plaetzchenwolf - Der Krämer 11. Teil



Der Krämer 11.Teil


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Glaube an Wunder, Liebe und Glück! Schau nach vorn und nicht zurück!
Tu was du willst, und steh dazu; denn dein Leben lebst nur du!

Unbekannt.

***

Die Depesche.

Nun war eben der berittene Bote da, ein herrlicher Anblick in seiner goldbelitzen blauen Uniform.
Kurz, knapp, militärisch grüßend, entschwand er wieder.
Anwesende Gäste staunten nicht schlecht, sowas hatten die meisten noch nicht erlebt-
ein fürstlicher, berittener Bote als besonderes Erlebnis auf der Reise wird einem nicht alle Tage geboten.

Johann und Irme bekamen das alles nicht mehr mit, sie waren ganz für sich allein,
Margas Eltern waren zumeist ebenfalls unter sich.
Und sonst war da nur die Wiese, die durch alle Fenster leuchtete..
Hühnergegacker, der Hahn auf dem Mist- ein paar Kräutersammeleien..
Ab und an dachte Johann ein wenig an seine Zeit als wandernder Krämer zurück.
So richtig trauerte er der Arbeit nicht nach, man wird ja älter!
Und das Alter machte auch vor den Beiden nicht halt.

Urselchen wurde zu den Alten geschickt mit der Order doch mal vorbei zu schauen im Vorderhaus..

Das Siegel wurde gebrochen, die Depesche entrollt.
"Ihre Durchlaucht gibt durch mich, den Kämmerer bekannt:
Die öffentliche Schank- Erlaubnis wird hiermit entzogen,
Im Dorf gibt es bereits zwei Gastwirtschaften, deren Betreiber sich beschwert haben-
ihr Umsatz sei arg zurück gegangen und so würden andernfalls die Betriebe vor der Schließung stehen.
Nur die Bewirtung der im Haus wohnenden Reisenden sei jedoch die Bewirtung und Verköstigung und Trunk
selbstverständlich weiterhin gestattet.
Eine Herberge unter fürstlichem Siegel muß dieser Anordnung in besonderer Weise
verpflichtet werden, um Ruhe unter den Untertanen zu halten.

Gezeichnet xxx in Auftrag des Fürsten zu xxx"

Ach du meine Güte, was tun wir jetzt?
Erwin und Marga waren ratlos - jetzt, wo alles so gut lief!
Johann meinte trocken: Ihr braucht nur ein kleines Schild über der Tür anbringen:
"Bewirtung nur für Hausgäste", das war eigentlich schon alles.
Die lieben Leute aus dem Dorf, so meinte Marga nun, sind so freundlich zu uns-
ich werde das bei der Anstellung bedenken.

Nun macht mal nicht so viel Wind, meinten Margas Eltern,
das legt sich schon wieder, das renkt sich ein.
Die beiden Wirtschaften im Ort sind sauer, weil bei uns die Kutschen halten und deshalb so viel Betrieb ist-
das mit dem Ausschank war nur ein Vorwand, dem Treiben auf dem Freihof eins auszuwischen.

Und so kam es auch- beide Gastwirtschaften haben nicht mehr Gäste bekommen, im Gegenteil.
Es sprach sich durch die auf dem Freihof tätigen Dorfbewohner schnell herum, wer hier böses Blut entfacht hat-
und nun blieben die Dorfbewohner von den Dorfkneipen fern, das durfte man nicht unterstützen,
so die einhellige Meinung fast aller Bewohner.
So konnte die beiden gemeinen Wirte am Tresen Nickerchen halten,
bis die ein oder zwei Stammsäufer das Glas erneut gefüllt haben wollten.

Die Folge war, daß man nach der Kirche, wo die beiden Gastwirte die Marga und die beiden Kinder trafen,
ansprachen und "gut Wetter" machen wollten.
"Wir haben nicht mit dem Krieg angefangen" so antwortete sie böse, "das waren andere- gell?"
Der Pfarrer stellte sich -ungefragt- dazu und ergriff Partei für die Wirtsleute.
"Wir im Dorf müssen schließlich zusammenhalten"
Fortan lieferten der Bäcker und auch der Metzger nichts mehr an den Freihof..

