waren alleine.
Hoffentlich schaffen sie das mit dem Alterssitz und bleiben noch lange gesund!
Ab und an tauchte mal wieder einer von der Kirche auf und wollte die beiden
in seine Kirche locken - er bekam von Ines eine Schwall eines ganz aufdringlichen Parfumes ab,
das sie in eine Blumenspritze tat - und hoffte, nicht versehentlich eines Tages die Blumen vor
dem Lokal damit umzubringen - das Zeug stank bestialisch, wie spanisches Parfum, das man auch in
nordafrikanischen Ländern in Seifen verarbeitet.
Pedro meinte eines Morgens- sag mal, hast du schon wieder einen schwarzen Käfer vertreiben müssen?
Hier stinkt es zum Gotterbarmen, schnell alle Fenster und Türen öffnen !

***

Die Beiden sind danach nicht wieder in die Nähe einer Kirche gegangen.
Bald mußten sie im Käseblatt von einem Mißbrauchsskandal bei den Domsingknaben lesen..
..diese Drecksäcke geben nie auf und dabei sind sie die miesesten Sünder,
die es gibt - die bekommen ihr Fett hoffentlich noch ab.
Zuerst sollten so viele Leute wie möglich austreten und diesen Sumpf austrocknen.
Wo ist denn der "liebende Gott", sieht er nicht, wo es klemmt?
Immerhin hat sich kein Priester mehr blicken lassen
und die "Duftspritze" blieb ungenutzt unter dem Tresen.

***

Der Regisseur besuchte die Beiden für ein paar Tage, um die letzte Folge der Serie -
wie er das nannte - in den Kasten zu bringen.
Diese Story ist wirklich Gold wert, die Einschaltquoten sind enorm und es haben sich
schon einige Sender gemeldet, die meine Serie kaufen wollen - weltweit besteht Interesse
daran -besonders in Portugal und in Argentinien!
Er bedankte sich, nachdem der letzte Vertragsbestandteil unter Dach und Fach war,
verzehrte dabei ein "Sandwich-In" - und ging froh winkend zum Taxi, das bereits wartete.
Diese Spezialität aus ihrem Sandwich-In gab es fortan auch in Bellinzona zu kaufen,
die bald ein echter Renner war.
Die Beiden hatten keine Kinder, aber nahmen auf Bitten der Stadt
zwei Pflegekinder bei sich auf, die ihre Eltern bei einem Autounfall verloren
aber keine Verwandten hatten:
Es waren portugisische Gastarbeiterkinder!
Die Kinder - ein Junge und ein Mädchen, 8 und 10 Jahre alt,
fühlten sich bald wie zuhause, weil man in ihrer Heimatsprache redete..

Sie wuchsen ein Jahr behütet heran, als das Sozialamt zu Besuch kam und
die Kinder abholen wollte.
Die sollen in ein Internat, nun sind sie alt genug dafür.
Alles Betteln und Jammern half nichts, die Sozialarbeiterin war eine engagierte
Frau der Kirchengemeinde, der katholischen wohlgemerkt.
"Die Kinder können bei ihnen bleiben, wenn sie sich kirchlich einbringen und
ein Mitglied der Kirchengemeinde werden, dann legen wir ein gutes Wort für sie ein !
Das hat mir der Pfarrer ausdrücklich aufgetragt, denn persönlich wolle er nicht mehr
in ihre Pizzeria kommen, die Gründe wollte er nicht nennen.
Die Frau ging darauf hin wieder, grußlos und kalt.
Nach der Schule sind alle Vier auf die Alm gefahren und haben
mit den Besitzern der Pizzeria gesprochen und den Fall erläutert.
Das ist ja eine echte Räuberpistole, so meinten die Alten dazu.
Anschließend trank man noch eine gute Almmilch und verabschiedete sich herzlich.
Pedro meinte zu Ines:
Ich glaube, die haben in den beiden Kindern so eine Art Enkelchen gesehen..
..also sind sie Kirchenmitglied geworden und gingen mit den Kindern regelmäßig zum Gottesdienst,
um die Kinder behalten zu können.
Die Kirche war sich ihrer Druckmittel wohl bewußt, denn sie kannte alle Facetten der Menschen,
seit schon sehr alten Zeiten.

Nun wurde der Antrag auf Adoption beim Sozialamt eingereicht, mit Unterstützung des Pfarrers
war noch immer nicht zu rechnen, wie man hinterher erfuhr.
Als der Bescheid vom Sozialamt kam, daß der Adoption nicht zugestimmt werden kann,
weil "berechtige moralethische Gründe" dagegen sprächen, stand schon ein Wagen
der Behörde vor dem Haus und lud die Kinder und ihre Sachen ein.
"Die kommen ein ein gutes Kinderheim, da können wir nichts dran ändern,
das ist eine Entscheidung von ziemlich weit oben.."

Anschließend haben die beiden ein Schild an die Pizzeria gehängt:
Wegen Krankheit kurzzeitig geschlossen.

Auf der Alm heulten sie sich aus und berichteten ganz genau, was geschehen war.
So konnten sie unmöglich weiter leben - und so sann Pedro auf Abhilfe.
Die Pizzeria der Alten war praktisch schon fast versprochen,
Nachkommen hatten sie nicht und so war das Verhältnis zu den "Jungen",
wie sie Ines und Pedro nannten, sehr herzlich und offen.
In die Kirche ging keiner mehr, das darf man nicht unterstützen, so meinten sie einhellig
und so traten alle Vier unisono aus der katholischen Kirche aus.
Die Austrittserklärungen hefteten sie hinter die Scheibe der Pizzeria,
schön in einen schwarzen Rahmen gefaßt und für jeden Besucher sichtbar,
auch für Postboten und Lieferanten.
Es kam wie es kommen mußte:
Der Pfarrer kanzelte -in Abwesenheit "jener Sünder"- die Vier deftig ab
und das schockte einige Kirchenbesucher, die sich gerne in der Pizzeria aufgehalten haben.
Bald stieg die Zahl der Austritte auf 10% der "Schäfchen".

***

Noch immer war der Regisseur hin und hergerissen von der Story, so dass er
noch eine Staffel hinterher setzen mochte.
Auf den Social Networks zerriss man sich die Mäuler über das Buch und das Treiben der Kirche,
was nochmal eine Austrittswelle brachte.
Eines sonnigen Morgens roch es merkwürdig im Haus und heißer Rauch stieg durch das Treppenhaus.
Schnell haben die Beiden ihre Siebensachen gepackt und sind über die Hintertreppe in den Hof gerannt.
Die Pizzeria brannte an allen vier Ecken, die Schaufensterscheibe hatte ein Loch und Flammen
schossen daraus hervor - die Sirene der Feuerwehr schrie in die Ohren der Bewohner.
Löschzüge kamen angerast, viele Feuerwehrmänner mit Spritzen gingen zu Werk.
Durch die Nähe des Sees kam genug Wasser durch die Steigleitungen, so war der Brand recht schnell
gelöscht und die Nachbarhäuser konnten gut geschützt werden.
Die Kripo war sofort zur Stelle und untersuchte das Haus ganz genau und mit vielen Leuten.
Die Beiden sind zu den Alten auf die Alm gefahren, von wo per Handy die Versicherung
informiert wurde.

Der Polizei haben die Beiden die Handy-Nummern gegeben, damit sie auf dem Laufenden blieben.
Der Pfarrer hat ein gutes Alibi, so meinte der Kommissar, aber mit der Kirchentante stimmt was nicht,
sie erinnern sich an die Sozialamtsmitarbeiterin, die ihnen die beiden Kinder weggenommen hat?
Man sah diese Frau mit einem Einkaufsroller zur halben Nacht die Straße gehen, dabei
ist sie keine Zeitungsausträgerin und verteilt auch keine Brötchen oder ähnliche Dinge.
Um diese Zeit hat auch kein Laden auf - wozu sonst zieht man einen Rolli hinter sich her?
Das hat uns der Zeitungsbote gesteckt, der noch etwas gut zu machen hatte..
Wir haben die Frau festgesetzt und vernehmen sie gerade.
Der Grund für die kleine Reise des Pfarrers ist auch recht fadenscheinig,
er will Verwandte besucht haben, die aber in einer ganz anderen Ecke des Landes gemeldet sind,
als dort, wo er diese angeblich besucht haben will.
Wir haben das Zimmermädchen der Unterkunft verhört und erfahren, daß man ihr hundert Franken zugesteckt habe,
damit sie aussagt, den Pfarrer jeden Tag in der Gaststube gesehen zu haben.
An einen solchen Betrag erinnert sich eine "Geringverdienerin" eben leicht.

Die Alten staunten nicht schlecht, als sie das hörten.
Jetzt standen die Beiden erst einmal ohne Beschäftigung da und ohne Bleibe.
In der Alm war nicht so viel Platz, aber es war gemütlich und kostete kein Geld.
Die Alten bekochten die Beiden und bemutterten sie, wo es nur ging.
Dafür bekamen sie Hilfe beim Vieh und der Almwirttschaft, brauchten sich
um die Einkäufe nicht zu kümmern, etc.
Abends spielte man Karten und erzählte sich Geschichten beim Käse-Fondue.

***

Es verging ein Vierteljahr, dann meldete sich ein Bauunternehmer,
der im Auftrag der Versicherung das 3 stöckige Gebäude neu errichten wollte -
es sei nichts mehr zu retten gewesen, das historische Gebäude mit seinen
Lehm und Holzkonstruktionen sei einfach zu aufgeweicht gewesen von dem vielen Löschwasser.
Wollen sie das Gebäude verkaufen, wenn es fertig gestellt ist oder behalten?
Ich hätte da einen Interessenten, der ein Hotel daraus machen will -
er bekommt die Genehmigung noch zwei Stockwerke darauf setzen zu lassen.
Wer ist der Interessent? Die Beiden ließen nicht locker.
Das darf ich eigentlich nicht sagen, aber es ist das Hospiz zum St. Josef, also die Kirche, die sich dafür interessiert.
Die Sache fing an spannend zu werden.
Selbstverständlich wollten die Beiden diesem hinterlistigen Treiben nicht nachgeben
und bestanden auf der Wiedererrichtung des gut versicherten Gebäudes in seiner alten Struktur.
Dazu nahmen sie die Hilfe des Denkmalschutzamtes in Anspruch, damit wäre die Kirche
hinten runter gefallen.
So ist man verblieben.
Die Tage und Wochen auf der Alm vergingen in Frieden und Eintracht,
der Kontakt zu dem Filmfritzen ist geblieben.
Vom Wohl und Wehe ihrer ehemaligen beiden Pintas in Portugal haben sie nichts mehr gehört,
desgleichen nicht von den beiden Pflegekindern, die der Pfarrer wohlweislich
weit weg nach Portugal in ein Kinderheim vermittelt hat, um jeder Gefahr aus dem Wege zu gehen.

***

Das Haus und auch das Lokal wurden wieder errichtet und eingerichtet.
Eines Tages schrieben die Pflegekinder einen Brief, der heimlich abgeschickt worden sein mußte,
denn wer Kinderheime kennt, kennt die Zensur aller Briefwechsel -
das ist bis zum heutigen Tag so geblieben.
In der Nähe von Porto sind sie, echote Ines, unglaublich!
Jeder Versuch die Kinder wieder zu bekommen, war von vorneherein aussichtslos,
es war eine katholische Anstalt.
Der Pfarrer von Bellinzona wurde inzwischen versetzt nach Mosambique oder Zentralafrika-
wer weiß das schon so genau, wie diese Mühlen mahlen, denn
die Kirche hat überall Niederlassungen und so war er aus dem Weg und entging dem Skandal.
Die Presse war aber schon längst alarmiert und beobachtete die Szene nach allen Seiten hin.
Die Sozialarbeiterin war eingebuchtet worden und das für mehrere Jahre, wie es hieß.

Die Pizzeria wurde in ein "Sandwich-In" umbenannt und umgeformt, was logistisch kein Problem
für die beiden Geübten war.
Ines entwickelte ein Pasta-Rezept, das eine der neuen Spezialitäten in Bellinzona wurde:
Spaghetti mit Calamares en Salsa Americana und Schafsparmesan..
..der Renner schlechthin.
Ein wenig Gespür für die neue und schnelle Zeit muß man haben,
sonst geht ein Gastronomiebetrieb schnell dem Ende entgegen.
Sie fotografierte ihre Essen und hängte die Vergrößerungen ins Schaufenster.
Das zog so manchen Touristen magisch an.
Ein junger Mann aus der Nachbarschaft hat die moderne Fotografie zu Hobby gemacht
und schon so manches sehr gute Bild geschossen, das sich bestens verkaufen ließ.
Ab und an kamen die Alten von der Alm herab in die heißen Niederungen
und schauten sich alles genau an.
Diesmal war ein Notar dabei, der die Überschreibungsurkunde verlesen hat,
ein paar Papiere zum Unterschreiben hatte und bald waren sie eingetragene Besitzer des Hauses.
(Unter der Hand zahlten sie die Pacht weiter, das gehört sich so)
Die Geschäfte gingen schließlich gut und so mußte man nicht auf den Rappen achten.

Dieses Sandwich - In war der Zeit angepaßt und hatte keinerlei Konkurrenz zu befürchten
und war auch kein echter Mitbewerber zu den alteingesessenen feinen Lokalen in dem Städtchen.
Zu den Beiden kamen nur Handwerker und irgendwelche Fahrer von Speditionen oder die Postleute-
das war eigentlich genug an Kundschaft, lieber weniger, als Zirkus.
Noch zu erwähnen wäre die wachsende Klientel der Amerikaner und jungen Reisenden, die
ein schnelles Essen wollten, das man aus der Hand essen oder mitnehmen konnte.
Die Touristen wollten schnell möglichst viel sehen und keinesfalls ihre Zeit in Restaurants vertrödeln.

Die Beiden hielten Kontakt zu den Pflegekindern, die ihre Post in einem Kiosk abholten -
das hatte man heimlich vereinbart.
Bei Erreichen der Volljährigkeit erhalten die Kinder noch ein Jahr Ausbildung,
dann stehen sie auf eigenen Füßen und könnten dan bereits im gemachten Nest in.. Bellinzona sein!

***

Die Zeit verging, die Alten starben kurz hintereinander und hinterließen
die Alm den Pseudo-Enkeln als Mitgift oder Lebensstart.
Menschen die sich lieben sterben nie, stand auf dem Grabstein.
Der Tag kam und die Kinder auch - das Mädchen war eine attaktive junge Dame geworden
und der Junge ein kräftiger Bursche mit Talent zum Lehrer.
Mit dem Erbe der Alten konnten sie nichts anfangen und so verkauften sie die Alm
und gingen ins Ausland.
Er nach Deutschland als Erntehelfer um sein Studium zu finanzieren,
sie zurück nach Porto, wo sie mit einem Bäcker geliebäugelt hat.

Ein Papst ging, ein anderer kam, aber wen interessieren schon Nachrichten?

Ein neuer Wind zog in Rom ein, die alte KGB-Methodik der Hardliner sollte Vergangenheit sein,
aber wer das glaubt, gehört sowieso in die Kirche.

Das Sandwich-In brummte, über einen Umsatzmangel war nicht zu klagen.
Und doch steckte in ihnen die Sehnsucht nach dem alten Zuhause;
hier in der Schweiz war Wohlhabenheit, dort in Santiago del Estero
war das Container-Dorf und in Portugal war São Pedro da Cadeira mit seiner Eck-Pinte,
in Vila Chã war das alte "Sandwich-In" - das sie so liebevoll restaurierten.
Die beiden hockten am Sonntagmorgen am PC und forschten nach.
Welche der beiden Lokale würden wir gerne wieder haben?
Die Wahl fiel klar auf ihr erstes gemeinsames Projekt in Vila Chã und so
sahen sie die Immobilieninserate der Stadt Fornos de Algodres nach ihrem Objekt.
Bald riefen sie den alten Freund und Klempner an und erklärten ihr Heimweh.
"Das ist aber eine nette Überraschung, ihr müsst uns unbedingt erzählen, was euch alles passiert ist!
Euer Laden steht schon einen Monat leer, weil das Sortiment nichts taugte und die Besitzer
stinkefaul waren - die haben alles so gelassen wie es war und so sieht es heute noch aus..
es war eine Dönerbude drin und diese Typen haben alles verranzt, wie das so ist!"

***

Nun war die Sache klar, die Nummer der Inhaber ist durchgegeben worden und so sprachen sie
direkt mit dem Eigentümer, der kaum Portugisisch oder Spanisch sprach
und sich kaum verständlich ausdrückte.
Was willst du geben?
Das klären wir am besten vor Ort.
Seltsame Leute, die dutzen jeden gleich am Telefon..
Wir kommen in einer Woche, wenn wir hier bei uns fertig sind.

Anderntags gaben sie das Objekt in Bellinzona zum Verkauf, was nicht lange in der Auslage hing-
nach zwei Tagen hatte es einen neuen Besitzer - der im Ort schon eine Pizzeria betrieb und dort
in der engen Altstadt zu wenig Platz hatte.
Das Rezeptbuch hat er gleich mitgekauft.
Der Preis war gut, die Formalitäten waren nur Formalitäten.
Die Möbel blieben im Haus, denn der Käufer hatte erwachsene Kinder, die alles gebrauchen konnten.
Mit wenigen Koffern zogen sie aus Bellinzona ab, mit .. einem alten Liefer-Dreirad.
Die Schweizer Behörden waren sehr zugänglich, vermutlich wollten sie die beiden Skandalnudeln
einfach nur los werden.
Nach langem Gehoppel in diesem seltsamen Gefährt, mit dem man keine Autobahnen fahren kann,
weil es zu langsam ist, kamen sie mit ein paar Übernachungen in ihrem Minizelt - "zuhause" in
Vila Chã an, an der N330, am nördlichsten Rand des Ortes,
nahe des Zebrastreifens am Wegedreieck vis a vis der Rua da Igreja, - wie gehabt.
Sie sahen das alte Haus schon von weitem.
Die Leuchtreklame war abgehängt und stand am Haus gelehnt, der Mast stand noch aufrecht.
Überall leere Obstkisten aus Pappe und Holz, volle Abfallbehälter,
ein abgemeldetes Autowrack, Wäsche vor dem Laden auf einer behelfsmäßigen Leine,
so daß evtl. Gäste sich ducken oder drum herum gehen mußten.
Alles sah recht herunter gekommen aus und starrte vor Fett.
Am Dönerspieß lief das Fett bis auf den Boden herab und überall waren Fliegen.
Fliegen und nochmal Fliegen, mit Zeitungsblättern abgedeckte Salatschüsseln standen
auf der Theke, wo gerade eine Frau mit schwarzem Kopftuch mit den Händen eintauchte
und mal davon mal hiervon auf die Fladenbrote verteilte.
Da kam der Inhaber heraus und begrüßte sie mit einer Teetasse, wo die Bräune
schon in das Porzellan gezogen war.
Pedro und Ines wurden herum geführt, fanden hier und da etwas kaputt vor und rechneten aus,
was die Instandsetzung kosten würde.
Die Obstbäume waren noch da und trugen gut, sonst war alles wie früher.
Was wollen sie für das Anwesen haben?
Der Preis war günstig, denn der Mann war offenbar kurz vor der Zwangsvollstreckung,
was er sich aber nicht anmerken ließ:
Wir gehen zurück nach Deutschland - dort viel besser, viel Türken in Bochum.

Nun noch schnell das Gepäck in den Laden wuchten und das Dreirad abschließen.
Sie fuhren mit der schweren, aber verranzten Limousine des Verkäufers gemeinsam nach Fornos de Algodres,
wo schon der Anwalt vor der Stadtverwaltung wartete.
Die Sache war ein Heimspiel, jeder kannte jeden und der Bürgermeister war froh,
dass endlich wieder Umsatz und Leben in diese Ecke des Bezirks kommen sollte.
Sie hoben bei der Bank das Geld ab und zahlten den Verkäufer bar aus,
selbstverständlich alles mit Brief und Siegel.
Hier meldeten sie sich bei der Gemeinde als Einwohner an und traten in die Kirche ein,
alle beide - was den Pfarrer richtig gehend entzückte.
Später sagte Ines:
Der war ganz aus dem Häuschen, erstaunlich so etwas zu sehen!
Der ehem. Eigentümer gab die Schlüssel ab und war fix verschwunden, bevor seine Gläubiger
von dem Deal Wind bekamen.
Die schwere Limousine wurde bis über jeden Anhänger- und Dachgarten-Rand hinaus
mit dem ganzen Hausstand beladen, auch mit all diesen Dingen, die als Inventar der Alten
im Haus verblieben waren..
Sie gingen zum Taxistand und ließen sich zu ihrem Sandwich-In fahren -
zuvor hielten sie nochmal am Supermarkt- der Typ hat garantiert nichts daheim im Kühlschrank
gelassen - was wir vermutlich sowieso nur mit der Feuerzange angefaßt hätten - und so war es auch.
Schmutz und Abfall in Mengen, ein paar Mäuse, aber nur solche mit vier Beinen.
Es gab viel zu tun und so wurde -mithilfe von zwei zuverdienenden Frauen des Ortes-
eine Menge geschafft, anschließend kam der Klempner und machte alles wieder gangbar,
der Fließenleger bekam auch etwas ab.
Bei jedem der Handwerker gab es zuvor eine herzliche Begrüßung, als
wären Verwandte wieder gekommen.
In dieser Zeit wurden einige Gummihandschuhe verbraucht..

In diesen Nächten schliefen die Beiden wie unter Narkose,
allerdings im Zeltchen, denn im Haus waren alle Fenster zum Lüften sperrangelweit offen,
damit der Mief abziehen konnte,
bevor die Maler und Tapezierer kommen.
Nicht mal eine Lampe ist drin geblieben, wir müssen erst in die Stadt und mit
einer Inventurliste einkaufen - ich hole schon mal einen Zettel und Stift.
Unglaublich sowas, die haben sogar die meisten Lichtschalter kaputt gemacht,
das habe ich noch nicht gesehen und - ihhhh!
Ines schrie spitz auf, was eigentlich nicht ihre Art ist.
Komm doch mal ins Badezimmer - das glaubst du nicht!
Diese Leute essen kein Schweinefleisch, verhalten sich aber wie solche:
Die müssen in der Badewanne geschlachtet haben!
Die Rohre waren zugesetzt, Blut im Überlauf der Waschbecken, in der Küche
war ein Blech auf den Boden genagelt, darauf lagen Backsteine und
in der Mitte kalte Holzkohle-Asche.
Aus dem Herd lief das schiere Fett, der Ofen war verstopft, weil keiner
den Aschekasten ausgeleert hat und auch nicht das Ofenrohr gereinigt..
Eine Klappe war abgebrochen, ein Fenster ohne Glas.
Hier muß der Handwerkertrupp nochmal ran, ich schaffe das nicht!
Ines bekam von allen Seiten Hilfe, die unsere Beiden gerne bezahlt haben.
Alle Helfer fluchten und schimpften - einer hat in der Mülltonne
Schafsköpfe und Beine und Felle gefunden, - die Fliegen kamen nicht nur daher,
auch aus dem Verkaufsraum.
Der Kühlschrank war .. auf dem Dachgarten der schweren Limousine verzurrt und
ebenfalls entschwunden.
(Wenigsten brauchen wir das Ding nicht sauber zu machen, so Pedro)
In der nächsten Woche soll die Wiedereröffnung sein und so hat der Elektriker
die alte Leuchtreklame und die Elektro-Installation wieder flott gemacht, sowie die Elektrik im Haus und Laden, der Metallbauer hatte zu tun,
die örtliche Baufirma brachte den Parkplatz wieder in Ordnung und die Mauern,
der Anstreicher hatte alle Pinsel voll zu tun und kam gleich mit einem ganze Trupp.
Sogar der Schrotthändler mußte anrücken und ein Containerwagen der Müllverwertung.
(Anmerkung des Autors:
Solche Zustände sind keine Fiktion, wir hatten das Haus unserer Großeltern
an Türken vermietet und genau solche Sachen erleben müssen.
Es gibt freilich etliche Zeugen für obige Aussagen)
Zum Schluß kam der Supermarkt mit seiner Lieferung und die Bauern der Umgebung -
lieferten an, - alles wie gehabt,
das gleiche Sortiment und -hoffentlich- die gleichen Kunden.
Das alte schweizerische Dreirad hatte es hinter sich, das haben sie abgemeldet und auf einen Sockel
gestellt, wie ein Ausstellungsstück.
Dort kletterten die Kinder der Besucher oder Gäste herum, wenn sie sich langweilten.
Der Autohändler des Ortes verkaufte einen neuen Lieferwagen, einen Kleinbus,
mit dem alles trocken nach Hause gefahren werden konnte.
Was für ein ungeheuerer Luxus - sogar mit Radio und Heizung !
In Portugal war alles spottbillig gegen Bellinzona, das spürten sie sehr sehr plastisch,
jeden Tag und wunderten sich darüber, daß beide Länder in Europa lagen und von der Gemeinschaft profitierten.
Ein paar Formalitäten zwischen den Behörden der beiden Länder, hier ein Schreiben, da eine
Beglaubigung, dorthin ein Dokument und von da eines retour - das zog sich ein Vierteljahr hin,
bis alle Probleme beseitigt waren.
Die Beiden haben gelernt, sich nicht gleich in die Hose zu machen, wenn sie etwas auszufüllen
vergessen hatten oder nicht um diese "Anordnung" oder "Vorschrift" wußten:
Solche Dinge erledigte inzwischen der Anwalt in der Stadt.

Von nun an ging alles wieder seine gewohnte Bahn und im gleichen Trapp wie ehedem.

***

Die verhinderten Pflegekinder kannten ihre Adresse
und die Tochter war mit ihrem frisch gebackenem Mann ..
bald bei den Beiden zu Besuch angemeldet.

Pedro und Ines haben in der Schweiz gut verkaufen können und so war für jedes der beiden Kinder
etwas abgefallen, worüber sie sich sehr freuten.
(Geld kann jeder gebrauchen, besonders junge Leute)
Ines und Pedro hatten noch genug auf der hohen Kante, daß eine sehr lange Durststrecke
überbrückt werden könnte, wäre das nötig gewesen- was aber nie eintraf:
Die Wiedereröffnung war über CB-Funk schnell verbreitet
und die Fernfahrer hielten wieder bei dem blinkenden Schild.

Die Beiden fuhren nie zusammen in die Stadt oder zum Gottesdienst,
weil das Sandwich-In immer Gäste hatte, die Fernfahrer
haben immer Hunger und müssen zur Toilette etc. da gibt es keinen Sonntag und keinen Feiertag!

***

Am nächsten Tag kam die "Pflegetochter" mit Mann und .. zwei kleinen Mädchen!
Das Hallo war riesig und die Freude auf beiden Seiten.
Lange konnten sie aber nicht bleiben, weil die Bäckerei bald wieder öffnen mußte,
welche die Beiden betreiben.
Nach der Übergabe des Geldes zogen sie zufrieden ab und sagten sich lebewohl.

Der Pflegesohn konnte nicht kommen, er war mitten in den Examensarbeiten und bekam somit
sein Geld überwiesen, er hat es dringend gebraucht,
sein altes Auto war gerade kaputt gegangen..

Nach und nach kamen auch die Dorfbewohner wieder vorbei und holten sich mal geschwind so ein
superfrisches Sandwich von Ines, freuten sich gemeinsam mit den Beiden über deren Rückkehr und
plauderten auch über diese seltsamen Dinge, die man in dieser Fernseh-Serie sehen konnte.
Da kam auch schon der Regisseur mit seinem Team angefahren, wo fleißig Aufnahmen gemacht wurden,
die -unangekündigt- so "live" wie möglich sein sollten.
Er interviewte den Bürgermeister, den Pfarrer ein paar Nachbarn und die Beiden,
damit die Serie entgültig abgeschlossen werden kann, wie er sagte.

Das war freilich DAS Dorfgespräch und in der Stadt war es genau so auf der Tagesordnung,
wie hier im Randbezirk.
Unser Dorf im Fernsehen, unglaublich !
Diese Filmserie wurde in mehreren Sprachen ausgestrahlt und so war das Publikum erstaunlich groß.
Etwas Geld floß auch in die Kasse - was bei den Ausgaben in dieser Zeit das Sparbuch der Beiden rettete.

Die frisch gebackenen Sandwich-Brote wurden ihnen praktisch aus den Händen gerissen,
denn noch immer waren die günstigen Verkaufspreise gewissermaßen Firmenphilosophie der Beiden.
Die Reparatur des alten Herdes hatte sich mehr als gelohnt, der nun vollkommen und von Grund auf
restauriert in der alten Küche prangte und dort der Mittelpunkt war, wie immer schon.
Fortan liefen die Tage unbehelligt und in großer Zufriedenheit ab -
..bis zu jenem Tage, wo sich Besuch anmeldete, ganz "innovativ" vom Handy aus dem Auto heraus,
zu einem spontanen Blitzbesuch - eigentlich war dessen Ziel ein Kongress in Madrid.
Ein kurzer Tripp mit dem P orsche und schon waren sie da - ein paar Strafmandate
wegen zu tiefen Fliegens in der Tasche.
Der verhinderte Pflegesohn kam mit seinem Freund an, auch er war nun "verheiratet"
und sie lebten in Berlin, im Multi-Kult-Viertel ein Leben, das man als "angesagt" bezeichnet.
Er hatte "seinen Lehrer" gemacht, aber nie im Schuldienst angefangen, sondern ging
in die Politik - sein "Ehemann" war dort bereits im Parlament
und kümmerte sich um "Soziales und Integration. Humane Verantwortung, Respekt und Anstand".

Das Treffen lief recht befremdlich ab, Ines ging auf Distanz und antwortete kaum.
Als die jungen Männer wieder weg waren, ging sie angewidert eine Runde in der Landschaft spazieren,
viel zu schnell, so daß sie recht atemlos war.
Das mußte einfach sein, denn diese Dinge waren der gebürtigen Portugiesin zu viel.
Pedro fuhr sich durch sein lichtes Haar und schüttelte nur den Kopf.
Zeiten sind das !
Es dauerte ein paar Tage, bis sich beide von diesem Schock erholt hatten.
Pedro traf den Bürgermeister vor der Bank und sprach ein paar Takte -
wie man das auf dem Land so gewohnt ist.
Dabei kam heraus, daß eine Anfrage bei der Gemeinde lief, die ihn und seine Frau betraf.
Der Gegenstand der Anfrage war eine harmlose Angelegenheit:
Es ging um eine Containerdorf, das ein Investor bauen wollte, angeregt von diesem Skandalbuch.
Dieser Investor wollte die Adresse Pedros wissen, die ihm dann auch gegeben wurde.
Das war doch sicher in ihrem Interesse, oder?
Ja, meinte Pedro, warum nicht, wenn ich mit Knowhow helfen kann, soll es gerne sein.
Vermutlich will er das Container - Dorf nicht in der Gemeinde Fornos de Algodres oder gar in Vila Chã
bauen, sondern ganz woanders, nahe von Problemzonen ohne ausreichenden Wohnraum..

***

Der Investor war ein gerissener Fuchs aus der Baubranche, der sein Baugeschäft eher als
Alibifunktion oder Abschreibungsprojekt weiter betrieb, geerbt von seinem Vater und der hatte es
von seinem Vater, wie das so ist in traditionell geprägten Landstrichen.
Die Beiden verstanden sich ganz gut mit dem geschäftigen Mann, der seine Sinne klar
auf ein lohnendes Projekt hin ausgerichtet hat.
Coimba am Mondego mit seinen 150.000 Einwohnern hat
eine sehr enge Altstadt, die zudem auf einem Hügel liegt.
Hier sind Wohnungen Mangelware, ganz besonders solche mit einem Parkplatz vor der Tür.
Wie auch immer, es wurde über die Container gesprochen und wie diese in Argentinien bearbeitet
und aufgestellt und mit welcher Klientel der Pedro diese damals besetzt hatte.
"Besetzt hat" ist gut, meine Pedro, die Leute haben uns die Tür eingerannt..
Adressen wurden getauscht, Recherchen angestellt und so kam eins zum anderen.
Auf einem freien Feld, ganz nahe der Capela de Sao Romao, unweit der Kinderklinik und dem
äußeren Stadtring Coimbras war Platz genug und die Stadt war bereit,
bei diesem Projekt zu helfen, denn erschlossen war das Gebiet bereits und eine Sackgasse
führte direkt an der Kapelle vorbei ins Nichts.
Eine Ödnis, die man gut nutzen konnte und die nicht viel kostete,
war dem Gewinn zuträglich, ganz ohne Frage.

***

Der Investor zog wieder ab mit seinem neuen Wissen, aber den Pedro
hat er zur Mitarbeit nicht gewinnen können, auch wenn die vage Hoffnung geäußert wurde.
Ines hätte ihm was erzählt - denn alleine wollte sie nicht bleiben und dann noch die Arbeit
mit dem Sandwich-In - nee, mit manchen Frauen macht man sowas ganz einfach nicht.
Die Kirche hielt Ruhe und die Behörden auch, wie schön kann das Leben sein!
Dieses Glück war nicht von allzulanger Dauer, denn der Staatsanwalt in der Schweiz
sah die vom Richter verordnete Aufenthaltspflicht für die Schweiz verletzt und
forderte Rechenschaft von den Beiden.
Schließlich sei Asyl gewährt worden, so war sein Argument.
Als dieser keine Antwort auf sein Schreiben erhielt, kam nach einiger Zeit
die Portugiesische Polizei vorgefahren und ordnete eine Überstellung -zumindest des Pedro- an.
Er wurde gleich mitgenommen und nach der Anhörung in die Schweiz geflogen.
Dort wartete der Vertreter des Staatsanwaltes und nahm ihn persönlich in Empfang.
"Wir wußten sie nicht anders zur Aussage gegen den Pfarrer und die Sozialamtsbedienstete
zu bewegen, als uns auf die von ihnen damals anerkannte Aufenthaltspflicht zu berufen.
Der Fall hat eine mächtige Tragweite bekommen, was keiner von uns erwartet hat.
Näheres erfahren sie in Bälde."
"Bälde"? Dachte sich Pedro - seltsame Leute diese Eidgenossen.
Eingesperrt wurde er zwar nicht, mußte aber im Polizeiwohnheim bleiben und war unter Aufsicht.
Er wurde bald in einen Unterrichtsraum geführt, wo ein Diaprojektor stand.
Zwei Beamte erläuterten die Fall, einer schob die Bilder weiter, wenn der andere den Satz
beendet hatte.
Die Problematik dieses Falles von schwerer vorsätzlicher Brandstiftung ist nicht nur die Mobbing-
und Stalkingaffäre gegen sie persönlich und gegen ihre Frau,
es waren auch die Inhaber des abgebrannten
Hauses darin verwickelt.
Die beiden haben für die Mafia Drogengelder "gewaschen" und waren somit an Straftaten beteiligt.
Das Vermögen sollten eingezogen werden, was aber durch die Überschreibung auf Sie und ihre Frau nicht
mehr möglich wurde.
So sind sie zwar kein Erbnachfolger, sondern nur ein Nutznießer -
aber deshalb noch lange nicht aus dem Schneider.
Unsere Recherchen haben ergeben, daß sie als neue Inhaber mit dieser Geschichte nichts zu tun,
aber gegen Bleiberegeln verstoßen haben, weshalb der Richter heute gegen Sie in Anwesenheit und
gegen ihre Frau in Abwesenheit - wenn sie damit einverstanden sind - ein Urteil sprechen wird.

Was für ein Kram, was für ein Gezackere, Pedro verstand die Welt nicht mehr - diese lieben Alten
sollen der Mafia angehört oder diesen Halunken geholfen haben?
Unfassbar.
Der Tag der Verhandlung kam, es waren nur der Richter, zwei Beamte und Pedro anwesend.
Der Richter wirkte zerstreut und fahrig.
So, sie sind also der Schweizer Staatsbürger ... wohnhaft in Vila Chã,
Inhaber des Bistros "Sandwich-In", nunmehr portugisischer Bürger?
Ja.
Aha.
Hier ist offengeblieben, wohin sie ausgereist sind, wir mußten ihren jetzigen Aufenthaltsort
durch unsere Beamten recherchieren lassen.
Ganz offenbar ist hier die Abmeldung nicht weiter geleitet worden -
der Schwager des Pfarrers ist der Leiter des Einwohneramtes in Bellinzona.
Ich kann, wenn sie wollen, gegen den Mann Anklage erheben lassen,
möchte ihnen aber davon abraten - sie würden dabei Wochen bei uns festsitzen, bis die Verhandlung
anberaumt werden kann, die Gerichte sind mit ähnlichen Fällen überlastet.
Wenn sie einverstanden sind, verurteile ich sie zu 10% des Verkaufserlöses des von den Alten
überlassenen Anwesens und sie wären dann frei.
Die Schweizer Staatsbürgerschaft wird ihnen hiermit entzogen, die Kosten für die Asylunterkunft
und Verpflegung, sowie Transportkosten belaufen sich auf etwa die gleiche Summe.
Die detaillierte Rechnung geht ihnen zu.