Daheim angekommen, hat Marga alles haarklein berichtet und zwinkernd gemeint:
Es hat auch was Gutes- nun brauchen wir uns das Getue in der Kirche nicht mehr anhören.

Der Schultheiß wollte vermitteln, er war eben hier, sagte Erwin.
Er mache sich aber wenig Hoffnungen, weil der Neid die Fronten doch schon zu sehr verhärtet hätte.
Er persönlich möchte sich neutral halten.
Sein Sägewerk lag auch etwas außerhalb- so war das Dorf mit seinem Getratsche nicht in unmittelbarer Nachbarschaft.
Er ließ fortan nur noch die Amtsperson in sich heraus, wenn er mit den Dorfbewohnern sprach.

Der Familienrat war wieder einmal mehr am Tagen-
der Schmied schüttelte nur noch den Kopf und meinte:
Ich würde am liebsten bei euch bleiben und nicht mehr ins Dorf zurück gehen!
Da ist aber noch seine Frau und die Kinder- die inzwischen auch schon geschnitten wurden von den Bewohnern.
Nun war doch einiges in Rutschen geraten, durch Neid und Mißgunst einiger Leute-
es war nicht nur einer, sondern doch schon einige Personen!
Johann war wieder in seinem Element:
Immer wenn es schwierig wurde, da besann er sich auf seine Anfänge.
Er bat sich Bedenkzeit aus, zumindest über Nacht wollte er darüber schlafen
und vor allen Dingen mit Irme nochmal beratschlagen, was zu raten sei.

Am nächsten Tag hielt eine Kutsche des Fürsten, er, der Herr wollte sich selbst ein Bild von der Lage machen.
Marga lud ihn, den hohen Herrn zum Frühstueck ein-
verdattert nahm dieser das Angebot an und setzte sich in diese gastliche Stube.
(Gaststube durfte diese bekanntlich nicht mehr genannt werden)
Der Herr hat immer schon gerne gegessen und das sah man ihm auch an.
Marga kochte gut, ihre Hilfskraft sowieso und so gab es französisches Omelette mit Pilzen und ein Glas vom Wein der Loire..
Das schien gemundet zu haben- er wollte noch mehr davon- er bekam es.

Nun fragte er den Erwin, der dazu gekommen war und im Eingang stand:
Was habt ihr getan, warum mag man euch nicht?
Alles wurde haarklein geschildert - und wahrheitsgemäß erklärt.
Der Fürst meinte anschließend:
Das deckt sich mit der Schilderung des Schultheiß' - ich will euch helfen - nicht zuletzt,
daß mir keine Klagen von den bislang so begeisterten Reisenden zu Ohren kommen !

Selbstverständlich darf die Lokalität wieder vollkommene Gestattung erfahren.
Das Erlaubnis-Zertifikat folgt, das könnt ihr unter Glas setzen lassen und über der Wirtstür anbringen.
Meinen Segen habt ihr.
Ich konnte mich persönlich von der hohen Qualität der Speise und des Weines überzeugen,
sie sind einer fürstlichen Poststation durchaus würdig.
Allerdings- eine Bedingung wäre da noch..
Marga, als selbstbewußte Frau hob einfach mal an, den hohen Herren zu fragen:
Freilich, welche?
Dieses Omelette mit Pilzen und dem Glase Loire- Wein hätte ich mir ausbedungen- wenigstens ab und zu einmal..

Alles lachte - weil auch der Fürst lachte, daß es nur so schallte!
Geschwind schwang er seinen Dreispitz mit der langen Pfauenfeder dran- und entschwand..

Oh wei, das war ja nochmal gut gegangen, - inzwischen waren alle Bewohner des Freihofes zugegen
und hörten sich an, was geschehen war.

Die nächste Depesche -mit Widmung- kam bald darauf:
"An die Bewohner des Freihofes!
Die uneingeschränkte Schankerlaubnis ist für alle Zeiten für die Fürstliche Poststation "Freihof" genehmigt.
Der Landesherr, im Auftrag der Kämmerer.!"