***










"Der Heilige von Santiago de Compostella" 6

Er rief Ines an, gab die Kautionszahlung von 10.000 Schweizer Franken zu zahlen
und bald darauf war er frei und
mußte auf eigene Kosten zurück reisen.
Diese ganze Story bekam der Filmfritze schriftlich und so war auch er im Bilde.

Ines meinte später beim Abendbrot: Gut, daß wir genug auf die hohe Kante gelegt haben,
sonst wären wir jetzt pleite.
Der Restbetrag der Zechen kommt noch, keine Bange, so Pedro.

Nach einem Monat, die Beiden haben schon bald nicht mehr daran gedacht, kam
von der Schweizer Botschaft ein Einschreiben, in welchem der Restbetrag von
xxx plus xxx Gerichtskosten plus xxx an Steuer und Schreibgebühren gefordert wurde.
Zahlbar innerhalb einer Woche.
Pedro fuhr in die Stadt und überwies die Summe sofort.
Nun war kein Groschen mehr auf dem Konto, sie waren blank, wie man so schön sagt.
Wie gewonnen, so zerronnen.
Der Sandwich-In lief prima und so gab es keinerlei finanzielle Probleme.
Die portugiesischen Behörden versuchten nochmal zu zicken, weil so viel Geld außer Landes transferiert
wurde, welches aber mit einer mündlichen Erklärung abgetan werden konnte.

Das erfuhren auch die "verhinderten Pflegekinder", die sich dann nie wieder gemeldet haben -
wo du nicht bist, Herr Jesu Christ, da schweigen alle Flöten !

Der Pfarrer des Dorfes wurde in Rente geschickt, der Bürgermeister folgte bald darauf.
Die beiden Männer hatten genug mit Boule zu tun und vertrieben sich mit typischen Rentnerbeschäftigung die Zeit.
Ab und an kamen sie auch am Sandwich-In vorbei, denn hier hat man günstig und flott seinen Mittagstisch
bekommen und ging dann satt und zufrieden wieder nach Hause -
und hatte seinen Spaziergang gleich mit abgewickelt.
Der neue Priester kam und stellte sich vor, der neue Bürgermeister hielt eine Rede,
alles wichtige Leute und alle wichtigen Leute kamen und hörten sich deren "Predigten" geduldig an.
Der neue Pfarrer war ein Scharfmacher gegen andere Glaubensrichtungen, zumal sich inzwischen
mehrere andere Glaubensrichtungen in der Gegend ausbreiteten wie die Grippe:
Jeder Fremde brachte auch seine eigene Meinung und .. Religionseinstellung mit,
gerade in Portugal.
Kamen genügend Leute einer Sorte zusammen, wurde gleich ein "Gotteshaus" gebaut.
Das juckte unsere Beiden nicht, denn inzwischen gingen sie nicht mehr zur Kirche,
es war sowieso nur zum Gefallen des alten Pfarrers gewesen, nicht der Institution oder des Glaubens halber.

Die Prediger besuchten reihum ihre "Schafe", aber bei Pedro und Ines stießen sie auf taube Ohren.

Der neue Bürgermeister mußte sich noch profilieren und Strenge oder Tatkraft beweisen.
Überall hat er Blumenkübel und Begrüßungstafeln aufstellen lassen, hat Rabatten neu anlegen,
den Kindergarten erweitern und die Kanalisation erneuern lassen.
Das hat viel Geld gekostet, mehr als die Gemeindekasse her gab -
heute finanziert man quer, d.h. auf akademische Weise, indem auf Landeszuschüsse gehofft wird.
Diese waren wohl angedacht, wurden aber nur zum Teil gewährt und nun war Ebbe in der Kasse.
Er hat an allen Ecken und Enden die Steuerschraube angezogen, abgelaufene Konzessionen im Preis verdoppelt,
die Müllgebühren drastisch erhöht, eine Regenwasserabgabe eingeführt.
(Der Regen wird besteuert, der auf "versiegelte Flächen" der Grundstücke hernieder ging,
die Willkür, was denn nun eine "versiegelte Fläche" sei und was nicht, wurde meistens
gegen die Einwohner entschieden - auch das ist keine Fiktion, sondern überall zu spüren.
Alles hübsch nach Quadratmeter Grundstücksgröße und so haben einige Einwohner eine saftige Rechnung
erhalten und als -durch die Kanalisationserneuerung- die Straßendecken erneuert werden mußten,
trieb das einige Häuslebesitzer in die Hypothek:
Die neuen Anliegerbeteiligungen am Straßenneubau bis zur Laterne gingen geschwind bis in Hypotheken-Höhen.
Auch das ist keine Fiktion -so der Autor.)
Die Gemeinde war nicht bereit, diese Forderungen zu stunden oder als Ratenzahlung umzuwandeln. (Was bei uns im Land wohl etwas humaner geregelt ist)
Einige haben ihr Haus verkauft und sind auf Miete gezogen.

Pedro und Ines standen vor dem Ruin, weil eine solche Rechnung nicht mehr bedient werden konnte.
Die Bank stellte sich -wider Erwarten- nicht quer und gewährte einen Ratenkredit,
welcher die nächsten zwei Jahre abgezahlt werden soll.

Das ist wirklich mit beiden blauen Augen davon gegangen, so Ines.
So eine Schweinerei.
Die Welt ist eben so wie sie ist und der Herrgott ist wohl nicht ganz schuldlos daran:
"Ihr sollt euch keine Schätze auf Erden sammeln"
Naja, von den Schulden hat er nichts gesagt!

Der Laden brummte und das Geld kam leicht wieder herein, sogar so gut,
dass die Schuld zeitig beglichen werden konnte.
Viele Fernfahrer unterhalten sich miteinander und so kam eine Art "Nachrichtenzentrale"
Sandwich-In zustande - die Beiden erfuhren viel aus anderen Ecken Europas und lernten
die Menschen mehr als nur kennen, sie lebten mitten unter ihnen.
Pedro führte sein Tagebuch fleißig fort und der Regisseur reichte die Folgeblätter an den Verlag,
weil die TV - Serie abgeschlossen und abgesetzt wurde.
Der Verlag hat zugesagt und die Rechte an sich gezogen.
Am Ende dieser Lebensstory hatten die Beiden praktisch eine kleine zusätzliche Rente zu erwarten,
weil die einzelnen Tagebuch - Blätter zum Verlag gefaxt wurden, sobald sie fertig geworden waren.
Auf diese Weise geht nichts verloren und man geht nicht ganz vergessen, wenn mal was passiert.

Und es passierte eigentlich immer etwas.
Der neue Priester war wieder so ein Intrigant, der friedliche Leute nicht mochte.
Ob durch dieses Tagebuch im TV oder als Buchveröffentlichung ist nun eigentlich schon egal,
auf alle Fälle bekam er mit, dass Pedro die Priesterweihe hat und als schwarzes Schaf innerhalb
der heiligen römischen Kirche galt.
Ab und zu stichelte er in seiner Predigt in die Richtung Pedros, der aber erfuhr
das erst viel später und um drei Ecken, wie man so schön sagt.
Dorfklatsch, Mund- zu- Mund - Propaganda oder so ähnlich.
Der neue Bürgermeister hielt sich fern, er war von der inzwischen größeren Oppositionspartei
und evangelisch getauft.
Der Bürgermeister war dem Integranten zu gefährlich als Gegner, deshalb hielt er sich an Pedro.
Einen Feind mußte dieser Mensch immer haben, sonst wäre er wohl nicht froh geworden.
Schadenfreude ist für viele die "reinste Freude", auch wenn ich meine Zweifel daran habe.
Als Beobachter oder Außenstehender kann man kaum nachvollziehen, wieso Mobbing wirken kann,
wer aber sein ganzes Leben lang auf einer solchen Schiene arbeitet, schafft es, so manchen zähen Hund
zum Berserker oder Wüterich werden zu lassen.
Der Pfarrer stichelte und zischelte, trug hinten herum an, daß er verdorbene Ware
im Sandwich-In gefunden habe und trug das beim Gesundheitsamt -anonym- an.
Ines schrie vor dem Haus, noch bevor der Laden geöffnet wurde -
und zeigte Pedro, daß aus einer Ecke der Bretter Kakerlaken liefen.. ein ganzer Schwall davon.
Mit dem Staubsauger haben die beiden - die wohl frisch ausgesetzten Insekten - aufgesaugt und ein Gurkenglas
sicher gestellt, das in der Nähe ins Gebüsch geworfen worden war.
Ines fuhr damit zur Polizei und erstattete Anzeige gegen Unbekannt.
Fingerabdrücke waren wohl auf dem Glas, die aber nicht abgenommen wurden,
weil die Sache "ein buchstäblicher Schab - er - nack" sei und niemand zu Schaden gekommen sei.
Ein böser Buben-Streich, sozusgen.
Das Gesundheitsamt kontrollierte tatsächlich noch an diesem Morgen, fand aber nichts vor,
was man hätte beanstanden können.
Der Pfarrer war außer sich vor Wut und schlug einen Ministranten.
Der Bube mußte ins Krankenhaus, weil er unglücklich stürzte und eine Platzwunde am Kopf davon trug.
Die Eltern gingen zur Polizei und so untersuchte man das Gurkenglas und glich die Fingerabdrücke ab.
Es waren die vom Buben darauf, aber - unten am Boden - auch welche vom Geistlichen !

Da dieser schon zur Strafe in diesen abgelegenen Ort versetzt worden war,
stand er nun unter strengem Kuratell des Bischofs.
Fortan war er brav und ging kaum noch aus den Kirchenmauern heraus.
Ein paar alte Frauen des Kirchenrates machten dafür um so fleißiger weiter mit der Verfolgung.
Es verging kaum ein Tag, wo nicht neue Unterstellungen gegen die Eltern des geschlagenen Ministranten
und gegen Pedro und Ines die Runden machte.
Das kostete viele Kunden, die nun nichts mehr mit den "Sündern" zu tun haben wollten,
die Beiden waren unverheiratet und er ein Priester und sie eine ehemalige Bardame.
Die bösen Tanten hatten ihre Quellen und die hat Pedro selbst geschrieben..
die ersten Folgen des Romans, der eigentlich sein Tagebuch werden sollte,
waren bereits im Verkauf und gelangten auch hier in dieses stille Dorf.

Wieder traten die beiden aus der Kirche aus - Ines meinte nur:
Das scheint zur lieben Gewohnheit geworden zu sein.

Der Ort war so durchsetzt von diesen seltsamen und selbsternannten Frommen,
daß selbst die Lieferungen an das Sandwich-In ins Stocken kamen.
Die örtlichen Händler und Bauern hatten tausend Ausreden, nicht liefern zu müssen.
Solche Durststrecken hatten wir schon ein paarmal, laß uns die Ruhe bewahren
und in Aguiar da Beira einkaufen,
so weit ist das nicht weg.
Gesagt, getan, diese 1500 Einwohner Ortschaft hat Stadtrechte und ist schon uralt,
hier kann man alles kaufen oder liefern lassen.
Ein paarmal haben die Beiden das gemacht, als die örtlichen Lieferanten - nach und nach -
sich meldeten und ihre Waren anboten.

Na siehst du, man muß eben zäh sein und Geduld haben, dann knackt man die härteste Nuß, so Pedro.
Ines nickte zufrieden und weiter ging das Geschäft und mehr Besucher kamen ins Sandwich-In.

Dieses Gewerbe kann man bis ins hohe Alter und ggf. auch alleine weiter betreiben,
und es war ihr Zuhause, das niemand streitig machen konnte.
Die Sparsamkeit der Beiden ließ das Polster wieder anwachsen - nie wieder wollten sie
in die Abhängigkeit geraten, bei keinem.

***

Das Sandwich-In wurde zum beliebten Treffpunkt der Jungen dieser Gegend,
weil sich im Obsthain ab und an eine junge Band versuchte
was immer Zuhörer anlockte.
Bald tanzten die jungen Leute zur Musik zwischen den Bäumen,
der Umsatz rollte und die Toilettenanlagen mußten vergrößert werden.
Alkohol und Zigaretten gab es hier nicht, das war klar und es wurde auch nicht geduldet,
daß diese Dinge auf dem Grundstück zu sehen waren.
Das gab einen Platzverweis.
Manche blieben vor dem Grundstück stehen und rauchten oder tranken oder taten beides-
Diese waren bald durch einen soliden Zaun deutlich abgegrenzt, der das ganze Grundstück umfasste.
Abends kam Benno dazu, ihr neuer Wachhund, ein von der Polizei wegen zu großer Bissigkeit ausgemusterter
sturer Schäferhund, mit dem niemand klar kam:
Sein Hundeführer wurde dienstunfähig und seine Familie
kam mit dem Hund nicht zurecht;
es ist überall Sitte, daß ausgediente Diensthunde in der Familie
des Hundeführers ihre Pension -ja, ihr habt richtig gelesen- genießen, die der Staat zahlt.

***

Die Beiden kauften noch ein Stück Felsenland bis zum Wäldchen an der N330 nördlicher Richtung und
etwas Land hinter dem Grundstück,
etwas nach östlicher Richtung bis zur Straße, die zur anderen Outposts ging
um irgendwann wieder auf die N330 zu führen.
Der Bürgermeister war froh, so kam etwas Geld in die Kasse, denn vieles davon war unwirtliches Gemeindeland,
die Scheune dahinter haben sie auch dazu bekommen und die Zisterne -
aber nur mit der Auflage, diese zu vergrößern und der Nutzung der anderen Anlieger mit zur Verfügung
zu stellen, was den Beiden kein Problem war.
Das Land in dieser Gegend war nicht teuer, dafür aber nicht nur steinig, sondern eher felsig zu nennen.
Das Land gehörte z.T. einem Schäfer, der aus Altersgründen aufgehört hat und nur noch aus Hobby
ein paar Tiere hielt - die grasten dann munter weiter auf dem verkauften Grundstück, der Schäfer
wohnte weiter in seinem Scheunenausbau in seinen 2 kleinen Räumen.
Wenn das Grundstück bewohnt oder belebt ist, kann uns das nur von Vorteil sein.
Wir müssen unseren Hund mit dem Manne bekannt machen!
Dieser bekam nun jeden Tag sein -gratis- Frühstück im Sandwich-In, an das er sich schnell gewöhnte,
wie auch an den bösen Hund, der fortan auch bei dem alten Schäfer unter dem Tisch sein Nickerchen hielt,
wenn er ungestört sein wollte.
Der Fuchs war danach nicht mehr zu sehen gewesen, so meinte der Alte lachend.
(Er hielt Hühner und bekam den Auftrag, seinen Bestand so zu erhöhen, dass er die Beiden
beliefern konnte - fortan gab es ein paar kulinarische Erweiterungen im Sandwich-In.)

Die Tratschtanten waren zunehmen stiller geworden, weil der Alte ein begehrter Kandidat
ihrer Träume war, früher wohl ein hübscher wilder Kerl und heute ein in sich gekehrter Stiller.

Der Parkplatz wurde erweitert um ein paar LKW Parkstreifen, einige Planier-Arbeiten
wurden vergeben - überhaupt waren die örtlichen Unternehmen gut an dem Projekt der Beiden
eingebunden und kamen gerne, weil sie keine Angst um ihr Geld haben mußten.
(in diesen Zeiten ist das eher selten geworden, säumige Kunden gab es in Mengen.)

***

Eines schönen Tages kam ein wichtig aussehender Brief aus der Schweiz,
den sie erst nach Feierabend geöffnet haben und bis dahin den Tag voller Spannung
aushielten - wer weiß, was das wieder für eine Hiobsbotschaft sein mag, so Pedro.
Der Abend kam, die letzten Reinigungsarbeiten wurden gemacht, als den Beiden der Brief
wieder in den Sinn kam, der unbeachtet neben der Anrichte des Lokals steckte.
Lies doch mal, bettelte Ines, der Brief ist schließlich an dich adressiert!
Zuerst muß ich die Spüle reinigen, dann mache ich das Ding auf- wohl ist mir aber nicht dabei..
Mit dem Küchenmesser ratschte er den Brief auf und ein Dokument trat ans Tageslicht:
Die Erblassung der Eheleute xxx aus Bellinzona ist abgeschlossen und nach Abgleich mit
den Finanzbehörden ist aus den Kommunalobligationen und Einlagefonds der hiesigen Bank xxx
ein Restbetrag oder Guthaben von einer Million Schweizer Franken geblieben, von dem mein
Honorar bereits abgezogen wurde.
Bitte geben sie mir ihre Kontoverbindung bekannt, damit dorthin angewiesen werden kann.
Anbei die Duplikate der Dokumente und die beglaubigte Verfügung des Nachlaßgerichtes.
Der Fall wäre somit abgeschlossen.
Mit hochachtungsvollen Grüßen: xxxx Rechtsanwalt und Notar.

Ach du liebe Sch... jubelten die Beiden so laut, daß der Alte im entfernten Nachbargebäude
wach wurde und ankam - was ist denn mit euch los, kann ich helfen?
Der Brief war besser wieder im Kuvert eingesteckt, Neid wollten die Beiden niemals schüren.
Ach, wir haben uns nur über den gestiegenen Umsatz gefreut und uns dazu beglückwünscht -
wollen sie ein Gläschen Sekt mit uns trinken?
Aber immer!
Nach diesem Gläschen gab es noch eins und noch eins, dann haben alle gut geschlafen!

Eine Woche verging und das Geld landete auf dem Konto der Beiden.
Der Bankverwalter fiel fast aus dem Fenster vor Freundlichkeit,
was einigen Bediensteten und auch einem Mitarbeiter der Stadtverwaltung auffiel.
Ich darf sie doch an das Bankgeheimnis erinnern, so Pedro zu dem Bankchef.
Aber selbstverständlich - ich hoffe sehr, daß sie meiner, äh unserem Institut weiterhin vertrauen!
Warum sollte ich die Bank wechseln, wo sie mir damals in der Not geholfen haben?
Im Gegenteil - ich möchte mit diesem geerbten Vermögen mich an ihrer Bank als Einlage
beteiligen, das ist mir am sichersten.
Wir benötigen z.Zt. keine größeren Geldsummen im Sandwich-In.
So kam alles unter Dach und Fach, niemand erfuhr etwas, obwohl manche Gerüchte kursierten.

Das Vermögen war den Beiden niemals anzumerken, die sich wieder ein altes Dreirad mit Pritsche
aus italienischer Produktion, in babyblauer Farbe kauften,
aus nostalgischen Gründen, wie sie sagten.
Das Ding wurde zuvor vom örtlichen Autohaus aufgemöbelt,
was einige Arbeit gewesen sein muss.
Der feine Transporter wurde dem Bauunternehmer im Tausch gegen die Parkplatzarbeiten gegeben.

***


Es geht immer weiter..
Die Sonne geht auf wie ein Heizstrahler in diesem südlichen Land Europas,
sie brennt dann unbarmherzig bis es anfängt zu dunkeln.
Diese in Portugal so beliebten Strohhüte kann man überall im Straßenbild
und auf den Feldern sehen.
Freilich trugen auch die Beiden einen solchen Hut - in einfacher Machart,
als Schutz vor der Strahlung, wenn sie draußen arbeiteten.
Die Arbeiten waren recht manigfaltig und so hat man sich entschlossen,
die Gartenarbeiten in die Hände eines leicht behinderten jungen Mannes aus dem Dorf
zu geben, der auf dem Arbeitsmarkt keine Chance hatte.
Ein Mofa bekam er gestellt und einen Lohn, der regelmäßig in bar ausgezahlt wurde.
Er war "happy", wie man so schön sagt und seine Eltern waren es auch.
Soziales Engagement ist heute noch wichtiger geworden, so meinte Pedro,
weil immer mehr Sozialhilfe-Empfänger auftauchen, selbst hier in Portugal
sind immer mehr Afrikaner zu sehen, die von zuhause flüchteten um in der Welt
besser leben zu können - möglichst ohne Arbeit, wie das so die Mentalität ist.
(Weswegen sich in Afrika partout nichts entwickeln will, trotz jahrzehntelangen Entwicklungshilfezahlungen
in gigantischen Höhen, nimmt man die dortigen Verhältnisse zum Vergleich)
Die Firmen merkten sehr schnell, daß die Arbeitssuche bei den allermeisten afrik. Männern
nur Lippenbekenntnisse waren, die wenigen Frauen, die mit diesen Paschas ankamen,
sind als Hotelkräfte und Pflegekräfte besser und eher zu gebrauchen.
Eine Soziallast für die Einwanderungsländer waren sie allemal und das wird zum
Kollaps der System führen, so meinte Pedro.
Aber alle Parteien und Glaubensrichtungen forderten noch mehr Aufnahme,
"die Wirtschaft fordere das", weil "Arbeitskräfte fehlen",
das wird wie ein Mandra so lange publiziert,
bis die Leute diese Lügen glauben, so meinte Ines.

Eines Tages kam ein Sozialarbeiter und sah nach dem jungen Mann,
der hier die Außenanlagen betreute.
Was wollen sie hier, so Ines, was haben wir mit ihnen zu schaffen?
Wir haben keine Hilfen beantragt und der junge Mann auch nicht!
Der Sozialarbeiter hob an mit seinen eingepaukten Schwurbel-Phrasen,
die man nur mithilfe eines Dolmetschers hätte verstehen können, obwohl sie der Sprache des Landes mächtig waren.
Ines rief den Hund und dieser begleitete unter dumpfem Grollen die Person zum Tor,
wo er seinen Wagen verkehrsbehindernd abgeworfen hatte, daß kein Kunde mehr einfahren konnte.
Das gibt doch ganz sicher wieder Ärger, so meinte sie zu Pedro -
wir sollten Nachforschungen anstellen,
was das für ein Typ ist, welchen konkreten Auftrag der hat,
wo er wohnt und vorher gemacht hat, wer seine Familie ist und welche Verbindungen bestehen.
Die Beiden schalteten einen Detektiv ein, denn inzwischen machten sie nichts mehr ohne Rückendeckung.

Anschließend gingen sie mit dem Material zur Polizei und erstatteten Anzeige wegen Amtsmißbrauch
und Korruptionsverdacht, Willkür und Einschüchterungsversuch.
Er war ein Bruder des unter Kuratell stehenden Pfarrers aus der Stadt und Verwandter der bösen
Klatschtanten, die versucht haben das Sandwich-In zu diskreditieren.

Das Geld für den Dektektiv hat sich gelohnt, wer weiß, was dieser Bursche angestellt hätte,
wenn wir vor dem in die Knie gegangen wären, so Ines.
Nach Abzug der Detektiv-Kosten bekam der junge Mann die Hälfte des Sühnegeldes ab.
Das sprach sich schnell herum und ließ von weiteren Nachstellungen seitens der Behörden
frei und unbefangen leben.

Der junge Mann jedoch hat sich gut entwickelt und wurde mithilfe des ortsansässigen Gärtners
ausgebildet und bekam so seine ersehnte Lehre doch noch, obwohl zuvor nicht die geringsten Chancen
für ihn bestanden - denn inzwischen bewerben sich schon die ersten Abiturienten dort,
die Mittelschüler und die Hauptschüler und erst recht die Sonderschüler immer weiter verdrängten,
"absteigend, konkurrierend" sozusagen.

Dem Trend des Outsourcings und der Rationalisierung folgend, hat die Kirche
die eigene Reinemachekraft entlassen oder wie man heute sagt:
"freigesetzt".
Die Frau war den Tränen nah, als Ines sie im Supermarkt traf:
Mein Mann ist krank und hat seine Stelle als Maurer in Porto verloren,
wo wir uns sowieso nur selten sehen konnten -
und nun hat man die Sozialgelder gekürzt.
Es reicht hinten und vorne nicht, obwohl wir in einer billigen Wohnung leben müssen.
Ines sagte ihr den Job als "Hygiene-Dezernentin" im Sandwich-In zu, sie müsse nur
noch einen entsprechenden Lehrgang im Gesundheitsamt absolvieren und den Schein vorweisen.
Die Kosten werden vom zu beantragenden Sozial- und Wiedereingliederungsersuchen bei den Behörden
angefordert werden - von Ines, die den Schritt vorwärt ging und nun nach Förderprogrammen suchte
und mithilfe des Anwaltes auch fand.
Und so kam es auch, alles lief gut und die "Hygienedezernentin" erhielt ihren Anstellungsvertrag
mit genau dieser Phantasie-Berufsbezeichnung.
Nomen est Omen.
Diese Frau war froh und fortan mal am Morgen vier und mal am Nachmittag für 4 Stunden beschäftigt.
Alles wurde blitzblank und das Zertifikat hing hinter der Tresen-Scheibe, damit das Publikum
dieses ersehen konnte.
Die nächste Stufe des Ausbaus kam durch einen jungen Koch, der seine Lehre nicht so gut absolvierte.
"Mit der Note 4 bekomme ich keine Stelle, das wird nichts werden."
Er bekam die Stelle bei Pedro, der allerdings ganz ladenspezifische Auflagen machte,
die nun einstudiert wurden, wie bei einem Ballett,
immer wieder, bis alles absolut perfekt lief.
Nach ein paar Wochen kannte der junge Mann alle Kniffe und verdiente gut.

Der alte Schäfer wurde zu Grabe getragen und alle gingen mit zur Beerdigung.
Der Hofhund trauerte am meisten - wer Hunde so eng bei sich hielt, wie diese Leute
hier, der weiß was ich meine.

Pedro und Ines holten sich einen Bauantrag, der Bauunternehmer übernahm
die Ausbauarbeiten der Scheune mit den zwei Zimmerchen drin, die der Schäfer bewohnt hatte
und legte kräftig los.

Der Mann jener Reinemache-Frau war es, der wieder eingestellt wurde -
er arbeitete zwar deutlich langsamer als junge gesunde Leute,
hatte aber als einziger Fachmann weit und breit das Maurern mit Bruchsteinen erlernt !
Er gab mehr die Anweisungen, als daß man ihn körperlich zu arg belastet hat.
Bald war ein kleines und einfaches, aber gemütliches Häuschen entstanden,
das etwas kleiner als die alte Scheune war -
ein Bauwerk aus den typischen Bruchsteinen der Gegend und
mit den typischen kaminroten Ziegeln eingedeckt -
es schaute aus wie ein altes, aber saniertes Bauernhaus.
Die Fenster waren mit massiven Steinen eingepackt, wie das eben früher war,
als diese Häuser noch keinen Fenstersturz und Fensterbank kannten.
Ganz traditionell gehalten, als hätte der Bau schon ewig dort gestanden.
Ein niedriger Steinwall umgrenzt das Gebäude eher, als daß er dieses abschirmte.
Das ist im Süden Europas oft zu sehen gewesen, denn diese Feldsteine lagen eben
herum und behinderten die Feldwirtschaft und verband man das Sinnvolle mit dem Nützlichen
und ließ ganze Mauerzüge an den schmalen Straßen entstehen.
Auf diese Weise waren die Anpflanzungen auch etwas vor Frostwinden geschützt.
Kakteen wurden gepflanzt, damit Ines aus den Früchten Marmelade kochen konnte.

Der junge Gärtner bestand seine Gesellenprüfung und erzählte den Beiden:
Der Koch hat eine Freundin, die Tochter der Reinemachekraft,
die ihre Ausbildung im Reisebüro gemacht hat und nun auf der Straße steht.

Bald kam die Anfrage des jungen Kochs, ob er nicht ggf. die nun leere Wohnung
des Sandwich-In's mieten könne..
Damit hatten die Beiden freilich längst gerechnet und mit großer Geduld die Anfrage
abgewartet um dann mit ihrem Vorschlag zu kommen:

Der Vorschlag lautete:
Selbstverständlich geht das, aber mit der Auflage, daß ihr als Paar einzieht
und Pacht bezahlt, dann ziehen wir uns auf den Altensitz zurück.
Die junge Frau wurde eingeladen um sich den Vorschlag anzuhören.
Sie wurde rot und wußte nicht wohin mit den Händen, der junge Koch -
nennen wir sie Tiago und Ana -
stimmten zu und zogen wie der Blitz in die Wohnung ein und .. wohnten
fortan zusammen, wie ein Ehepaar.
Der Priester wollte gleich wieder verrückt spielen, als er -vorbeugend- vom Anwalt
des Sandwich-In den Marsch geblasen bekam:
Anschuldigungen dieser Art können in der heutigen freien Zeit vor Gericht enden
und zu einem häßlichen kleinen, aber sehr teuren Prozess führen.
Wollen sie das riskieren?
Der Priester war danach still.

Das Arbeitsverhältnis des Gärtners blieb bei Ines und Pedro,
das der Reinemachefrau kam zu den Neuen, sie blieb also "als Bestand" im Laden.

Der Bauunternehmer hat mithilfe der Beiden einen neuen Fachzweig entdeckt:
Er gründete eine Fachschule für Bruchstein-Maurerei, was ihm
-nach ein paar Jahren schon-
einen weltweiten Ruf einbrachte:
Es gibt ein latentes Interesse an der Reparatur von denkmalgeschützen Bauten, viele
davon haben Bruchsteinmauerwerk, das ausgebessert oder erneuert werden muß.
(Weg von der stümperhaften Ausbesserung mit Beton, das man in den 1970iger Jahren
überall sehen konnte und was auch nicht lange hielt- der Schaden war hinterher größer als zuvor)
Das hat einige Arbeitsplätze gebracht
und der von seinem Beruf geschädigte Maurer war fortan
als Fachlehrer beschäftigt.
Die Qualifikation, den Meistergrad hat er mit der Unterstützung des Amtes
und seines Chefs locker bestanden.
Gute Leute werden händeringend gesucht, dazu kann man die Migranten in den allerwenigsten
Fällen gebrauchen, so meinte der Bauunternehmer dazu, als er am Stammtisch
mit seinen Unternehmerkollegen beim Wein saß, wie jeden Samstagabend;
mal kommen die, mal nicht, mal sind sie wochenlang weg, dann wollen sie wochenlang Urlaub
in ihren Herkunftsländern machen und dort melden die sich sofort krank,
um den Aufenthalt nochmal zu verlängern.
Wenn man nicht ständig dahinter steht, tun sie nicht viel, außer den Weibern nachschauen.
Nee danke, das habe ich zur Genüge ausprobiert.. wenn man denen den Rücken zudreht,
wird geraucht und Tee getrunken.

An dieser Versammlung oder Stammtisch haben Pedro und Ines nie teilhaben wollen,
vermutlich waren sie sich selbst genug, so munkelte man damals.

Tiago und Ana arbeiteten in dieser Zeit wie besessen,
um die ganzen Obliegenheiten und auch die Buchhaltung auf ihre Art zu formen.
Der Laden brummte wie eh und je, Tiago konnte einige junge Leute für
dieses Event begeistern und ganz besondern seinen Freund, der sich Jack nannte
und eine Rockmusikband betrieb.
Bald hat Jack ein altes Kirmeszelt gekauft, dieses geflickt und ausgebessert und
dieses -mit Erlaubnis- bei den Felsen aufgestellt, alles gut verankert und befestigt.
Seitenteile waren keine mehr dabei, dafür war alles frei und das schätzen
junge Leute eben - in den Mauern der Diskotheken war man immer irgendwie "gefangen".
Nun war eine große Gartenparty jeden Samstagabend in Gang gebracht
und viele junge Leute der Umgebung kamen dort hin.
Auf das Alkohol- und Zigarettenverbot (freilich auch Rauschgifte etc.)
wurde strikt geachtet.
Der Sohn des Polizisten war mit in der Band als Schlagzeuger - er paßte dabei schon etwas auf.

Ines und Pedro hatten sich nun entgültig zurück gezogen und konnten ihre wohlverdiente Ruhe
genießen - zu tun gab es stets mehr als genug, wenn man das wollte.
Der Hund verlangte auch sein Recht und wollte Aufmerksamkeit, ab und zu eine Runde Gassi gehen.

Die Pacht war nicht zu hoch angesetzt, denn den Jungen wollte man auf keinen Fall die Luft abdrücken,
die Beiden waren schließlich froh, das In in guten Händen zu wissen !

***

Tiago und Ana, Pedro und Ines.

Wie eine Zeitreise ist es, wenn man auf der Veranda sitzt und im Schaukelstuhl eindöst!
Der "Altersitz" war wunderschön und doch hatten die Beiden Pläne für ihr Leben.
Abwechslung tut ab und an ganz gut, auch wenn man im Paradies lebt.
Eines Tages kam ein Angebot der Stadtverordneten, die Beiden zu Ehrenbürgern zu machen.
Weil sie so viel für Vila Chã getan hätten:
Durch das Buch und die Fernseh-Serie sind die Hotelübernachtungen kräftig angestiegen
und das wolle man honorieren, wie es heißt.
Dazu müsse eine Abordnung einen Augenscheinbericht verfassen und man bitte in dieser Sache um einen Termin.
Die Beiden berieten sich und kamen zu dem Schluß, daß wohl wieder die gleiche Sorte käme,
die sich zuvor die Mäuler zerrissen hat und angetragen, wo es nur ging.
Man kennt diese Sorte Mensch, die unbedingt etwas gelten muß, partout "anerkannt" und "gefragt"
werden will, sonst gehen sie an Kummer ein.
Pedro formulierte in einem seltsamen Kirchenton einen mit allertiefsten Bedauern
und wegen einer bußfertigen Haltung, die ihm der Herr auferlegt hat,
könne er unmöglich so hochmütig werden,
auf ein solches überaus ehrendes Aufsehenerregen eingehen.
Deshalb müsse er dieses Angebot abschlagen und das im Sinne des Allerhöchsten.
Es kam nie eine Antwort, noch ist einer der Beiden in der Stadt darauf angesprochen worden.
Der Bankdirektor und der Bürovorsteher der Stadt waren dicke Freunde, die gegen den "roten"
Bürgermeister intrigierten - wo es nur ging.
Und in diese Mühle wollte man unsere Beiden gewissermaßen "einreihen" oder einspannen.
Ines erfuhr so manches beim Friseur, andere Feinheiten reimte sich sich durch die Gespräche
während des Einkaufens zusammen.
Daheim meinte sie:
Es ist doch überall das Gleiche, überall dieses Postengeschiebe und Gerangel.
Mir fiel auf, daß ich im Gemeindebüro von so seltsamer und auserleser Überhöflichkeit
behandelt worden bin - hat der Bankmensch etwa gequatscht?
Pedro meinte, wenn das bekannt wird, ist er seinen Posten los, das ist mal sicher.