Seht ihr!
An die Bewohner des Freihofes hat man geschrieben..
Johann und Marga staunten und beglückwünschten die Marga und den Erwin zu ihrem Erfolg-
gerade Marga hat gut dazu beigetragen..
An diesem Tag gab es dieses spezielle Essen für alle- auch für die Hilfskräfte.

Von nun an stand links und recht am Schild "Fürstliche Poststation" eine Fackel bei Dunkelheit.
(Das war wohl die erste beleuchtete Reklametafel im Westerwald, mitten im Nichts.)
Dieses sprach sich im Dorf flott herum und ganze Kolonnen Neugieriger
gingen nun zu diesem fürstl. Scheiben, das unter Glas über dem Eingang prankte.
Man kann sich das Entsetzen vorstellen, daß es den Verschwörern nicht gelungen war, den Freihof zu erwürgen.

Unterdessen sann man auf diesem nach, wie man das 2. Standbein so stabil machen,
dass man notfalls eine Weile damit überleben könne..

Der Betrieb florierte und war bekannt und auf soliden Füßen-
Lieferanten aus dem Ort kamen nicht mehr, die Familie des Schmiedes ließ keine Ruhe -
sie bekam vom Sägewerksbesitzer, pardon vom Schultheiß -
das Haus seiner Eltern angeboten, die schon eine Weile unter der Erde waren.
Miete ist Miete- egal wo wir diese bezahlen meinte die Frau des Schmiedes-
So ist auch mehr Platz um das Haus und wir können endlich einen Garten anlegen..
bei der Enge des alten Ortskerns war das undenkbar gewesen.

Nun war das auch geregelt, dem Betrieb standen nun nur noch die Hilfskräfte aus dem Dorf im Weg -
aber gleiches Unrecht mit neuem Unrecht zu beantworten, das lag den Leuten des Freihofes fern.
Man war eigentlich froh, wenn man seine Ruhe und Arbeit hatte.
Des Schmieds Geselle und Lehrling und der Gaststube gehörige Bedienung und Küchenhilfe sollte bleiben.
Sein Geld bekam der Schmied nun von Erwin, alles ging über eine Kasse.
Das Ziel war: Der Freihof war frei und soll nie wieder von irgendeiner Person abhängig zu werden!

Johann und Irme waren froh, daß nun endlich Ruhe eingekehrt war und legten sich zufrieden zu Bett..
Am nächsten Tag gingen die beiden dran, den Herrmann vom Sägewerk zu beauftragen:
Eine Fasanerie mit Schutzgehege gegen Füchse und Raubvögel sollte entstehen,
als Ergänzung zu den Hühnern die ebenfalls eine neue recht große Behausung bekamen.

Mit Geflügel läßt sich immer gutes Geld verdienen, wenn dieses fachgerecht gehalten wird.
Das konnte Marga wohl und so brachte sie den Alten dieses Wissen bei.
Der Tag war nicht lange hin, da stand die Anlage- der Herrmann kam mit einigen der jungen Männer aus dem Dorf-
heimlich und unbemerkt zur Arbeit.
Sie wollten niemanden verärgern und nur ein wenig Geld verdienen.

Um die Lieferanten aus anderen Orten und Regionen brauchte sich der Freihof keine Sorgen zu machen,
die kamen zuverlässig und gerne.
Hier wurde nicht schlecht bezahlt und .. das Geld kam sofort.
Das sahen die Geschäftsleute aus dem Ort sehr wohl -
sie konnten oder wollten nichts mehr dagegen tun.
Die Leute des Freihofes sind stolz genug, auf kein Angebot mehr eingehen zu müssen -
wenn sie Helfer brauchten, meldeten sie sich beim Schultheiß-
oder sagten den bereits angestellten Leuten aus dem Ort, daß noch jemand gesucht wird..

Schon damals galt: Wer ein Geschäft betreiben will, muß auch eine gewisse Härte haben,
sonst sind alle Hasen gefangen.


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*** Nachgetragen ***



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