***

Es kamen fortwährend irgendwelche Spendenaufrufe an die Adresse des Sandwich-In,
die alles an Post abgekam, auch das, was für das Hinterhaus gedacht war.
Das Vertrauen in Tiago und Ana ist allemal tief genug,
als daß sich eine Intervention bei der Postzustellung gelohnt hätte.
(Die Kontoauszüge haben sie nie mit der Post kommen lassen -sicher ist sicher)
Irgendwann haben die Zusteller kapiert, daß "da hinten" noch ein Haus ist
und daß dort andere Leute wohnen als im Vorderhaus.
Eines Tages hielt eine schwarze Limousine mit laufendem Motor vor dem In und zwei Männer
sprachen noch eine Weile, bevor sie ausstiegen.
Mit einer Aktentasche in der Hand gingen sie zum Imbiß und bestellten sich
jeweils einen Kaffee und etwas Gebäck, zahlten und hielten inne.
"Wohnt hier der ehemalige Priester Pedro D.? "
Nein, so die Antwort, dieser wohnt im Hinterhaus!
Die beiden "Schwarzen" gingen das Stück weiter und zogen an der Türglocke,
ein hübsches altmodisches Ding, das auch bei Stromausfall funktionierte..
Innen bellte der Hund Respekt einflößend und hart.
Der Hund wurde zurück gerufen und ein Türfensterchen ging auf, wie bei einer Kloster-Pforte.
(Das hat sich der Pedro dort abgeschaut, davon war er schon immer begeistert)
Sie wünschen ?
Wir kommen vom bischöflichen Ordinariat und möchten mit ihnen reden.
Bitte, kommen sie herein und nehmen sie Platz.
Darf ich ihnen - nein, danke, wir hatte gerade dort an der Straße einen Kaffee genommen..
Der Hund hockte auf seinem Deckchen in der Ecke des Wohnzimmers, die Ohren gespitzt
- er wartete auf einen Befehl.
Ähm, der Nuntius des ehrwürdigen Monsignore Dr. Y läßt anfragen, ob sie eventuell
dem Amtshilfeersuchen des Bischofs von Santiago del Estero in Argentinien nachkommen möchten,
ihm bei der Wiederherstellung von Ruhe, Sitte und Ordnung in dem Containerdorf zu helfen.
Die Sache sei außer Kontrolle geraten und die Polizei hilft kaum, weil sie mit Drogenschmugglern
und Zuhältern in heimlicher Weise zu kooperieren scheint.
Es ist schon wiederholt zu Übergriffen auf die Priesterschaft gekommen und nun
wisse man keinen Rat mehr, selbst die Kirchen werden bereits verschmiert und bestohlen.
Wir haben freilich Kenntnis von ihrer Beziehung zu einer Frau, mit der sie in einer Art
Ehe zusammen leben..
Ja, sagte Pedro, heiraten konnten wir - aus bekannten Gründen nicht.
Ganz sicher haben sie die Publikationen gelesen, die eigentlich nur die Tagebücher
meiner beiden Vorgänger erhalten sollten - es ging nicht um mich selbst.
Das ist hinlänglich bekannt und in Kirchenkreisen ausdiskutiert worden,
so die Besucher.
So seltsam es klingen mag, aber sie sind die einzige Hoffnung in dieser Sache,
daß unsere Mission dort nicht vollends fehl schlägt.
Wie sie wissen, haben wir einige schwarze Schafe zu nachsichtig behandelt
und ausgerechnet den Gerechten im Herren bestraft.

Sie möchten bitte unbedingt mit dem Monsignore ein Gesprächstermin ausmachen,
das ist unsere Mission.

Die schwarzen Herren fuhren weg und Ines kam aus der Küche, sie hat alles mit angehört
und feixte: "Na, heiliger Mann - was nun?"
Hör mir mit diesem Kram auf, ich kann das nicht mehr hören.
Es ist allerdings zu bedenken, daß meine verehrten Vorgänger sich nichts zuschulden kommen ließen
und ich in deren Andenken stehe, gewissermaßen in deren geistigem Erbe.
Das kann man nicht einfach abschütteln.
Ich habe da einen Plan - würdest du dabei mitmachen?
Ich möchte auf dich unterwegs auf keinen Fall verzichen!
Klar, eh' Langeweile im Rentneralltag eintritt, - immer!



***











"Der Heilige von Santiago de Compostella" 7

So wurde der Termin - auf neutralem Boden - ausgemacht und die Beiden wurden
von der schwarzen Limousine abgeholt und nach Lissabon gefahren.
In einem Cafe mit Hafensicht saß ein älterer Herr in Straßenkleidung,
auf den Stühlen daneben noch zwei Männer, die wie Bodyguards ausschauten.
Die beiden Schutzengel gingen zu den schwarz gekleideten Fahrern in die schwarze Limousine.
Dort vor dem Cafe warteten sie auf einen evtl. Befehl oder Wink.
Der Monsignore ist höchstpersönlich zugegen und begrüßte Pedro mit Hochachtung.
Ich wollte schon immer einmal von Lissbon
bis Santiago de Compostella wallfahren,
hatte mal den Mut nicht dazu, mal keine Zeit, dann ließ es mein Amt nicht mehr zu.
Was halten sie davon, wenn wir - pardon mit ihrer Frau - gemeinsam diese Tour angehen
und sie erzählen mir etwas von sich und von den Leuten im Land,
die mir in meiner Abgeschiedenheit schon so fremd geworden sind?
Sagen wir - Übermorgen?
Ihr Gepäck ist bereits im Zimmer über dem Cafe, ihre Größe ist uns bekannt,
entsprechende Kleidung haben wir bereits besorgen lassen.
Auch für ihre Frau, Schweser Clarissa aus dem nahen Kloster hat das gemanagt,
sie hält unterwegs Kontakt zu uns, weil wir auf Handy und ähnliche Dinge verzichten müssen,
um unerkannt zu bleiben.
Um 7 Uhr - ja?
Ich bin hier im Cafe zu finden und rate ihnen, ein gutes und
reichhaltiges Frühstück zu sich zu nehmen.
Das Omelette ist hier übrigens sehr zu empfehlen - mit Trüffeln !
Er verschwand wie der Wind und die schwarze Limousine startete fast geräuschlos.

Die Beiden waren fix und fertig von diesem Treiben und schliefen wie die Murmeltiere in ihrem Zimmer,
zuvor haben sie die jungen Leute daheim per Telefon im Vorderhaus gebeten, sich um den Hund zu kümmern.
(Das war für dieses Tier ein Heimspiel- gutes Futter!)

***

Der nächste Tag verlief sehr ruhig, man besorgte sich noch dies oder das, turtelte am Strand herum,
hat ein gutes Eis an der Promenade verzehrt, zu Abend einen feinen Rotwein zum Hammelbraten genommen
und anschließend im Kino noch einen schmalzigen Liebesfilm gesehen, dann fielen sie totmüde ins Bett.

Um halb Sechs rappelte der Wecker, ab ins Bad und dann fix als Pilger verkleiden und geschwind
in den Frühstücksraum !
Der Monsignore war schon fast fertig mit dem Frühstück und bestellte sich noch einen Grappa.
Soso, die Kirchenleute trinken Grappa, entfuhr es Ines.
Die übliche Strenge des Bischofs wich einem verschmitzen Lächeln, als er meinte:
"Vergiss auch den Wein nicht, der von Anfang an zur Freude geschaffen wurde!"

Sie gingen nach kurzer Orientierung ruhig auf auf dem Pilgerpfad Richtung Santiago de Compostella
und trafen auch bald auf andere Pilger, die sich mit allen gut unterhielten - über dies und das
und über das Leid und auch über das Glück auf der Welt zu wandeln.
Alle 20 Kilometer wurde eine Übernachtung gehalten, in ganz einfachen Unterkünften,
wie alle anderen Pilger.
Der Glaube und die Zuversicht der einfachen Leute ist schon beeindruckend, so meinte der Bischof am
zweiten Tag, als er lange mit einem weißhaarigen Mann aus Spanien über Empfängnisverhütung
und das Zöllibat diskutiert hat - während unsere Beiden froh nebeneinander Hand in Hand gingen.
Die Vögel sangen ihr Lied, die Luft dieses Frühlings war sehr mild und rein.
Fast fünfhundert Kilometer lagen noch vor ihnen, die zwei Tage schon abgezogen.
Nach einem Monat waren sie am heiligen Ort angekommen und besuchten ausgiebig alle
wichtigen Stellen, die von unzähligen Pilgern und Touristen umschwärmt wurden.
Die drei Pilger haben richtig Farbe bekommen und sahen ein wenig wie Landfahrer aus.
Der Bischof war aufgeblüht und deutlich gesünder, als vor dieser Tour.
Er verabschiedete sich sehr höflich und gab den Beiden ein Ticket, um mit dem Nahverkehrsflugzeug
nach Madrid zu fliegen und von dort nach Buenos Aires.
"Einmal umsteigen in eine kleinere Maschine nach Santiago del Estero
und bitte diesen Saustall dort gründlich aufräumen.
Wir haben die Einwilligung Roms dazu.
Mein Kollege erwartet euch bereits!"
Ein fester Händedruck und eine Umarmung - weg war er und in der schwarzen Limousine verschwunden.

Ein starker Tobak, meinte Ines, der hat aber ein Tempo drauf - "Saustall" hat er gesagt !

Sie kamen gerade vom Gateway, als zwei schwarze Herren bereits mit ihren Koffern in den Händen
bereit standen, um die Beiden zum Wagen zu begleiten.
Die schwarze Limousine stand auf dem Taxiplatz und keiner wagte etwas zu sagen.
Sie wurden nach Santiago del Estero in ein kleines Gasthaus gefahren,
wo bereits alles vorbereitet war.
Der Wirt erkannte in dem Pedro "seinen kleinen Orgelspieler", der mit seinen Kindern
auf dem Platz vor der Kirche Murmeln gespielt hat.
Entsprechend herzlich war der Aufenthalt für die beiden Gäste, die keineswegs Fremde waren.
Ines sah sich die Gegend an, während Pedro mit dem Pfarrer
in "seiner" alten kleinen Kirche die Lage erörterte.

Die Situation vor Ort schien wirklich außer Rand und Band geraten,
der Pfarrer hatte richtige Angst vor jeder Nacht.
Es wurden Scheiben eingeworfen und mit Fäkalien geworfen.
Besonders schlimm ist es im Container-Dorf, so sagte der Kollege.
Ines vertrieb sich die Zeit in der Modeboutique und ging anschließend in den Stadtpark,
dann zurück in das Gasthaus, wo sie ein wenig fern sah, bis Pedro
wieder bei ihr auftauchte und berichtete.
Beim gemeinsamen Abendessen sprudelte es nur so aus ihm heraus,
daß wegen der Verfehlung weniger die Priester, als der ganze Glauben Schaden genommen habe
und dabei sogar schon die caritativen Einrichtungen darunter litten.
Mein Buch und die weiteren Publikationen sind hier nie angekommen!

Am Abend noch hat er über Internet ein paar Exemplare seines Buches bestellt
und um Expressfracht gebeten.
Die Zahlung ging im Voraus von dem gemeinsamen Konto der Beiden auf den Weg.

***

Die Nachtruhe war nicht so leicht, weil viele Sorgen bewegten.
Anderntags fuhr er schon früh zur Kathedrale um den dortigen Priester zu kontaktieren,
wo auch der alte Kantor dazu geholt wurde.
Es gab ein mächtiges Hallo und es war eine richtige Wiedersehensfreude.
Es wurde viel telefoniert und andere wohlgesonnene Kollegen strömten dazu,
wie Bäche in einen Fluß.
Die Glocken läuteten, die Gläubigen fragten sich, was denn heute für ein Tag sei.
Pedro spielte auf der Orgel ein paar Stücke.
Es wurde geheim verhandelt und anschließend fuhr Pedro alleine -freilich in Zivilkleidung-
in das Containerdorf und lud sich bei "seiner Tante" ein, wie er die grauhaarige Frau
nannte, die dort ein wenig die Führung jedweder Hilfen, auch mit Behördenschreiben für die
Container-Bewohner übernommen hat - ehrenamtlich sozusagen.
Sie erinnerte sich sehr wohl an den jungen Priester, der bei ihr so gerne Pfannkuchen
gegessen hat, eine "unglaubliche Menge", wie sie lachend sagte.

Sie berichtete über Erpressungen von seltsamen Männern, die alle jüngeren Frauen
gefügig machten und praktisch -wie sie sich ausdrückten- "zuritten".
Anschließend wurden sie zur Prostitution gezwungen.
Diese Männer kamen aus den Slums der großen Städte und hatten allerlei Nationalitäten
und als Kennzeichen immer ein Messer oder eine Pistole dabei..
Geschockt ging Pedro zurück in die Gaststätte und grübelte über einen Plan nach:
Noch am Folgetag telefonierte der Gastwirt viele gläubige oder zuverlässige Männer seiner Gemeinde an und
ließ im Schneeballsystm eine richtig große Menge mit Stöcken und Peitschen Bewaffneter im Containerdorf
erscheinen, die mit einigen dieser Gestalten kurzen Prozess machten
und diese nach Strich und Faden
vermöbelten, so daß diese gerade noch zu Fuß flüchten konnten.
Dann traten Cafehausbesitzer und viele andere Geschäftsleute an den Gastwirt heran
und bekamen auf ähnliche Weise geholfen,
von ihren Peinigern und Schutzgelderpressern los zu kommen.
Der Polizei-Chef ist geflüchtet und ward nicht mehr gesehen,
sein Nachrücker setzte die Anzeige auf und sogar die Staatsanwaltschaft wurde wach.
Diese ganze Aktion lief im Stillen und im ganzen Gebiet gleichzeitig ab,
so daß die geschockten Verbrecher von dieser sehr harten Gegenwehr überrascht wurden
und sich nicht mehr zeitig formieren konnten.
Im Krankenhaus hat man diese Gestalten nie gesehen, sie sind irgendwo anders untergekrochen
und haben sich die ordentlichen Wunden versorgen lassen.
Das hat gesessen!
Das Containerdorf wurde auf Vordermann gebracht, eine Selbstschutztruppe bekam eine Ausbildung
mit dem Hanbo-Stock zu kämpfen, wozu eigens ein Fachmann eingeflogen wurde.
Die Kirchen wurden gereinigt, die schlechten Priester eingesperrt, bis die Anklage
diese hinter Gitter schickte.

Den Rest kann der Bischof machen, mir langt es, so Pedro zu seinem Amtsnachfolger
in der kleinen Kirche des Jacobs und des Jules.
Er hat dem Pfarrer ein Exemplar der Tagebuch-Veröffentlichungen gegeben und
eines für den Bischof aufgehoben.
Ein letztes Exemplar hat die "Tante" in Verwahrung, die - wie der Pfarrer auf der Kanzel -
eine Art Erinnerungsstunde einführte, in welcher daraus vorgelesen werden sollte.
Viele Bewohner können noch immer nicht lesen und schreiben !
Der letzte Band ging an die örtliche Presse.

Derart versorgt mit den Mahnungen der beiden verstorbenen Vorgänger, an deren Gräbern
Pedro Blumen ablegte, fühlte er sich deutlich wohler.

Am Folgetag fuhr er alleine zum Bischof, erstattete Report in allen Details
gab sein Buch zur Empfehlung und bekam von jenem Gottes Segen zurück,
und die Karten für den Heimflug überreicht.

Tags drauf hat man sich herzlichst verabschiedet, wo alle an der Aktion
beteiligten Leute bei der Kirche erschienen und einen Toast auf die Mission ausbrachten.
Ein Cateringservice hat Sekt, Orangensaft und Sandwiches in Mengen aufgefahren - das haben
Ines und Pedro aus eigener Tasche bezahlt.

Fortan war der Pedro der Engel des Herrn, der mit dem Flammenschwert-
aber das hat er nicht mehr mitbekommen, da waren die Beiden längst wieder in
Lissabon gelandet und haben dem dortigen Bischof Report erstattet.
Dieser bedankte sich aufrichtig, er war schon von einem Kollegen in Santiago del Estero
über die Mission informiert - auch darüber, wie man den Pedro nun nannte..
Das sagte er freilich nicht, sondern verabschiedete die Beiden bei.. einem Grappa im Cafe.
In Rom schüttelte man nur noch den Kopf über diese seltsame Mission der beiden "schwarzen Schafe":
Aber die Kirche im befriedeten Gebiet hatte wieder Zulauf!

***

Die Beiden kauften in Lissabon noch ein paar Sachen ein, die man in der Provinz eher nicht bekommt,
gingen ausgiebig shoppen und übernachteten lieber im Hotel, als sich Abends auf den Heimweg zu machen.
Am anderen Tag noch geschwind dieses tolle Rührei mit Trüffel verzehren und schon geht es los
mit dem Zug und Bus, was ein wirklich abenteuerliches Unterfangen ist, mit vielen Fragen an die Schaffner
und Zugbegleiter, weil sich heute kaum noch einer auskennt und wie in einem Labyrinth steht,
bei diesen kryptischen Fahrplänen.
Irgendwann kamen sie nach den 300 Kilometern doch noch in Fornos de Algodres an,
es war schon spät Abends,
weshalb die letzten Kilometer nach Vila Chã mit dem Taxi zurück gelegt werden mußten.

Ein riesiges Hallo hob an, es standen viele Leute an der Sandwich-In Theke und tranken Sekt,
hießen die Beiden "willkommen zurück", wie man heute selbst in Portugal sagt.
Ines sagte: "Ich habe einen 1000ltr Container mit Blaubeeren-Dicksaft gekauft, der kommt irgendwann zu euch- ihr müßt nur noch mit Sprudel auffüllen und könnt so ein ganzes Jahr lang einen Drink kredenzen, den man nirgendwo kennt.."

Die Bahnreise war wohl anstrengender als die Pilgertour, und so fielen sie totmüde ins Bett
und haben den halben Vormittag verschlafen und sie atmeten schwer- es lag etwas auf der Brust:
"Verdammt,wer hat den Köter hier herein gelassen?"
und
"Hast du mir die Nacht einen Zungenkuß gegeben?"
Die Beiden schauten sich entsetzt an, lachten dann aber herzhaft los:
NEIN! Habe ich nicht..
Ich muß unbedingt gurgeln..
(Das ist übrigens keine erfundene Sache, unserem Sohn ging es so - mit dem Schäferhund seiner Verlobten - Einflechtung des Autors)

***

Wieder daheim, trautes Glück allein.
Das Frühstück wurde nun "händisch bereitet", d.h. selbst ist der Mann.
Tiago und Ana haben den Kühlschrank gefüllt und an der Tür hing schon ein frisches Brot aus
eigener Produktion.
Die Jungen hatten sich inzwischen einen professionellen Backofen mit Dampf besorgt,
der aus einer Geschäftsaufgabe stammte - es war wohl ein Diskounter oder so,
der sich ein neues und noch leistungsstärkeres Gerät zugelegt hat.
Auf jeden Fall haben die Zwei einen stärkeren Stromanschluss in den Anbau legen lassen müssen.
Und mit Landesfördermitteln Solarzellen auf das Hausdach bekommen.
Die hätten uns ja wenigstens mal fragen können, nörgelte Ines -
aber so ist das eben, wenn man den Jungen gestattet zu werkeln wie sie das können und wollen,-
ohne die Entfaltung des eigenen Willens würden das nie gute Nachfolger, so meinte Pedro dazu.
Dieses Problem haben alle Hausbesitzer, deren Kinder nun bei ihnen wohnen- (Autor) man muß abgeben können, denn mitnehmen kann niemand was!

Der örtliche Priester hat nie etwas von der seltsamen Mission in Argentinien oder vom Treffen
der Beiden mit dem Bischof erfahren - das ist auch gut so.
Dann hat Pedro erst einmal nichts mehr von der Kirche gehört
oder ist vom Klerus auch nur tangiert worden,
dieses Thema war in Kirchenkreisen im Giftschrank.
Nur der neue Pfarrer in der kleinen Kirche in Santiago del Estero
schrieb und hielt Pedro auf dem Laufenden.
Dieser hat ein Tagebuch begonnen, in dem alles haarklein aufgeschrieben werden wird,
damit er sich würdig in der Reihe der Vorgänger zeige, so schrieb er.
Auch Pedro führte sein Tagebuch eisern weiter.
Und es gab wahrlich genug zu schreiben, weil viele fliegende Blätter auf diesem langen Trip
auszuwerten waren.
Tagelang schrieb er auf der Veranda, immer einen frischen Kaffee aus dem In dabei.
Der Hund lag zu Füßen, als müsste er aufpassen, daß die Beiden nicht wieder ausbüchsen!

Irgendwie sind wir zu alt geworden für solche langen Touren, das reicht erst einmal an
Märschen durch die Botanik - oder?
Ja Ines, mir reicht es auch - laß uns doch einmal einen Ausflug mit dem Dreirad machen
und einfach mal so unsere Heimat besehen.
Das taten sie mit großer Freude und trafen dabei auf so manchen Bekannten.
Selbst die Bauern auf dem Feld grüßten schon von Weitem, denn so ein ulkiges Gefährt hat
sonst niemand mehr und schon mal ganz und gar nicht als "Privatwagen" -
jeder versucht so groß wie möglich zu wirken,
das sieht man besonders an den Neubauten und .. auf den Straßen.
Die Beiden machen es umgekehrt.
Jeder dachte dabei an "Querköpfe" und "Glücksritter" und hatten nicht einmal Unrecht damit.

Nach ein paar Tagen kam ein Reporter der Tageszeitung und suchte um ein Interview nach,
er wolle eine Reportage machen über die "Weltbürger", wie er die Beiden nannte.
Ines meinte nur:
Wie kommen sie denn darauf?
Der Zeitungsmensch meinte:
Sie haben wohl die Ausgabe vor einer Woche nicht gelesen?
Nein, wir waren unterwegs, holen das aber nach und nach auf, -
der Stapel Zeitungen liegt dort im Regal.
Gut, dann komme ich in einer Woche wieder, ist das ok?
Ja bitte und danke für ihren Besuch.
Frauen sind neugierig und so wühlte sich Ines durch den Stapel,
bis sie den ganzseitigen Artikel fand:
Pfarrer hat sich aufgehängt, war Mobbing die Ursache?
Kripo ermittelt nach allen Seiten.
Pedro wurde bleich, er war einer der Widersacher - aber wider Willen, weil er sich nur
gegen die Intrigen des Pfarrers verteidigt hat.
Ines meinte nur:
Wir waren außer Landes, was gibt uns das an, wir sollten besser keine Stellung dazu nehmen.
Das sehe ich ebenso - ich rufe den Redakteur eben mal an und sage das Interview ab.

Nach einer Woche war der Kühlschrank leer und sie fuhren zum Einkauf in die Stadt -
und gingen zuvor zum Friseur, damit die Waren frisch zuhause ankommen -
und nicht schon angegammelt sind durch die Hitze.
In der Werkstatt wurde unterdessen eine elektrische Kühlbox und eine 2. Batterie in den kleinen Wagen eingebaut.
So ein Friseurladen braucht seine Zeit:
So ein Friseurladen ist wie eine kommunale Nachrichtenzentrale!
Der Pfarrer stand im Fokus von Ermittlungen, er soll Jungen unsittlich berührt haben,
wie der Tratsch ging - aber bewiesen sei noch nicht, fügte man hinzu.
Das Gerücht ging so, daß die beiden Buben den Kommunionsunterricht
leid waren und diesen schwänzen wollten.
Und so sollen diese Behauptungen aufgestellt worden sein, einer der Buben habe daheim
bei seinen Eltern von solchen Vorfällen gehört und sei von diesen davor gewarnt worden.
Da muß dem Knaben die Idee gekommen sein, ganz einfach eine solche Behauptung vom Stapel zu lassen -
sein Kumpel habe dabei fleißig mitgemacht,
so haben die Beiden die Zeit beim Spielen auf den Felsen
heraus schinden können - unbehelligt von Hausaufgaben.

Jede Medaille hat zwei Seiten, sagte Pedro, unglaublich sowas.
Der kommissarisch arbeitende Vertretungspfarrer war ein älterer Priester,
der eigentlich schon im Ruhestand war, ein freundlicher Mann mit wenig Neigung zum Tratsch.
Dieser besuchte eines Tages die Beiden im Hinterhaus und sprach lange über dieses und jenes,
bald war er einmal die Woche zum Skat als Dauergast eingeladen und brachte
dabei noch zwei ehemalige Nonnen mit, die inzwischen zivil im Altenheim lebten,
obwohl sie noch rüstig waren - dort machten sie sich überall nützlich und wurden gebraucht.
Diese Skatrunde war wie ein Stammtisch von lebenserfahrenen Personen, die mehr als
genug Anekdoten hatten, um bis ans Lebenende vollkommen auszureichen.
Freilich wurde auch von diesem TV - Film gesprochen und von den Büchern,
die allerdings die neuesten Tagebucheinträge Pedros nicht enthielten.
Die wollte er sich aufheben und erst am Ende seines Lebens dem Verlag einreichen.
In dieser Runde wurde der Trip mit dem Bischof nie erwähnt, auch nicht die Reise nach Südamerika.
Eine der Nonnen schien aber irgendwo her davon etwas mitbekommen haben,
denn sie sagte nach einem Glas regionalen Rotweins:
Ihre "Tante" wie sie die Alte nannten, ist gestorben, schon vor einer Woche.
Das habe ich in der Nacht geträumt, können sie damit etwas anfangen?
Ja, das konnten die Beiden sehr wohl und so kam die Rede -unter einem Schweigegelübte-
auf das Container-Dorf in Argentinien und auf jenes in Coimbra, nahe der Kapelle.

Die Idee hat den Skatfreunden gefallen und sie schwärmten von der günstigen
Möglichkeit an ein Eigenheim zu kommen.
Das Problem ist nur, daß dort Leute von den Behörden eingewiesen werden,
die als Sozialtouristen zu uns kommen, so der Priester,
das habe er an div. anderen Einsatzorten erlebt,
wo die Einheimischen bald aus der Innenstadt weggezogen sind,
weil sie dem Druck der Fremden nicht standhalten konnten,
die sich nicht einzupassen brauchen - lt. Politik -
die hier in der Fremde ihre Lebensweise einfach fortgeführt haben, die sie in
ihren Ländern gewohnt waren.
Das ist eben kontraproduktiv und zersetzend:
Auf diese Weise sind andere Religionen eingeströmt und haben den Katholizismus in Portugal
noch weiter ausgehöhlt, was schon durch die Mauren und Juden begann,
schon vor tausend Jahren.
Aber sehen sie, so Pedro, wir Katholiken sind eigentlich auch nur Migranten gewesen-
es ist nur eben ein Weilchen länger her.
Ja, das stimmt schon, meinte der Pfarrer dazu, die Veränderungen sind es wohl,
die man im Alter nicht mehr so schätzt, ganz allgemein alles Neue.
Die beiden Nonnen meinten dazu, daß sie zwar nicht mehr als Ordensfrauen bekleidet seien,
aber irgendwie durch die Verschleierung der fremden Zuwanderinnen unangenehm berührt werden.
Eine der Nonnen wurde genauer:
"Ordensfrauen erkennt man an ihrem Schleier, bei Novizinnen meistens weiß,
nach der Profess in schwarz oder in der Farbe des Habits.
Viele Formen des Schleiers sind in Gebrauch,
von der völligen Bedeckung der Haare und des Halses bis zu einer aufgesteckten Kopfbedeckung.
Man kann Ehefrauen doch nicht einfach mit Nonnen gleichsetzen und diese aus
den gleichen Gründen verschleiern - hier habe ich absichtlich die Passivform gewählt."

Die Diskussion in der Runde war heftig geworden und "ergebnisoffen",
wie man heute zu sagen pflegt.
Die Verschleierungen haben letztlich nur den einen einzigen Sinn,
daß man die Braut oder Frau vor fremden Männerblicken schützen..
Ines:
"..oder Männer durch einen reizvollen Anblick nicht in Versuchung führen will."
Ines hatte da den Finger auf die Wunde gelegt.
Wir ändern nichts am Zeitgeschehen und das war wohl schon immer so,
meinte sie weiter, es kommt wie es kommt und denen da oben ist Vermischung recht.
Ja, meinte der Priester dazu, heute sind die früheren 68iger Wilden am Ruder
und die haben Spaß daran, Traditionen zu zerstören und alles zu hinterfragen.
Dabei haben sie Tomaten auf den Augen, so Pedro, wenn sie denken, daß sich
durch Fremde etwas verbessert - im Gegenteil, wie ich immer wieder feststellen muß,
wird vieles deutlich schlechter und roher.
Die Kirche ist überall auf dem Rückzugsgefecht, so der Pfarrer,
daran werden wir hier nichts ändern können.
Wohl aber der Verrohung begegnen, so Pedro - hat von euch schon mal jemand die Scharia gelesen?
Nein - wie seltsam!
Wie kann man etwas wie einen mohamedanischen Katechismus zulassen oder erlauben,
der die Gesellschaft, wie wir sie kennen
bekämpfen und abschaffen will?
Ja sogar die "Tötung von Ungläubigen" sei "keine Sünde", wie man lesen kann.
Die Scharia ist also ein Hetz- und Hass-Schrift, die verboten gehört.
Aber davon liest und hört man nichts.
Ist das die Freude am eigenen Untergang?
Schweigen in der Runde, das war wohl zuviel.
Wenn das bei uns kommt, daß Scharia-Gerichte gehalten werden,
wie in vielen Städten Europas, dann
gibt es bald auch Steinigungen und abgehackte Hände bald auch bei uns.
Eine Nonne sagte dazu:
Es gibt in den Städten schon längst geduldete subkulturelle Gerichtsbarkeiten,
die nach der Scharia richten - solange dies innerhalb dieser ethnischen Gruppe geschieht,
hat unser Staat wohl nichts dagegen einzuwenden oder hält stille,
weil man deren absichtlichen Fremdheiten nicht noch eskalieren lassen möchte
und einen evtl. Umsturz herbei führen..
Die Runde gruselte sich ein wenig und trank den Wein aus, verabschiedete sich
und wünschte eine gute Nacht.
Der Pfarrer fuhr mit dem Auto nach Hause, die Nonnen mit einem alten Motorrad mit Beiwagen,
als ein Streifenwagen an der Straße hielt und mit der Taschenlampe den Straßengraben
ableuchtete - uh - das ging ja nochmal gut!

***

Die Tage vergingen ohne besondere Vorkommnisse, die Ruhe zog wieder ein im Hinterhaus.
Tiago und Ana waren emsig dabei, ein neues Musikfestival vorzubereiten.
Diesmal war es eine Art "Zombieparty", wie man das nannte.
Kopfschütteln im Hinterhaus - na, das wird ja eine Diskussion am Skatabend werden,
meinte Pedro zur Ines,
die Welt hat sich eben verändert, sie ist zu einem "globalen Dorf" geworden.

Als die seltsamen Gestalten dieser Party wieder weg waren, kehrte bald die Ruhe wieder ein.
Die "blutigen Sachen" wurden aus dem Portfolio genommen, bis zum Nächstenmal.
Als die Skatgesellschaft um die Ecke bog, ging gerade ein Mann
mit zwei verschleierten Frauen und ein paar Kindern zur Sandwich-In Theke
und fragte in holpriger Sprache nach "Halal" und wurde zur Bagel-Bäckerei
in diesem Distrikt verwiesen.
Kopfschüttelnd hat die kleine Gesellschaft dieses mitverfolgt und
sich wieder einmal mehr gewundert über diese modernen Zeiten:
Wir dachten eure Halloweenparty ist vorbei?

Was hat der Polizist gesucht, so fragte Pedro den Tiago -
die Skatrunden - Besucher hatten Glück nicht kontrolliert worden zu sein,
auch wenn jeder nur ein Glas getrunken hat - Rotwein ist stark!
Nun, wir haben hier ein kleines Problem mit dem Umweltschutz,
die In - Besucher werfen ihre leeren Becher einfach in die Landschaft,
wenn sie diese kaufen und mitnehmen.
Diese Sachen fliegen - wie überall dort wo Fastfood verkauft wird - in die Landschaft.
Das war auch mit Hinweisen an der Theke und noch so vielen Abfallkörben nicht in den Griff zu bekommen.

Wir werden wohl an die Theke eine Umbauung machen lassen müssen,
damit die Gäste ausschließlich hier verzehren, auf Porzellantellern
und aus ebensolchen Tassen den Kaffee trinken und richtige Gläser statt Pappbecher
für den Saft- und Limo-Ausschank!
Und was ist mit den vielen Leuten, die ihre Sandwiches hier kaufen und zuhause oder
auf der Arbeit essen wollen?
So einfach war die Sache also nicht zu lösen.

Das Ordnungsamt ist auch gekommen und hat Strafen ausgesprochen.
Und das war richtig teuer, weil man ein "Exempel" haben wollte.
Später kam heraus, daß dieses Treiben vom Stadtrat angeregt worden ist -
besonders was die Höhe der Strafe anbelangt, die "extra hoch" gefordert worden war.
Im Rat saßen einige Gönner, die sich schon immer über diese Querulanten geärgert haben:
Wer nicht in den Gottesdienst geht und sich in den Vereinen nicht beteiligt,
hat verloren und wird als heimlicher Feind angesehen.
Das ist auf dem Land überall so, wohl in jedem Land auf der Welt.

Wir können unsere Kunden nicht disziplinieren oder Pfand auf Becher und Papp-Untersetzer nehmen,
dann kommt keiner mehr - wenn die Kunden diese Abfälle einfach in die Landschaft werfen,
können wir unmöglich dafür haftbar gemacht werden - oder?
Aber junge Leute sind bekanntlich clever und gehen mit der Zeit-
Tiago bestellte im Internet eine Außenkamera, die auch schon zwei Tage später
mit der Post kam und am gleichen Tag von ihm installiert wurde.
Nun hat dieses Dings am Dach alles aufgezeichnet, sogar im Nachtsichtmodus.
(Anmerkung des Autors: Wir haben ebenfalls solche Geräte am Haus, deren Daten
nur das Grundstück erfassen und in einem Server abgespeichert werden.)

Nach zwei Tagen schauten sich alle Bewohner des Anwesens an, was denn dieses
Wunderding sah:
Oh, oh - schau' mal, da sind zwei ältere Männer, die sich an unseren Abfallkörben
zu schaffen machen und den Inhalt bis über die Strasse verteilen - der Autoverkehr
macht den Rest an "Umverteilung".
Die Becher und Servietten etc. verteilten sich hundert Meter weit nach beiden
Richtungen der Straße.
Die Aufnahmen waren aber nicht scharf genug, so daß Tiago nachgestellt hat
und nochmal mit sich selber als "Täter" ausgetestet, bevor sie zur Nachtruhe gingen.

Am nächsten Morgen war die Neugier groß und alle warteten auf das Ergebnis:
Nichts. Nur ein Fuchs und zwei dicke Katzen, die in den Körben suchten
dabei auch ein wenig "verteilten".
Am darauf folgenden Tag war wieder Spannung angesagt.
Die Aufzeichnung zeigte wieder diese zwei älteren Männer, die den Müll
aus den Körben in Säcke räumten und geschwind wieder vom Hof hetzten.
Dann schütteten sie im Weggehen - direkt zur Straße hin bis darüber hinweg,
wie beim letzten Mal - den Inhalt der Säcke aus.
Die nächsten Autos - es waren zwei Lastwagen - sind mit Schwung darüber
hinweg gefahren und haben alles verbreitet.
Ines kannte diese zwei Leute:
Die Gesichter waren recht zu zu erkennen.
Am nächsten Tag ist sie zum Ordnungsamt gefahren, mit einem "Stick" dabei,
wo man eine Kopie der Aufnahmen drauf gezogen hatte. (So drückte sich Tiago aus)
Im Ordnungsamt stand sie mit dem Laptop am Schreibtisch
(diese Bürobediensteten dürfen keine fremde Software
auf den Dienstrechner laden, aus guten Gründen, das war bekannt)
und zeigte dem Sachbearbeiter auf eben diesem Klapp-Rechner die Aufnahme.
Warten sie- ich hole den Büroleiter, das muß er sehen!
Und so sahen sie zu Dritt gespannt auf den Monitor.
Es war klar, daß hier der Friseur und der Metzger, beide im Stadtrat und zusammen am Stammtisch-
die Sache ausgeheckt hatten, die Beiden waren gut zu erkennen.
Der Friseur ist der Schwager des Metzgers, welcher eine Imbiß-Ecke in seinem Laden betrieb,
wo neuerdings Sandwiches angeboten wurden.
(Der Metzger hat nicht eingesehen, daß das Sandwich-In einen solchen Erfolg damit hat
und daran wollte er irgendwie teilhaben)
Die Strafe des Ordnungsamtes wurde verdoppelt und den beiden wahren Tätern aufgebrummt,
die vorherige Strafe an das "In" wurde erstattet.
Man erklärte denen, daß sie gerne vor Gericht ziehen könnten, dann käme
allerdings noch eine Anzeige wegen groben Unfugs, Geschäftsschädigung und ggf.
noch mehr dazu, wenn sich das Sandwich-In auch noch an der Anklage beteiligt und Geschäftsschädigung geltend macht.

***

Zuhause angekommen, berichtete Ines ausführlich über diesen Erfolg.
Die beiden Täter hatten viele Bekannte und so blieben viele aus dem Ort dem Sandwich-In fern.
"Der schlimmste Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant!"
Stand eines Morgens auf der Glasscheibe des Tresens zum "In" mit roter Farbe gesprüht.
Wieder waren Aufnahmen im Kasten, diesmal waren es junge Leute aus dem Ort,
genau jene, die am meisten Krach auf den Party's gemacht haben,
die in den Zelt-Events des Sandwich-In's stattfanden und genau jene,
die sich an einer einzigen C ola den ganzen
Abend festehalten hatten - aber die Mädchen ärgerten und dabei so manchen Zwist
entfachten - einfach so, als Mutprobe oder aus Übermut heraus,
oder weil sie einem Jungen die Freundin nicht gönnten.

Das Zelt kam weg, "Party" war Vergangenheit, einige Leute bekamen Hausverbot,
die Abfallkörbe hat man in einem Drahtverhau eingesperrt, wenn es dunkel wurde.

***

Die Tage kamen und die Tage gingen, der Umsatz blieb konstant,
trotz der Abstinenz der Ortsbewohner.
Die Polizei hat den Fall mit der Schmiererei als Sachbeschädigung aufgenommen.
Die Farbe hat Pedro abgekratzt, er hatte wohl gerade zu viel Zeit.
Von dieser Geschichte hat man nichts mehr gehört,
die Anzeige gegen Unbekannt verlief im Sand, wie diese Anzeigen eben so verlaufen.
Inzwischen wurden die bäuerlichen Lieferanten zickig und hatten angeblich
"zum großen Bedauern keine Waren", aber verkauften tapfer in den Supermarkt.
Die Strolche werden wohl in deren Nachkommen zu suchen sein, so war die allgemeine Einschätzung.
Aber mit Vermutungen kommt man nicht weiter.
Die Kamera war als erstes mit der roten Farbe besprüht worden - aber:
mit Hilfe eines Softwarefilters waren vier Personen zu erkennen.
Die Aufnahmen waren zur Gesichtserkennung jedoch nicht gut genug und
konnten deshalb nicht verwendet werden.
Nun wurden zwei neue Kameras bestellt, die versteckt angebracht worden sind.

Wieder liefen Selbst-Tests, dann war wieder das große Warten.
Aber es tat sich nichts mehr - außer ein paar Kaninchen war nichts zu sehen,
die Kameras liefen nur an, wenn sich Bewegungen zeigten und gaben Signal,
wenn Aufzeichnungen auf der Platte landeten.

Aber ganz früh am Morgen, da tat sich etwas und die Cam's liefen
und zeigten gestochen scharfe Bilder der vier Bauernbuben.
Diese Räuberpistole, wie die Skat-Runde diese Dinge umschrieb,
war offenbar noch nicht vorbei.
Ab und an kamen angetrunkene junge Männer, die sich ihren "Sprit" selbst
mitgebracht hatten und sich Schlägereien mit der Dorfjugend lieferten.
Ausgerechnet da, wo man außerhalb des Dorfes oder am Dorfrand
etwas weiter vom Ortsgeschehen weg war.
Zu viert sind diese auf einen Jungen losgegangen und haben diesen krankenhausreif
geschlagen, weil er seine Freundin, welche er zum Sandwich-Essen eingeladen hatte,
gegen Anpöpeleien und Zudringlichkeiten und "Antanzen" verteidigen wollte.
Das waren die gleichen jungen Männer, die zuvor mit Spruchbändern in der Stadt
"Refugees wollen Respekt" gefordert hatten.
Die Täter konnten zwar weder lesen noch schreiben, bekamen aber diese Spruchbänder
von Helfern zugesteckt, die sie auch in der Gegend - ehrenamtlich - herum kutschierten
und alle Schliche erzählten, wie man hierzulande zu Geld oder Zuwendugen kommen kann.

Dann kam es zur Schlägerei - mitten in der Nacht - zwischen den Zuwanderern und
den 4 Bauernburschen - ein wildes Geschrei und Gefluche, dann rannten beide
Gruppen auseinander.
Der Kommissar war "angepisst", wie er sich andrückte, weil er die Täter immer häufiger
gleich wieder auf freien Fuß setzen muß, wenn die Personalien festgehalten waren.
Bis zur Anklage haben diese Leute schon wieder so viele neue Straftaten getan,
daß die sich schon nicht mehr an den Einzelfall zu erinnern vermochten.
Drogen, Alkohol und Testosteron -von allem etwas zuviel, so der Kommissar.
Die Rechte würden ihnen zustehen und das forderten sie nun ein, so wurde argumentiert,
die Agitatoren der Politik hätten immer wieder davon gesprochen, daß sich die "Neubürger" nicht anzupassen brauchen,
sondern ihre eigene Kultur pflegen sollten und das hätten sie getan - mehr nicht.
(Wir haben nur unsere Ehre verteidigt, mehr nicht)

(Anmerkung des Autors:
Fragen sie einen Polizisten - wo und wann sie wollen, sie werden immer die gleiche Klage hören!)

Der junge Mann im Krankenhaus hat dieses bald wieder verlassen können und
.. anschließend seine Freundin noch fester gehabt als zuvor.

Diese Schlägereien kamen nicht mehr vor, weil nun ab und an ein Streifenwagen
hielt, dessen Besatzung dort herzlich eingeladen war auf Sandwiches und Kaffee.

Alle waren zufrieden, die Leute aus dem Dorf sind nach und nach wiedergekommen,
wie zu erwarten war.



***











"Der Heilige von Santiago de Compostella" 8

Nun kam ein Schreiben des Dekanates an Pedro, wo dieser aufgefordert wurde,
die Kirche -zumindest aushilfsweise zu "bepfarrern", weil der kommissarisch eingesetzte Kollege
durch eine schwere Krankheit verhindert sei.
Das hat der Pedro dann auch gemacht, es war nicht so, daß er sich hätte einlesen müssen:
Das Dorfgeschehen war ihm bestens bekannt und so ging es gleich am nächsten Sonntag los.
Die Predigt hatte er schon in der Tasche - er las aus dem Tagebuch der beiden Pfarrer vor
und setzte, Absatz für Absatz diese Dinge am anderen Ende der Welt mit den Geschehnissen vor Ort
in eine Art Konkordanz, daß es vielen Kirchbesuchern schauerte.
Gemeinsam sangen sie ein amerikanisches Kirchenlied und bald war sein Auftritt auch schon wieder vorbei.
Zur Ines sagte Pedro:
Das war eigentlich ein Spaziergang, mehr nicht.
Ein paar alte Kirchentanten sind aus Protest weg geblieben, aber sie waren beim 2. Mal schon
wieder dabei, weil sie das Gefühl bekamen, etwas verpaßt zu haben..

***

Ledig war Pedro zwar, aber eigentlich kein Priester mehr, der im Zöllibat lebte und
so kamen junge Frauen und auch junge Familien
mit ihren Sorgen und Nöten zu ihm nach Hause,
weil sie wußten - der Priester war eigentlich ein Privatmann mit viel Lebenserfahrung,
der versteht und kann helfen - auch bei Ärger mit Behörden und den eigenen Eltern.
Er ging mit zum Jugendamt, half Anträge bei der Gemeinde ausfüllen, schlichtete zwischen
streitenden Parteien und half auf der Bank als Fürsprecher bei einem dringenden Ratenkredit.
Wenn Pedro dabei war, kuschte auch der Bankdirektor, das sprach sich sehr schnell herum.
Die Sozialarbeiterin zickte und versuchte das zu unterbinden,
da hatte sie die Rechnung aber ohne den Wirt gemacht..

Ja ja, der Wirt!
Der Mann der Sozialarbeiterin war der Inhaber einer Gaststätte und immer eifersüchtig auf den Erfolg
anderer Leute seiner Branche oder auf die "Mitbewerber", wie man heute so dusselig zu sagen pflegt.
Wieder kamen ein paar Hintertreibungen mit dem Gesundheitsamt und wieder ging der Schuß ins Leere.
Nun lud Pedro Ines in das Lokal dieses Wirtes ein und beide sahen sich -so unauffällig wie möglich- um,
wobei immer die Bedienung abgelenkt wurde, durch eine Nachbestellung.
Die Toilette war verstopft und die Küche stand gerade ein wenig unter Wasser, weil wohl ein Rohr
verstopft war - das kann immer mal vorkommen.
Der Gastwirt hat dann wohl gemerkt, daß der Pedro das gesehen hat und er zuvor das Gesundheitsamt
auf dem Hals hatte - bevor der Wirt was sagen konnte, hat Pedro geholfen den Schaden zu beseitigen;
gemeinsam mit Eimer und Lappen und Schrubber, mal mit der Spirale,
am Drücker, dann an der Spirale an der Kurbel - dann wieder beim Reinigen,
wobei sich selbstverständlich auch die Ines beteiligte.
Bald lief die Brühe wieder ab und rauschte wie ein Bach in der Kanalisation vor dem Haus.
Anschließend trank man einen guten Wein und noch einen und noch einen und man blieb beim Gastwirt in
einem der Gästezimmer, weil das Dreirad vor der Tür stand.
Am anderen Morgen haben sie noch gut gefrühstückt und sich von dem überfreundlichen und
tausendmal entschuldigenden Gastwirt verabschiedet.

***

Es vergingen ein paar Wochen ohne Vorkommnisse, die Kirche brummte, wie man im Geschäftsbereich
sagen würde - die Gottesdienste waren immer prope voll.
Die Kinder wurden in der Kommunionsstunde von den Beiden betreut, sie sahen bald Ines und Pedro als
"Oma und Opa" an und haben sich zivilisiert und gehorsam gezeigt.
Die Sozialarbeiterin konnte das nicht fassen, weil die lieben Kleinen sonst als Schrecken
der Kindergärtnerinnen und Lehrer galten.

Dieses "Dream-Team" ging statt des Kindergottesdiensts mit den Kindern in die Natur und
beantworteten tausend Fragen, für die heute Eltern keine Zeit mehr zu haben scheinen
oder manches schon selbst nicht so recht wissen, was draußen vor sich geht.
Die Kinder kamen nach Hause und waren begeistert - sie haben unterwegs gesungen und getanzt,
so erzählten sie daheim.
Einen Zettel bekam jedes Kind mit, auf dem stand,
daß ausnahmsweise der nächste Kindergottesdienst deutlich länger dauern würde und
die Eltern nichts zu Mittag richten bräuchten.

An dem folgenden Kindergottesdienst sind die Beiden mit der ganzen Bande bis
zum Sandwich-In gegangen und haben dort so richtig nach Herzenslust gevespert
und die Sorte Limonade getrunken, die daheim verboten war.
Psst! Das ist unser Geheimnis!
Auf dem Rückweg wurde ein anderer Weg eingeschlagen, durch die unberührte Natur,
wo nochmal viele Fragen zu wilden Tieren und Pflanzen erklärt wurden.
Man schnitzte Stöcke und schnitt Pfeifchen, malte im Sand Rechenaufgaben und
übte ein wenig das Schreiben.
Fragen über den Katechismus kamen so dezent nebenbei vor, daß hinterher diese Dinge
im Kontext verwoben - ganz einfach vorhanden waren.
Wieder daheim abgeliefert, waren die lieben Kleinen platt, einfach hundemüde.

***

Im Dorf wurde das alles mit äußerster Verwunderung betrachtet:
War dieser Inhaber des Sandwich-Ins tatsächlich ein echter Priester?
Dann lud Pedro die Gemeinde an einem schönen Sommerabend zum Orgelkonzert
bei offenen Kirchenfenstern - und Türen ein.
"Tag der offenen Kirche" nannte er das.
Pedro spielte Klassik, Kirchemusik und Rock, Schmuseballaden und aktuelle Lieder.
Alles lauschte andächtig und die Leute wunderten sich,
wie wunderbar doch diese alte Orgel klang!

Was Pedro nicht wissen konnte war,
daß der Dekan in der hintersten Reihe hockte, in Zivilkleidung.

Dieser wunderte sich doch sehr,
daß man mitten in der Woche und dann auch am Abend und ohne
kirchlichen Anlaß so unglaublich viele Besucher in die Kirche locken konnte.
Rund um die Kirche war alles voller Leute.

Von nun an spielte er einmal im Monat ein solches Event auf der Orgel und
immer mehr Leute kamen, sogar die Presse war dabei.

Ines hat heimlich den Chor üben lassen und so wurde das Lied vorgeführt:
"Zu Fuß und ohne Geld.. Dominique.."

Das wiederholte sich und der Erfolg blieb.
Das hat sogar einige junge Leute bewogen Mitglied in der Kirche zu werden,
sich wieder kirchlich trauen zu lassen und gemeinsam das Abendmahl zu halten.
Das jedoch rief den Bischof auf den Plan, der von jener Exkommunizierung wohl wußte
und auch, daß man als ein solcher "Laie" der Pedro nun in den Augen der Kirche war,
unmöglich eine richtige Messe und schon mal gar nicht das Hochamt machen lassen konnte.

Nach Rücksprache mit dem Bischof in Santiago del Estero und jenem in Porto und Madrid
kam man zur Übereinkunft, diese Exkommunizierung stillschweigend aufzuheben und
den Pedro zum Diakon zu ernennen und stellvertretenden Priester.

Ein halbes Jahr später war der Jungpfarrer im Dorf angekommen und zog ins Pfarrhaus ein.
Der Pedro machte ab und an als Diakon auf besonderem Wunsche hin ein wenig unterstützende Arbeiten,
besonders in der Anfangszeit, bis der junge Pfarrer in der Praxis fit genug war.

Von da an sprach mal -hinter der Hand- vom "Don Pedro", was der Pedro aber nicht erfuhr.

Das Sandwich-In lief in ruhigen Bahnen und nur einmal noch mußte die Polizei anrücken,
um zwei betrunkene Bauernburschen in Gewahrsam zu nehmen - die Söhne der beiden
Lieferanten, die so leicht zickten..
..der Hund hatte die Beiden in eine Ecke getrieben, wo sie sich vor Angst einkoteten und einnässten.
Wie gesagt, es ist ein ehemaliger Polizeihund.
Die Polizisten grinsten und brauchten die Übertäter nicht mal arretieren, sie flitzen freiwillig in den Streifenwagen.
Aus dem In bekamen sie eine Plastik-Plane- damit sich die Burschen dort drauf setzten..

Im Hinterhaus war Ruhe angesagt, mit Hund und Veranda..

Irgendwann kam eine Nachricht aus Argentinien an, in welcher die letzten Neuigkeiten
aus der Gemeinde und aus dem Container-Dorf erzählt wurde..
Die Situation hat sich entschärft, die Polizei wurde z.T. erneuert,
der Staatsanwalt hat eine ganz Reihe an Anklagen vorbereitet.
Die schlechten Priester hat man nicht nur versetzt, sondern bestraft und
aus der Kirche entfernt, was ein absolutes Novum ist.
Die Kirche, so der Kollege dort in Argentinien - ist der Meinung,
daß sich Einiges ganz grundlegend verändern wird.
Der Bischof sprach ganz offen von einem Saustall, der dringend
ausgemistet gehöre.
Die Tochter jener "Tante" bei der Pedro damals die Pfannkuchen so gerne aß,
ist nun in diesem Container wohnhaft und managt die Anlage, wie das ihre
Mutter zuvor tat - mit harter Hand.
Der Pfarrkollege hat das Buch durchgelesen und auch die Filmserie angesehen
und war doch schon recht verwundert über die Aussagen seiner drei Vorgänger im Amt.
Der Gastwirt läßt schön grüßen, auch wenn er heute alleine ist -
seine Frau ist gestorben und die Kinder sind weggezogen,
dorthin wo Arbeit ist.
Der alte Kantor ist nicht mehr und auch der Bürgermeister sind den Weg alles Irdischen gegangen.
In Verbundenheit schicke ich ein Bild "deiner" Kirche mit!

***

In Vila Chã war eine pastorale Mitarbeit nun nicht mehr nötig und so
begann Pedros Ruhestand so richtig Fahrt aufzunehmen.
Auf dem Konto kam noch etwas an Kirchensold und die Pacht, was zusammen
knapp ausreichend war, um davon leben zu können.
Ines hatte noch ein paar Jahre bis zur Rente und auch dann ist nicht viel zu erwarten:
Erst hat sie nicht viel verdient, dann hat man als Selbständige nur den Mindestbetrag
eingezahlt, wie man so oft von ehemaligen Selbständigen hört.
Unkosten hatten die Beiden nicht viel und so kam man gut über die Runden.
Das Geld auf dem Konto juckte nicht zu sehr, hier im Hinterhaus war alles,
was sie sich je erträumt hatten, - vorhanden.
Von diesem Geld auf der Bank haben sie nie und niemandem von erzählt - bis jetzt.

***

Ein Garten haben die Beiden angelegt und einen kleinen Teich,
eine Terrasse und Rosen gepflanzt, eben alles, was so ein Rentner so tut.
Der Hund war noch immer agil und stets dabei.
Von der Kirche haben die Beiden nichts mehr gehört, noch ist man an Pedro
heran getreten oder wurden die jungen Pächter im Sandwich-In in irgend einer Weise belästigt.
Der Laden lief und bald darauf kam die Frage von Tiago und Ana auf:
Wir haben etwas zur Seite gelegt und wollen euch diesen Imbiß und das Gebäude
mit dem Grundstück abkaufen.
Pedro und Ines luden die Jungen zu einer Unterredung auf die Terrasse ein,
stellten die Sangria auf den Tisch und Schinkenröllchen dazu.

Die jungen Leute hatten einen Kontoauszug dabei, auf dem sie ihre Ersparnisse
schwarz auf weiß zeigen konnten:
Die Summe war schon nicht schlecht, aber doch viel zu wenig bemessen für den Wert
des Anwesens, das Pedro schätzen lassen hat und so ein Papier in Händen hielt.
Dann hat Ines noch ein Papier geholt - von deren Notar, der das Testament
und den letzten Willen kund tat, wonach Tiago und Ana sowieso alles erben werden,
mitsamt dem Landhaus, wo sie gerade auf der Terrasse saßen und feierten.
Die jungen Leute konnten ihr Glück nicht fassen und waren sprachlos.

Ein wenig werdet ihr noch warten müssen, denn wir sind noch fit und haben Pläne
für unser weiteres Leben - das Sandwich-In muß auf jeden Fall erhalten werden !

Das schwörten die Nachfolger unisono, selbstverständlich - haben wir das im Sinn - übrigens:
Ana ist in guter Hoffnung und deswegen haben wir die Hygieneexpertin für ganztags eingestellt.
Der Laden trägt das locker und Ana kann sich etwas schonen.
Es reicht vollkommen aus, wenn sie das Büro macht..

Sie wünschten sich noch gute Nacht und gingen bald zu Bett,
wo bei beiden Paaren im Sandwich IN noch länger über den Abend gesprochen worden sein muß,
denn die Schlafzimmer-Lichter brannten noch recht lange.

Er war sich sicher, daß ihm das Lied:
I saw the Light, von Hank Williams SR. zum Abschied gespielt werden soll,
ihr war Cass Elliot und John Denver mit Leaving On A Jet Plane genehm,
als letzter Wunsch, das soll gespielt werden!
Bis dahin ist wohl noch eine Weile Zeit - gute Nacht..

***

Gong frei zur nächsten Runde, so tönt es aus dem Radio,
wo gerade die Live-Übertragung eines Spieles lief.
Da zog der Postmann an der Türglocke, der Hund schreckt auf und bellte ..

Es war ein Brief von der Kirchenleitung, die sich über den Amtsmißbrauch,
das Hochamt unbotmäßig und unerlaubt ausgeübt zu haben, beschwerte und nicht nur das,
SIE haben ein Disziplinarverfahren anhängig, wie geschrieben wurde
und sich an dem Tag und der Stunde im Bischofssitz einzufinden.
Eingang B, zweite Tür rechts.

Pedro griente und meinte zu Ines:
Die können mich im Mondschein besuchen !
Der Brief kam zu den Holzspalten in den Ofen, das heizt bestimmt gut..
Ich werde niemals wieder einen Brief dieser Art öffnen und gleich
mit dem Vermerk:
"Empfänger verweigert Annahme" dem Postboten wieder mitgeben.

Ihr Landhäuschen wurde für die "Freimaurer", wie man die Bruchsteinakademie
scherzhaft nannte, zum Vorzeige- oder Referenzobjekt - ab und an kamen Interessenten,
um sich dieses Kunstwerk anzusehen und die waren alle sehr angetan davon.
Diese Handwerksakademie war gut besucht und beherberte Leute aus allen Teilen Europas,
die das alte Handwerk erlernen wollten - allesamt waren sie Maurermeister und
holten sich hier diese speziellen Kenntnisse.
Der Bauunternehmer und Träger war begeistert.

In der Stadt trafen sie den Pfarrer, der gerade im Cafe saß und seinen Weck
in den Milchkaffee tauchte - und so kam das Gespräch auf diesen Brief.
Mich wundert das nicht, sagt dieser, die Kirchenleitung ist derart verknöchert,
daß sie längst sturer als jede Behörde genannt werden kann.
Das ist eben dort so gelöst, daß nicht jeder Brief den Segen des Bischofs hat,
die unteren Stellen entscheiden meistens selbständig, wenn denen etwas zu Ohren kommt.
Und glauben sie mir, es gibt immer Neider und immer Spitzel, die für Ärger sorgen!
Der Glaube zählt nur noch am Rande, die Verwaltung ist denen viel wichtiger.
Daran werden wir beide mit Sicherheit nicht das Geringste ändern oder verbessern.
Pedro nahm noch zwei Kaffee-Stückchen mit, einen Käse und Butter aus dem Supermarkt
und fuhr nach Hause.
Bald kam die Niederkunft der Ana und die Alten passten auf das Sandwich-In auf,
machten alles so wie früher und kein Kunde merkte, daß andere hinter der Theke waren.
Die Hilfskraft war auch noch da und so schaffte man das locker.

Der Anruf kam und die Überraschung auch:
Es waren Zwillinge, zwei gesunde Knaben !
Die "Hygienebeauftragte" war ja anwesend und die Ana kümmerte sich um ihre Säuglinge.
Nun war Leben im Haus, das kräftige Geschrei war nicht zu überhören..

***

Pedro bekam eine Nachricht des Verlages, daß keine Nachfrage
nach seinen persönlichen Tagebüchern mehr sei
und sie das Projekt deshalb einstellen möchten.
Na ja, dann schreibe ich eben weiter nur für mein persönliches Exemplar,
das reicht mir allemal.

In den Kleinanzeigen fand er eine kleine alte Druckmaschine, fast ein museales Stück.
Das hat er sich liefern lassen und in einen eilends vom Bauunternehmer-Freund
errichteten Schuppens hinter der Terrasse untergebracht.
Bis dieser Schuppen fertig war, stand das Ding auf einer Palette auf der Terrasse.
Bald war der Beton trocken, die Wände mit Bruchsteinen verkleidet, wie das Haupthaus
und ein Pultdach aus den gleichen Ziegeln darauf, ein paar Steckdosen, zwei Lampen
und freilich der Stromanschluß von Haus aus, ein Fensterchen und eine Tür aus
festem Holz der Region, genau wie das der Haustür - wurde installiert.

Im Internet besorgte sich Pedro die Anleitung für diese kleine Druckerei
und schon ging es los.
Ein paar Probe-Papiere waren dabei - und es ist wohl immer das Gleiche -
die ersten Drucke waren für den Mülleimer.
Er bestellte gutes Druckpapier und nahm schon mal mit einem Buchbinder Kontakt auf.
Ein alter Mann aus dem Dorf beherrschte diese Kunst und so verbrachte Pedro
einige Zeit bei diesem Zeitgenossen.
Dieser riet dazu, einen Setzer zu suchen, der mit den Lettern schnell klar kam,
denn auch das ist so eine Kunst, die nicht jeder kann.
Per Inserat meldet sich ein Arbeitsloser, der sich freute, nach langer Zeit
der Untätigkeit endlich wieder eine Beschäftigung und Einkommen zu haben.
Jeden Tag kam dieser pünktlich mit seinem Kleinkraftrad angefahren
und knatterte zum Sandwich-In, holte sich sein Frühstück und weiter
ging das Knattern Richtung Hinterhaus.
Die Sache gedieh ganz prächtig, denn Pedro hatte Zeit und Geduld genug,
nun sogar eine Fachkraft, um alles sorgfältig zu machen -
bevor dieser ans Werk ging, nahm der Setzer einen Lehrgang bei dem alten Buchbinder,
welcher sich ein gutes Taschengeld damit verdiente.
Rentner bekommen in Portugal nicht viel Geld und so war man sich schnell handelseinig.

Langsam, aber sicher kam Seite für Seite in den Druck.
Der Hinweis auf die bereits verlegten Tagebücher der Vorgänger Pedro's hat er
besonders gründlich und gleich zu Anfang des neuen Drucks in Szene gesetzt,
deren Auflagen hoch genug waren
um jede Menge dieser alten Exemplare im Antiquariat zu finden.
Die Kontinuität war also allemal gewahrt und das beruhigte Pedro,
denn sein ganzes Leben baute darauf auf !

Zeitchen vergeht und ein Buch entsteht - das allerdings noch lange nicht gebunden wird.
Das geht freilich erst, wenn alle Seiten zusammen sind und da unsere Beiden noch gut beieinander waren,
wurde die Tagebuchblätter erst einmal nur sorgfältig nummeriert und gesammelt.
Zur Sicherheit, so Pedro, drucken wir gleich zwei Exemplare -wovon eines
sicher verwahrt und das andere in unser Wohnzimmer gestellt wird, zum Vorzeigen.

***

Mit Hilfe der Stadt gründeten die Beiden einen gemeinnützigen Fond,
mit dem jungen Leuten eine bessere Ausbildung finanziert werden soll.
Die Einlage war gleich eine halbe Million Schweizer Franken,
die durch Wohltätigkeiten der heimischen Unternehmer aufgefüttert werden sollen.

Dieser Fond hat unter dem Vorsitz des Gemeinderates gestanden und hat der Stadt
nochmal einen Vorteil gebracht, weil sich junge Familien dort gerne niederließen,
wo kein Geld für den Kindergarten bezahlt werden muss -
Das war die Initiative des neuen Bürgermeisters, die
ebenfalls von den heimischen Unternehmern gestützt wurde - so kamen gute Arbeitskräfte
in die Stadt, die einen klaren geldwerten Vorteil
in der Ansiedlung neuer Familien sahen.
Der Bankchef hat das mit allen Kräften unterstützt,
denn letztlich profitiert auch die Bank von neuen Kunden.

***

"Don Pedro" war immer mehr ein geachteter Bürger und Ines
seine nicht weniger geachtete Frau an seiner Seite.
Da die Beiden nicht so oft in der Stadt zugange waren, haben sie davon nichts mitbekommen.
Der Pfarrer aber um so mehr -
er staunte immer mehr über diese seltsamen Leute am Ortsrand,
die nicht einmal den Gottesdienst besuchten und trotzdem wie "Heilige" angesehen wurden.

Der Bürgermeister wollte die regionale Schafzucht und die traditionelle Käseproduktion
als Standort-Vorteil ausbauen, was ein paar Gelder kostete, aber einen riesigen
Markterfolg brachte - und viele Nachahmer!
So mancher Bewohner wurde angeregt, etwas zum Allgemeinwohl beizutragen.
Alleine das war die Spende schon wert, so meinte Ines.
Die Region war doch so gut wie tot und schau dich heute um,
hier ist Leben und überall pulsiert dieses sichtbar.
Es kamen Touristen, es kamen auch "Investoren" in die Stadt, die wie Goldgräber
angelockt wurden, unter anderem entstand eine Fabrik für Leuchtmittel,
früher Glühbirnen genannt - eine Außenstelle chinesischer Produktion.
Auch das brachte Arbeitsplätze und bald war in der Gegend Vollbeschäftigung,
was seinen pressemäßigen Hall bis nach Lissabon trug.
Die Umschüler- und Fortbildungsaktion hatte Erfolg gezeigt.
Pedro notierte alles gewissenhaft in seinem Tagebuch,
Blatt für Blatt kam in den Druck und dann auf den immer weiter wachsenden Stapel.
Die Kirche war auch wieder gut besucht, weil mehr Einwohner dazu gezogen sind,
der Bauunternehmer hat eine Reihenhaussiedlung gebaut,
3 stöckig mit vielen Wohnungen, mithilfe der Landesförderung.
Die Leuchtmittelfirma produzierte auch Solaranlagen - wie praktisch!
Es kamen Fremde aus anderen Regionen des Landes, die sich hier umsehen wollten
und übernachteten, sind in Cafe's eingekehrt, haben zu Abend im Speiselokal gegessen,
haben Kleidung und Andenken und.. Schafskäse mitgenommen.
Besonders aber war das Mitbringsel "Knowhow" gefragt, das der Stadtrat gerne vermittelte.

***

Eines Tages kamen sogar Parlamentarier vorbei, aus dem fernen Brüssel,
die sich hier in Fornos de Algodres, Portugal,
Anregungen erhofften für so einige schwache Regionen Europas,
vornehmlich im Osten, hinter dem ehemaligen "Eisernen Vorhang",
wo ganze Länder in das vereinte und noch nicht vereinigte Europa eingebunden werden mußten -
was eine Herkulesaufgabe war und noch immer ist und vermutlich auch immer bleiben wird - weil eben immer und immer wieder die Mentalitäten das Hauptproblem sind.
(Wie in Afrika oder Indien, nur eben nicht ganz so drastisch)

***

Die Kirchenleitung hat diese Entwicklung mitbekommen, weil auch die Kircheneinnahmen gestiegen sind.
Bald kam auch von dort ein Abgeordneter, der sich genau umschaute
und immer wieder von "Don Pedro" zu hören bekam,
der ein ehemaliger Priester gewesen sein soll.
Inzwischen war schon wieder eine andere Generation an Kirchenleuten am Ruder des Bistums
und die hat von den alten Dingen nichts gewußt oder wollte nichts davon wissen..

..Politiker und Kirchenleute waren sich darin einig, daß sie ihre Schafe lenken wollten
und bevormundeten dabei eher und gängelten - die Bevölkerung,
die immer häufiger auf "stur" schaltete und jede Beteiligung an Kirche und Politik ablehnte,
"weil das sowieso für die Füße ist, denn die machen da oben was sie wollen
und nicht was für uns gut ist, denen geht es nur um die Kohle,
nur um 'Lobbyarbeit', die eindeutig Korruption ist"
Ein Pressemensch hat das auf diesen einfachen Nenner gebracht und veröffentlicht.

Dieser Tenor äußerte sich stark in verbalen Entgleisungen im Internet
und in der Wahl seltsamer Parteien bei den einen, in Wahlenthaltung bei der anderen Sorte an Wahlberechtigten.
Resignation war in weiten Teilen der Bevölkerung an der Tagesordnung -
aber durch die gute Beschäftigungslage war noch alles ruhig geblieben..
.. bis eines Tages durch eine "Börsenkrise" die Sache ins Rutschen geraten ist ..

Die Zinsen wurden gestrichen, dann zu "Negativzinsen",
wo Geld zu leihen oder Schulden zu machen richtig attraktiv wurde.
Das hat so manches Unternehmen zu waghalsigen Schritten, zum "expandieren" getrieben.
Pleiten folgten auf dem Fuße, die Arbeitslosigkeit stieg sprunghaft an,
Kirchenaustritte bei den Noch-Einkommensbeziehern und so blieben die,
von welchen keine Steuer zu holen war.
Die Gelder wurden knapp, die Kommune rutschte unter den "Schutzschirm" weil sie überschuldet wurde-
die hohen Soziallasten und die Aufnahme weiterer Sozialfälle aus fremden Ländern -in unglaublicher Zahl-
wurden immer mehr zur Last, die ruinös anwuchs zu einer Lawine.
Seltsame Parteien bekamen neuen Zulauf, radikale Demonstrationen sah man in dieser Zeit überall auftauchen.
Die Politik hofierte weiter die Geldanleger und Börsen,
immr mehr Rentenkassen und Krankenkassen verlangten nach Unterstützung,
der Staat nahm Gelder auf und verschuldete sich immer mehr.
Die Wirtschaftschulen lehrten weiter die alten Sprüche von "zyklisch und antizyklisch",
immer mehr Studierte wurde arbeitslos und reihten sich in der Schlange beim Arbeitsamt ein.

Der Bürgermeister kam zu Pedro und Ines um einen Rat zu holen -
und bekam den nächsten Teil der Million Schweizer Franken,
um junge Leute entsprechend zu schulen und um vor Ort Beschäftigung wieder neu zu beleben.

Die Selbständigkeit wurde gefördert und auch mithilfe der befreundeten Firmen,
die dieses politische Desaster überdauert haben,
kamen genug Aufträge von außen in die Unternehmen.
Inzwischen hatten überall Pleiten eingesetzt und die Produktion einiger Güter kam fast zum Erliegen.
Der Import wurde immer teurer, weil die Kaufkraft des Landes deutlich schwand.
Durch diese logistische und ideologische und pekuniäre Hilfe
ist die Stadt und die Region wieder angelaufen und war wieder zum Vorbild geworden:
Wie ziehe ich meinen Hals aus der Schlinge?
Der Schweizer Franken war stabil und so kam genug beim Umtausch heraus..

Die Beschäftigung ging in die Höhe, die Lage war bald wieder in alter Hochform!
Nur die Million Schweizer Franken, die in etwa 200x so viel in Escudos waren - also 200 Millionen Escudos -
eben die waren fast futsch - weg, vorbei;
wie gewonnen, so zerronnen, meinten die Beiden im Hinterhaus.
Gut, nun brauchen wir uns keine Sorgen um dieses Geld zu machen
und können leichteren Herzens den Rest unseres Lebens genießen..

"Don Pedro der Wirtschaftsretter",
so meinte der Bürgermeister in einer Stadtratsversammlung eher froh als belustigt.

Danach hat man den "Don Pedro" gerne in das Stadtparlament eingeladen
oder eingebunden und auf seinen Rat gehört,
besonders weil der Bankchef gestanden hat,
daß seine Bank durch Börsenspekulationen - wie in einer Spielbank -
sehr viele Gelder verloren hat,
es waren Einlagen der Kunden, die es nun durch Landesbürgschaften zu retten galt.
(Pedro war froh, daß seine Million Schweizer Franken zeitig genug abgehoben worden war)
Portugal hat als einziges Land die Börse geschlossen und derartige Geldanlagen hoch besteuert.
Die Chinesen haben das begrüßt und ihr Engagement im Land stärker ausgebaut.
Zuwanderer, die keine Arbeitswilligkeit oder Eingliederungswillen zeigten,
bekamen kein Geld und keine Wohnbeihilfen mehr,
Aufenthaltserlaubnisse wurden schlicht nicht mehr verlängert.
So gingen diese in ein anderes Land, wo mit Spruchbändern für noch mehr "Refugees" demonstriert wird, die seltsamer Weise niemand "Wirtschaftsflüchtlinge" nennt.
Der Wegzug tat den kommunalen Kassen gut und den seltsamen Parteien hat das durch prosperierenden
gesunden Menschenverstand in der Politik den Boden unter den Füßen entzogen
- bald waren sie wieder in der Versenkung der Geschichte verschwunden, -die rechten wie die linken Anarchisten-
wie die staatliche Förderungen der Parteienlandschaft.

Vor den Stadtverordneten hielt Pedro einen Vortrag:

"Der Fisch stinkt immer vom Kopf her"
Und genau hier begann man dem Problem auf die Schliche zu kommen,
in der fehlenden Vorbildfunktion der wichtigen Leute und beim Ansatz,
deren grenzenlose persönliche Gier zu kanalisieren.
Das war ein Kampf gegen Windmühlen,
der hier begann und welcher vermutlich niemals ein Ende finden wird,
denn es rücken immer mehr Leute dieser Art nach,
die ein hohes "Anspruchsdenken" anstelle der eigentlich gebotenen Bescheidenheit entwickelt haben:
Aus Bildung entwickelt sich ein Anspruch und dieser ist teuer und wird leicht zur untragbaren Last,
was in Krisenzeiten eben stärker hervor tritt -eine extrem hohe Ich-Bezogenheit
bis zum Gottkomplex ist alles vertreten und immer und immer wieder sind es die Akademiker.
Da diese Leute von den Statistiken bis zur Parteiarbeit, in die Firmen hinein alles aufteilen
und einteilen, entstand eine Schieflage zu Gunsten des Kopfes
und die Hände fingen dabei an zu vertrocknen,
von denen dieser imaginäe Kopf lebt - dann stirbt auch dieser
und genau das ist es, was man "die Krise" nennt.
Überblick kann man nicht studieren und Vernunft auch nicht.
Das kann jeder einfache Bürger leicht extrahieren.

Manche vertraten die Gegenthese, daß die Verwaltung die Arbeit zur Verfügung stellt-
was eben nur zum Teil stimmt, denn die Initiative kommt von den Chefs, von relativ wenigen Motoren und nicht von der breiten Verwaltung.

"Don Pedro" war mit seinem Vortrag fertig, der vom Rundfunk aus dem Stadtparlament ausgestrahlt wurde.

***

Das Rumoren der Presse-Echos ging durch das ganze Land, wie ein reinigender Durchfall..
..oder wie eine sich nähernde Lawine - es lag nun an der Regierung grundlegende Maßnahmen
zur Eigenstabilität zu tun, als nur auf das Futter aus Brüssel zu blicken, auf
die Zurschaustellung der Zuschuß-Bedürftigkeit.

Daß der Süden Europas automatisch und immer das Armenhaus sein muß,
soll nun endlich hinterfragt werden.
Exakt das hat Pedro angeregt und das hat manche Partei bewogen,
diesen erfolgreichen Redner auf ihre Seite zu bringen.
Dazu hat es des neuen Bürgermeisters nicht einmal bedurft,
der einer ehem. "Arbeiterpartei" angehört und sich als "volksnah" ausgibt.
Die Lebenswirklichkeit ist -leider- eine vollkommen andere Sache,
das haben die "lieben Bürgerinnen und Bürger" inzwischen auch kapiert
und sind reihenweise ausgetreten oder der Wahlurne fern geblieben -
auf alle Fälle kam diese "rote" Partei gehörig in Schußfahrt, aber nach unten!
Die "schwarze" katholische Kirche ging ebenfalls auf Mitglieder-Talfahrt,
aber aus anderen Gründen.

***

Der Aufbruch der direkten Demokratie soll von hier aus starten, so hob der Bürgermeister an,
der eine eigene Partei gründen will - weil seine alten "Genossen" keiner Änderung zustimmen wollten.
So wurde in der Stadthalle eine Versammlung angesetzt, in der die Einwohner ihre Vorschläge abgeben konnten..

Und das taten sie!
Kaum ein Haushalt ohne eigenen Vorschlag oder Idee und so wurde ausgezählt.
Ein Dutzend Freiwillige sortieren nach Art und Richtung der Ideen.
Bald waren verschiedene Stapel vorhanden, aus denen sich dann die Parteigründer
ein Bündel schnüren konnten, um bei den nächten Versammlungen nach der Gründungsphase
über jede dieser Richtungen zu debattieren.
Dabei kam ans Licht, daß 90% der Menschen keinen Plan von Politik im Allgemeinen haben
und eigentlich nur in Ruhe und Frieden in einem vernünftigem Auskommen leben wollen, -
in sauberer Umwelt und in Gerechtigkeit.
So entstand die GM, die Partei des gesunden Menschenverstandes, wie sie in der Abstimmung
beschlossen haben.
Die Publikationen und Abstimmungen sollen live im Internet auf einer eigenen Seite
veröffentlicht werden, damit jeder Besucher dieser Seite ganz genau Bescheid wußte.
Schluß mit dem "internen Gemauschel" und weg mit der "Parteiraison" und von "Geheimverhandlungen und -Verträgen, hin zu "Glasnost".
Auf dieser Seite waren Buttons, mit den man seinen Beitritt oder einen um sein Interesse
bekunden zu können.
Es ist somit logisch, daß diese Seite einer stängigen Aktualisierung unterlag.
Eine Parteizeitung war hier überflüssig, auf Diskussionabenden im Fernsehen hat man gerne verzichtet.
Oberstes Prinzip war denen die freien und geheimen Abstimmungen und die paritätische und demographische
Vertretung der Einwohnerschaft und direkte Mitbestimmung durch ständige Eingaben, die
vor der nächsten Parteiversammlung eingebracht werden und umgesetzt werden soll,
sowie sich eine entsprechende Mehrheit findet.
Das Parteiorgan war in jedem größeren Ort - deren Entscheidungen liefen im Kreis oder Gau
zusammen und bildeten dort eine Phalanx auf Landsebene - alles per Internet.
Die Mitgliedbeiträge wurden nur für die Begleichung der ehrenamtlichen Auslagen gebraucht,
Werbematerial und Plakate oder ähnliche Dinge gab es nicht.
Die beste Propaganda war die von Mund zu Mund, da war man sich einig.
GM wuchs und gedieh, bald saßen die Abgeordneten in allen Parlamenten
und kreideten ihren Kollegen an, die von dunkeln Seiten her "Zuverdienste" einnahmen,
deren Aufdeckung immer seltsame Gewogenheiten ans Licht brachten.
So kamen einige dieser Schmiermittelaktionen ans Licht oder in die Gazetten.
Die Wirtschaft spielte verrückt und entließ viele Leute, angeblich wegen der falschen politischen
Vorgaben dieser neuen Partei - dabei ging es in Wahrheit um mafiose Bestechungen, die überall
Einzug gehalten haben, bis nach Brüssel, die es aufzudecken galt:
Lobbyarbeit in den Parlamenten kann man auch als außerparlamentarische Einflußnahme sehen,
direkt an den Wählern vorbei, was quasi einer Entmündigung gleich kommt.
Dann kamen Anzeigen bei den Finanzämtern im ganzen Land bis nach Brüssel dazu:
Woher kommen die Gelder für die Lobbyarbeit, das Geld für die "Zuverdienste" oder Gefälligkeitsposten für Politiker?
Gigantische Summen an Strafen kamen so zusammen, mit dem Wegfall an Fördergeldern - ein Eigentor für die Unternehmen und "Global Players"!

Es kam wie es kommen mußte - Firmen entließen viel Mitarbeiter und zogen ins Ausland ab,
oder "sourcten out", was Einfuhrzölle oder Einfuhrverbote für diese nach sich zog-
mit der harten Knute gezügelt, kamen sie langsam wieder zurück, weil bereits die ersten
ausländischen Mitbewerber den Markt der landesflüchtenden Firmen einzunehmen gedachten..
..manchmal ist auch den Unternehmern das Hemd näher als die Hose.



***











"Der Heilige von Santiago de Compostella" 9

Das Leben der Bewohner des Sandwich-In's tangierte das nur wenig oder am Rande,
daß die meisten Bewohner des Bezirks nun plötzlich GM-Mitglieder geworden sind,
zeigt klar die Richtung:
Die einfachen Leute wollen sich nicht mehr abhängen lassen.
Die hohe Zahl der Eintritte hat den Mitgliedsbeitrag sensationell billig werden lassen,
weil keinerlei repräsentative Bauten und Parteizentralen eingerichtet worden sind.
(In den Wohnzimmern, Kellern oder Arbeitszimmern der Ortleiter,
aber auch in denselben der engagierten Mitglieder)
Die Vernetzung ließ tausende "Parteizentralen" miteinander kommuniziern und selbst
Leute an den "grünen Tisch" kommen, die viele Meilen voneinander entfernt lebten.
Selbst am frühen Morgen oder Nachts sind deren Leute aktiv im Web unterwegs,
je nach Laune oder Zeit oder .. Schlaflosigkeit.

Ein symbolischer grüner Tisch auf der Onlineplattform
setzte das Avatar der jeweiligen Diskutanten auf einen der vielen um diesen Tisch
herum gruppierten virtuellen Stühle und in "Sprechblasen" kamen die Einwürfe,
die on thy fly auftauchten und wieder verschwanden.
Die Resultate der jeweiligen Diskussion wurden in einem Thread festgehalten,
ein Protokoll einer jeden Sitzung sozusgen.
Jeder Vorschlag hat eine gewisse Punktzahl von den Teilnehmern erhalten.

Politik aktiv mitgestalten, statt Zickenalarm in den "Social Networks" herum zu "dwiddern"
wurde modern und hat auch Leute teilnehmen lassen, die ans Haus, Rollstuhl oder ans Bett gefesselt sind.

Wer sich zweimal daneben benahm, wurde abgemahnt- beim dritten Mal wurde dessen Account (und Stimme) gelöscht.

***

Der Pfarrer irrte recht planlos herum und besuchte bei diesen Spaziergängen in der Botanik
auch das "Hinterhaus" von Pedro und Ines, die gerade in den Gemüsebeeten arbeiteten.
Ohne zu fragen nahm sich der Pfarrer einen Ausstecher und half bei der Unkraut-Beseitigung.
Bald war die Arbeit getan und man saß bei einer kühlen Sangria zusammen auf der Gartenbank.
"Ich weiß ja, daß diese GM - Partei auf der Seite der Bevölkerungsmehrheit ist,
vermutlich hätte selbst Jesus dort mitgemischt, aber die Kirchenleitung ist dagegen
und läßt die Pfarrer von der Kanzel herab dagegen wettern.
"Gottlose" oder "kommunistische Umtriebe" und ähnliche Verdächtigungen wurden laut geäußert.
Obwohl jeder weiß - das ist ganz anders und wesentlich bürgernäher als jede andere Gruppierung.
Radikal sind die auch nicht, Kriege werden abgelehnt, niemand ist gegen Fremde.
Aber: Unwillige oder faule fremde Nichtsnutze sollen keine Zuwendungen mehr erhalten und das nimmt die Kirche zum Anlaß
gegen diese neue Partei zu wettern - weil sie eben scharf auf neue "Schäfchen" ist-
wer diese unterhält oder bezahlen muß, ist der Kirche egal..
Dabei sind die GM - Leute nicht "fremdenfeindlich", wie immer unterstellt wird, sonst wären dort
keine Menschen eingetragen, die eingewandert und hier entsprechend verwurzelt sind
und die Portugal als ihre neue Heimat sehen und sich entsprechend als Portugiesen verhalten.
Da passen Verschleierte oder Fanatiker nicht hinein in dieses Bild, eine neuerliche
Muslimisierung soll die iberische Halbinsel bitte sehr nicht mehr erleiden müssen.
Mich wundert und verstört, daß diese Tatsachen von der Kirchenleitung nicht erkannt werden."
(Und lieber den neuen Religionen helfen, vermutlich aus dem Augenwinkel des evtl. eigenen Abstieges heraus)
Nein, Kommunisten sind die GM - Mitglieder ganz sicher nicht, meinten beide Inhaber unisono-
sehen sie oder wir wie Kommunisten aus?

Bald bekam auch dieser Pfarrer Ärger mit seinem Bischof und wurde dort hin zitiert und
"diszipliniert", weil dieser spontan in diese GM eingetreten ist und dort auch über eben
diese Problematiken frei diskutiert hat.
"Wer ist denn hier Kommunist und läßt die Meinungsfreiheit nicht zu?!"
Dieser Satz hat ihm eine Abmahnung eingebracht, die im Wiederholungsfalle zur Strafversetzung
oder Degradierung führen wird, so bekam er zu hören.

Der Pfarrer war danach öfter im Hinterhaus und bekannte,
daß er die Tagebücher der beiden Pfarrer inhaliert habe und entsetzt war.
So beschloß er, sich nicht mehr bevormunden zu lassen und alleine Gottes Wort zu predigen und
nicht die politische Einmischung der gerade herrschenden Bischofsklasse
als Milch der frommen Denkungsart anzuerkennen, die sich in der Zusammensetzung immer was änderte.
Der Ausdruck "zu inhalieren" ließ Pedro schmunzeln:
Willkommen im Club - Jesu hätte auch nicht anders gehandelt,
auch wenn die da oben das nicht hören wollen,
der Religionsstifter hat sich immer für die Rechte der einfachen Menschen eingesetzt - eben für die,
welche nicht hochwohlgeboren oder zu den Besserverdienern gehören, wie die hohen Kleriker, die auch noch vom Staat bezahlt werden.
(also auch von Nichtmitgliedern, was in sich ein Unding ist)

***

Die Zeit verging, wie sie das immer macht und ohne sich um die Menschen zu kümmern.
Die Sandwiches verkauften sich wie eh und je, im Hinterhaus wurden Tomaten geerntet,
die Sonne des Südens brannte auf Land und Leute.
Von Kirche und Politik hat man im Hinterhaus nichts mehr wissen wollen,
hier war genug zu tun.
Die gedruckten Blätter des neuen Tagebuches waren an aktueller Stelle angegelangt und
so war "Draußen" angesagt, auf der Terrasse und im Garten gelebt.
Der Setzer war erst einmal arbeitslos, bis wieder ein paar Blätter beschrieben
und der Druck sich lohnen würde.

Nun war die Million Schweizer Franken weg, aber nicht in den Wind geschossen, sondern
sie diente fortan der Allgemeinheit, weil die Region dadurch vor dem Absturz in die Armut
gerettet und "fit für die Zukunft" gemacht wurde.
Die Gegend blühte und Geld kam in alle Kassen, auch in die des Sandwich-In.
Weniger ins Hinterhaus, dort war man jedoch Sparsamkeit gewöhnt und so viel nicht einmal auf,
daß dieses Vermögen nicht mehr existent war.
"Wir werden nichts mitnehmen können," so Ines,
"das letzte Hemd hat keine Taschen"
und einen Himmel oder ein Jenseits wird es vermutlich auch nicht geben,
so kommentierte Pedro diese Bemerkung, "genauso wenig wie den Osterhasen und den Nikolaus oder das Fegefeuer, den Teufel und die Erbsünde - auf das die Kirche das Copyright hat".

***

Es kam wieder so ein Tag der offenen Kirche und die Orgel toste
und die Menge kam um sich das anzuhören, wieder ein voller Erfolg und alle freuten sich.
Bunt war diesmal das Publikum und Pedro spielte nur Potpourri's am laufenden Band.
Zum Schluß kam ein Glory Halleluja, wo alle mitsagen.

Der Erfolg wurde mit Punsch gefeiert und alle gingen froh nach Hause.

Das Projekt "Offene Kirche" hat viele Mitglieder angelockt und den Ort bekannt gemacht.
Dann kam das Bistum dahinter und hat den Pfarrer strafversetzt nach Afrika -
weil das weder abgesprochen gewesen sei, noch einer Katholischen Kirche würdig, wie im Brief stand.
Auf keinen Fall wollte dieser Priester von Vila Chã weg
und schrieb "seiner Kirche" einen geharnischten Abschiedsbrief
und bestand auf seinem Eingliederunssold für ein Jahr,
damit er sich einen anderen Beruf suchen konnte.
Er mietete sich ein Zimmer im Ort, zog sofort aus dem Pfarrhaus aus
und ging mit seinem Laptop online,
um sich bei der Partei GM als Kandidat aufstellen zu lassen.
Er wollte unbedingt Abgeordneter werden, was im mihilfe der Bevölkerung -
pardon Wähler und Wählerinnen auch locker gelang,
weil er helle und beliebt bei allen war.

Nun stand die Kirche wieder einmal leer, das Verbot der Nutzung war im bischöflichen Schreiben
ganz besonders die Orgel betreffend ausgeführt.

Pedro meinte trocken - ich kenne dieses engstirnige und bonierte Verhaltensmuster
der Kirchenleitung nur zu gut, gut daß ich mein heimliches Vorhaben,
diese Orgel sanieren zu lassen, nicht getan und statt dessen das Geld
in die Weiterbildung der Jugend gesteckt habe.
Nun ist es weg und das ist -fast- gut so.
Gehen sie ruhig nach Lissabon als Abgeordneter, meine Stimme haben sie!

Und viele, viele Stimmen folgten dem Pfarrer, der nun keiner mehr ist -
irgendwie scheint das in Vila Chã Mode geworden zu sein,
daß hier ausgemusterte Geistliche landen ..

Die vielen Stimmen für den Pfarrer sind nicht zuletzt durch die vielen,
weit verbreitet lebenden Verwandten der Einwohner von Vila Chã entstanden,
die diesen Fall im Web öffentlich gemacht haben.

Es wird Zeit, daß wir uns gegen diese studierte Einfalt zur Wehr setzen
und dazu gehört auch der höhere Klerus,
der sich wie Gottvater fühlt und alle Menschen gängeln will.

Der Pfarrer schaffte es mit der GM in's Parlament -
bei der ersten Wahl schon, was ein absolutes Novum genannt werden darf.

Fortan gab es dort heftig Gegenwind für die "etablierten" Parteien,
deren Macher nicht nur den Überblick, sondern auch die Volksnähe
total verloren hatten und kaum anders als das Bistum agierten.
Er setzte sich ganz besonders dafür ein, daß der Artikel in der Verfassung gestrichen würde- der von einer Staatsreligion sprach..

Starr und unbeweglich, festgefahren
und ganz gegen den so lockeren und unkonventionellen Religionsstifter -
Jesu Christi gerichtet,
der bekanntlich gegen die Verschandelung des Tempels wetterte und da,
so der Pfarrer, ist "Kirche heute" längst angekommen,
weil sie nur auf die Steuereinahmen und Geldanlagen achtet, aber dabei innerlich total verholzt ist,
abgestorben und keiner hat es gemerkt.
Damals waren Geschäftemacher im Tempel, die den Unmut Jesu erregten,
heute wäre das der Kirchenbeamtenapparat, der längst zum Selbstzweck geworden ist
und ungemein viel Gerümpel an Vorschriften angesammelt hat.

Seinen WählerInnen sagte er auf der GM Webseite:
Der Herr hat mir den Weg gewiesen, er gab mir die Last auf,
mich um das Wohl der 90% an Menschen zu kümmern, die gerade so eben über die Runden kommen.
Die Wege des Herrn sind unergründlich und so tue ich mein Bestes -
ich lebe nur vom Mindestlohn, damit mir die Demut vor den vielen Mitbürgern nicht verloren geht, die nichts haben und denen es an so vielen Dingen mangelt..

Der virtuelle "Grüne Tisch" war nun immer voll
und auch voller Zustimmung für die Pläne des Kandidaten Peppino,
der einmal ein Pfarrer war und nun einer von ihnen wurde,
er war ebenfalls gescheitert und ganz unten angekommen.
Er hat aber nie aufgegeben und das beeindruckt die Leute.

***

Die Zeit verging - wie sie das immer tut -
und die Kirche blieb ohne Pfarrer, Unkraut wucherte, die Scheiben und Mauern wurden blind,
die Glocke schwieg, weil der Pfarrer den Strom abgeschaltet hat, damit nichts passiert.
Diesmal hatten die Bewohner des Ortes die Nase voll und schrieben an das Bistum.
Es kam nie eine Antwort.
Diese Botschaft sprach sich im Land herum, denn die abgeblitzten "Schäfchen" hatten die Schnauzen -
um bei dieser Metapher zu bleiben - gestrichen voll von der Bevormundung,
die auch noch stur wie ein Panzer war.
(Und - Anmerkung des Autors - heute noch ist - was zu vielen leerstehenden Kirchen geführt hat:
Verholzung oder Vergreisung der Lenkungsebene, in der Kirche wie im Staate und in den Parteien.)

Die Bewegung wuchs und wuchs, die anderen Parteien gerieten zunehmend unter Zugzwang,
aber jedem der sich mit dieser Thematik befasst hat, war klar:
Das wird einen Umsturz geben.

Ein kleiner Umsturz kam, welcher sich gewaschen hat -
denn fortan war die ganze politische Szene in Aufruhr
aus Furcht vor denen, welchen sie die ganzen Jahrzehnte hindurch
hohle Versprechungen gemacht hatten - wohlwissend,
daß diese Zusagen nie und nimmer hätten eingehalten werden können.
Da stand schon der sogenannte "Koalitionszwang"
dagegen, wo sich die Parteien jeweils von den allzu vollmundigen Versprechen
"lösen mußten, um in den Koalitionsverhandlungen zu gemeinsamen Lösungen zu kommen".
Diametral unterschiedliche Ansichten in einer Koalition?
Sicher - Hauptsache es kommen viele Posten und Pöstchen zustande,
wen kümmert schon, wenn man dieses oder jenes Wahlversprechen unter den Tisch fallen lassen "mußte"?
Begründet hat man dieses äußerst berechnende Treiben mit der Diskussionfähigkeit
und mit der Demokratie.
(Auch wenn diese Dinge absichtlich oder zumindest wissentlich herbei geführt worden waren:
Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht und wenn er auch mal die Wahrheit spricht.)
Und so kamen eben immer weniger Stimmen für die sogenannten "Volksparteien" zustande,
die schon lange nicht mehr mit einer "absoluten" Mehrheit regieren konnten.
Dieses Wort von der absoluten Mehrheit ist schon mal an den Haaren herbei
gezogen, weil es sich um eine einfache Mehrheit handelte,
zumeist und trotz der neuen Koalitionen eine sehr sehr knappe Sache war
und immer noch ist - mit wachsender Sorge der Beteiligten.

Die tatsächliche Zustimmung ist freilich brutto für netto nicht zu nennen: Wenn die Wahlbeteiligung bei 70% liegt, sind trotzdem alle Wähler das Maß der Dinge, also 100% ! Eine Partei, die heute mit 40% der abgegebenen Stimmen regiert, hat in Wirklichkeit fast ein Drittel weniger Wähler "mitgenommen", wie man so schön formuliert.

Hier in Vila Chã jedoch war alles viel einfacher,
man ging den täglichen Verpflichtungen nach und ließ die Politik wieder zur Nebensache werden.
Die Leute schauten in ihren GM Account und erfuhren in wenigen Zeilen die wichtigsten Neuigkeiten,
den parlamentarischen Kleinkram setzte man auf "intern",
sonst hätte man die Karte schon verraten, bevor sie im Parlament ausgespielt werden kann.

Der Klempner klempnerte, der Bäcker buk, der Schuster besohlte,
der Händler verkaufte und jeder ging seinem Gewerk nach.
Die Aufträge liefen gut, die Touristen haben sich in der schönen Landschaft festgesetzt
und kamen immer wieder.
Das Gastgewerbe blühte, die Gärten auch.

Eines Tages heulten die Sirenen und der ganze Ort war in Aufruhr,
es brannte lichterloh, was man schon von weitem sehen konnte.
Alle rannten - die einen zum Feuerwehrhaus, die anderen zu den Fenstern um zu sehen,
ob sie und ihr Haus in Gefahr sind.
Bald war klar- es brennt dort, wo die Kirche steht -
noch stand sie und fackelte hell in die Dämmerung des Morgens hinein,
mit lautem Knistern und Knacken, ab und zu zerknallte ein Dachziegel oder ein Fenster.
In der Nacht tobten Gewitter durch das Land und einige Blitze gingen nieder.
Obwohl die Kirche einen Blitzableiter besaß, ist sie in hellen Flammen aufgegangen -
vermutlich, so der Brandinspektor, war es nicht nur ein Blitz
der dort nieder ging oder einschlug, es wird ein sogenannter Doppelblitz gewesen sein.
Ab und an spalten sich die Entladungen und zischen in zwei Blitzen auf die Erde.
Die beiden schweren Glocken polterten den Hang hinab, als der Turm einstürzte - und rissen dabei den Kindergarten ein.

Der Gemeinde war das kein gutes Omen -
zumindest nicht für die Institution Kirche, wie man sich zuraunte.
Die Kirche wird den Kindergarten ersetzen, ließ man geschwind verlautbaren.
Die Glocken wurden von einem Schrotthändler abgeholt, sie waren angebrochen und nicht mehr zu gebrauchen.
In vielen Gegenden sprach man der Glocke ein Eigenleben zu und diese- diese haben wohl "Selbstmord" begangen, wie man tuschelte.
Der Herr hat ein Machtwort gesprochen
und hinterließ dabei eine totale Ruine,
deren Wiederaufbau viel zu teuer werden würde, weil durch die Hitze Mauern geborsten sind.

Diese Begebenheit ist noch lange Gesprächsthema geblieben.

Der Abgeordnete Peppino von der GM hat das Bild vergrößert,
das ihm per Mail zugeschickt wurde und hat es im Parlament herum gezeigt:
Hier hat der Herr ein klares Machtwort gesprochen und bald
wird er es auch mit den Bischöfen tun, da kann man sich sicher sein.
Das hat man ihm übel genommen, denn das Land ist schon immer sehr gläubig gewesen
und was der Peppino da sagte, war in den Ohren der Meisten eine glatte Gotteslästerung.
Am nächsten Tag stand in der Zeitung, daß der Bischof auf dem Weg zu seinem Amt
auf offener Straße erschossen worden sei.
Peppino hatte zwar ein Alibi, denn er war im fernen Lissabon im Hotelzimmer, hatte sogar Zeugen dafür,
weil ein Hotelangestellter sich noch eine Unterschrift holen wollte - aber der Verdacht blieb,
daß er dahinter stecken könnte.
Die Kripo stellte peinliche und lange Fragen, als klar wurde,
wo genau der Bischof erschossen worden ist:
Auf dem Weg zu seinem Lieblings-Cafe oder zurück
und nicht innerhalb der hohen Mauern seiner Glaubens-Festung.
Er ging auch noch in Zivil, was schon eine Tarnung war, so der Kommissar -
wer kennt schon den Bischof persönlich oder hat diesen so oft gesehen,
daß man jenen zweifelsfrei in Zivilkleidung
und mit entfremdenden Panama - Hut hätte erkennen können?
Die Lösung muß ganz woanders gesucht werden, da war man sich einig.
Nach einer Zeit und mit Hilfe der Stadtpolizei Lissabons kam heraus,
daß man einen Herrn mit Panamahut ab und an in einem der "Etablissements" gesehen hat,
welcher eben durch diesen Hut auffiel.
Der Zuhälter dieses "Unternehmens" sei geflüchtet, so sagte man in der Nachbarschaft.
Mit seinem Sportwagen auf und davon gerast -
sie wären durch den ungewohnten Motorlärm wach geworden.
Untersuchungen wurden angestellt, peinliche Fragen und Fingerabdrücke und gentechnische Dinge abgeklärt.
Dabei kam heraus, daß der Bischof dort wohl öfter war -
und überall seine Spuren - div. Art - hinterlassen hat.
Sein Vertreter, so eine "Beschäftigte" dieses Etablissements,
sei ebenfalls immer wieder mal aufgetaucht und habe dort "etwas Sekt getrunken",
diese Bar sei schließlich so etwas wie ein Inkognito einiger hochrangiger Leute,
wozu auch andere zivile "Würdenträger" und
div. Leute div. Parlamente gezählt haben sollen,
aber das seien alles nur Gerüchte, mehr nicht und sie könne sich
- schon aus Diskretionsgründen -
an nichts erinnern.
Wissen sie Herr Kommissar, der Sekt, jeden Tag Sekt
und da leidet eben das Gedächnis ein wenig, gell?!

***

Die Zeit ist wieder weiter gerückt, wie für Rentner die Stunden verfliegen, wie für
die arbeitenden Bevölkerung die Minuten..

Inses und Pedro waren noch lange zusammen und hatten sich nur für die notwendigen Einkäufe
vom Grundstück weg bewegt.
Das Dreirad wurde verkauft und fand schnell einen dankbaren Abnehmer, der damit
nun seine Frühstücksbrötchen ausfuhr, - der Bäckerlehrling freute sich,
endlich mobil zu sein und nutzte dieses ulkige Gefährt gerne auch in seiner Freizeit.

Die Lebensmittel haben die Jungen im Vorderhaus gleich mit besorgt,
das war denen eine Ehrensache.
Eine Zeitung gab es im Hinterhaus nicht mehr, die wurde einfach abbestellt,
damit mehr Ruhe einkehren sollte, Telefon und Internet ebenso.
Der Buchbinder kam und hat die beiden Bücher geordnet
und sorgfältig nach alter Handwerkstradition
gebunden, in dickem Schweinsledereinband, wie zu Urzeiten.
Dieses Material war nur sehr schwer zu bekommen und eigentlich nur noch ein -versteckter-
Restposten auf dem Dachboden des Buchbinders, den er beim Räumen zufällig gefunden hat.
Weitere drei Einbände hat er sehr gut über das Internet verkaufen können.

Ein Band bekam der Peppino, den 2. Band des Tagebuches der beiden Hinterhaus-Bewohner
und blieb Tiago und Ana aus dem Vorderhaus, sozusagen als Erbe und Erzählbuch für alle Nachkommen.

(Eines Tages hat ein Pressefritze das Tage-Buch fotokopiert und dessen Inhalt als Fortsetzungsroman
veröffentlicht, was ein großer Erfolg war und etwas Geld einbrachte)

Die Sandwich-In und die Hinterhaus - Ecke war von deren Bewohnern wie eine Hallig angesehen,
hier kommt man zur Ruhe und wer als Fremder oder Verwandter zu Besuch erscheint und stört, fliegt raus.

Peppino hat dieses Buch gut verwahrt und immer wieder mal darin gelesen,
wenn auch ihn - und davon ist niemand frei, der politische Macht hat - zuweilen der Hochmut ritt.

So ganz ohne Besonderheiten blieb die Zeit im Hinterhaus nicht,
denn die Zahl der Anfragen nach einem Druck des Tagebuches des ehemaligen Priesters Pedro
war immer häufiger die Bitte in den zahlreichen Briefen, die ankamen.
Pedro nahm Kontakt zu dem alten Verlagshaus auf, welches die beiden Tagebücher seiner
Vorgänger aufgelegt hatten und bekam auch tatsächlich eine positive Antwort.
Man behielt sich vor, das Original zu kopieren und dann - unbeschädigt wieder zurück zu senden.
Eine ganz neue Auflage kam in den Buchhandel, die sich erstaunlich gut verkaufte -
gerne zusammen mit dem Werk über die beiden Priester, Jules und Jacob.
Der Verlag machte beim Kauf beider Werke für seine Kunden
eine Sonderkondition und so kamen hohe Auflagezahlen
zustande - verkauft bis nach Chile und Argentinien.

Pedro und Ines hatten wieder deutlich mehr Einkommen, was nicht ungern gesehen worden ist..

Nach diesen zwei Bänden haben der Setzer und der Buchbinder einige private Aufträge erhalten,
gut honoriert und ohne Arbeitshektik!

Die Ortskirche verfiel, die Ruine ist nie abgetragen worden, sondern blieb als Mahnmal
stehen - die Kirche hat der Gemeinde -generös- das Grundstück verkauft.

Die Leute im Ort haben das Gebimmel nur Anfangs vermißt, bis sich der Uhrmacher
aufraffte und im Internet eine alte Bimm-bamm-Uhr kaufte, diese instand setzte
und mit Einverständnis des Gemeinderates im Dachstuhl des Rathauses einbaute.
In einem der zur Straße gehenden "Zwerchhäuser", kleine Giebelchen also,
hat der Uhrmacher dieses Ding eingebaut, das Fensterchen ersetzt durch ein Zifferblatt
auf dem sich vergoldete große Zeiger bewegten.
Nun stellte er noch die Genauigkeit und den Glockenschlag ein und
schon war ein Ersatz des halb- und ganzstündlichen Bimm-Bamm's installiert.

Die Bewohner fanden das gut und man ist schließlich von Kindesbeinen an
gewohnt, daß man die Zeit hören konnte.

In Konkordanz dazu hat der gute Mann -mithilfe einiger Spendengelder-
an seinem Haus, über dem Laden ein Glockenspiel angesetzt, das
etwas kleiner als das in Rostock geworden ist.
(Bildersuche: ostsee/rostock fünf-giebel-haus )
Sein Glockenspiel lief jedoch automatisch und wurde synchron zur Uhr des Rathauses geschaltet.
Um 7 Uhr und um 12 Uhr und um 18 Uhr läutete dieses kleine Wunderwerk und zog Touristen magisch an.
Zudem konnte dieses Glockenspiel manuell gespielt werden, wenn eine Touristgruppe sich dafür
interessierte, so ging keiner gefrustet nach Hause,
nur weil eben die automatische Spielzeit noch zu lange hin war.

***

Der Ort lebte auf, er nahm am Landeswettbewerb teil und wurde deshalb gut von allen Bürgern
ausgeschmückt - vor jedem Privathaus hat sich was,
alles war deutlich gepflegter und freundlicher anzusehen,
als zuvor.
Der Ruinenverein ward gegründet, von ehemaligen Kirchenbesuchern, die mithilfe der örtlichen
Bruchstein-Akademie die Wände stabilisierte und einriß, was baufällig war.
So entstand eine offene oder Freilichtbühne für viele Veranstaltungen von div. Vereinen und Gruppen.
Bald kam ein wetterfestes Markisendach dazu, das man heraus kurbeln konnte.
Schausspielgruppen fanden sich ein, der Gesangverein übte hier und gab Darbietungen,
die Schule hat hier ihre Aufführungen gehalten und im Sommer so manchen Elternabend, wenn es
in der Schule zu heiß war.
Sogar der Geschichtsunterricht soll zuweilen hier stattgefunden haben.

Von wegen "Schandfleck"!
Diese Ruine ist ein touristischer Anziehungspunkt geworden.

Nach und nach hat man den unterirdischen Teil der Kirche wieder stabilisiert und zugänglich gemacht.
Dieser diente nun als Getränkekeller und Ausschank bei Feierlichkeiten.
Die heimische Gastronomie hat es gefreut.
Einen Alleinunterhalter mit einer großen Elektronik-Orgel und dicken Verstärkern und Lautsprechern auch!
So bekam das Wort "Kirmes" einen ganz neuen Sinn und Klang.
Aus der Umgebung kamen viele junge Leute, um hier zu tanzen und fröhlich zu sein - jedem Ersten im Monat bis in die Nacht.

***

Wieder vergingen Tage, Wochen und der Kontostand der Beiden wuchs wieder zusehends,
Ines verlockte der Umstand zu einem Stadtbummel, aber ohne fahrbarem Untersatz
was das ein teures Vernügen.
So gingen beide ganz gemütlich wieder einmal auf Wanderschaft,
immer feste die N330 entlang,
mit dem Rucksack und dem Stock und der alten wetterfesten Kleidung und dem kleinen 2 Mann-Zelt,
wie zu alten Zeiten, als sie noch jung und frisch waren.
Das Abenteuer lockte und Zeit hatten sie genug.
Das Etappenziel war Aguiar da Beira, ca 35 Kilometer, aber auf zwei Etappen gemacht.
Als sie das Zeltchen aufstellen wollten, erfledderte es unter den Händen,
so daß sie im Gras schlafen mußten.
So kamen sie in Tagen um den Rabagao - See herum nach Montealegre, einem größeren Städtchen.
Dort und nach den beschwerlichen Märschen beschlossen sie sich nach einem "Flitzer" umzusehen,
der an einer Tankstelle an der R.Avelar stand ein knallroter uralter Fiat 500, ein Exportmodell
mit Chrom-Stoßstangenhörnern und Gepäckträgerchen..
der Preis war recht billig, weil einen solchen Karren niemand mehr haben will - lt. Verkäufer.
Wir wären froh, wenn sie das Ding nehmen würden - der alte Herr, der Inhaber des Autohandels
habe diese fragwürdige Hinterlassenschaft getan und die jungen Inhaber lachten nur über
dieses Autochen.
Es ist kein echter Oldtimer und wird auch nie was wert werden, eine Restauration
lohne sich darum nicht - hier im Schaufenster stehen die heutigen Autos:
Wuchtige Fahrzeuge mit einer Unmenge Elektronik und dieses traurige rote Ding hat nicht mal Gurte oder
ABS und von einer Klimaanlage könne nun mal keine Rede sein, sieht man von der Möglichkeit ab,
daß dieses Mini-Stoff-Dach wie eine Dachluke aufmachen kann.
Wir haben nicht viel Geld, die Rente, sie wissen ja..
Der alte Inhaber lebt nicht mehr, aber warten sie, ich hole die Chefin.
Eine junge flotte Frau kam genervt an, sie war immer sehr beschäftigt und in Eile.
Diese alte Karre wollen sie haben?
Kaum zu glauben - wir hatten schon die Befürchtung, das Ding würde weiter die Kunden vergraulen -
zumal wir diese Marke schon seit Jahren nicht mehr führen!
Mein Schwiegervater hat das Ding dort hin gestellt, einen Monat bevor er starb.
Er wollte nie etwas anderes fahren.
Ich hole mal den Schlüssel, dann können sie eine Probefahrt machen -
Andre! Hole die roten Nummernschilder und den Fahrzeugschein.
Nummer 0 im Angebot.
So kam es, daß die Beiden eine Runde mit dem Oldi drehten, der sofort ansprang-
aber nur, weil Starthilfe gegeben wurde.
Die Fahrt verlief gut, man war zufrieden.
aber ohne feilschen zu wollen.
Ach herrje, in der Liste steht das Fahrzeug -unrestauriert- mit 500 Euro,
weil es aber noch gut ausschaut, sage ich mal 1000 Euro.
Ines darauf: 750 !
Ok, verkauft, den Fahrzeugbrief bekommen sie an der Verkaufstheke,
dort ist auch die Kasse.
Legen sie bitte die Kaufquittung in den Brief, das ist nur ein Privathandel,
kein offizieller Verkauf des Autohauses.
Sie sollten sich neue Reifen besorgen - hier im Ort ist ein Händler, der diese
Größe für KFZ - Anhänger auf Lager hat.
Pedro hat in bar bezahlt und ist mit einer roten Nummer - und dem Versprechen diese
nach der Anmeldung sofort zurück zu schicken, zum Reifenhändler gefahren.
Dieser hat alle 4 Räder und ein Ersatzrad montiert und auch nach dem Öl und nach den Bremsen geschaut.
Die Reifen waren nicht teuer, die Durchsicht auch nicht, denn der Reifenhändler war ein
Autoliebhaber, allerdings von "flotteren Flitzern", als diese jämmerliche kleine rote Asphaltkugel.
Er hob das 500chen an und staunte nicht schlecht - oh Mann, hier ist ja alles fast in Neuzustand,
wo haben sie den Wagen her?
Aha, ich weiß:
Der Alte war ganz verknallt in dieses Ding, das er nur geschont und auf Neuzustand gehalten hat.
Alles dick mit Unterbodenschutz versiegelt, damit man nicht gleich die Wertigkeit erkennt,
deshalb auch die Tarnung des Abarth als Exportmodell, bestimmt sind zwei Hupen eingebaut-
eine für den TÜV und die andere ..
Da haben sie einen guten Fang gemacht -
ich verkaufe ihnen noch eine neue Batterie und zwei neue Keilriemen,
gebe ein paar Ersatzbirnen mit - das lohnt sich allemal für sie.
50 Euro bitte und 250 Euro für die Reifen.
Ohne Rechnung, sonst wird es teurer - wissen sie, es sind nur Restbestände, diese Sachen werden kaum
mehr angeboten, höchstens noch in Jugoslawien.
Sie bedankten sich, zahlten und bewunderten ihren Fang - Weißwandreifen, - wow!
Anschließend sind sie gleich zur Heimfahrt aufgebrochen und am Sandwich-In vorbei gedüst.
Alle kamen und staunten, was für ein seltsames kleines Auto in den Hof gefahren ist.
Am nächsten Tag haben sie bei der Zulassungsstelle in Fornos de Algodres ihre Nummernschilder
und Zulassung erhalten, die roten Nummern im Express-Päckchen zur Werkstatt zurück geschickt.
Nun fuhren sie noch durch die Waschstraße und spendierten dem Miniwagen eine Vollreinigung mit
ordentlich Wachsversiegelung und Innenpflege.
Das hat sich allemal gelohnt, das kleine Fahrzeug sah danach zum Anbeißen aus,
wie Ines sagte.
Es war "ihr" ganz persönlicher Wagen und der Pedro durfte mitfahren,
als Beifahrer und nur in bestimmten Fällen selbst ans Steuer.
Sie war richtig froh und strahlte über alle Backen !
Auf dem Weg nach Vila Chã wollte sie einem Bekannten hupen, als eine kräftige Mehrklang-Fanfare
ertönte, die den Passanten erschreckte.
Mein lieber Schwan, ich dachte da kommt ein schwerer Lastwagen an !
Diese rote Kugel hat wohl noch mehr Überraschungen zu bieten.
In den Papieren stand:
Fiat Abarth 695 ccm , 30 PS !
Deshalb auch der komische Auspuff, so Pedro.
Das Ding war bald wieder flott eingefahren und sauste wie ein geölter Blitz durch die Kurven.

Am nächsten Tag planten sie ihre erste Spritzfahrt.
Sie fuhren die Landstraßen nach Santander, ergötzen sich am Meer,
übernachteten in einem neuen 2 Personen - Zelt
und fuhren nach ein paar Tagen von dort über Bilbao nach Andorra,
ins Kloster Montserrat.
Alles war ein wenig kleiner als in Santiago de Compostella, aber nicht unähnlich in der Wirkung
auf gläubige Pilger.

Die ganze Spanische Küste sind sie abgefahren bis Gibraltar, über Cadiz und Huelva
waren sie auf den Spuren Jacobs bis Coimbra gefolgt, wo sie noch einen Abstecher zum
Atlantik machten - wer weiß, wann und ob wir wieder einmal hier her kommen
und das Tosen des Meeres erleben?

Der lustige Kleinstwagen hat unterwegs überall Bewunderer gefunden und viele Betrachter,
die kaum abzuschütteln waren.

Ein paar Andenken an die Daheimgebliebenen waren freilich unterwegs gekauft worden,
denn die "Pseudoenkelchen" freuen sich doch sicher .. oder?
Klar, welcher Bub würde sich nicht über diese M atchbox-Auto-Sammlung freuen,
die du auf dem Flohmarkt erbeutet hast?

***

Auch die letzte Fahrt dieser Tour lief ohne Probleme, das Motorchen schnurrte -
Ines hat es nie überfordern wollen und ist eher ruhig gefahren, damit es lange halten möge.
Als sie wieder daheim ankamen, drückte sie kräftig auf die Hupe und alle kamen aus dem
Sandwich-In heraus um zu sehen, wer da kommt.
Geschenke wurden verteilt, am Abend und viel zu erzählen gab es auch.
Alle waren froh und die Kinder spielten auf dem Holzfußboden Autobahn..

Es ist ein ganzer Stapel Briefe für euch angekommen - sagte Ana und schwanger
bin ich auch schon wieder !
Das gab ein Hallo und Freudentanz- aber für diesen Tag waren die Alten fertig und
gingen bald zu Bett..

***

The Day after..
Als die Beiden Telefon und Internet abgemeldet hatten, sind viele Karten verschickt worden-
wie damals, als man eine Postkarte an Freunde und Bekannte verschickt hat,
mit einem Telefon abgebildet, unter dem stand:
Wir haben nun ein eigenes Telefon !
Darunter konnte man die Nummer eintragen.
Die heute verschickten Postkarten waren auf der Druckmaschine hergestellt
und hatten folgenden Text:
Wegen Überdruß haben wir Telefon und Internet abgemeldet.
Bitte schreibt uns unter folgender Adresse, um den Kontakt zu halten,
dann folgte die aktuelle Postadresse.



***











"Der Heilige von Santiago de Compostella" 10

Tiago hat geholfen die alten Druckmaschine und Setzkästen etc. zu verkaufen -
mit Hilfe einer Versteigerungsplattform.
Dieses Ding hat noch fast so viel eingebracht, wie das kleine rote Auto gekostet hat,
freut sich Ines über alle Maßen.

Das wurde gefeiert, mit einer guten Sangria, von unterwegs mitgebracht..
Bald kam ein Transporter, der diese ersteigerten Dinge mittels zweier kräftiger Burschen
schulterte und mit nach Spanien nahm.
Nun war auch wieder Platz in der Remise, Platz für ein neues Hobby!
Pedro besann sich auf ein uraltes Ding, auf selbstgemachten Wein.
Hier vertiefte er sich in die Materie und hatte auch einen guten Ansprechpartner
in dem alten Schuster gefunden, der dieses Steckenpferd schon seit Jahrzehnten betrieb.
Ein Mann, so Ines, muß immer etwas zu tun haben, sonst läuft er mir ständig um die Beine
und steht überall im Weg.

Siedendheiß fiel denen am Abend der Stapel Briefe ein, als gerade das Licht ausgemacht werden sollte.
Ines holte den Stapel und las im Bett laut vor, während Pedro ab und an bereits die Augen zu fielen:

Die Telefongesellschaft zahlt einen Monatsbeitrag zurück und wirbt für ihr neues Angebot mit noch mehr Power,
die Stromgesellschaft hat die Preise erhöht, die Gemeinde auch, die Rente ist leicht gestiegen,
die KFZ Steuer und die Versicherung ist abgebucht - Mann ging das fix!
Was ist das denn?
Ein Brief aus Madrid, wohl per Hand geschrieben und auf Spanisch.
Das kann nur ein ehemaliger Kollege sein, so Pedro.
Und so war es auch.
Ein Kollege aus dem Priesterseminar in Santiago del Estero ist dort hin versetzt worden
und bittet uns, ihn für ein paar Tage aufzunehmen.
Alles weitere dann vor Ort, wenn es ihnen genehm ist !

Gleich am nächsten Morgen hat Pedro vom Sandwich-In aus dort in Spanien angerufen und
die Einladung bestätigt.

***

Der seltsame Besucher.
Der Priester kam mit einer dicken schwarzen Limousine zum Hinterhaus gefahren,
ließ den Fahrer darin sitzen und eilte zum Landhaus.
Pedro und er begrüßten einander herzlich und erzählten sich auf der Terrasse in leisem Ton das Neueste.
Sie sind, wenn ich das mal so sagen darf, in einer langen Reihe von Priestern
-egal ob ausgeschieden oder nicht-
seit Jacobus dem Älteren in einer Reihe Priester,
die ihrer jüngeren Fortsetzung in Jacob und Jules steht, der direkte Nachfolger,
welchem ich hier sozusagen den Nachwuchs präsentieren soll:
Adrian, der gleich zu uns stoßen wird.
Das nächste Auto kam auf den Hof gefahren und ein junger Priester stieg aus
und ging auf das kleine Landhaus zu.
Seien sie willkommen, Adrian, so Pedro - ich bin schon in der Firmung.
Pedro fragte den Spanier: "Was ist mit dieser langen Reihe an Priestern so besonders?"
Nun, hob jener flüstern an, diese speziell ausgesuchten Kollegen haben immer schon
die Revolution des oder durch den Antichristen als vatikanische Feuerwehr löschen müssen,
so wie sie das in Santiago del Estero getan haben!
Ich kann leider nicht bleiben und muß zum nächsten Termin eilen,
der einfache Priesterstand ist nur Tarnung,- bleib gesund und behab dich wohl,
laudate Jesum Christum - in Aethernum, Amen!
Er eilte zum Fahrer der bereits mit Sandwiches und Kaffee beschäftigt war
und nahm ebenfalls das Gleiche an der Theke ab, dann fuhren beide geschwind davon.

Der junge Priester aber blieb und meinte:
Sie sollen mir sagen, was sie damals ganz genau taten, um diesen Aufruhr
und sodomischen Zustände zu beenden, die dort in Estero waren!
Wer hat sie zu mir geschickt, der Bischof?
Nein, der Befehl kommt von viel weiter oben, - aus Rom.
Ich soll ihr Nachfolger werden, so sagte man mir, sie seien bereits
in fortgerücktem Alter und da ist es besser, zeitig für Kontinuität zu sorgen..
übrigens sind in dieser Feuerwehr-Reihe schon öfter ausgetretene Priester gewesen!
Im Radio kam gerade der Schlager "Zu Fuß und ohne Geld, Dominique..", der Pedro stutzen ließ.

Die Wege des Herrn sind unergründlich!
Ines richtete das Gästezimmer her und die beiden Männer unterhielten sich bis
tief in die Nacht, es wurden Wein und Schnittchen gereicht.

Der junge Priester schlief bis zum Mittagessen, das draußen auf der Terrasse genommen wurde;
Pedro hat den Grill angeheizt und bot Geflügelstücke auf, Ines kam mit einer Schüssel
leckerem Tomatensalat - frisch aus dem Garten, mit Zwiebeln, Essig und Honig angemacht.
Frisch gebackenes Weißbrot vom Sandwich-In gab es als Beilage.
"Ich weiß nicht einmal, warum ich so extrem tief und fest geschlafen habe"
Das kommt von der frischen Luft auf dem Land - und ein wenig auch vom selbstgemachten Rotwein,
lachte Ines und das steckte die beiden Männer an.
Der junge Priester meinte: In Rom ist man der Meinung, daß der "Don Pedro"
die beste Schule für mich sei und so hat man mir empfohlen, mich hier genau informieren zu lassen.
Wie "Don Pedro", was soll das denn schon wieder sein?!
Adrian aber sprach ohne Zögern weiter-
Ob ihnen das recht ist oder nicht, hat man in Rom nicht hören wollen!
Das kenne ich - setzen wir uns, es liegt noch viel Arbeit an und so holte
er ein Exemplar der Tagebücher seiner beiden Vorgänger aus Estero aus dem Regal.

Im Ort habe ich nach dem Weg gefragt und der erste Passant wußte mich genau an diese Stelle zu lotsen,
Sie scheinen recht bekannt zu sein im weiten Umkreis, denn schon in der Stadt zuvor ging es ähnlich zu.
Ach was, ich bin eben nur älter, das wird es sein!
Ines kam mit kühlen Getränken, allerdings mit alkoholfreien, um das Studium nicht zu stören
und verschwand diese Tage in die Gartenanlage - hier ist immer genug zu tun.

Nach fast einer Woche hatten sie das Buch durch und gingen zu Pedros Tagebuch über,
was fast noch einmal so lange dauerte.
Der junge Priester erweckte in Ines wohl eine Art Mutterinstinkt und so ging
es diesem Gast nicht schlecht, der inzwischen den Hund kraulte und ruhiger wurde.
Zum Abschied gab Pedro dem Nachfolger noch einen guten Tipp:
Arbeiten sie viel und hart auf händische Art, wie man heute sagt.
Gehen sie raus an die frische Luft, damit sich ihre Hautfarbe denen der einfachen Leute
annähert, dazu gehören harte Arbeiterhände, damit man ihnen leichter Glauben schenkt!
Lassen sie sich nicht von Blasen an den Händen abschrecken, alles dauert seine Zeit und
Rom wurde schließlich auch nicht an einem Tag erbaut!

Er nahm den jungen Priester mit dessen Auto in eine der anderen Gemeinden,
stellte ihn vor und bat den anderen Priester die Orgel spielen zu dürfen.
Der Bitte wurde gerne nachgegeben: Selbstverständlich Don .. äh Pedro.
Pedro spielt auf dieser Orgel eine Sammlung unterschiedlichster Lieder an,
die durch alle Genres führten.
Das beeindruckte die beiden Kollegen tief, denn bald war die Kirche voll,
weil sie vergaßen die Pforte zu schließen und die Tonfülle nach draußen drang, wie ein bunter Teppich.
Anschließend klatschten die Zuhörer Beifall und bekamen ein Lied als Zugabe:
"Zu Fuß und ohne Geld, Dominique.." !

Pedro war klar, daß dieses Lied auch in seinem Nachfolger seine Spur hinterlassen wird.
Sozusagen als dauernde Mahnung, auf dem richtigen Pfad zu bleiben und wenn dieser zuweilen
noch so schmal ist..

***

Nachdem der "Kurgast" - wie Ines scherzhaft meinte - abgerückt war,
gingen die Uhren wieder wie immer und die Ruhe kehrte zurück.
Die Kirche ist schon ein seltsamer Verein und deren Wege sind mindestens so
unergründlich wie die unseres Gottes, so Pedro zur Ines.
Ich glaube, wir "müssen" unbedingt in die Stadt fahren und im Cafe
ein wenig ausruhen, anschließend in die Boutique gehen, damit du deine
Wiedergutmachung für die 14 Tage zusätzliche Arbeit durch diesen unerwarteten Gast bekommst..
..ihre Ablehnung war nur halbherzig - jede Frau freut sich auf solches,
wie der Hund auf das Gassi-Gehen.

Der Tag in der Stadt war sehr angenehm, das Glockenspiel hat beide sehr beeindruckt
und berührt, weil es in heimeliger Weise die Verbindung von Land und Glauben zeigt.
Hier war man Zuhause und das fühlten auch die Gäste des Ortes, den sie wegen
seinen rührigen Bewohnern und der schönen Landschaft schätzten und immer wieder kamen.

Pedro hat auch schon mal einen "säkularisierten Gottesdienst" mit Predigt und Gesang in der entwidmeten Kirchenruine gehalten- die Beteiligung war überwältigend!

***

So hörten die Beiden sich die neuesten Gerüchte bei ihren Freunden im Ort an,
lachten über dies und das, erzählten von ihrer Abstinenz von Telefon und Internet,
und daß sie wohl auch das Radio und den Fernseher vor die Tür setzen und diese Dinge
eben kündigen wollen - ein Smartphone hatten sie auch nicht haben wollen - der inneren Ruhe und Ausgeglichenheit geschuldet, wie sie sagten.
Die Freunde lachten und empfahlen den Gang zur Städischen Bücherei, ein guter Tipp!
Dort waren so viele seltene Bücher zu finden, die schon lange nicht mehr verkauft werden,
feine alte Romane bis zu historischen Begebenheiten, alte Ortschroniken und
humorige oder wissenschaftliche Werke, Belletristik und Krimis, Reisebeschreibungen und Lyrik- eine echte Quelle,
die fast unerschöpflich vor ihnen und zur Verfügung lag.
Sie nahmen jeweils die Mitgliedskarte und zahlten den kleinen Obolus gerne.

Die Kinder des Vorderhauses bekamen den Fernseher und das Radio,
so waren die Kinder froh und im Hinterhaus war Ruhe.
Tiago und Ana lachten und meinten, daß man im Hinterhaus wie auf dem Mond leben würde..
..aber mit einer himmlichen Ruhe und Gelassenheit, auch ohne Kirchenmitglied zu sein,
kam zur Antwort.

Briefe kamen aber dennoch an - und das nicht zu knapp - aber Briefe zu lesen war auch
eine Art Lektüre und somit recht gerne gesehen, solange diese keine Rechnungen waren.

Diese Post kam aus vielen Ländern, weil diese bestimmten Bücher inzwischen auch übersetzt worden sind.
Das Interesse an den Schicksalen, die in den beiden Werken erzählt worden waren,
war sehr viel mehr, als die Beiden dachten.
Die Auflagenhöhe wuchs beharrlich, obwohl die Thematik eigentlich recht speziell sein dürfte.
Zuweilen waren mehr Verfehlungen der Institution Kirche zwischen den Zeilen,
als das Lob auf den Glauben, das meinte zumindest Ines.

***

Der Wolkenbruch.
Der Tag fing gut an, die Vögel sangen, die Sonne lachte vom Himmel, an dem sich nur
wenige, aber doch dunkle Quellwolken zeigten - Ines machte ihre Gartenarbeit,
erntete ein paar Möhren und weiße Rübchen, die zusammen mit Kartoffeln
und etwas Räucherwursteinlage einen deftigen Eintopf ergeben sollten.
Die Sonne verdunkelte sich, Wind kam auf und über dem Wäldchen, stoben die Blätter
in die Höhe zu einem kleinen Sturm-Wirbel.
Bald schüttete es wie aus Kübeln und man konnte das Vorderhaus nicht mehr sehen.
Schnell noch alle Fenster und Türen schließen und fertig.
Der Hund lag längst unter dem Tisch und schlief.
Pedro war zu Fuß unterwegs um etwas Holunder - Brennholz für den Grill zu sammeln,
und Ines machte sich Sorgen.
Die Hauptfront zog Richtung Stadt und hat dort viele Rinnsale zu reißenden Bächen
werden lassen, die alle möglichen Dinge mit sich rissen:
Schubkarren, Gartenhütten, Bohnenstangen, Kinderfahrzeuge und Regentonnen -
was gerade im Weg stand und wer einen Zaun hatte, dem hing der ganze Unrat darin
und verbog den selben mitsamt den Pfählen.
Einige Leute hatten Wasser im Keller, welches die Feuerwehr auspumpen mußte.
Alles, was in den abgesoffenen Kellern war, konnte getrost auf den Müll.
In brauner, stinkender Brühe gebadet, gingen Schränke und Regale schnell kaputt.
(Die Kanalisation kam aus allen Gullideckeln geflossen, weil die Anlagen
diese enormen Wassermengen nicht fassen konnten)
Vorder- und Hinterhaus standen auf recht felsigem Grund, deshalb war kein Keller
unter den Gebäuden - in diesem Fall ein echtes Glück !
Bald war der Spuk vorbei und im Vorderhaus wurde geputzt was das Zeug hielt -
es ist doch einiges an Wasser eingedrungen und so schwammen die Eimer und Töpfe in den Fluten,
weil die Hintertür offen war - damit die Backdünste abziehen konnten.
Ana kümmerte sich gerade um die Kleinen im ersten Stock, als es los ging
und Tiago ist ausgerechnet vor dem Unwetter in die Stadt gefahren um Mehl zu kaufen.
Auf dem Rückweg hat er den total pitschnassen Pedro eingeladen,
der sein Holz lieber am Waldrand deponierte, als nach Hause zu schleppen.
Daheim wurden Beide erst einmal von ihren Frauen "trockengelegt" und bekamen einen heißen Tee, eine große Kanne voll.

Wir hatten hier oben großes Glück, denn unten in der Stadt ist der Teufel los,
so erzählt Tiago - einige Schulkameraden waren bei der Feuerwehr und haben geschuftet wie die Kesselflicker.
Ich bin deshalb so spät, weil ich gerade das Mehl ins trockene Auto bekam und
anschließend mitgeholfen habe, die Straße frei zu schaufeln, alles voller Lehm und Schlamm.
Totmüde sank er zu Bett.
Da ging wieder die Sirene.
Tags darauf erfuhr Ana im Kindergarten, daß eines der Kinder vermißt wurde -
man fürchtet, daß es in den Fluten ertrunken sein könnte.
Am Nachmittag hat man das Kind gefunden, es schlief in der alten Kirche auf der Bühne
und hatte zuvor mit Steinchen versucht diese Ruine nachzubauen und darüber die Zeit vergessen.
Es wurde deshalb ein Fest gehalten und alle waren eingeladen.

***

Ein Hubschraubergeräusch näherte sich und Ines dachte:
Entweder ist das ein Militärhubschrauber oder ein eiliger Transport ins Krankenhaus,
als das Geräusch näher kam und auf einer freien Stelle der hinteren Wiese ein
privater Hubschrauber landete.
Auf den Türen war das Zeichen des Vaticans und zwei Priester stiegen aus,
und gingen zum kleinen Landhaus von Pedro und Ines.
Die Maschine wurde abgestellt und röhrte langsam aus, der Luftdruck
der kräftigen Maschinen ließ nach.
Die beiden Männer sprachen mit Pedro, der dann eilig seine Sachen packte und
sich von Ines verabschiedete - ich muß fur ein paar Tage nach Südafrika,
in den Homelands ist buchstäblich der Teufel los.
Der eine Priester war jene junge Gast von vor ein paar Wochen,
den anderen kannte keiner.
Der Unbekannte sagte:
Ich bin sozusagen der Feuerwehr-Chef des Vaticans und
zuständig, wenn der Glaube in einer Region in Gefahr ist
durch Unruhen und Aufstände.
Don Pedro wird wohlbehalten wieder nach Hause kommen, wenn er seinen Nachrücker -
aus der Reihe Jacobs des Älteren gewissermaßen angelernt und eingewiesen hat.
Wir werden Pedro danach nicht mehr belästigen.

Die drei Männer gingen zum Hubschrauber, wo die Turbine langsam anlief.
Als der Rotor den richtigen Schwung hatte, entfernte sich die Maschine
unter heftigem Wind und Getöse, wie ein Kerubim geg'n Himmel..

***

Madrid war schnell erreicht und am Flughafen wurde gleich in ein großes
Verkehrsflugzeug umgestiegen - eine halbe Stunde später hoben sie ab.
(Alle Formalitäten hat der Bischofssitz längst erledigt.)
Passkontrollen hat man in diesen Kreisen wohl nicht nötig, meinte Pedro.
Antwort gab der junge Priester nicht, welcher sein Nachrücker sein wird.
Adrian, so sagen sie doch was, meinte Pedro verstört -
der junge Mann hatte klar und deutlich Angst vor seiner eigenen Courage.
Der Flug vrlief turbolent, ein holpriger Flug über Afrika hinweg,
wo man die Wüste und den Kilimanscharo gut erkennen konnte,
als die Sandstürme hinter ihnen lagen.
Der Victoriasee strahlte in der Sonne und dichter Urwald, wohin man sah.
Bald war die markante Landschaft Capetowns in Sicht und
der Flieger begann mit der Landeprozedur.
Auf dem Flughafen haben die Drei noch eine Kleinigkeit gegessen
und die Wartezeit mit einem Ladenbummel verknüpft.

Der weiße Wagen der Kirche war diesmal kein repräsentatives Fahrzeug, sondern
von der UN, - alles wurde eingeladen und in einem kleinen Hotel am Rande der Homelands
abgesetzt.
Einen Portier gab es nicht, der schwarze Inhaber lud persönlich das Gepäck aus und
stellte dieses in die Eingangshalle.
Willkommen ihr Herren der Kirche, willkommen, so rief die Inhaberin spontan aus.
Sie sind doch sicher gekommen, um dem Pfarrer vor Ort zu helfen -oder?
Wissen sie, hier sind schlimme Unruhen, die Kirche ist zerstört worden, einige
Gebäude brennen und viele arbeitslose junge Männer wollen eine Revolution.
Sie riefen schon "Allah hu akbar", weil sich bestimmte Elemente in diesen
wütenden Wogen sonnen um aufzumischen.

An der Theke saß der Pfarrer, betrunken - was für einen Abstinenzler seltsam
sein mag - aber der Mann war einfach fertig.
Gemeinsam haben sie ihn auf ein Zimmer gebracht, um gleich am nächsten Morgen
eine kleine Lagebesprechung in der Hotellobby zu halten.
Der Pfarrer, der junge Retter und sein Vorgesetzter, Pedro und die Hotelinhaber.

Im Radio kam gerade der Schlager "Zu Fuß und ohne Geld, Dominique..", der Pedro stutzen ließ.

Alle starrten wie gebannt auf das Radiogerät, als die Eignerin meinte:
"Wenn das kein Zeichen ist, dann weiß ich aber auch nicht mehr.."
Gemeinsam haben sie ein reichhaltiges Frühstück zu sich genommen -
mit viel Wasser für den angeschlagenen Pfarrer.
Die Strategie wurde besprochen, die der Pedro schon vor langer Zeit erfolgreich in Estero
angewandt hatte.
Mithilfe einiger Laienhelfer hat man einen Gospelchor dazu gebracht,
sich an der Sache zu beteiligen.
Bald kam der UN Wagen und brachte die Kirchenmänner in ihrem Habit an den Ort
des Geschehens.

Die Homeland-Bewohner haben sich in größeren Mengen versammelt, als man zuvor dachte -
ein Pult und Verstärkeranlage wurde aufgebaut und Pedro sprach:
Rom ist auf euch aufmerksam geworden, euch, die ihr so viel Unrecht in euerem eigenen Stammland
habt erleiden müssen und ihr, die ihr fürchtet,
daß es ewig so bleiben wird und die Weißen euch nur ausnützen wollen.
Gott sieht euch wohl und gedenkt euer, aber es ist der Welt, die irdischen Geschicke zu lenken
und die Kirche ist nur der Vertreter Gottes auf Erden.
Hört nicht auf die Verführer, die schnelle Gerechtigkeit versprechen, schaut euch lieber an,
woher dieser Aufruhr kommt:
Aus Persien, wo heute der Iran den islamischen Glauben zur Festigung
seiner Macht instrumentalisiert und zur Bedrohung für die Welt gemacht hat, diese Revolution war
nicht gut für dieses Land und sie wird nicht gut für den islamischen Glauben sein,
der eigentlich mit Politik nichts im Sinn hat und nur mißbraucht worden ist.
Diejenigen, die heute im Namen Allahs morden, haben ein verschobenes Weltbild und führen
religiöse Absichten nur als Schild vor ihren Bomben herum.
In Wirklichkeit steckt eine bösartige Revolution oder Destruktivismus dahinter,
eine Neidkultur, die sich an anderen Völkern bereichern und Fläche machen will und Hass auf gleichberechtigte Frauen.

Tausend Jahre waren die Mohammedaner eine friedliche Religion, bis sich die Verführer dahinter
versteckt haben, gewalttätige und intolerante Despoten, die Blut an ihren Händen haben.
Religion aber, welche dieser drei mosaischen Religionen auch immer,
ob Christen, Juden oder Muslime
sollten nach deren Gesetzen friedlich sein.
Gott wird richten über diese und jene und wehe, ihr besteht diese Prüfung nicht !
Pedro gab ein Zeichen an den Chor, der dann anhob zu singen:
"Zu Fuß und ohne Geld, Dominique.."

Wer die afrikanische Mentalität kennt, weiß nun schon, daß alle mitsangen und fröhlich tanzten.
Der "Haupt-Feuerwehrmann" aus Rom hat einen Imbisswagen auffahren lassen,
es wurde gut eingeschenkt und das Brot des Herrn auf eine ziemlich andere Weise gebrochen.
Ein Abendmahl am Vormittag und dann noch in dieser Art?
Adrian war geschockt, aber erleichtert, daß die Menge auf der Seite der Kirche schien
und die Aufrührer in den Hintergrund abdrängten.
Die Hoteleigner haben den Bürgermeister und Magistrat geholt und sprechen lassen.
Die Wogen wurden geglättet, Don Pedro hat Adrian auf einfache Weise den Weg gezeigt
und dabei nur leise zu ihm gesagt:
Das ist nicht mein Verdienst, ich bin nur das Sprachrohr gewesen.
Eine Ersatzkirche unter freiem Himmel, aus Zeltplanen und einfachen Partybänken
wurde aufgebaut, die gerettete Basalt Altarplatte auf Holz-Böcke gelegt und
das einfache, vergoldete Holzkreuz darauf gestellt.
Man hielt eine afrikanische Andacht mit viel Gesang, wo sich der Chor nicht lumpen ließ
um die fehlende Orgel vergessen zu machen.
Das gelang auch prima und bald hat der Pfarrer des Homelandes wieder festen Boden unter
seinen Füßen verspürt.
Die Leute kamen reihenweise und empfingen das heilige Sakrament.

Die Helfer sind still abgezogen und haben sich noch etwas in der Stadt umgesehen,
denn am nächsten Morgen ging der Flieger schon wieder zurück - nach Rom.

***

Rom ist zwar klimatisch heiß, aber menschlich eher unterkühlt, zumindest in Kirchenkreisen
und so war auch der Empfang in einem der Hintergebäude, kalter Marmor.
Kaltes Ambiente, kühle Begrüßung.
Ein Nuntius sowieso ließ bitten und so gingen die Vier in dieses Büro,
das innen nochmal kälter wirkte als die Wartebank davor.
Ich übergebe ihnen die gefragten Kollegen und gehe in mein Büro -
so der "Feuerwehrmann", der andere schwarz Gekleidete hinter dem Schreibtisch nickte nur stumm.
Sie sind also Adrian, der diesen seltsamen "Don" Pedro ersetzen soll?
Bilden sie sich nur keine Sachen ein, sie sind hier nur das ausführende Instrument, mehr nicht.
Der junge Priester Adrian wurde rot und wußte nicht wohin mit den Händen, als "Don Pedro"
schallend lachte, so laut, daß man seine Stimme noch mehrere Büro's weiter hören konnte.
Wozu wollen sie mich sprechen, meinte Pedro danach ganz ruhig.
Sie haben hier ein paar Dokumente zu unterschreiben, mehr will ich nicht von ihnen!
Er legte wichtig ausschauende Blätter auf den Tisch und klatschte lieblos, fast provokant
einen Kugelschreiber darauf - der Kugelschreiber bleibt aber hier!
Pedro wollte schon sagen "was soll ich mit diesem abgelutschten Ding?", er
verkniff sich diese Bemerkung jedoch, weil ihn Adrian unter dem Tisch anstieß.

Hier wo das x ist und dort auch und hier nochmal - unterschreiben, wenn sie das durchgelesen haben.
Das war ja ein Ton, du meine Güte - aber erst mal sehen, was da steht, dachte Pedro,
als ihm dieser glitschige Kugelschreiber fast aus der Hand fiel.
I gitt, das ist ja wiederlich - dieser Seifenonkel badet wohl in parfümierter Körperlotion?
Pedro nestelte ein Erfrischungstuch aus der Verpackung, die er aus der Hemdtasche zog, wischte sich die Hände und dann noch den Kugelschreiber blank..
Der schwarze Vogel schaute mehr als irritiert und ärgerte sich.
Es stand geschrieben, daß Pedro gedankt wird,
daß er seine Missionen zur Zufriedenheit der Kirche ausgeführt hat.
Die Pension entspricht die eines einfachen Pfarrers im Anerkennungsjahr.
Wir bedauern ihr Ausscheiden und wünschen ihnen für die Zukunft alles Gute.
Pedro unterschrieb und wurde nach draußen auf die Wartebank komplimentiert, der Adrian
mußte noch ein wenig bleiben um instruiert zu werden.
Bald kam der junge Priester zu Pedro und erzählte
von seiner offiziellen Einsetzung in dieses inoffizielle Amt,
in welches man den Pedro niemals offiziell ernannt hat.
Er müsse nun in ein Seminar für 14 Tage und erst dann wäre er als Pfarrer in Spanien tätig,
ganz unauffällig und harmlos, wie er sich ausdrückte.
Ich darf sie doch ab und an mal um Rat fragen, Don Pedro?
Das "Don" lassen wir lieber mal weg, ich bin alles andere als ein Heiliger und
auch kein Priester mehr - wohl aber wieder Kirchenmitglied, was ich unterschreiben mußte,
um die Pension zu erhalten - und die kann ich wahrlich brauchen.
Ich weiß, sagte Adrian - ich melde mich, sowie meine Pfarrei oder Einsatzort bekannt ist.
Herzlich gerne, Ines freut sich immer, wenn sie einen verhungerten jungen Mann bemuttern kann.

Die Beiden verabschiedeten sich freundschaftlich und bald schon sollte der Anschlußflug nach
Madrid abheben - noch schnell eine goldene Halskette mit Anhänger als Mitbringsel kaufen -
ihr Lieblingsparfum und noch ein wenig Konfekt..
und schon war der Check-In an der Reihe.

Am Flughafen Madrid war diesmal kein Hubschrauber, sondern nur eine Schalterdame,
die ihm ein Zugticket 2. Klasse nach Hause in die Hand drückte.

In Fornos de Algodres wartete er auf das Taxi, das ihn nach Hause brachte -
selbstverständlich auf eigene Kosten.

***

Na, wie war es denn?
Na ja, Ines, es war wieder einmal mehr Glaubensarbeit, nur eben in größerem Rahmen.
Nun brauche ich erst einmal eine Dose Ravioli und eine Flasche derbes Bier -
er öffnete diese Büchse mit dem handbetriebenen Zangen-Dosenöffner,
hebelte den Kronkorken der Bierflasche "Maurertod" ab und
erzählte ihr gerne, was in diesem Homeland alles geschah.
Sie hörte gebannt zu und wunderte sich schon nicht mehr,
wenn es um die "heilige" Kirche ging.
Wo sind denn die Papiere, zeig' doch mal !
Warte doch einfach mal ab, ich habe hier noch etwas,
das ist mir unterwegs ins Auge gekommen..
..log er, denn diese Mitbringsel waren sehr wohl genau ausgesucht.
Umständlich kramte Pedro eine Schatulle aus der Jackentasche hervor und gab sie ihr.

Sie nahm dieses samtbezogene Ding an sich und öffnete es ganz vorsichtig mit dem
Druckknopf an der Seite.
Ein golden blitzendes Collier lag auf dunkelblauem Samt..
dabei ein ebensolcher Anhänger mit .. seinem Bild darin.
Wah !
Wie toll ist das denn?
Habe ich Geburtstag?
Sie bekam sich kaum mehr ein, wie man heute so salopp zu sagen pflegt.
Die Kette mit dem Anhänger hat sie freilich gleich angezogen, wie Frauen eben so sind
und sie hat sich ausgiebig vor dem Spiegel gedreht und sich selbst bewundert.
Die war doch viel zu teuer, hast du im Lotto gewonnen oder gar... ?
Nein, bewahre - nur weil ich einmal die Spendierhosen an habe?!
Das ganze Unternehmen war -gegen dich- einfach rücksichtslos, so wie das ablief.
Keiner hat dich um deine Meinung gefragt,
ich konnte mich nicht einmal richtig verabschieden von dir.
Sie war besänftigt, das kann man sich denken - aber was ist mit diesen ominösen Papieren,
die du unterschreiben mußtest?
Nun kommen erst einmal die anderen Mitbringsel an die Reihe..
Sie hatte richtig Spaß und begann ein wenig zu glühen.
Ich oder besser wir - bekommen nun eine richtige Pension,
eine kleine zwar aber eine dauerhafte -
wer hätte das jemals für möglich gehalten?
Zwar ist das nur die allereinfachste Pension des niedrigsten Dienstgrades-
aber besser ein Spatz in der Hand,
als eine Taube auf dem Dach !

Von nun an wurde nicht mehr geknausert in dem kleinen Landhaus.

Von der Kirche haben sie im Hinterhaus nichts mehr vernommen,
die Pension kam auf das gemeinsame Konto,
treu und brav, jeden Monat.

Im Vorderhaus war man mehr als überrascht, als die Beiden von ihrem Glück und Pedro
von seiner Pension berichtete - von nun an, so haben wir uns beraten - braucht ihr
keine Pacht mehr bezahlen.
Wir überschreiben euch das Sandwich-In und euer Einkommen und Auskommen ist gesichert.
Die einzige Bedingung ist, daß wir so zueinander bleiben wie bisher.

Die Ana und der Tiago waren bleich und fassungslos,
sie wußten nichts mehr zu sagen als - Danke.
In der Woche darauf hat der Notar alles geschrieben und die Urkunde ausgehändigt.
Das Finanzamt hat noch etwas abkassiert und das war es dann auch schon.

***

Das Sandwich-In war nun in den Händen der Jungen und lief prächtig.
Jetzt war das Einkommen schon deutlich besser und ließ die Beiden die Zukunft noch rosiger sehen,
zumal Ana wieder kurz vor der Niederkunft stand und die Aushilfsfrau bereits bestellt war.

Bald kam ein Sportwagen angefahren, fuhr am In vorbei und bremste erst neben dem 500er Fiat.
Der Fahrer im Priestergewand ging zur Veranda und setzte sich einfach in die Schaukel.
Als Pedro und Ines mit der Gartenarbeit fertig waren, fanden sie den jungen Adrian schlafend
auf dieser Hängebank auf der Veranda -
der Hund lag unten drunter und gab ähnliche Geräusche von sich.

Schau dir doch mal dieses Bild an - unfaßbar !
Pedro machte den Grill startklar, Ines sorgte für einen Kartoffelsalat und stellte den Wein kalt.
Der Duft zog um das kleine Landhaus und erreichte unsere beiden Schläfer gerade noch zeitig -
die Steaks waren schon fertig, die Beilagen standen auf dem eingedeckten Tisch.
Das gab ein herzliches Wiedersehen und ein angenehmes Schmaußen auf der Terrasse,
es war noch recht warm und die Mücken kamen zum Abendessen..
- die Fliegenpatschen waren voll im Einsatz!

***

Am anderen Morgen schlief Adrian bis fast zur Mittagsstunde.
Die Beiden schauten sich an und meinten zueinander:
Den hat man aber ganz schön geschafft!

Die Hinterhäusler waren schon an der Suppe, als Adrian verschlafen dazu kam -
hier riecht es aber gut, was man von mir nicht sagen kann..
Er fing an aufzutauen und schimpfte auf die Kirche, die ihn so sehr verladen habe,
wie er sagte:
Ich bin denen nur ein Fußabtreter, mehr nicht !
Na und, murmelte Pedro zwischen den Löffeln seiner Suppe - wieso wundert mich das nicht?
Sie lachten das erste Mal an diesem Tag, so daß fast die Suppe vom Löffel flog.
Diese Schulung, hob er an, ist doch etwas für die Füße gewesen, man hat mir
quasi das Einmaleins beibringen wollen und das stundenlang.
Anschließend wurde herum kommandiert und in der Freizeit gezickt und gemobbt -
je nach dem oder je nach Teilnehmer oder je nach Leiter.
Rom ist -pardon- schweineteuer und viel zu laut.

Ja ja, wer die Stadt nicht gewohnt ist, der geht darin zugrunde,
meint Ines zu diesem Thema.
Als sie bei den Fischstäbchen ankamen, war Adrian schon entspannter
und lehnte sich zurück und sann darüber nach, ob er nicht besser den ganzen Kram hinwerfen sollte.
Nein, das wirst du nicht, meinte Ines, das wird durchgezogen - denke doch mal an die Pension und
was hast du schon groß gelernt?!
Ja Mama!
Und alle lachten herzhaft.
Der Hund hob müde den Kopf und sah sich fragend um.
Es geht auch ein wenig darum im Leben, daß man irgendwie über die Runden kommt
und wenn nur diejenigen, die sich in ihrem Job wohl fühlen - am Werke wären,
hätten wir nicht mehr viel zu kauen !
Das stimmte wohl und hat auch bald überzeugt, Adrian wurde schon deutlich ruhiger.
Sein Puls war nicht mehr so am flattern, wie man das vom "Burnout-Syndrom" kennt.

"Bub, mußt immer denken, es ist nicht deine Kirche, es ist der Kirche ihre Kirche"

Er erzählte davon, daß man von seiner eigentlichen Prüfung als Pastor sprach, die noch bevor stehen würde,
was jeder Geistliche im Laufe seines Lebens immer wieder erfahren muß.
An diesem Tag rackerte er eine Weile im Garten, er stach Unkraut aus und mußte zwischendrin immer
wieder Ines fragen:
Ist das Unkraut oder kann das weg?
Sie lachte und meint- wenn das der Herrgott ebenso macht, dann wundert mich nichts mehr:
Schlechte Leute werden uralt, gute Leute sterben manchmal recht früh oder durch tragische Unglücke.
Man kann nicht alles damit erklären,
daß die Wege des Herrn unergründlich sind, das halte ich für Blödsinn.
So verging der Mittag und Adrian zog sich nach der gründlichen Toilette in sein Gästezimmer zurück
und schlief bis zum anderen Morgen wie ein Murmeltier.











"Der Heilige von Santiago de Compostella" 11



Morgens gab es frische selbstgebackene Brötchen, die Pedro gebacken hat -
beim Auftauchen Adrians sagte er:
Ja, die Landluft macht gesund und man schläft wie ein Toter.
Guten Morgen !
Meine Prüfung ist wohl hier bei euch, so Adrian, mir kommt es vor,
als wäre hier mein ganz persönlicher Prüfungsraum.
Was will ich im Leben?
Bin ich überhaupt ein richtiger Priester?
Warum habe ich keine Frau?
Warum seid ihr so viel glücklicher als ich?
Weil man alleine nicht glücklich wird, so Ines,
warum hat der Herr sonst Paare angedacht, sogar im Tierreich?
Ja, das stimmt wohl und mir ist das auch verständlich, der Kirche wohl eher nicht.
Deshalb ziehe ich heute los und rede mit einem evangelischen oder protestantischen Pfarrer,
wen immer ich erwische, vielleicht komme ich zu einem schlüssigen Ergebnis
oder zumindest ein Stückchen weiter in meinen Betrachtungen.
Das Zöllibat kommt mir auf jeden Fall wenig stimmig vor, weil man den "Schäfchen" so fern bleibt.
Und überhaupt, fuhr er fort -
wie sollen sich mündige Bürger als Schafe tituliert - verstanden fühlen?
Ich komme wieder, wenn ich darf..
Klar, das ist doch selbstverständlich, so Pedro - fahre nur und spreche mit den Leuten,
nicht nur mit den Pfarrern, denn auch die Evangelischen sind seltsame Leute
nicht weniger fromm als die unsrigen und leiden genau so unter der Kirchenverwaltung wie wir.
Das Auto fuhr vom Hof und die Beiden waren wieder allein - und sinnierten noch eine ganze Zeit
über diesen Fall, wie sich dazu fanden.
Er wird zum gleichen Ergebnis wie ich kommen und mit dem Kram brechen - du wirst sehen!
Das ist durchaus möglich, meinte Ines, vielleicht sollte Adrian besser Religionslehrer werden.

Es vergingen Tage, die Kinder aus dem Vorderhaus waren ab und an bei den Beiden
und haben tüchtig mitgefuttert.
Die Alten wunderten sich immer wieder über den Appetit der Kleinen,
wie das alle Großeltern tun.
"Was ist denn das für ein seltsames Essen?"
Das ist ein ganz altes Rezept aus der Gegend.
"Ihh, das eß ich nicht!"
(hinterher war alles verputzt)
Hier waren sie eher "Pseudogroßeltern", aber das ist wohl in letzter Konsequenz egal,
meint Ines.

***

Irgendwann - nach Wochen - ist Adrian wieder aufgetaucht und hat berichtet:
Ich bin kein Freund schneller Entschlüsse, aber nun ist mir manches klar geworden!
Er grinste so seltsam und druckste herum.
Was soll dieses seltsame Grinsen meinte Pedro,
habe ich etwas auf dem Hemd oder die Socken vergessen?
Nein, es ist etwas ganz, ganz anderes - er stolperte laufend und stieß sich am Tisch an,
verkleckerte die Suppe - Du bist verliebt, rief Ines erfreut..
Adrian wurde rot und stotterte wie ein Schuljunge - ich muß es euch einfach sagen,
es ist Patti, die daran schuldig ist.
Wir haben uns über das Internet kennen gelernt und deshalb bin ich nach Hause gefahren,
nach Toledo.
Spanien, entfuhr es den Beiden, dachten wir uns schon fast - dort stammt ja auch mein Seminarkollege her,
der uns bekannt gemacht hat.
Das Gespräch mit den evangelischen Priestern hat mich etwas weiter gebracht und Patti
ist, äh sie ist..
Was denn? Sag schon !
Eine Pfarrerstochter !
Nun ist es raus, ich bin ein Sünder vor dem Herrn, wie soll das ausgehen?
Die Beiden lachten und sagten:
Vermutlich kommen bald Kinder..
Oh je und ich fühle mich dieser Sache noch viel weniger gewachsen, als dem Priesteramt.
Das ist normal, tröstete Pedro - aber keine Angst,
die Kirche wird sich melden, wenn sie dich braucht.
Nun muß ich mich noch bedanken und für die Rettung meiner Seele fürbitten -
übrigens wohne ich wieder bei meinen Eltern,
die haben sich auf zwei Zimmer zurück gezogen und Platz für das junge Paar gemacht..
Vater hat mir einen Job in der Baubranche vermittelt und will, daß ich unbedingt in euerem
Bruchstein-Seminar, nach der Lehre und dem Meister, die entsprechende Sonderqualifikation erwerbe.
Mein Vater meint, die Jungen werden heute später erwachsen und er nage nicht am Hungertuche -
also Junge - tu was!
Und das habe ich getan - die Kirche hat meinen Abschiedsbrief bekommen und detaillierte Gründe
meines Ausscheidens aus der Priesterschar.

Ach du liebes Lieschen, entfuhr es Ines.
Das ist ja ein starker Tobak !
Der Junge fuhr bald wieder weg - er hatte nun soooo viele Pläne und war ganz aufgeregt.
Ohne Burnout geht es besser, meinte er noch und sah eine neue Zukunft vor sich.
Sie verabschiedeten sich herzlich und versprachen einander zu besuchen.

***

Die Partei GM hatte ihre internen Auseinandersetzungen, weil eigentlich
alle Mitglieder zuvor in anderen Parteien waren und die gleichen Probleme kannten:
Drohender Konkurs der "etablierten" Partei durch das lähmende Hackordnungsgerangel,
das weniger aus den fachlichen Kompetenzen heraus, als vielmehr aus sozialen Gründen entfacht wurde.
Immer dieses vorsichtige Taktieren, um auf der Karriereleiter ein Stücklein weiter zu klettern.
Begrüßung, das Aufzählen der Vollzähligkeiten, Tagesordnungspunkte und nochmal eine lange
Schlußformel und zwischendrin der Kampf der Redezeiten, die alle fast alle Inhalte
zu Luftblasen werden ließen - ganz selten kam man zu einem brauchbaren Konsens.
So kam auch niemand in den alten Parteien auf den Gedanken zu fragen,
ob nicht gar die "Feldzüge" Napoleons und
anderer Despoten im Laufe der Menschheitsgeschichte - so ein interessanter Redebeitrag -
genau so schlimm wie der Holokaust gewesen sei,
so ein Einwurf in eine der langen Reden.
Wie kommt man nur auf eine solche Frage, klares Unrecht und Untaten zur Diskussion stellen
zu wollen?
Nun, sagt der Gastredner, weil ich finde, daß das Wiedererwachen rechter Parteien ein wenig
darauf fußt, daß dieses Phänomen die Antwort auf das ständige Rühren und Treiben von links
dafür verantwortlich sein könnte,
noch Generationen nach diesen Untaten im Namen eines fremdstämmigen Diktators.
Und wenn man schon bei "Links" angekommen ist, lacht der Kommunismus wie ein Totenschädel aus Russland herüber, wo die "Revolution" des Stalin genug Tote hinterlassen hatte.
Es gab schon immer genug Grausamkeiten in der Geschichte
und immer starben Menschen einen sinnlosen Tod.
Heute ist diese Polarisierung oder Streit um des Kaisers Bart der Grund,
weshalb den Parteien der Mitte
die Wähler fern bleiben, desgleichen geschieht durch Kirchenaustritte.
Die Menschen im Land haben die Schnauze voll, um das mal direkt zu benennen.
Bei dieser Diskussion kam heraus, daß ein Völkermord etwas anderes ist als ein Krieg,
daß Holokaust sich nur auf selektive Morde oder Vernichtungsaktionen
an einer oder zwei oder drei zahlenmäßig unterlegenen Gruppen sind.
Das geht aber nur mithilfe des sogenannten Kadavergehorsams,
wenn ein Befehl kommt, muß dieser ausgeführt werden, egal wie unsinnig dieser auch sein mag,
ohne zu zögern, sofort und ohne zu hinterfragen, denn "Befehl ist Befehl" -
man will Hundemenschen, keine Katzenmenschen.
Das war bisher noch nie klar definiert worden, die GM hatte es wieder einmal geschafft und
errang weitere Mitglieder.
Um diese Formen epidemischen Wahnsinns bekämpfen zu können, muß man diese erst einmal erkennen.
Und nun kam die nächste Frage in den Raum:
In wie weit dürfen Beamte linken und rechten Parteien angehören?
Die Frage halte ich für berechtigt, sagte Peppino - denn
eigentlich ist JEDE Parteimitgliedschaft von Beamten, die ja Diener des Staates und somit neutral
sein müssen - ein Unding,
denn Regierungen können sich ändern -
so steht es im Beamtengesetz:
Der Beamte hat sich der politischen Neutralität verpflichtet,
weil die politische Landschaft auf diese Gruppe Mitarbeiter bauen muß,
wenn durch Streiks oder Revolution der Staat in Gefahr ist.
Nun war die Internet-Diskussion allemal erfolgreicher,
als eine solche in einer Pizzeria mit Verzehrzwang,
wie das bei allen etablierten Parteien getan wird.

***

Adrian schrieb - denn ein Telefon gab es im Hinterhaus nicht
und die Leute vom Sandwich-In wollte
er nicht durch die Gegend hetzen - in einem Brief von der bevorstehenden Heirat,
die jedoch "nur" standesamtlich sein wird und NICHT gefeiert werden würde.
Das Geld sparen wir uns, denn Petti erwartet ein Kind.
Mein Vater lacht und meint:
Das sind ja schöne Sitten bei uns, der Sohn ist als Erwachsener und Pfarrer in der Lehrzeit
und schwängert die Tochter des Pfarrers..
"Ich habe mit meinen Arbeitgeber ein Übereinkommen, daß meine Ausbildungszeit
zur Hälfte in der Bruchstein-Akademie stattfinden kann, dann habe ich nur noch die
anschließende Meisterprüfung zu machen, weil das alles im gleichen Gefach bleibt..
Der Arbeitgeber will mich möglichst bald voll einsatzfähig haben, denn er hat viele Aufträge
mit Bruchsteinmaurerei in Aussicht.
Er will danach gleich zwei Lehrlinge einstellen, die in dieser Sache nachrücken sollen.
So lange kann man einen derart schweren handwerklichen Job nicht machen, das muß man erkennen.
Ich melde mich, wenn die Sache soweit gediehen ist.
Adrian plus Anhang."

P.S.:
Den Bruchstein - Tick habe ich bei Euch im Landhaus bekommen..

Das sind ja schönen Aussichten -
der Junge hat sich aber beeilt, um die fehlenden Erfahrungen nachzuholen,
scherzte Ines.
Die Jungen haben es nicht leicht,
aber heute gibt es doch schon sehr viel mehr Möglichkeiten als damals,
meinte Pedro dazu, man muß denen Mut machen und Zeit lassen, dann wird es schon werden.

***

Der nächste Brief erzählte von einem Einsatz in Nigeria, wo man Adrian mit dem Hubschrauber
auf dem Parkplatz seines Lehrbetriebes abgeholt und nach einer Woche dort wieder abgesetzt hat.

Der Lehrherr wunderte sich anfänglich schon sehr, weil der weiße Hubschrauber das Zeichen
des Bistums auf den Türen hatte - nicht zu übersehen !

Adrian hat seine Sache dort in Lagos wohl gut gemacht,
denn die Lage dort kam nicht einmal ins Fernsehen.

Das bekam Pedro freilich haarklein in einem Brief erzählt, der woanders und ohne Absender
in den Briefkasten geworden worden war.

Das sind ja Zustände dort, wetterte Pedro,
ich bin heilfroh mit diesem Kram nichts mehr zu tun zu haben!

***

Unterdessen arbeitete jedes der Paare seinen täglichen Ablauf ab, ruhig und ohne Hast.
Das Vorderhaus war fasziniert von dem Werdegang des "Pfarrers" Adrian, der auch noch
mit seiner Pfarrerstochter, ggf. schon mit Nachwuchs - zu Besuch kommen sollte.

Bei einer Bowle auf der Terrasse schaut die Welt viel kleiner aus, als sie wirklich ist.
Die Zustände in der Welt kann man nur begreifen, wenn man verheiratet oder liiert ist
und inmmitten der Wortgefechte seinen Standpunkt zu behaupten versucht.
Dann dieses Theater in der Stadtversammlung, den Parteien, in den Parlamenten und
in der EU und in der Nato und den Vereinten Nationen - nee nee, mir schwirrt der Kopf.
Ines versuchte alles "auf die Reihe" zu bringen, wie sich sich auszudrücken beliebt.

***

Der neuen Partei GM gingen die Themen nie aus:
"Forscher berechneten falsche Binnenland- und Gletschereis-Daten,
Süßwasservorräte viel knapper als gedacht!"

"Veganer vergessen gegen den mit vielen Dünge- und Spitzmittel angebauten Mais zu wettern,
niemand protestiert gegen die Verseuchung des Grundwassers durch diese Stoffe.!"

"Biodiesel als Garant für weiter wachsenden PKW- Größen, verbrauchsarme Motoren
und auf den Feldern angebauter Sprit.."

"Zahl der SUVs übersteigt die Zahl der verkauften Kleinwagen"
"Bauern protestieren gegen zu geringe Einkommen"

"Parlamentarier fordern automatischen Gehaltsangleich"
(Freilich nur für sich)

"Billigflieger bauen das Luftwegenetz weiter aus"

Und so weiter und so fort, sagt der Abgeordnete Peppino,
seit der Akademiker - Schwemme ist alles nur noch sehr viel schlimmer geworden.

***

"Stiftung will 260.000 neue Zuwanderer aus fremden Ländern haben, die Wirtschaft
brauche das und das Land auch, damit die demographische Lücke aufgefüllt wird"

So ein Blödsinn, bei der momentanen Rationalisierungswelle, so Peppino,
daß sich ein Land auch mal gesundschrumpfen kann, auf den Gedanken kommt niemand.
Wichtig ist das Umsatz-Strohfeuer und dann kommen die Schulden.

Der Auftrag der Wählerschaft war klar:
Gesunder Menschenverstand,
ein absolutes Novum in der politischen Landschaft, wie alle fanden.

***

Bald kamen die ersten Morddrohungen an Vertreter der GM,
wo die Polizei gut zu tun hatte.
Ein notorischer Straftäter wurde wohl verdungen, sich die Hände dreckig zu machen -
der Drahtzieher kam nie heraus.
Man munkelt und vermutet, daß diese Morddrohung aus Kreisen gewisser "Marktforschungsinstitute"
gekommen sein muß, - alle Spuren führen in diese Richtung, so ein Kommissar.
Wenn jemand bei einem Komplott nicht erwischt werden will, gibt es so viel Möglichkeiten,
daß schon Kommissar Zufall ganz gewaltig helfen müsste.

Es kam inzwischen bereits ein paarmal vor,
daß amtierenden "Volksvertretern" anonyme Briefe und Anrufe
ins Haus kamen, aber irgendwann, so die Polizei,
verrennt der oder die Täter und es passieren Fehler.
Und so kam es auch - versehentlich hat der Anrufer die Nummer - eines zwei Drohungen zuvor belästigten
Politikers angerufen und ist auch prompt in die Falle getappt.
Der Chefredakteur einer bekannten Wirtschaftszeitung hat aus seinem Büro im Privathaus
"gezündelt" und wie der Täter später selbst aussagte,
aus Gründen der "Publicity", einfach um etwas mehr Quote
zu erhalten - das Blatt dümpelte schon lange nur noch so dahin, weil die Leute an solchen
Magazinen eben zuerst sparen.

Diese mafiosen Strukturen zwischen Parteien und Politikern und Wirtschaft muß endlich die rote Karte
gezeigt werden, ereiferte der Abgeordnete sich - aber er gehörte ja selbst zu dieser vom ihm
beschimpften Gruppe, so ein Diskutant im GM-Mitglieder-Forum.

***

Wie auch immer - Vegatarier und Veganer regen sich über alles auf, aber über die
Grundwasserverseuchung durch die Extremlandwirtschaft und durch das eigene viel zu dicke Auto
oder über die eigenen meist - sinnlosen - Flüge,
da spricht niemand drüber, auch von den Ökofreaks kommt nur heiße Luft, dann nur noch Stille,
wenn man sie selbst darauf anspricht.

***

Der Tag brachte Sonnenschein und etwas Post.
Ein Brief aus Madrid, von dem Seminar - Kollegen, den Pedro verkrampft in den Händen hielt:
"Mir wurde Gewalt angetan und wenn Du diesen Brief liest, bin ich bereits tot.
Meine Schwester hat diesen Brief in meinem Testament gefunden, der an Dich adressiert ist.
Die Sache ist folgende:
Adrian wurde in diese bestimmte Nachfolge eingesetzt, das ist Dir bekannt,
aber das ganze drumherum ist bestimmt nicht bis zu Euch durchgedrungen.

Die internen Zwiste in der Kirche sind der Grund, daß einer dem anderen Versagen in die Schuhe
schieben will und in der Diözese im Untergrund so lange stachelt, bis es knallt und der Mob aufsteht.
Das wird als Versagen des Priesters oder Bischofs gewertet, wo diese Tumulte stattfinden
so kann man sie eben leichter abschieben.
Man muß Adrian warnen, sonst läuft er in eine tödliche Falle.
Ich weiß nicht wo der Knabe abgeblieben ist und was er nun so treibt,
Pfarrer ist er offenbar nicht mehr.
Ich denke, Du wirst wissen wo er sich aufhält und ihm Bescheid geben.
Bitte aber ganz dezent, sonst seid Ihr Beide in äußerster Gefahr,
die Intriganten fackeln nicht lange!"

Ines war entsetzt, als sie Pedro über die Schulter zuschaute und er nicht zurück hielt.

Ich denke, so Ines, es ist Zeit für einen Trip mit dem Autochen!
Darf ich raten?
Nach Toledo?
Ja.
Sie sagten geschwind im Sandwich-In was sie beabsichtigen und gingen früh zu Bett.

***

Die Taschen waren gepackt, der Proviant in der Kühlbox und schon ging es los.
Die 419 Kilometer waren in 6 Stunden geschafft, denn mit dem kleinen Wagen ging
das eben doch nicht so fix wie mit einem neuen und viel größeren Fahrzeug.
Das kleine Ding wollte ab und doch ein wenig verschnaufen, die Jahre lagen ihm
wohl auf der Luft.
Die Adresse wurde nochmal verglichen mit der Touristen-Info am Stadtrand Toledos,
aber nicht gefunden - an der nächsten Tankstelle kam Klarheit:
Eine Gemeinde am Stadtrand war ihr Zielort.
Bald waren sie auf dem Hof des Baugeschäftes und das zur Mittagszeit.
Die Halle stand offen und die Mitarbeiter waren mit ihren Melonen beschäftigt,
die der Chef von einem Kunden geschenkt bekam.
Adrian war noch mit der Reinigung einer Speismaschine beschäftigt, die
mit er einem Wasserschlauch abgespritzte.
Dabei entsteht ziemlicher Krach und so wird wohl niemand das Gespräch mitgehört haben können.
Sie verabredeten sich nach Feierabend bei seinem Vater,
die Adresse gab Adrian den Beiden in die Hand.
Nun kam der Chef und fragte nach dem Wohin -
ach, danke, wir sind Touristen und haben nach dem Weg
gefragt, der junge Mann konnte die Auskunft geben.
Die Beiden fuhren wieder aus dem Hof und Adrian wurde ausgequetscht:
Wohin wollten die Touristen mit dem ulkigen kleinen Auto fahren?
"Das maurische Tor Puerta de Bisagra und das Tor Puerta del Sol haben sie gesucht"
Ach so, na ja, nun wissen die ja Bescheid - hör auf, die Speismaschine ist längst sauber,
iß endlich deine Melone, sonst fällst du uns noch vom Gerüst!

***

Ohne Umschweife und ohne touristische Ziele zu besuchen sind sie zu Adrians Vater gefahren.
Dieser war gerade dabei sein Gartenhaus neu zu streichen, eine Katze lief um sie herum,
Mutter war dabei die Wäsche auf die Spinne zu hängen.
Guten Tag, wir kommen aus Vila Chã, bei Fornos de Algodres in Portugal,
und waren die Inhaber des Sandwich - In's, das hat ihnen ihr Sohn bestimmt erzählt- oder?

Oh ja, das ist aber nett, daß sie uns mal besuchen, -
warten sie, ich muß erst meine Utensilien
weg packen und die Hände abwaschen, sonst kleben wir aneinander !
Das folgende Gespräch auf der Terrasse war ganz privat und drehte sich um die üblichen
Eltern - Sachen, die eben irgendwie überall passieren.
Eine Eiskrem später kam Adrian bereits nach Hause und setzte sich mit Arbeitsklamotten
dazu, bekam eine Paella serviert, der eher eine komplette Familienschüssel war -
die er ruck zuck mit enormen Appetit verschlang.
Ja ja, die jungen Leute, da kommen wir nicht mehr mit - das würde mir eine Woche reichen,
sagte seine Mutter und Vater meinte:
Hätte ich diese Unmenge in mich hinein geschaufelt,
wäre bald eine deutlich weitere Hose fällig.
Gelächter, Vertrautheit und doch eine Spur Besorgnis
wegen dieses unerwarteten und unangekündigten
Besuches, der hier auf der Terrasse war.
Da kam Petti die Treppe von ersten Stock - unter dem Dach -
herab zur Terrasse und begrüßte
zuerst ihren Adrian, dann erst den Rest der Versammlung.
Ihr ging alles schwer von der Hand, sie war schon weit in der Schwangerschaft.

Die Eltern und seine Frau waren freilich informiert, was Adrian so in Afrika trieb,
wenn er mit dem Hubschrauber abgeholt und wieder gebracht wurde - das wäre auch sehr schwer
zu verheimlichen gewesen.

So sprach man leise, aber offen Klartext:
Ich habe hier einen Brief meines Seminarkollegen bekommen, aber lest bitte selbst und
laßt euch um Himmelswillen nichts anmerken,
zu niemandem ein Wort, sonst wird es brandgefährlich.
Mit Entsetzen las man den Brief und wurde bleich - was tun?
Nun, so Pedro, ich würde nicht mehr in dieser Sache aktiv werden oder sehr auf der Hut sein.
Noch haben wir keine Ahnung, wer hinter diesen Putschversuchen steht.

***

Wenn Adrian und Petti und das Kleine nach Vila Chã kommen und er die Akademie besucht,
könnte ich einen gebrauchten Wohnwagen an unser kleines Landhaus stellen lassen.
Ein Nachbar will diesen seit einiger Zeit verkaufen, der Hänger ist aber den meisten Leuten
zu groß um an das Auto zu hängen.
Eine günstigere Unterkunft werdet ihr nicht finden, denn unser Gästezimmer ist viel zu klein
für eine junge Familie für eine so lange Zeit.
Adrian war froh, denn auch dieses Thema war nun keines mehr:
Mensch, das wäre ja klasse - wir machen Dauercamping mit Futteranschluß !
Petti schaute unwissend, dann kam ihr das Sandwich-In in den Sinn.
Sie lächelte - zum Kochen werde ich mit dem Baby wohl kaum kommen..

Adrians Eltern waren beruhigt - und wer Elternschaft kennt, weiß was ich meine.

Bald war Zeit zum Aufbruch in das Motel, das sich die Beiden bei der Einfahrt nach Toledo
ausgeguckt hatten - schön an einem Teich gelegen, ein wenig im Hain.
Sie verabschiedeten sich sehr freundlich und versprachen mal in Portugal vorbei zu schauen,
wenn die Jungen dort untergekommen sein werden.

Das Motel war prima, nebenan war ein kleines aber feines Lokal,
das internationale Spezialitäten auf der Karte hatte.
Pedro bestellte sich ein Wiener Schnitzel mit Pommes und Salat,
Ines einen Meeresfrüchte-Teller mit Gemüsereis.
Genüßlich tranken sie ein kaltes Bier einer weltbekannten Marke,
nach der eine Biersorte benannt ist.
Hier sieht uns keiner, so kann man auch mal was ganz anderes verzehren und trinken - gell?
Eine orientalische Küche muß nun wirklich nicht sein, so Ines, da hast du recht.
(Die Gegend ist bekannt für maurische oder arabische Küche.)

Die Beiden schliefen wie die Murmeltiere, dann nach der Morgentoilette und dem Bezahlen am Tresen
des Motels kam die Überraschung:
Die Karte ist gesperrt, sie gilt nur für Portugal, so der Portier.
Ines war mehr für Bargeld als für irgendwelche Chip-Karten und beglich die Zeche.
Ein gutes Frühstück an einer Pommesbude versöhnte mit dem kleinen Mißgeschick.
Da sieht man mal wieder, wie abhängig man durch elektronischen Sachen wird..

Sie begaben sich auf die Heimfahrt - frohen Herzens und doch besorgt um Adrian.

***

Die Heimfahrt ging irgendwie flotter, vermutlich weil die Beiden die ganze Zeit
über diese seltsame Chipkartensperre und besonders über diesen seltsamen Brief
des wohl toten Seminarkollegen grübelten.
Vielleicht war das kleine Auto nun endlich "frei gefahren"?
Als sie wieder daheim waren, hat Tiago im Internet recherchiert und festgestellt,
daß in der fraglichen Zeit ein mysteriöser Unfall passiert sein soll:
Ein Priester sei von dem Kirchturm gestürzt, diese Sache wird die Polizei
wohl länger beschäftigen, denn bei einem Unfall
wäre mit Sicherheit nichts mehr zu finden gewesen im Web,
hier aber mutmaßte man einen fingierten Unfall.

***

Daheim, wieder daheim!
Solche langen Touren außer Haus sind nichts mehr für uns, wir brauchen das eigene Bett!
Nach einem Omelett und einem Glas selbstgemachtem Rotwein ging es den Beiden schon viel besser.

Am nächsten Tag hat Pedro den Nachbarn gefragt und den Preis für den Hänger ausgehandelt.
Ein Bauer in der Nähe hat den Wagen dann angehängt und an die Seite des Landhauses geschoben.
Pedro hat Wasser und Strom und Abwasser verlegt, alles gut wieder zugebuddelt und isoliert.
Der große Wohnwagen stand sicher und sturmfest auf Steinen, man weiß ja nie.

***

Auf der Bank war man sprachlos und wunderte sich - was ist das denn, ihre Euroscheckkarte
soll eine Sperre haben - warum?
Es kam nie heraus, wie das passieren konnte, denn eine Anordnung lag nicht vor.
Das war bestimmt ein Versehen, so sagte der Filialleiter eifrig.
Die Beiden gingen noch ein wenig bummeln, tranken einen Cafe, hören dem Glockenspiel zu
und fuhren nach Hause - an der ersten Kreuzung trat Ines die Bremse bis ans Bodenblech durch-
nichts passierte, keine Wirkung!
Sie steuerte geistesgegenwärtig in ein Blumenbeet der Stadt und schon stand der kleine Wagen,
inmitten netter Frühlingsblumen, die gerade ihre volle Pracht zeigten.
Anwohner ließen sie nach Hause telefonieren, weil die Beiden kein Handy hatten
und so kam der Fiat in die Werkstatt, wo man die Polizei
dazu holen mußte:
Die Bremsleitungen waren durchgeschnitten worden !
Das muß hier im Ort passiert sein, als wir auf dem Parkplatz vor dem Rathaus standen.
Die Sache wurde protokolliert, der Wagen repariert und nach relativ kurzer Zeit fuhren die Beiden
wieder nach Hause.
(Rechnung kommt, sie sind ja persönlich bekannt - sie hatten übrigens großes Glück,
daß sonst keine Schäden entstanden sind, weder an anderen Fahrzeugen oder an ihrem Auto - nur die Spurstangen sind verzogen gewesen !)

Geschockt stellten sie den roten Flitzer vor dem Landhaus ab und tranken erst einmal einen Kaffee
im Sandwich-In, wo sie die Story erzählten.
Der Mechaniker war ja ein Herzchen - auf den Gedanken, daß uns etwas passiert sein könnte,
oder gar an eventuellen Passanten, ist der wohl nicht gekommen.
Der Nachbar war auch dabei und hörte aufmerksam zu:
Das ist nun schon zum 3. Mal in nur 2 Wochen passiert !
Sind sie GM - Mitglied?
Ja, aber..
Nichts aber, den oder dem Täter(n) geht es wohl darum, die Leute abzuschrecken.
Wir haben aber gar kein Internet mehr, so Ines.
Das kann nur von einem der Administratoren kommen, sonst wird es keinem gelingen,
an die Mitgliederdaten oder Adressen etc. zu gelangen.
Ich gab der Polizei diesen Wink schon letzte Woche und die haben nichts
in dieser Sache unternommen, so schimpfte der Nachbar.
Da kam auch schon ein Streifenwagen angefahren und die Besatzung holte sich gerade
ein paar Sandwiches - so kam es zu einem kurzen Gespräch:
Wir haben den Täter gefunden, es war der Sohn des Bürgermeisters, der die Administration
für diesen Bezirk übernahm und den Rechner eingeloggt in seinem privaten Arbeitszimmer laufen hatte.
Der Sohn hat keinen Schabernack machen wollen, er ist bei einer "etablierten" Partei
als "Jungsozialer" aktiv und wollte der Widersacherpartei oder besser deren Mitgliedern und Anhängern
Angst machen, besonders weil gerade sein eigener Vater in die Konkurrenzpartei geschwenkt ist -
im Zimmer des Sohnes waren entsprechende Parolen zu finden, die "zum Kampf" aufrufen.
Aber erzählen sie bitte nichts weiter, wir sagen das nur, weil sie bereits Opfer geworden sind.
Wir führen diese Ermittlungen nicht nur gegen rechte, sondern inzwischen besonders gegen linke Gruppen,
die für ständige Demonstrationen mit einhergehenden Zerstörungen öffentlichen Eigentums
verantwortlich gemacht werden.
Die fackeln nicht lange und rennen vermummt mit Molotow-Cocktails und Pflastersteinen
"gegen den Staat an", wie sie das ausdrücken.

Danach war manchen Leuten klar, warum Beamte eine Neutralitätspflicht aufgebrummt bekommen
und nicht Mitglied in dieser oder jener Partei sein sollten, so Pedro.

***

Adrian war schlau genug, den Brief zu verbrennen und die Asche gut zu entsorgen.
Denn bald kam wieder dieser Hubschrauber zur Landung in den Hof des Bauunternehmers,
welcher aber dort einen alten Baukran abgestellt hatte, der gerade frisch gestrichen wurde-
ein Seil löste sich durch den Sog der großen Rotorblätter und geriet in den kleinen Rotor am Heck den Hubschraubers, als sich dieser in
Position drehen wollte.
Die Maschine kam ins Trudeln, der Pilot zog nach oben und das Seil am Schwanz dieses
riesigen Insektes blieb gefangen - der Kran kippte und der Hubschrauber und der Kran
knallten zusammen und zerbarsten in scharfkantige Teile, die überall herum wirbelten.
Als die Crew des Bauunternehmers mit den Fahrzeugen zurück kamen um den Feierabend einzuläuten,
fanden sie die Polizei und einen gewaltigen Trümmerhaufen vor, der verkohlt war.
Rauch stieg auf, die Feuerwehr war schon abgezogen mit den Löschwagen,
und nur ein Mannschaftswagen und ein Dutzend Helfer standen parat,
um der Polizei bei der Trümmersuche zu helfen, falls sie gebraucht würden.
Die Kripo kam auch angefahren, zusammen mit einem Pathologen und Gerichtsmediziner.
Die Fachleute haben gleich erkannt, daß hier ein Hubschrauber des Vatikans abgestürzt sein mußte.
Die Fachleute waren sich einig, der hatte bestimmt schon in der Luft Probleme und
wollte hier auf dem freien Platz eine Notlandung versuchen!
Adrian sagte nichts dazu, er war einfach nur sprachlos.

***

Sein Chef wußte davon, daß Adrian schon einmal von diesem Ding abgeholt worden war,
er schwieg aber besser und sagte nichts.
Der Unternehmer hatte wahrlich genug Sorgen und Gedanken im Kopf,
sollte er sich nun auch noch um kirchlich Sachen kümmern?
Das geht mich nichts an, fertig.
Ein wenig Angst hatte er auch, denn die Kirche ist ab und an Kunde bei ihm gewesen.

Es ging nicht lange hin und ein schwarzer Wagen des Bischofs kam,
zwei Männer fotografierten die Unglücksstelle, stiegen wieder in den Wagen und weg waren sie.

Die Frau des Unternehmrs schüttelte nur noch den Kopf.
Ein Brief der Kirchenleitung kam und darin stand, daß die Kirche für den entstandenen Schaden
aufkommen würde - der Hubschrauber habe unterwegs schon Probleme gemacht und die Piloten hätten
darum in dem Hof eine Notlandung wagen wollen.
Wir bitten die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen !

***

Das ist aber großzügig, so grienten die beiden Inhaber - Saubande elendige !
Fortan war Adrian in großer Sorge um sich und seine Familie,
deshalb war sein Chef für die sofortige Abfahrt,
der gleichen Meinung war auch der ev. Pfarrer, also Patti's Vater und
Adrians Eltern, die gleich halfen die Sachen der Jungen zusammen zu packen.
Man weiß ja nie, denn diese schwarzen Vögel sind rachsüchtig und wer weiß,
was die hinter dem Absturz vermuten und ob sie was vermuten.
Die Beiden zogen noch am nächsten Tag - zumindest mit dem Notwendigsten und
nur vorübergehend - bei den Eltern aus,
die sie am nächsten Tag schon bei der Gemeindeverwaltung
abgemeldet haben.
Sicher ist sicher.

Ein paar Stunden später kamen sie im Hinterhaus des Sandwich-In's an
und wurden entsprechend begrüßt.
Die paar Sachen sind ja schnell eingeräumt, der Wohnwagen steht bereit.
Wir haben für euch TV und Internet angemeldet und so ist für Unterhaltung gesorgt.
Der Kühlschrank ist voll, Getränkekisten stehen im Staukasten unter dem Wagen.













"Der Heilige von Santiago de Compostella" 12

Das nenne ich Urlaub, meinte Petti begeistert und vermutlich weiß auch schon
euer Hausarzt von der bevorstehenden Niederkunft und der Krankentransportwagen lauert
bereits im Gebüsch - was?
Alle lachten und waren gut drauf.
Die Petti und auch Adrian haben erst einmal daheim anrufen wollen, als Pedro abwinkte:
Ob das so ein guter Gedanke ist, weiß ich nicht- ich würde das mal lieber nicht tun.
Ich kann den Peppino bitten dort Bescheid zu geben, daß ihr gut angekommen seid, aber
direkten Kontakt aus Sicherheitsgründen besser nicht haben solltet -
der Peppino ist gerade im Parlament und dort wird nicht abgehört und
der von dort Angerufene erfährt mit Sicherheit nicht, woher der Anruf kam.

Gesagt getan, aber etwas bleich sind die Jungen doch geworden.

***

Die Zeit blieb aber ruhig und Adrian begann seine Zeit in der Bruchstein-Akademie,
ging nach der Schule noch beim örtlichen Bauunternehmer "jobben", um ein wenig Geld zu verdienen
und um noch mehr in die Praxis einzutauchen.
Ein wenig dachte er dabei auch an die "Arbeiterhände", von denen Don Pedro sprach.
Zwei Tage später kam er nach Hause und fand im "In" einen Hinweis vor, daß alle im Krankenhaus seien und bei der Geburt dabei sein wollten.
Adrian fuhr ebenfalls gleich dort hin und so war genug Unterstützung vorhanden.
Ines hatte unterwegs längst die nötigsten Dinge besorgt, um Mutter und Kind entsprechend versorgen zu können, wie Frauen eben so sind.
Drei Tage später:
Die Petti war mit dem kleinen Mädchen, das bald kam,
ziemlich beschäftigt und begann sich im neuen Daheim von der Geburt zu erholen.
Bald half sie im Garten mit, während die Kleine in der Babywippe auf dem Rasen saß,
der Hund als Bewacher daneben.
Die Beiden waren ständig zusammen und der alte Polizeihund verhielt sich vorbildlich,
fast wie eine Mutter, so scherzte Pedro.
Wenn die Kleine weinte, stupste er die Wippe an..

Die Presse ergoß sich in immer irreren Fake - Meldungen, daß die Immobilienpreise "abstürzen",
wenn die Zentralbank die Zinsen anheben und Baugeld immer teuerer würde..
Alle lachten herzhaft über diese hilflose Tölpelei um an die Quote zu kommen -
dabei wußte jeder Laie ganz genau:
Wenn weniger neu gebaut wird, kommen die bestehenden Immobilien
besser beim Verkauf weg, alles dummes Zeug, so Pedro.

Dein Job ist sicher, die Bruchsteinmaurer werden nach wie vor händeringend gesucht,
mache dir keine Sorgen um die Zukunft !
Adrian begriff:
Das Alter schafft Weisheit und Überblick, also wartete er weniger ängstlich
auf die Zukunft, die da auf seine kleine Familie zukommen mag.
Ab und an kamen die drei Kinder des Vorderhauses zu Besuch, immer unangemeldet,
weil sie ja auch im Hinterhaus daheim waren und schauten nach dem Baby, wie sie zuvor
nach dem Hund gesehen und diesem eine Schwarte mitgebracht haben.
(Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft)
Petti war eine gute Lehrerin für sie, denn Petti genoß in ihrem Daheim eine gute Erziehung und
hatte das Fachabitur als Erzieherin erreicht, wurde aber schwanger, bevor sie ihren Beruf
antreten konnte..

Wer sind diese ganzen Leute im Hof, fragte Ines.
Ach herrje ein "Verwandtenüberfall":
Pettis Eltern, Adrians Eltern, der Bauunternehmer und Frau aus Toledo, Peppino und Frau
standen bereits auf der Matte des Hinterhauses, mit je einem großen Sandwich und Kaffee in der Hand,
die sie sich im Vorderhaus gekauft hatten - und dort schon eine Weile Konversation gehalten.
Es gab eine Riesenparty, ein freundliches Kennenlernen und eine kleine Besichtigung des Anwesens.
So schnell wie sie gekommen waren, so schnell sind alle wieder verschwunden und haben den Ort
und die Stadt besichtigt, wo sie übernachteten und anschließend nach Hause zurück fuhren.

Petti war geschockt und verwundert:
Daß sich alle alten Paar so gut verstanden haben,
hat sich nicht mal ansatzweise erahnt und Adrian war ganz stumm geworden und schüttelte nur
noch den Kopf:
O Gott o Gott, die lieben Verwandten sind eingefallen..
Nun mach mal halblang, sagt Ines, die hätten auch eine Woche bleiben können und
euch kräftig zur Kasse fallen können.
Stimmt, das war - so gesehen - echt human.
Pedro: In eurem Alter ist Geldknappheit ganz normal, da mußt du dir keine Gedanken machen.

Pedro meinte noch:
Es hat nur noch der Hubschrauber der Kirche gefehlt, dann wären alle komplett gewesen.
Der Helikopter kam jedoch nicht wieder, vermutlich hatte man nur einen davon.
Statt dessen kam wieder die dicke schwarze Limousine in den Hof geschwebt und
wieder stiegen zwei schwarz gekleidete Herren mit wichtigen Mienen aus.
Nun war Petro und Adrian an der Reihe was zu sagen:
"Richten sie ihrem Chef aus, daß wir keinesfalls für die hausgemachten internen Kirchenprobleme
und Ränkespiele zuständig sind, die in bösartiger Absicht untereinander die Hackordnung abklären
sollen - macht euren Scheiß alleine und nun haut ab, bevor wir den Hund loslassen und die Stöcke
hervor holen und zur wohlverdienten Strafe ansetzen.
Es langt nun.
Die beiden Priester schauten verdutzt und fragten woher er das wisse -
nun sagte Pedro, ich habe einen Brief von meinem Seminarkollegen erhalten und wurde vorgewarnt.
Davon wissen wir nichts, wir sind nur die ausführenden Kräfte, das können sie uns glauben!
Sicher, aber nun ab mit euch und sündigt fortan nicht mehr!

Pedro und Indes, Petti und Adrian haben sich bei der anschließenden Bowle-Party geschüttelt vor Lachen:
"..und sündigt fortan nicht mehr!"
Köstlich, einfach nur genial!

***

Die Kinder wuchsen heran, Adrian hat seinen Abschluss und Lehre mit "gut" bestanden,
weil er körperlich ein wenig schwächer als die anderen Teilnehmer war.
In der Theorie war er der Beste.
Nun war die Zeit gekommen um wieder nach Hause, nach Toledo zu fahren und die Zelte in Vila Chã abzubrechen.
Etwas mehr als bei der Ankunft hatten die Beiden schon zusammen, mit Hilfe eines Dachgartens
kam alles im Auto unter, mitsamt der Baby - Ausstattung.
Langsam und etwas traurig fuhren sie vom Hof, unter fleißigem Winken der Bewohner.
Selbst der Hund wirkte geknickt.

Den Wohnwagen hat man beim Bauunternehmer in Vila Chã abgestellt und neu angeschlossen,
der war nun eine Unterkunft für auswärtige Saisonkräfte.
Geld nehmen wir nicht dafür, denn der Unternehmer hat uns schon so oft geholfen, meinte Ines.

Von Peppino hat man auch nur noch sehr selten etwas gehört, denn ohne Internet war auch
die GM Partei für Pedro und Ines weg.
Im Vorderhaus hatte man genug mit sich selbst zu tun, die Kinder waren vollauf
mit Schule und Hausaufgaben beschäftigt, so daß die Zeit zum Spiel sehr knapp bemessen war.
(Wie das heute überall ist - die Kinder müssen immer schneller immer mehr wissen,
damit sie beruflich noch eine Chance haben - die Zahl der Abiturienten ist längst
über denen der Haupt- und Realschulen gestiegen und verdrängt diese im Wettbewerb)

Dann kam ein Brief aus Toledo, den Ines freudig winkend schwenkte -
schau mal, eine Einladung an uns von den Pfarrers, wie sie die Familie der Petti nannte.
Ach ja, zeig mal!
Tatsächlich, wir sind zur Kirchweih eingeladen, zur Kirmes -
na ja, wenigstens ist das keine tröge Sache
und man kann ein wenig feiern, das haben wir schon lange nicht mehr gemacht -oder?
Ines freute sich, auch ein wenig auf die feinen Läden dort in dieser spanischen Stadt,
die doch schon sehr viel weltstädischer als ihre kleine Kreisstadt war
und eine entsprechende Auswahl zu bieten hat.

Sie haben am Vortag noch ein paar örtliche Spezereien eingekauft und im Autochen verladen,
ihr Gepäck für ein paar Tage dazu,
Ines hat in der Werkstatt noch ein gründliche Durchsicht machen lassen,
damit die Reise unbeschwert verlaufen kann.
Wieder ließen sie sich viel Zeit auf der Reise und besahen sich nun intensiver die beieindruckende
Landschaft in dem weiten Grenzland zwischen beiden Nationen.
Am geräumien Pfarrhaus angekommen, gab es einen kleinen Sektempfang mit Kaviar im Hof.
Pastorale Gespräche hat man nur ansatzweise geführt, denn Gegensätze sollten hier und heute
bestimmt nicht thematisiert werden, hier ging es um das Wiedersehen.
Die beiden Frauen besprachen das, was Frauen so besprechen und verstanden sich sehr gut dabei.
Die Männer gingen in die Kirche und Pedro zeigte seine Künste an der Orgel,
die Pforte der Kirche und die Fenster wurden geöffnet und ein phantastischer Klang drang
durch die engen Gassen der Altstadt.
Sein ganzes Repertoire an Pottpourie hat Pedro in das Kirchenschiff geschickt
und voll in die Tasten gehauen, wie junge Leute sagen würden.
Die Kirche hat sich inzwischen bis zum letzten Platz gefüllt, viel schneller und voller als der Pfarrer
das jemals zuvor erlebte.
Also gab Don Pedro noch eine Zugabe und noch eine..
Als Schlußakkord hob er an, "sein Lied" zu spielen, als viele Leute laut mitsangen:
"Zu Fuß und ohne Geld, Dominique.."

Der Erfolg war immens und langsam aber sicher wurden alle spontanen Kirchgäste
mit dem Segen Gottes von beiden Pfarrern zugleich per Handschlag verabschiedet.

Daheim im Pfarrhaus angekommen, haben die beiden Frauen nur noch gelacht -
das ist wieder einmal typisch Don Camillo und Peppone, dafür gibt es bestimmt wieder Haue von
euren Oberhirten - wetten?!

Am nächsten Tag stand ein lobender Artikel in der Zeitung und die Leute grüßten beide Pastoren
sehr höflich und waren des Lobes voll.
Wieso merkt man mir den Pfarrer an, fragte Pedro - ich trage doch Zivilkleidung?!
Niemand antwortete und jeder schwieg irgendwie lautstarkt..

Die Frauen machten ihren Einkaufsbummel, die beiden Pfarr - Kollegen gingen in die Eckkneipe
den Tag begießen, wie man sich dort auszudrücken pflegte.
Pedro kam mit dem Wirt in ein näheres Gespräch, tauschte Rezepte aus und
dann machten sie die Beiden - ein wenig angesäußelt -
auf den Spaziergang durch den Stadtpark nach Hause.
Die beiden Frauen schmunzelten ebenfalls seltsam,
denn die Boutique-Besitzerin hat ein Glas Sekt spendiert
und ihren Mann gebeten die Kundinnen nach Hause zu fahren.

Die Kirmes lief nun so richtig an und alle Stände öffneten ihre Theken, Spezialitäten, Tand,
Bonbon-Stände und "heiliger Unsinn", wie der Pfarrer tuschelte, kann man hier erstehen.
Der Tag verlief ruhig, mit Currywurst und Bier am Stand - das gab es früher hier nicht,
meinten die Gastgeber, aber die Leute sind wohl das maurische Zeugs leid und so hat eben
der Pommesstand enormen Zulauf bekommen.

Am nächsten Tag war die Heimreise angesagt - mit der "Knutschkugel", wie die Gastgeber scherzten.

Die Fahrt verlief ruhig und ohne Probleme, die Werkstatt hatte den typischen Schwachpunkt
des Motorchens mit einem Ersatzkeilriemen überlistet und gleich zwei davon beigelegt.
"F. ehler I. n A. llen T. eilen" so übersetzten sie lachend den Markennamen des 500ers.

***

Der Alltag im Hinterhaus war wieder da und die Arbeiten im Garten, Pedro machte Wein,
Ines den Nudelsalat, als der Postbote an der Türglocke zog..
Ach sie sind es - wollen sie einen Happen mit uns essen?
Eigentlich habe ich keine Zeit, man sitzt uns Zustellern immer ärger auf der Pelle,
der Druck wird immer größer - aber ein Tellerchen schaffe ich schon, vielen Dank auch.
Er futterte mit Appetit, trank ein Glas Roten dazu, grüßte freundlich
und ging mit seiner Tasche wieder davon.
Was haben wir an Post, fragte Pedro.
Mist, nur Werbung, die Gemeinderechnung, die Werkstattrechnung und einen Brief aus Spanien.
Ines ließ alles stehen und liegen, öffnete eifrig den feinen Brief und las laut vor:
Das Kirchenamt hat mich zur Abmahnung vorgeladen, wegen der unerlaubten Nutzung
der Kirche, die auch noch mit weltlichen Liedern verunziert worden sei.
Ihr müsst dazu wissen, daß die "protestantische" Kirche noch spießiger und sturer sein kann,
als "eure", da wette ich drauf.
Die haben mir - wegen Uneinsichtigkeit - den vorgezogenen Ruhestand bei geringerem Gehalt
angeboten, den ich sofort angenommen habe.
So mußten wir aus dem Pfarrhaus ausziehen und sind danach mit einem gebraucht gekauften Wohnmobil
auf Europa-Tour gegangen..
wir melden uns wieder!

Die Ines und der Pedro waren geschockt;
das darf doch nicht wahr sein, wegen eines
"unerlaubten" Orgelspiels kann das doch nicht sein - oder?
Aber die Frauen haben zuvor schon ein wenig mehr besprochen und von "unüberwindlichen Problemen"
gewußt, die innerhalb dieser Kirche immer wieder zu Zerwürfnissen geführt haben.
Die verstockte und altbackene Einstellung der Kirchenoberen gegen moderne Pfarrer,
die mit neuen Methoden die Menschen an die Kirche binden wollen.
Mein Mann war immer schon etwas "querulatorisch" wie man heute zu urteilen pflegt,
sagte die Pfarrersfrau zur Ines damals in Toledo.

Die haben es richtig gemacht und sind in den Ruhestand gegangen und mit dem Reisemobil
on Tour gegangen - bravo.

Bald kam eine Ansichtskarte aus der Schweiz, dann eine aus Wien, aus Budapest,
aus Frankfurt, aus Hamburg, aus Stockholm ..
in der letzten Meldung hieß es, wir haben das Wohnmobil verkauft und
haben bei Kristiansund ein kleines Holzhaus erstanden, ganz spontan,
als wir an dem Verkaufsschild vorbei fahren wollten.
Rot-Weiß, genau wie in den Filmen!
Kleine Fenster mit Sprossenglas, nur grün außen herum, ein weißer Lattenzaun, sonst nichts.
Wir lernen nun Norwegisch und gehen jeden Tag weit spazieren, trinken Punsch und Tee,
sammeln Strandgut, lesen viel und haben uns einen Hund angelacht..
..regelmäßig bestellen wir "unseren" Wein aus Spanien,
wovon auch unsere Nachbarn abbekommen - nicht gepantschter Wein,
was schon eine Seltenheit geworden ist.
Die Postadresse war angefügt, mit der Bemerkung, daß sie sich über Post freuen würden.
Und genau so freundlich schrieb Ines zurück, beide unterschrieben und brachten den Brief
bald zum Kasten.

Die Antwort kam nach ein paar Wochen, der Brief war wohl lange unterwegs und
auch ein wenig zerknittert.
"Wir grüßen vom Ende der Welt und sind heilfroh, diesen Schritt getan zu haben.
Hier kommen wir wieder zur Besinnung, weg vom Frauenverein, weg von der "pastoralen Seelsorge",
die eher die Sorger der Kirche wegen der vermehrten Austritte gewesen ist und
haben hier unser Paradies gefunden.
Ich will fast von 2. Flitterwochen spechen, so befreit ist mein Mann nun, so locker und froh.
Wir haben mit Petti und Adrian regen Kontakt, den Beiden geht es prima, sie werden
gut umhegt und umsorgt, das Kind ist wohlauf, wächst und gedeiht.
Sie haben das Kind nicht taufen lassen und haben auch nicht christlich geheiratet,
sondern sind standesamtlich verbunden, aus der Kirche ausgetreten ist die Petti auch,
genau wie Adrian.

Wir melden uns wieder !"

Die Menge an Neuigkeiten mußte erst einmal verdaut werden, es war ein bißchen viel auf einmal,
so meinte Ines dazu, Pedro nickte stumm und meinte:
Die Kirchen sind auch wirklich zu einfältig und furchtbar stur, sie sind zum Spielball alter
verknöcherter "Männer" geworden !

***

Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei..
Wer weiß wie die Schicksale der Menschen verlaufen, wer kann in die Zukunft sehen
oder drohendem Unheil entkommen?
Wenn es trifft und wen es trifft ist Zufall und keine Vorsehung.
Es gibt keinen Erlöser und auch keine Erbsünde, keinen Himmel, keine Hölle,
Weihwasser ist nur Wasser und Weihrauch nur Rauch - mehr nicht.

Die Idee Frieden in die Welt zu bringen ist vom Religionsgründer dem alten Glauben
aufgepropft worden wie ein Verbesserungsversuch an einen Wildling,
vermutlich war er ein früher Hippie und wollte die Menschheit friedlicher gestalten,
was aber bis zum heutigen Tag als vollkommen fehl geschlagen angesehen werden muß.
Desgleichen versagen alle anderen Glaubensrichtungen, die ebenfalls nur Schall und Rauch -
eben nur Menschenwerk und Führungsmittel sind.

Tage kommen und Tage vergehen, aber die Natur bleibt wie sie ist -
sie ist die einzig wahre Religion, die wir anbeten könnten,
aber auch das hat sie nicht nötig, genau wie uns als ganze Menschheit nicht,
sie wird immer wieder neue Kreaturen erfinden, Pflanzen, niedere und höhere tierische Lebensformen.
Wenn wir uns als Menschheit nicht besinnen, ganz schnell vom eingeschlagenen Kurs des
Raubbaus und der Prunksucht und vom Aberglauben (Religionen gehören dazu) abrücken, in deren Namen die allermeisten Kriege
geführt wurden, wenn nicht bald an die Reinhaltung der Lebensräume gedacht wird, haben wir verloren.
Die gigantischen Flieger werden genau so aussterben wie die Saurier und aus gigantischen Vermögen
wird.. Staub werden, -
Asche zu Asche, Staub zu Staub, davor sind auch fromme Scharlatane nicht geschützt.
Lebt hier und jetzt und spart nicht für das Leben nach dem Tode, das es nicht geben wird..

"Bewahrt einander vor Herzeleid, kurz ist die Zeit, die ihr zusammen seid"

..lautete die letzte Eintragung in das Tagebuch, die von Ines und Pedro unterschrieben war.

Die Beiden haben noch ziemlich lange gelebt und ihre "Enkel" ab und an gesehen,
sie hielten mit allerlei Leuten Kontakt und gründeten bald einen
Sterbehilfeverein, der rasant an Mitgliedern zulegte.

"Die Menschen werden immer älter, es ist keine Frage, daß wir alle sterben müssen,
aber wann und woran, das möchten wir als mündige Bürger schon ein wenig mitbestimmen können."
So lautete deren Intro auf den Versammlungen, die sie nun regelmäßig in allen möglichen Orten
des Landes abgehalten haben.
Es kann nicht sein, daß wir über alles mündig abstimmen und am Ende des Leben
werden wir zu willenlosen Sache, entmündigt, verblödet oder sonstwie debil.
Viele müssen auf grausame Art und Weise krepieren, ja sie haben richtig verstanden,
krepieren, weil es die Pille noch immer nicht auf Rezept oder auf eigenen Willen gibt.
Ethiker und Kirchenleute aller Konfessionen zerreißen sich seit Jahrzehnten darüber die Mäuler,
aber niemand unternimmt etwas, obwohl wir alle eines Tages das finale Schicksal haben.
Nun ist es ein ganz gewaltiger Unterschied, ob man plötzlich und unerwartet an einem Herzschlag stirbt
oder nach einem Unfall im Straßengraben verblutet oder mit Krebs unsägliche Schmerzen über lange Zeit
ertragen muß, bis die Erlösung in Form des "natürlichen Todes" eintritt.

Wie bei der Pille zur Geburtenkontrolle, widersetzt sich bei der Pille am Ende die Kirche beharrlich.

Niemand kann plausibel erklären warum.
Denn - gäbe es einen "liebenden Gott", würde dieser seine Kinder ganz sicher nicht so entsetzlich
leiden lassen, wie das in vielen Spitalen jeden Tag passiert.
Stillgestellt hat man die Leidenden des Alters, still gestellt - mit irgendwelchen
Betäubungsmitteln, die freilich auch das selbstbestimmte Denken be - oder verhindern.
Nach unseren weltlichen Gesetzen ist der Entzug der Mündigkeit eigentlich nicht möglich,
es sei denn, die Demenz ist schon zu weit fortgeschritten.
Wenn sich also ein Kranker einer derartigen Pein und Blöße aussetzen muß,
kann das nicht im Sinne der Menschenrechte sein - oder?

Wir haben hier ein paar Videoaufnahmen mitgebracht, für deren Vorführung wir uns
die ausdrückliche Genehmigung der Sorgeberechtigten eingeholt haben.
Und schon folgte auf der Leinwand ein Ablauf von verschiedensten Schicksalen und Leiden,
gegen welche das Leiden Christi ein kurzer Prozess war.
Heulen und dauerndes Stöhnen, schmerzverzerrte und teilnahmslose Gesichter.
Festgeschnallte Menschen in ihren Betten, offene Beine und Rückenpartien -Decubitus-
durch jahrelanges Liegen.
Abgestorbene Gliedmaßen, aufgedunsene Körper, abgemagerte Gestalten, die nur noch Haut und Knochen
- viele ohne Regung der Gesichtszüge.
Gehetztes Pflegepersonal, das immer sehr knapp gehalten wird - so mancher Alte
sitzt stundenlang im eigenen Kot und Urin.
Nun fragen wir euch Anwesende- ist das menschenwürdig?

Die Leute wurden ganz still und fürchteten sich auf ihre Angehörigen angewiesen zu sein,
die sich heute kaum mehr mit Mutter oder Vater daheim als Pflegefall abgeben wollen
und nach Gründen suchen, diese "ins Heim" abschieben zu können.
Wichtig ist denen nur noch der "Gesichtsverlust" bei Nachbarn oder Bekannten -
in der Familie sträubt sich jeder mit Händen und Füßen konkret tätig zu werden.
Mit guten Ratschlägen sind sie alle dabei und mit Kritik, wenn der Pflegende
mal was vergessen oder umabsichtlich oder unwissend falsch gemacht hat.

Die Zustimmung in den den Versammlungsräumen war immer deutlich pro Pille,

Es war nicht einmal ein breiter Konsenz möglich, alle gesellschaftlich relevanten Gruppen
an einen Tisch zu bringen, um dann mit einem gemeinsamen Entschluß die Politik
zum Handeln zu zwingen - so weit ist es nie gekommen, weil die unterschiedlichen Interessen von "Contra"
zu keiner gemeinsamen Aussage fähig wurden.
Div. Religionsgruppen und Strömungen hatten jeweils abweichende Bedenken,
"christliche" Parteien ebenso, aber auch Menschenrechtsgruppen und verschiedene "Ethnien".
Da mußte die Tradion gewahrt werden und der Glaube, so mancher Erbe war sehr skeptisch,
denn er oder sie hätte übergangen werden können oder wäre nicht mehr in den Genuß
von zusätzlichem Eigentum gelangt, wenn der "Erblasser" sein Geld geschwind an einen
"Sterbeverein" überschrieben hätte.. so die Einwände.

Mit diesen Dingen haben sich die Beiden weit aus dem Fenster gelehnt
und wurden fortan angefeindet von ein paar Mobbern, aber auch von übler Nachrede.
Sie erhielten schlimme Anrufe bis zu Morddrohungen, bekamen die Ladentüren vor der Nase
zugemacht und abgeschlossen, wurden nicht bedient und ähnliche Dinge.
Portugal ist ein katholisches Land und die Kirche sagt was katholisch ist.

Auf diese Weise eingeschüchtert, hat sich niemand mehr getraut, den Beiden einen Saal zu vermieten,
kein Wirt wollte in seinen Räumlichkeiten Ärger haben, keine Gemeinde mochte sich Schwierigkeit
mit der Kirche zuziehen !

Nach einiger Zeit flatterte den Beiden ein Unterlassungsbefehl ins Haus, in welchem
sofortige und existenzbedrohende Strafen ausgesprochen wurden, weil
ein solcher Verein der Sterbehilfe die Namen seiner Mitglieder "vermarktet" habe
und somit gegen den neuen Datenschutzparagraphen verstoßen..

***

Das wollten sich die Pedro und Ines nicht mehr antun,
nicht in ihrem Alter, zumal sie ihre Intention als gute Tat sahen
und keinen Profit daraus erhielten.
Andere Leute sahen das wohl anders und so wurde einmal die Fensterscheibe eingeworfen,
mal Blumenkübel umgeworfen, mal die Wand besprüht mit "Mörder!"
Das hatten wir doch schon mal!
Und wieder waren es die gleichen Täter wie damals, so der ermittelnde Kommissar.
Irgendwer hatte diese Wirrköpfe aufgehetzt und da diese sowieso nichts zu tun haben,
wurden eben - so deren Aussage - die Reste aus den Sprühdosen entleert,
die in deren Vaters Garage standen.
Die Spühdosen fand man im Gebüsch.
Die Ermittler fanden Fingerabdrücke und taten ihre Arbeit,
altbekannte Täter wurden vorgeladen.

Im Vorderhaus war alles wie immer, die Kinder wuchsen heran - mit dem üblichen Schul-Ärger,
das Sandwich-In brummte, Pedros Weinbereitung auch.
Eines Tages kam wieder dieses Hubschraubergeräusch an der hinteren Wiese herüber geschwappt,
wie in Wellen konnte man das Schlagen der Rotorblätter spüren.
Ines scherzte: Dein Taxi !
So ein Mist, diese Kerle schon wieder!

Und schon kamen zwei schwarz gekleidete Männer eiligen Schrittes auf das Landhaus zu.
Don Pedro?
Ja - brummt er.
Wir brauchen sie dringend - schnappen sie sich ihren Krankenhauskoffer und kommen sie mit!
Es ist eilig, sagen sie schnell ihrer Frau Bescheid.
Er tat dies, schnappte sich seinen Koffer, den alte Leute gerne gepackt halten,
falls man mal schnell ins Krankenhaus muss.

Adrian saß schon im Hubschrauber, da griff sich Pedro an die Stirn und schüttelte den Kopf.
Was macht Petti, deine Strohwitwe?
Ach hör mir auf, das ist schon das 2. Mal innerhalb eines halben Jahres, wo man mich holt.
Mal brennt es hier, man zündelte man dort und heute ist was Besonderes an der Reihe.
Wir fliegen nach Madrid und von dort nach Jerusalem, dort brennt die halbe Stadt,
besonders arg hat es das Christenviertel getroffen.
Aufständische Kräfte versuchen einen bewaffneten Konflikt zwischen den Religionsgruppen zu entzünden,
so unsere Einschätzung..
In Madrid lag dichter Nebel über dem Rollfeld, als die Maschine ganz in der Nähe des Terminals
aufsetzte - ein Zollbeamter kam und nahm die Pässe in Empfang.
Es ist schon alles erledigt, hier noch eine Unterschrift und gute Reise,
ihr Flug wird in 20 Minuten aufgerufen !

Adrian und Pedro gingen noch schnell ins Bistro einen kleinen Imbiß nehmen und
einen Kaffee und schon kam der Aufruf für die Maschine nach Telaviv, über Rom.
Pedro meinte nur: Unser Sandwich ist deutlich besser, kein Vergleich..
In Rom wartete bereits ein Nuntius im Gewand, der sich den Beiden anschließen sollte.
Er erzählte: Es geht um ein Hintertür-Waffengeschäft mit der Ukraine, in dem
bestimmte Palestinenserkreise verwickelt sein sollen.
Diese Brände scheinen eher ein Ablenkungsmanöver zu sein,
genau wissen wir das aber nicht.
Der Geheimdienst und wir ermitteln zuweilen separat.
Wie kommen sie zu einem solchen Verdacht, daß nur illegale Waffenlieferungen
der Grund für diese Unruhen sein könnten?
Ich sehe Kirchen brennen und das wäre nun wirklich nicht nötig gewesen,
um eine solche Aufmerksamkeit zu erzeugen?
Sie verkennen die Lage, so der Nuntius, es sind längst Unruhen im Untergrund,
bei denen sich alle drei Religionen gegenseitig Schaden zufügen.
Und was sollen wir einfache, ehemalige Pastoren in dieser Sache ausrichten?
Nun, sie sollen als Touristen die religiösen Sehenswürdigkeiten besuchen,
dabei darf oder soll man gerne sehen, daß sie Pfarrer sind.
Wir haben alles Nötige dabei.
Sie sind in der Nähe des Geschehens, bei der Al-Aqsa Moschee untergekommen,
im Chain Gate Hostel.
Machen sie sich gleich mit der Lage vertraut und warten bitte nicht so lange.
Auf dem Flughafen Ben Gurion angekommen, schlug ihnen einen stickige Hitze entgegen
und Rauch von der Ferne - was sich aber als Müllverbrennungsanlage entpuppte.

Das Gefühl in diesem -seit Jahrzehnten- spannungsgeladenen Land
ließ die Beiden erschauern - einmal die alten Stätten und dann diese scheinbar unüberbrückbaren
Schranken in den Hirnen der Gläubigen auf allen drei Seiten.

Sie waren noch im Taxi, als das Hotel vor ihren Augen explodierte!
Splitter flogen durch die Luft, Rauch, ein Krachen und Bersten.
Der Fahrer war sofort tot, der Nuntius ebenso, der auf dem Beifahrersitz saß.
Adrian und Pedro überlebten mit leichteren Verletzungen und wurden ambulant behandelt.
Als beide Expriester das Hospital wieder verlassen konnten, wurden sie von maskierten
Männern bedroht und entführt.
Eine unglaubliche Aggression schlug ihnen entgegen, die immer nur die Worte
"Papst" und "Rom" als Wortfetzen an die Ohren drang.
Im Fernsehen, das in ihrer Kerkerzelle lief, sah man einen Militärkonvoi eilig entschwinden.
Die Wagen waren eilig mit weißen "UN" Kennzeichnungen überpinselt,
ziemlich schlecht getarnt. Die Nummernschilder waren wohl nicht aus Israel.
Was soll das? Pedro war entsetzt -
unsere Aktion war wohl nur Tarnung für eine ganz andere Sache!
Mund halten!
Ein Wärter drohte bereits mit dem Gewehrkolben.
Quälende Stunden später kam ein aalglatter Diplomat,
der von Problemen mit dem ständigen Befreiungskampf der Palestinenser
und deren Waffenbeschaffungen - er sei nur soweit unterrichtet,
daß an diesem Deal über die Ukraine Waffen aus Argentinien vermittelt worden
sein sollen und einige Leute aus "höheren Kreisen" des Vatikans hätten
damit zu tun, es gehe in Wahrheit um die Verschleierung von Verlusten aus
großen Geldanlagen, die durch die Krise Finanzierungslücken gerissen haben.

Nach einiger Zeit ist es ihnen gelungen, dem Diplomat die Lage als ehemalige
Priester zu erläutern und daß sie eigentlich nur eine Art "altmodische Glaubenspolizei"
seien, die auf dem heiligen Jacob gegründet ist.
Nun wurden sie abtranportiert in ein eleganteres Quartier am Stadtrand, wo man sich förmlich entschuldigte mit den Worten:
So geht man also mit den Dienern Gottes um, sie haben wohl nur die Schafe
spielen sollen, die zur Schlachtbank geführt wurden,
damit dieses billige Ablenkungsmanoever über die Bühne gehen kann
und der Rubel fließt.
Von diesen Transporten haben wir schon einige sicher gestellt und glauben sie mir,
die geben niemals auf.
Wenn ich ihnen einen guten Rat geben darf, fliegen sie nach Hause und meiden sie
diesen Sumpf von Lügen und Intrigen.
Die Beiden verabschiedeten sich, nahmen den nächsten Bus zum Flughafen und
schliefen lieber auf den Stühlen im Wartebereich, aßen Snacks und tranken Bier,
nahmen den nächsten Flug nach Madrid, ohne auf eine weitere Order zu warten.
Dort verabschiedeten sie sich herzlich - der eine fuhr nach Toledo, der andere nach Vila Chã .
Zuhause angekommen, schimpften die verhinderten Helfer wie die Rohrspatzen:
Wenn diese Halunken nochmal kommen, setzt es was mit dem Stock und ich lasse den Hund los.

Ines kochte Kaffee zu dem Nußkuchen, der frisch aus der Röhre kam und sogar
den inzwischen uralten Hund auf Trapp brachte.
Kaum hatte er seinen Teil abgeräumt, jaunerte eine zweite Hundestimme..
..wer bist du denn?
Den hat unser Alterchen gestern auf der Straße aufgelesen und mitgebracht,
vermutlich soll das sein Nachfolger werden!
Schau doch nur wie die beiden sich verstehen,
er muß einen Bärenhunger haben.
Die Kinder aus dem Vorderhaus haben den Bruni, wie sie den nennen,
schon ins Herz geschlossen.
Tiago und Ana nehmen diesen neuen Wächter als Tester für neue Sandwich - Kreationen.
Sie lachten, als das Wort "da ist wohl eine Planstelle angetreten worden" im Raum klang und
sich die beiden Hunde verwundert ansahen.
Fortan schlief der alte Hund fast nur noch und stand nur auf, wenn das nötig wurde.
Der Junge hat die Wacht sehr gut übernommen und bald manchen Bösewicht auf Distanz gehalten.

*** Ende ***






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